Studentenorden

Studentenorden
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Studentenorden waren geheime Zusammenschlüsse von Studenten zur Zeit der Aufklärung.

Inhaltsverzeichnis

Geschichte

Im 18. Jahrhundert schlossen sich Studentengruppen zu sogenannten Orden zusammen. Vorbilder waren Freimaurerlogen wie der Mopsorden oder literarisch-philosophische Orden des 17. und 18. Jahrhunderts wie Pegnesischer Blumenorden, Palmenorden und Illuminatenorden). Gegründet wurden sie zuerst innerhalb der Landsmannschaften alten Typs oder als Alternative zu ihnen.

Der ZN-Orden, der sich um 1772 als Sonderform aus dem irenischen Orden der Hoffnung oder Ordre de l'Esperance entwickelt hatte, stand gar in bewusstem Gegensatz zur Freimaurerei und verbot seinen Angehörigen die Mitgliedschaft in Freimaurerlogen ausdrücklich. Er verwischte den Gegensatz zwischen Lehrenden und Studierenden und stand unter der Leitung des Professors der Medizin Johann Friedrich Blumenbach, zuletzt 1784 als Senior. Der ZN-Orden übernahm aufgrund hochadliger Protektion bis etwa 1784 die Führung der Studentenschaft an der Universität Göttingen und spielte auch an der Universität Tübingen eine bedeutende Rolle. In Göttingen wurde 1784 durch die kurfürstliche Regierung in Hannover seine Fortsetzung untersagt.

Wichtige Quellen für die Geschichte der Orden sind studentische Stammbücher. Wenn sich dort ein Ordensmitglied eintrug, gab er das bekannt, in dem er seinem Text eine entsprechende Abkürzung (etwa VC für Vivat Constantia) beifügte. Damit lässt sich zumindest feststellen, wann welche Orden an einer Universität vertreten waren und teilweise auch, wer dort Mitglied war.

Die Orden waren die ersten studentischen Zusammenschlüsse, die eine lebenslange Zusammengehörigkeit der Mitglieder anstrebten. Sie halfen aber auch, die Verbindungen zu anderen Universitäten zu stärken, wenn ein Orden in mehreren Städten vertreten war. Studienplatzwechsler fanden in diesem Fall schneller Anschluss und stellten auch die Verbindung zwischen den „Ordensfilialen“ an verschiedenen Orten her.

Die vier wichtigsten Orden waren die Amicisten, die Constantisten, die Unitisten und die Harmonisten.

Freimaurer, Orden und alte Landsmannschaften

Schindelmeiser schreibt:[1]

Um 1740 faßte die Freimaurerei, deren Kreise sich in England gebildet hatten, über Frankreich auch in Deutschland Fuß.[2] Das Freimaurertum fand auch auf den Universitäten Anhänger. Es bekannten sich zu ihm vor allem geistig hochstehende Menschen, die sich mit der »Aufklärung« der Menschheit beschäftigten. Die Mitgliedschaft der damals oft sehr jungen Studenten wurde nicht gern gesehen.[3] Vereinzelt bildeten diese eigene Logen. Über das Verhältnis der Freimaurer zu den Landsmannschaften läßt sich beim heutigen Stand der Forschung noch nichts Abschließendes sagen.

Über die Entstehung der studentischen Orden berichtet wiederum Hoede, daß die Landsmannschaft der Moselländer in Jena im Siebenjährigen Krieg »fritzisch« eingestellt gewesen sei.[3] Dadurch sei es zu Schlägereien mit Preußenfeinden gekommen, daß sie beschlossen habe, ihre Zusammenkünfte auf den Zimmern, d. h. geheim, stattfinden zu lassen. 1762 habe diese Landsmannschaft in ihrem damals neu verfaßten Gesetz dem Senior fast unumschränkte Gewalt eingeräumt. Zu seiner Unterstützung seien Subsenior und Sekretär eingesetzt worden, während die Aufnahme erst nach strenger Auslese in einem förmlichen Verfahren stattgefunden habe. Damit seien zwar die Voraussetzungen für einen engeren Bund mit größerer Festigkeit geschaffen worden, aber unabhängig von der Freimaurerei.

Der erste Orden ist der der Amicisten, der in Jena 1770 auftaucht. Nach Hoede ist er ebenfalls ohne Beeinflussung durch die Freimaurerloge entstanden, wenn er auch als eine Geheimverbindung gegründet wurde.[3] Von hier aus verbreitete sich das studentische Ordenswesen über Halle auf die anderen Universitäten. In den späteren Jahren bekannten sich die Orden jedoch auch zu freimaurerischen Gepflogenheiten. Sie wurden von dann ab mit deren Logen in Verbindung gebracht, zumal sich auch Jakobiner in ihren Reihen sammelten. Hierdurch wurde wiederum ihr Verfall bedingt.

Das Verhältnis der Orden zu den Landsmannschaften war im allgemeinen gespannt. Jene sahen ihre Aufgabe darin, die erste Rolle zu spielen. Die Unitisten in Halle z. B. waren in der Mehrzahl Theologen, die sich pietistisch gaben und es sich zur Aufgabe machten, das Treiben der Landsmannschaften zu bekämpfen. Später änderten sich jedoch die Auffassungen. Da die Ordensbrüder nur untereinander bekannt waren, unterwanderten sie auch die Landsmannschaften und versuchten, diese in ihrem Sinne zu beherrschen. Es kam zur offenen Feindschaft, als die Orden dem Einfluß umstürzlerischer Gedanken verfielen.

Aus Jena ist ein Komment überliefert, der um 1790 von Orden und Landsmannschaften gemeinsam aufgestellt wurde. Er regelt Ehrenhändel zwischen den Verbundenen und den Profanen.[2]

Obwohl die Orden eher unpolitisch waren, wurden sie von der jeweiligen Obrigkeit misstrauisch beobachtet. Im Absolutismus galten Zusammenschlüsse von Menschen als potentiell gefährlich und dem Staatsinteresse schädlich. Als sich im Kontext der Französischen Revolution die Mehrheit der Orden zu deren Idealen bekannte und deren Verbindungen zu anderen revolutionär gesinnten Kreisen - etwa Rosenkreuzern oder den Illuminaten - schärften ihre politischen Zielsetzungen und verleiteten sie zu präzisen politischen Projekten und Aktionen.[4]

Anfang Juni 1792 erließ Herzog Karl August von Weimar das Conclusum Corporis Evangelicorum gegen die Orden.[5] Im Juni 1793 wurden die Orden im ganzen Deutschen Reich durch einen Abschied des Immerwährenden Reichstages in Regensburg verboten, während Preußen in seinem Allgemeinen Landrecht von 1794 in Artikel 137 Ziffer 12 studentische Gemeinschaftsformen durchaus legitimierte, sofern diese das Placet der akademischen Obrigkeit besaßen und keine staatsfeindlichen Zwecke verfolgten.

Wenngleich sich die staatliche Kritik darauf begründete, das die Orden ihre Mitglieder vom Studium abhielten, zur Bummelei verführten, vielfach tumultarische Zustände lieferte und Meineide anstifteten, so war doch vor allem die Angst vor jakobinischen Umtrieben, die bei jedem Ertönen der mit Begeisterung gesungenen Marseillaise die Staatsgewalt erschreckte, der eigentliche Grund für das Verbot sein.[6]

Nach dem Untergang der Studentenorden zum Ende des 18. Jahrhunderts bildete sich aus den äußeren Elementen der alten Landsmannschaften und denen des Freimaurertums die ersten Verbindungen heutigen Typs. Diese neuen Verbindungen, von denen einige noch heute existieren, nannten sich später Corps, einige gründeten 1815 in Jena die erste Burschenschaft. In den USA entwickelten sich im 19. Jahrhundert aus den Studentenorden die Fraternities und Sororities mit ihren typischen Verbindungshäusern, die oft als Wohnheime im Campus integriert sind.

Einzelnachweise

  1. Siegfried Schindelmeiser: Die Albertina und ihre Studenten 1544 bis WS 1850/51 und Die Geschichte des Corps Baltia II zu Königsberg i. Pr. (1970–1985). Erstmals vollständige, bebilderte und kommentierte Neuausgabe in zwei Bänden mit einem Anhang, zwei Registern und einem Vorwort von Franz-Friedrich Prinz von Preussen, herausgegeben von Rüdiger Döhler und Georg von Klitzing, München 2010, ISBN 978-3-00-028704-6, Bd. 1, S. 35
  2. a b W. Fabricius: Die Deutschen Corps. Frankfurt am Main 1926, S. 56 ff.
  3. a b c Hoede, Einst und Jetzt, Bd. 12, S. 5 ff.
  4. a b Rainer A. Müller: Landsmannschaften und studentische Orden an den deutschen Universitäten des 17. und 18. Jahrhunderts, Studentica Academia, Bd. 36, Würzburg, 1997, S. 30 ff.
  5. R. G. S. Weber: Die deutschen Corps im Dritten Reich, 1997, S. 20
  6. H. J. Schopes: Zur Geschichte der studentischen Orden des 18. Jahrhunderts, in:Z. f. Religions- und Geistesgeschichte 2 (1949/50), S. 20

Literatur

  • Matthias Asche: Geheime Eliten, Vortrag auf den Bensheimer Gesprächen 2011, gekürzt abgedruckt in FAZ vom 3. August 2011, Seite N5 unter dem Titel Pflanzschule rechtschaffener und dem Vaterlande brauchbarer Männer
  • Erich Bauer, F. A. Pietzsch: Zum Göttinger Unitistenorden (1786-1799). Einst und Jetzt, Bd. 13 (1968), S. 55-67
  • Otto Deneke: Alte Göttinger Landsmannschaften, Göttingen 1937
  • Otto Deneke: Göttinger Studenten-Orden, Göttingen 1938
  • Peter Kaupp: Freimaurerei und Burschenbrauch. Kontinuität von Ordenstraditionen im Korporationsstudententum. Einst und Jetzt, Bd. 46 (2001), S. 33-68
  • Rudolf Körner: Vom Wesen der Studentenorden. Einst und Jetzt, Bd. 6 (1961), S. 141-149
  • Friedrich Christian Laukhard: Der Mosellaner- oder Amicisten-Orden nach seiner Entstehung, inneren Verfassung und Verbreitung auf den deutschen Universitäten dargestellt, Halle 1799
  • Friedrich August Pietzsch: Die Unitistenorden in Leipzig und das Stammbuch des stud. C. A. Herzog aus den Jahren 1800-1802. Einst und Jetzt, Bd. 7 (1962), S. 118-130
  • Walter Richter: Der Esperance- und ZN-Orden. Einst und Jetzt, Bd. 19 (1974), S. 30-54

Weblinks


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