- Ständeversammlung des Großherzogtums Frankfurt
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Die Ständeversammlung des Großherzogtums Frankfurt war das Parlament des Großherzogtums Frankfurt zwischen 1810 und 1813.
Inhaltsverzeichnis
Voraussetzungen
Im alten Reich bestanden in vielen Ländern Landstände als Vertreter der Untertanen gegenüber dem Landesherren. Mit der Gründung der napoleonischen Musterländer in Deutschland wurden erstmals derartige Ständerversammlungen auf Basis kodifizierter Verfassungen eingerichtet.
Im Großherzogtum Frankfurt war diese Verfassung das Höchste Organisations-Patent der Verfassung des Großherzogtums Frankfurt vom 16. August 1810[1]. Diese regelte in Artikel 10 bis 21, 26 bis 28 und 35 die Zusammensetzung, Wahl und Kompetenzen der Ständeversammlung.
Aufgaben und Organisation
Zusammensetzung
Die 20 Mitglieder wurden in indirekter Wahl durch Wahlkollegien ihrer jeweiligen Departements gewählt. Gewählt wurde getrennt nach den Wählergruppen der Grundbesitzer, der reichen Kaufleute/Fabrikanten und der Gelehrten, Künstler und verdienten Bürger[2]. Jedes der Departements stellte 5 Abgeordnete. Davon waren jeweils 3 Grundbesitzer und je ein Kaufmann bzw. Gelehrter.
Das Wahlverfahren sah vor, dass in jedem Department ein Wahlkollegium aus 80 Männern gebildet wurde. Diese 80 Männer wählte der Großherzog Carl aus der Liste aller Männer aus, die in diesem Departement wählbar waren. Das Wahlkollegium wählte aus seiner Mitte wiederum die eigentlichen Abgeordneten, die dann vom Großherzog ernannt wurden[3].
Arbeitsweise
Die Ständeversammlung sollte einmal jährlich tagen. Die Abgeordneten erhielten bereits Diäten[4]. Das Parlament hatte nicht das Recht aus eigenem Willen zusammenzutreten. Es musste vom Großherzog einberufen werden. Der Großherzog berief das Parlament lediglich zu einer einzigen Landtagssession ein. Diese erste und einzige Session wurde am 15. Oktober 1810 eröffnet, dauerte 11 Tage und fand im Stadtschloss Hanau statt.
Der Großherzog ernannte auch den Parlamentspräsidenten. Präsident wurde 1810 Johann Georg Engelhard. Die Ständeversammlung errichtete 3 Ausschüsse, denen jeweils 3 Abgeordnete angehörten: Die Finanzkommission, die Ziviljustizkommission und die Kommission des peinlichen Gerichtswesens.
Kompetenzen
Die Aufgaben waren vor allem die Beteiligung am Gesetzgebungsverfahren, insbesondere den Haushaltsgesetzen. Das Parlament hatte Initiativrecht. Gesetze mussten ihm von der Regierung vorgelegt werden, damit das Parlament sich mit ihnen befassen konnte. Ohne eine Zustimmung des Parlaments waren Gesetze nur in Form vorläufiger Regelungen durch großherzogliche Dekrete möglich.
Das Gesetzgebungsverfahren sah vor, dass Gesetzesentwürfe im Staatsrat erarbeitet und mit den zuständigen Kommissionen beraten werden. Der (ggf. überarbeitete) Entwurf wurde dann der Ständeversammlung vorgelegt und dort ohne Beratung beschlossen (oder abgelehnt). Im Anschluss erfolgt die In Kraft Setzung und Verkündigung durch den Großherzog.
Insbesondere die fehlende Beratung und Debatte unterscheidet die Arbeitsweise der Ständeversammlung von den späteren Parlamenten. Zum Ausdruck kam hier die Rolle des Parlaments als Beratungs- und weniger als Beschlussgremium, die die Verfassung vorgesehen hatte.
Mitglieder
Name Ort Klasse Departement Carl Friedrich Buderus von Carlshausen Hanau Grundbesitzer Hanau Georg Gottfried Clausius Frankfurt Fabrikant Frankfurt Johann Adam Eisenberger Aschaffenburg Fabrikant Aschaffenburg Johann Georg Engelhard Aschaffenburg Grundbesitzer Aschaffenburg Ludwig Friedrich Wilhelm August Freiherr Gayling von Altheim Hanau Gelehrter Hanau Friedrich Maximilian von Günderrode Frankfurt Grundbesitzer Frankfurt Johann Philipp Christoph Erasmus Joseph von Heß Hammelburg Grundbesitzer Fulda Nikolaus Koch Fulda Grundbesitzer Fulda Johann Karl Lavater Hanau Grundbesitzer Hanau Johannes Menz Fulda Fabrikant Fulda Dr. Bernhard Sebastian Nau Aschaffenburg Grundbesitzer Aschaffenburg Georg Christoph Röschel Frankfurt Grundbesitzer Frankfurt Ignatz Rüttger Fulda Grundbesitzer Fulda Johann Carl Schnerr Frankfurt Grundbesitzer Frankfurt Leonhard Sickenberger Weiberhöfe Grundbesitzer Aschaffenburg Franz Simon Eiterfeld Gelehrte Fulda Dr. Johann Martin Stark Frankfurt Gelehrte Frankfurt Ludwig Otto Toussaint Hanau Fabrikant Hanau Dr. Johann George Wachs Bischofsheim Grundbesitzer Hanau Friedrich Graf Waldbott von Bassenheim Aschaffenburg Grundbesitzer Aschaffenburg Quellen
- Jochen Lengemann (Hrsg.): Parlamente in Hessen 1808–1813. Biographisches Handbuch der Reichsstände des Königreichs Westphalen und der Ständeversammlung des Großherzogtums Frankfurt. Insel-Verlag, Frankfurt am Main 1991, ISBN 3-458-16185-6.
- Höchstes Organisations-Patent der Verfassung des Großherzogthums Frankfurt.
Einzelnachweise
- ↑ GfRegBl. 1810, 1. Band, S. 10 ff.
- ↑ Instruktion der Wahl- oder Departementskollegien betreffend, vom 16. September 1810, GfRegBl. 1810, 1. Band, S. 25 ff.
- ↑ Organisations-Patent, Art. 26 und 35
- ↑ Bestimmung der Reisegelder und Diäten der Stände vom 12. Oktober 1810, GfRegBl. 1810, 1. Band, S. 70 ff
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