- Liste der Mitglieder des Corps Hannovera Heidelberg
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Das Corps Hannovera Heidelberg entstand 1810 im Zuge des Auszugs der Göttinger Studentenschaft infolge der Gendarmen-Affäre des Jahres 1809 als Filialcorps des Corps Hannovera Göttingen. Die Farben dieses Corps waren mit „roth-blau“ ebenso mit denen des Göttinger Muttercorps identisch wie der Wahlspruch „Nunquam retrorsum“. Die aus Göttingen nach Heidelberg gewechselten Angehörigen der Hannovera Göttingen bildeten in Heidelberg im Oktober 1809 zunächst eine Tischgesellschaft, die sich im Frühjahr 1810 als Corps konstituierte. Dieses bestand nur kurz während der Franzosenzeit von 1810 bis 1812 im Heidelberger Senioren-Convent und erlosch im Dezember 1812 mit dem Studienende der meisten seiner Mitglieder beziehungsweise deren Rückkehr an die Universität Göttingen. Das genaue Stiftungsdatum der Hannovera Heidelberg steht nicht fest, sicher ist jedoch aus Stammbucheinträgen zu ersehen, dass die Hannoveraner bereits am 22. März 1810 beim Sturm auf das Kommershaus der Westphalen beteiligt waren und in den Auseinandersetzungen dieser Tage eine Rolle spielten. So heißt es in einem Eintrag des Heidelberger Hannoveraners Theodor Werlhofs im Stammbuch Reinicke „Wir ziehen mit Stangen und Stelzen gegen die Westphalen und Rheinländer“,[1] es galt also der Knüppelcomment. Hannovera gehörte zu den fünf Corps, die den Heidelberger SC-Comment vom 1. Juni 1810 unterzeichneten, in dem erstmals der Begriff „Corps“ verwandt wurde, und hatte nach dem Stand der heutigen (2011) studentengeschichtlichen Forschung in der Zeit ihres kurzen Bestehens 49 namentlich bekannte Mitglieder, die zum überwiegenden Teil vorher oder hinterher auch Mitglied des Göttinger Corps Hannovera waren. Die Hannoveraner verstärkten sich in Heidelberg, aus der Liste deutlich erkennbar, um Studenten aus dem Herzogtum Oldenburg und aus der damals Freien Hansestadt Lübeck.
Inhaltsverzeichnis
Mitgliederliste
Eine vollständige Mitgliederliste des Corps Hannovera Heidelberg ist nicht schriftlich überliefert, sondern eine Rekonstruktion von Studentenhistorikern des 20. Jahrhunderts. Erste Hinweise auf Mitglieder einer Hannovera in Heidelberg geben bereits die Kösener Korps-Listen, die 1910 für die Zeit vom 14. Mai 1810 bis zum Jahr 1811 acht Mitglieder benennen.[2] Während die ersten Namen aus Eintragungen in studentischen Stammbüchern und dem Heidelberger SC-Comment gewonnen wurden, fand sich auf der Ausstellung „Pressa“ 1928 in Köln der Porzellanpfeifenkopf einer Tabakspfeife mit dem Schlägerwappen der Hannovera Heidelberg und einer Mitgliederliste mit 31 Namen der Jahre 1810/11 auf der Rückseite. Diese Namensliste belegt die Mitglieder dieses Zeitraums und bot die erforderlichen Forschungsansätze, um im Wege der Auswertung von Stammbüchern, Universitätsakten und sonstigen Dokumenten die Mitgliederliste weiter zu ergänzen.
Wintersemester 1809/10
- Georg Eduard Julius Friedrich Otto († 1801), Stifter; Advokat in Osterode am Harz
- Adolph von Voss (1788-1855), hannoverscher Landrat und Politiker
- Friedrich Wilhelm Anton Roemer (1788-1865), Präsident des Oberappellationsgerichts Oldenburg
- Ernst Friedrich Georg Hüpeden (1789-1845), hannoverscher Geheimer Finanzrat und Mitglied des Staatsrates des Königreichs Hannover
- Friedrich Wilhelm Heineken (1787-1848), Syndikus der Freien Hansestadt Bremen
- Alexander von Dusch (1789-1876), Außenminister des Großherzogtums Baden
- Heinrich von Lowtzow (1790-1830), Befreiungskämpfer, gefallen in der Schlacht von Lützen
- Friedrich Detlev Georg Starklof (* 1788-nach 1841), Amtmann im Amt Kaltenhof
- Carl Christian Ludwig Starklof (1789-1850), Geheimer Hofrat und Gründer des Oldenburgischen Staatstheaters
- Ernst Reinecke (1790-1857), hannoverscher Generalauditor und Mitglied der Ständeversammlung des Königreichs Hannover
- Wilhelm Wehner († 1863), hannoverscher Amtmann
- Anton Gottlieb Georg Widersprecher (* 1787), oldenburgischer Geheimer Hofrat und Mitglied des Konsistoriums
- Johann Heinrich Jakob Schloifer (1790-1867), oldenburgischer Ministerpräsident
- August von der Decken (1789-1857), hannoverscher Oberstleutnant
- Friedrich von der Decken (1791-1861), hannoverscher Regierungsrat
- Moritz Andreas Philipp († 1832), Legationsrat an der Gesandtschaft des Königreichs Hannover in Paris, verstorben an der Cholera 1832
- Staats Johann Heinrich Nanne (ca. 1790-nach 1866), Befreiungskämpfer in der King’s German Legion, Rittmeister der Hannoverschen Kavallerie
- Adolph Eduard Eberhard Ludwig von Duve (ca. 1790-1857)
- Anton Friedrich Heinrich Ludwig Cleve (1789-1848), Stifter und erster Consenior des Corps Hannovera Heidelberg, relegiert wegen seiner Verwickelung in die Tumulte mit dem Corps Vandalia Heidelberg; hannoverscher Amtmann in Coppenbrügge
- August Julius Gabriel Carl Cleve (1790-1860), hannoverscher Amtmann in Grauhof bei Goslar
- Friedrich Wilhelm Heise (1791-1862), hannoverscher Landdrost und Geheimer Rat
- Theodor Heinrich Werlhof (1791-1854), hannoverscher Regierungsrat
- Georg Hilmer Flügge († 1859), Königlich Hannoverscher Hofrat
- Karl Ludwig Roeck (1790-1852), Lübecker Bürgermeister[3]
- Ernst von der Wense (1791-1875), hannoverscher Drost
- Johann Heinrich Silberschlag (1790-1820), preußischer Justizrat in Magdeburg
- August Carl Heinrich von Kaufmann (1791-1846), hannoverscher Oberamtmann in Medingen
- Friedrich August Theodor von dem Bussche (1791-1855), Kammerherr und Intendant des Staatstheaters Hannover
- Conrad Friedrich Hadrian von Voss (1790-1826), hannoverscher Forstmeister, gestorben im Duell
- Georg Oehlrich (1792-1870), hannoverscher Landrat
- Clemens von Althaus (1791-1836), Befreiungskämpfer, Kapitän der Hannoverschen Armee, nach Auswanderung 1819 General der peruanischen Armee
- Johann Philipp Wilhelm Pfeiffer († nach 1862), Pastor in Bonames bei Frankfurt am Main
Sommersemester 1810
- Carl Jacobi (1790-1875), General und Kriegsminister des Königreichs Hannover
- Heinrich Wilhelm Hayen (1791-1854), Vizepräsident des Oberappellationsgerichts Oldenburg
- Eduard Ferdinand von Schroetter († 1813), Befreiungskämpfer, gefallen als preußischer Offizier in der Schlacht bei Hanau
- Johann Friedrich Ludwig Frister (* ca. 1792), Advokat in Lübeck
- Johann Philipp Plessing (1791-1851), Niedergerichtsprokurator und Landgerichtsaktuar in Lübeck
- Johann Joachim Friedrich Torkuhl (1790-1870), Lübecker Bürgermeister
- Gerhard Eilers (1788-1863), Vortragender Rat im Preuß. Kultusministerium
- Christian Friedrich Hase (1790-1860), Herzoglich Sächsisch-Altenburger Kammerrat und Finanzvizepräsident in Altenburg
Wintersemester 1810/11
- Ernst Christian Führcken
- Dietrich Christian Sophus Schmidt (1792-1841), genannt „der große Sophus“, hannoverscher Amtmann in Bleckede
- Johannes Peters (* ca. 1792), Pastor in Jever
Sommersemester 1811
- Hermann Georg Krohn (* ca. 1792-1814), stud. jur. aus Lübeck, Freitod in Berlin
- Gotthard Friedrich Rhon, stud. jur. aus Lübeck, weiteres unbekannt
- Matthias Sievers (1792-1848), Senator der Hansestadt Lübeck
Wintersemester 1811/12
- ohne Rezeptionen
Sommersemester 1812
- Georg Alfred Heyne (1792-1874), hannoverscher Oberamtmann in Northeim
- Georg Anton August Heinsius (* 1792), stud. jur. aus Niedeck, weiteres unbekannt
- Theodor Rehbenitz (1791-1861), Künstler im Umfeld der Nazarener und Universitätszeichenlehrer in Kiel
Wintersemester 1812/13
- Georg Goedecke († 1832), hannoverscher Premierleutnant
Stammbuchhalter im Umfeld des Corps Hannovera Heidelberg
Stammbücher sind für die Zeiten vor Beginn der Überlieferung von Conventsprotokollen wesentliche Quellen für die Corpsgeschichte der Corps. Die nachfolgende Auswahl umfasst Stammbuchhalter von Stammbüchern mit Laufzeiten ab 1809, die Bedeutung für die Geschichte der Corps Hannovera Göttingen und Heidelberg haben.
Stammbuchhalter Laufzeit Lagerort Anmerkungen Abbildung Iffland, Ernst Christian 1809- Exzerpt im Institut für Hochschulkunde Siehe Ernst Iffland, Blaubuch des Corps Hannovera zu Göttingen (BB) Nr. 16 Jacobi, Carl von
(1790-1875)1809- Exzerpt im Institut für Hochschulkunde Mitstifter des Corps Hannovera Göttingen am 18. Januar 1809. BB Nr. 25 Vollborth, Franz Wilhelm
(1792-1870)1809-1811 Privatbesitz in Hamburg Mitglied des Corps Hannovera Göttingen. BB Nr. 62 Reinecke, Ernst
(1780-1857)1810- Privatbesitz in Einbeck (1993). Kopie im Archiv des Corps Hannovera Göttingen. Exzerpt im Institut für Hochschulkunde Mitstifter des Corps Hannovera Göttingen am 18. Januar 1809. BB Nr. 16 Schulzen, Johann Christian 1811 Stammbuchblatt vom April 1811 im Archiv des Corps Hannovera Göttingen Mitglied Corps Hannovera Göttingen. Caddick/Curschmann (2009) Nr. 001064, im BB von 2002 noch nicht enthalten. Volkert, Eberhard Christian
(1788-1859)1810- Exzerpt im Institut für Hochschulkunde Mitglied Corps Hannovera Göttingen, früher der Guestphalia Göttingen. BB Nr. 60 Plessing, Johann Philipp
(1791-1851)1814- Familienbesitz, Exzerpt im Institut für Hochschulkunde Mitglied des Corps Hannovera Heidelberg, BB Nr. 036. Einträger in Heidelberg und Göttingen. Literatur
- Franz Stadtmüller (Hrsg.): Geschichte des Corps Hannovera zu Göttingen 1809 - 1959. Göttingen 1963, S. 41 - 49.
- Kurt Heinrichs: Göttinger Hannoveraner im Dienste des Königs von Hannover. In: Einst und Jetzt 1969, S. 176 ff.
- Gunnar Henry Caddick: Die Hannöversche Landsmannschaft an der Universität Göttingen von 1737 - 1809. Göttingen 2002.
- Heinrich F. Curschmann: Blaubuch des Corps Hannovera zu Göttingen, Band 1: 1809-1899 Göttingen 2002, S. 264 ff.
Weblinks
- Heidelberger SC und Corps Hannovera Heidelberg bei www.corpsarchive.de
- Corps Hannovera Göttingen bei www.corpsarchive.de
Einzelnachweise
- ↑ Stadtmüller, Geschichte des Corps Hannovera, S. 44.
- ↑ Kösener Korps-Listen 1910, 112a, Nrn. 1 - 8
- ↑ Sein Brief aus Heidelberg an seinen Jugendfreund Friedrich Overbeck in Rom vermittelt den Einblick in die damalige Gedankenwelt eines Studenten der Rechte in Heidelberg, siehe komm. Volltext im Wikisource-Projekt: s:de:Karl Ludwig Roeck an Friedrich Overbeck, 1810.
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