Sventopluk

Sventopluk

Sventopluk, tschechisch Svatopluk, slowakisch Svätopluk, russisch Святополкъ, polnisch Świętopełk, in zeitgenössischen Quellen auch Zventapu, Zwentibald, Zuendibolch, Suatopluk (* ?; † 894), war von den 850er Jahren bis 871 Fürst des Neutraer Fürstentums und von 871 bis 894 der dritte Herrscher Großmährens. Er stammte aus dem Geschlecht der Mojmiriden.

Inhaltsverzeichnis

Der Weg zur Macht

Bulle Industriae Tuae an Sventopluk

Sventopluk war Neffe des Fürsten Rastislav. Ende der fünfziger Jahre des 9. Jahrhunderts übernahm er die Macht im Neutraer Fürstentum, welches ein Teil Großmährens war.

867, nach intensiven ostfränkischen Angriffen, machte Rastislav Sventopluk zum Lehnfürsten das Neutraer Fürstentums. Dadurch sollte die Verteidigung gegen die Ostfranken verbessert werden und Sventopluks politische Macht wuchs. Es kam de facto zu einer Aufteilung Großmährens in zwei Teile. Sowohl Rastislav als auch Sventopluk mussten 868 und 869 weitere Angriffe abwehren.

870 übergab Sventopluk sein Fürstentum jedoch unter den Schutz des Ostfränkischen Reiches und kündigte Rastislav den Gehorsam. Dieser versuchte Sventopluk zu ermorden und seinen Einfluss auf dessen Fürstentum wiederzugewinnen. Sventopluk ist es jedoch gelungen Rastislav gefangen zu nehmen und er übergab ihn den Ostfranken (Karolinger), den langjährigen Gegnern Rastislavs. Rastislav wurde aufgrund eines Gerichtsurteils geblendet und starb in einem bayrischen Kloster.

Die Franken schickten zudem eigene Leute (die Grafen Wilhelm II. und Engelschalk I.) als Regenten in Rastislavs Mähren (also Westgroßmähren). Sventopluk in der Slowakei (also Ostgroßmähren), der gehofft hatte, nun selbst über ganz Großmähren zu herrschen, wollte diese ostfränkische Okkupation nicht akzeptieren. Er wurde jedoch zusammen mit dem heiligen Method eingesperrt.

871, kam es infolge der aufgezwungenen Frankenherrschaft in Großmähren zum Volksaufstand. Dessen Führer war vermutlich ein gewisser Slavomír. Ludwig der Deutsche schickte zur Niederschlagung des Aufstandes ein Heer, das aber geschlagen wurde. Daraufhin organisierte Ludwig einen zweiten Zug, der vom aus der Haft entlassenen Sventopluk angeführt wurde. Dieser versprach dem fränkischen Herrscher den Aufstand niederzuschlagen. Als das fränkische Heer die großmährische Feste erreichte, lief Sventopluk zu den Aufständischen über und übernahm die Befehlsgewalt. Das fränkische Heer wurde vernichtend geschlagen und Sventopluk konnte Fürst von Großmähren werden.

Herrschaft

Großmähren in seiner größten Ausdehnung unter Sventopluk

Sventopluk musste 871 und 872 fränkische Angriffe abwehren. 874 wurde zwischen den Botschaftern Sventopluks und Ludwig des Deutschen der Forchheimer Frieden geschlossen. Sventopluk verpflichtete sich dem Ostfränkischen Reich Abgaben zu zahlen und erkannte formell dessen Herrschaft an. Dennoch hatte er durch die Ruhe mit seinem stärksten Gegner nun die Möglichkeit, das Gebiet Großmährens zu vergrößern und in ein Reich umzuwandeln. Die Expansion wurde durch den kulturellen Vorsprung gegenüber den Nachbarn vereinfacht. Bereits 874 gehörte ihm die Gegend entlang des oberen Laufes des Flusses Weichsel. Weiter nahm er das heutige Nordmähren um Opava ein. 880 kam Schlesien und 881 das heutige Ostungarn an der mittleren Theiß (damals bulgarisches Gebiet) dazu, ab 890 waren auch Böhmen (Fürstentum der Přemysliden) sowie die Lausitz (Lausitzer Sorben) Teil seines Reiches.

882 fiel Sventopluk als Verbündeter des Ostfränkischen Herrschers Karl III. in die Ostmark ein und verjagte die Markgrafen Wilhelm und Engelschalk. Diese verbanden sich mit Arnulf von Kärnten in Pannonien, der sich gegen Sventopluk mit den Bulgaren verband. Sventopluk schlug Bulgarien und schloss 883 und 884 sogar Pannonien – Teile des Gebiets des Arnulf von Kärnten – seinem Reich an. Diesen Schritt ließ er sich von Karl III. mit einem Vertrag im Sommer von 884 auf dem Chuomberg (mons Comianus) in der Nähe des Wienerwalds bestätigen. Gleichzeitig wurde abermals ein Frieden zwischen dem Ostfrankenreich und Großmähren ausgehandelt, und die Stellung des großmährischen Herrschers wurde weiter gefestigt. 885 versöhnte sich Sventopluk auch mit Arnulf – einerseits, weil bereits klar war, dass Arnulf der neue ostfränkische König werden würde (887) und andererseits, weil Sventopluk der Patenonkel von Arnulfs unehelichem Sohn Zwentibold (Zuentibold, d. h. Sventopluk), dem späteren König von Lothringen, war. Trotz des Friedens kam es 888 und 889 wegen Pannonien wiederum zu Konflikten zwischen Arnulf von Kärnten und Sventopluk. Durch jenen Zuentibolch gelangte auch das heutige, von Cyrill und Methodius in die Slowakei gebrachte, slowakische Staatswappen als das sogenannte lothringische Kreuz nach Lothringen.

888 starb der Přemyslid Bořivoj I. und Sventopluk übernahm die direkte Macht in Böhmen in Stellvertretung Bořivojs minderjähriger Söhne. Die Machtübernahme wurde durch König Arnulf 890 auf dem Omuntesperch (Amandhegy-Pannonhalma oder Omuntesdorf) bestätigt. Allerdings annullierte Arnulf den Vertrag 892 und zog mit seinen Verbündeten, diesmal verstärkt durch Ungarn gegen Svatopluk. Diese und zwei weitere Angriffe 892 und 893 konnte der großmährische Heeresführer niederschlagen.

Kirche

Sventopluk mit seinen drei Söhnen und drei Zweigen, nach der Legende von Sventopluks Zweigen

Hauptartikel: Method von Saloniki

Sventopluk führte bedeutende gesellschaftliche und militärische Reformen durch. Großmähren bestätigte seine starke Stellung in Mitteleuropa. Dazu gehörte auch die großmährische kirchliche Verwaltung, die 880 geschaffen wurde, mit dem Bistum in Nitra mit Bischof Wiching (ein schwäbischer Mönch), das Erzbischof Method unterstellt war. Großmähren wurde im gleichen Jahr zum Lehen des Heiligen Stuhles. Dies bedeutete eine gleichrangige Stellung wie das Ostfränkische Reich. Sventopluk selbst wurde dadurch de iure zum König (obwohl er vorher schon bisweilen als rex bezeichnet wurde). Etwa ein Jahr später wurde in Neutra das erste Kloster in der heutigen Slowakei gegründet.

Gegen Ende seiner Herrschaft hat der Papst nach einer komplizierten Entwicklung und nach Methods Tod (885) die slawische Liturgie Methods (Altkirchenslawisch) verboten. 886 wurden daraufhin von Wiching und von päpstlichen Gesandten die Schüler Methods aus Großmähren verbannt. 891 verließ Wiching Neutra und begab sich in das Ostfrankenreich, wo er später Kanzler der Kaisers wurde.

Sventopluk selbst blieb bei diesen kirchlichen Streitigkeiten eher neutral, aber persönlich war ihm – wie es ein päpstlicher Brief explizit bestätigt – die lateinische Liturgie lieber. Zum Schluss unterstützte er (aufgrund von diversen Täuschungen) jedoch Wiching und die lateinischen Priester.

Tod

Fürst Sventopluk starb 894. Auf seinem Totenbett forderte er seine Söhne zum Widerstand gegen die Ostfranken auf. Er bestärkte sie in dem Bemühen die Macht im Großmährischen Reich zu halten.

Sein erster Sohn Mojmír II. wurde nach Vaters Tod Herrscher des Reiches. Der zweite Sohn Sventopluk II. erhielt als Lehen das Neutraer Fürstentum und der dritte Sohn Predslaus vermutlich Bratislava (Pressburg). Nach 894 kam es zwischen Mojmír II. und Sventopluk II. zu Streitigkeiten und es begann der Zerfall Großmährens.

Rezeption

Reiterstatue des Sventopluk an der Burg Bratislava. Die abgebildete, inzwischen teilweise abgetragene Inschrift liest „Sventopluk, König der alten Slowaken, 846 – 894“. Unten befindet sich noch das Eröffnungszitat der Bulle Industriae tuae (880)

Die 1959 fertiggestellte, 1960 in Bratislava uraufgeführte Oper Kráľ Svätopluk des slowakischen Komponisten Eugen Suchoň handelt von Sventopluks Leben. Das Libretto wurde von Ivan Stodola, Eugen Suchoň und Jela Krčméra verfasst.

Der ehemalige slowakische Premierminister Robert Fico (2006-2010) beruft sich gerne auf Sventopluk, da er ihn als eine Art ersten slowakischen Herrscher sieht - auch gegenüber ungarischen Ansprüchen, die erst aus der Zeit später rühren.[1][2][3] Deswegen wurde am 6. Juni 2010, sechs Tage vor den Parlamentswahlen in der Slowakei 2010, eine Reiterstatue des Sventopluk in Anwesenheit des Premierministers, Parlamentspräsidenten und Staatspräsidenten enthüllt – was auf heftige Kritik von Aktivisten und Künstlern stieß. Kritisiert wurde vor allem die Wahl des Bildhauers Ján Kulich, der als eine der führenden Figuren der Normalisierung (1969–89) auftrat. Auch die Platzierung (Burg Bratislava) und die Tatsache, dass außer der regierenden Partei Smer-SD andere Parteien fast nicht anwesend waren, wurden bemerkt.[4][5][6]

Einzelnachweise

  1. http://derstandard.at/1250691597172/Diplomatischer-Streit-Fico-will-Statuen-slowakischer-Patrone-in-Grenzstadt-Komarno?sap=2&_seite=2
  2. http://www.pesterlloyd.net/2009_28/0928slow/0928slow.html
  3. http://www.nzz.ch/nachrichten/international/farce_um_ein_reiterstandbild_1.6018636.html
  4. http://spectator.sme.sk/articles/view/39150/10/young_artists_protest_against_the_creator_of_a_new_svatopluk_statue_in_slovakia.html
  5. http://spravy.pravda.sk/pred-hradom-uz-drzi-straz-svatopluk-od-sochara-komunizmu-pmn-/sk_domace.asp?c=A100606_224040_sk_domace_p29
  6. http://spravy.pravda.sk/deklarovana-jednota-nebola-na-odhalenie-sochy-prisli-len-lidri-smeru-1ip-/sk_domace.asp?c=A100607_144632_sk_domace_p23

Quellen

  • MacLean, Simon. Kingship and Politics in the Late Ninth Century: Charles the Fat and the end of the Carolingian Empire. Cambridge University Press: 2003.


Vorgänger Amt Nachfolger
Rastislav Herrscher von Großmähren
871894
Mojmír II.

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