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Swinger (von engl. to swing, „schwingen, hin- und herbewegen“) ist eine im 20. Jahrhundert populär gewordene Bezeichnung für Menschen, die – im weitesten Sinne – ihre Sexualität frei und ohne Einschränkungen mit verschiedenen (beliebigen) Partnern ausleben; jenseits konventioneller Moralvorstellungen und gesellschaftlicher Tabus, die das Sexualverhalten regulieren. Swinger leben somit nicht in einer monogamen Partnerschaft, sondern haben (im gegenseitigen Einverständnis) sexuelle Kontakte mit anderen, u. U. fremden Personen. Als Treffpunkte haben sich Swingerclubs und Swingerpartys bzw. private Treffen etabliert – Orte, an denen die öffentliche Sexualmoral nicht beachtet wird und an denen sich Gleichgesinnte begegnen, um Partnertausch und Gruppensex zu praktizieren.
Inhaltsverzeichnis
Historisches
Zu nahezu allen Zeiten und in allen Kulturen existierte promiskuitives Sexualverhalten, d. h. Geschlechtsverkehr mit (häufig) wechselnden Partnern. Das Swingen ist jedoch abzugrenzen von anderen ähnlichen Formen wie z. B. der Polygamie als institutionelle bzw. gesellschaftlich anerkannte Form der Ehe (Vielehe) oder der Polyamory als tatsächliche Liebesbeziehung zwischen mehreren Personen. Swingen wird insbesondere durch die ausschließliche Fokussierung auf das sexuelle Erleben bzw. Erlebnis charakterisiert, ohne sich dabei persönlichen Beziehungen oder gesellschaftlichen Strukturen oder Normen zu unterwerfen. Insofern ist es als Form der zwischenmenschlichen Begegnung z. B. dem One-Night-Stand vergleichbar.
Zweifelsohne ist das Swingen als Sexualverhalten schon immer präsent gewesen (sprichwörtlich sind z. B. die Orgien im alten Rom oder die Konkubinen und Mätressen des Barock). Als etablierte und verbreitete gesamtgesellschaftliche Strömung (wenn auch unter speziellen Rahmenbedingungen siehe oben) entstand es jedoch erst in der Mitte des 20. Jahrhunderts in Amerika, wie schon der gängige englische Begriff Swingen nahelegt. Terry Goulds „The Lifestyle: A Look at the Erotic Rites of Swingers“ zufolge begann diese Bewegung in der U. S.-Airforce, deren Piloten während des Zweiten Weltkrieges für den Todesfall einander versicherten, für die Ehefrauen der Kameraden zu sorgen, in jeglicher Hinsicht, was das Sexuelle offenbar einschloss. Amerikanische Medien betitelten diese Praxis bald mit wife-swapping (Frauen-Tausch) und übergaben diese Idee damit der Öffentlichkeit. In den 1960er Jahren gründete sich in Berkeley, Kalifornien die erste Organisation, die „Sexual Freedom League“. Bald darauf gründete sich die „North American Swing Club Association“ (NASCA), ein Dachverband, der Informationen über das Swingen in ganz Amerika zusammenführte.
Bald darauf verbreitete sich das Swingen auch in anderen Ländern und hat heute insbesondere in der westlichen Welt eine Anhängerschaft gefunden.
In Deutschland begann sich das Swingen Ende der 1960er Jahre zu verbreiten. Die älteste noch erscheinende Zeitschrift für Swinger ist Happy Weekend. Sie erschien erstmals im Jahr 1972.
Sexualverhalten
Die individuellen Vorlieben sind sehr weit gestreut und beinhalten jegliche sexuellen Praktiken, bei denen Dritte in beliebiger Form eingebunden werden können. Dabei kann es sich auch um exhibitionistische und voyeuristische Handlungen ohne Körperkontakt handeln („Sehen-Zeigen“, gegenseitiges Beobachten oder Fotografieren sexueller Handlungen).
Da Sexualität in der Öffentlichkeit in Deutschland als Erregung öffentlichen Ärgernisses bestraft werden kann, bewegt sich die Swingerszene hauptsächlich in dafür vorgesehenen Räumlichkeiten. Hier macht sich die Diskrepanz zwischen gesellschaftlichen Normen und den Swingern, die gemeinhin freie Liebe praktizieren und vertreten, des Weiteren exhibitionistisch bzw. voyeuristisch veranlagt sind, besonders bemerkbar; wiewohl auch in dieser Beziehung die gesellschaftliche Akzeptanz (einschließlich homo- und bisexueller Praktiken) wächst und sich allmählich Moralvorstellungen verändern.
Grundmotto
Das Grundmotto der Swingerszene lautet "Alles kann, nichts muss". Damit ist gemeint, dass alle sexuellen Spielarten grundsätzlich möglich sind und toleriert werden, aber niemand zu etwas gedrängt oder gar gezwungen wird. Die meisten Swingerclubs berufen sich in ihren Websites und Hausregeln ausdrücklich auf dieses Motto, um den Gästen zu verdeutlichen, dass zwar ein vielschichtiger sexueller Kontakt mit anderen Personen möglich und erwünscht ist, ein Gast aber – anders als in einem Bordell – keinen Anspruch auf sexuelle Kontakte hat. So muss ein „Nein“ eines anderen Gastes, das dieser auch non-verbal durch entsprechende körperliche Abweisung ausdrücken kann, stets akzeptiert werden.
Swingerszene
Seit dem Beginn der 1990er Jahre hat sich in Europa und den USA und insbesondere in Deutschland die Swingerszene als eigene Subkultur herausgebildet. Diese Entwicklung verstärkte sich mit dem Aufkommen des Internets, da viele Internetforen und zahlreiche virtuelle Communities einen sehr wichtigen Treffpunkt darstellen. Letztere dienen einerseits häufig dazu, Treffen für sexuelle Kontakte zu vereinbaren. Andererseits sind diese virtuellen Gemeinschaften aber auch manchmal Ausgangspunkt für Stammtische und Szenetreffen, bei denen Geselligkeit und Gemeinschaft mehr im Vordergrund stehen als sexuelle Kontakte.
Über das soziale Umfeld der Swinger kann man keine allgemeine Aussage treffen – in der Swingerszene findet man sowohl Arbeiter als auch Akademiker. Beim Swingen steht der sexuelle Kontakt mit neuen Partnern im Mittelpunkt, was die Szene deutlich von der sehr kleinen Polyamorie-Bewegung unterscheidet, in der die Entwicklung eines Lebensmodells mit mehreren sexuellen Beziehungen versucht wird. In der Swingerszene sind hingegen über den sexuellen Kontakt hinausgehende Verbindungen oft nicht erwünscht. Die früher sehr starke Ablehnung von freundschaftlichen und engeren emotionalen Beziehungen weicht in jüngerer Zeit jedoch zunehmend auf und es entstehen allmählich zunehmende Überschneidungen mit der polyamoren Subkultur. Als Sammelbegriff für beide Subkulturen ohne strikte Unterscheidung wird im englischen Sprachraum der Begriff responsible nonmonogamy verwendet.
Literatur
- Ashley Lister: Swinger. Eine Szene voller Lust und Leidenschaft. Passion Publishing 2007, ISBN 3939907006
- Terry Gould: The Lifestyle: A Look at the Erotic Rites of Swingers. ISBN 1552094820
- Oliver Schott: Lob der offenen Beziehung. Über Liebe, Sex, Vernunft und Glück. Berlin 2011, ISBN 978-386505-704-4
- Stephan Dressler, Christoph Zink: Pschyrembel Wörterbuch Sexualität, S. 386, 527, Gruyter, 2003, ISBN 3-11-016965-7
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