Südbahnhotel

Südbahnhotel
Südbahnhotel mit Schneeberg im Hintergrund
Zufahrt Südbahnhotel

Das Südbahnhotel ist ein seit 1881 bestehendes[1] ehemaliges Grand Hotel an der Südbahn auf dem Semmering.

Inhaltsverzeichnis

Entstehung

Nachdem in den 1870er Jahren die Südbahngesellschaft ihre Arbeit an der Bahn abgeschlossen hatte, wandte sie sich der Errichtung von Bauten entlang der von der Bahn erschlossenen Gebieten zu. Der Ort Semmering war durch die Pionierleistung der Semmeringbahn, einem Teilabschnitt der Südbahnstrecke, von Wien aus leicht zu erreichen, und sollte nun zum Ferien- und Luftkurort ausgebaut werden. In diesem Zusammenhang wurde hier auf genau 1000 m Seehöhe das erste einer Reihe von Eisenbahnhotels der Südbahn errichtet. Der Stil der Hotels der Südbahngesellschaft folgte anfangs einem einheitlichen Schema, sie wurden von Eisenbahningenieuren geplant. Dadurch wirken diese Bauwerke, deren stilistisches Hauptmerkmal die Sichtziegelfassade ist, äußerlich sehr nüchtern und zeigen kaum dekoratives Beiwerk. Dieses nüchterne Erscheinungsbild der Hotels änderte sich erst, als selbstständige, staatlich befugte Architekten beauftragt wurden. Dadurch wurden die Bauwerke vom neuen Stil des Späthistorismus geprägt, der auch bei einem großen Zubau für das Südbahnhotel am Semmering (1901-1903) zu Tragen kam.

Das erste Semmeringhotel der Südbahn

Südbahnstrecke über den Semmering

Die Planung des Hotels am Semmering begann 1880 auf Initiative von Friedrich Julius Schüler, dem Generaldirektor der Südbahngesellschaft, wobei durch das Hotel, ähnlich dem Grand-Hotel-Toblach und dem ebenfalls in den 1880er-Jahren begonnenen Aufbau des Kurortes Abbazia (heute Opatija) „als k.u.k-Riviera“ zusätzliche Einnahmequellen für die Südbahngesellschaft erschlossen werden sollten. Im Jahre 1881 wurde der Grund für das Hotel am Semmering erworben, wobei die Lage für ein einzigartiges Panorama sorgen sollte. Das Hotel sollte den Gästen jeglichen Komfort bieten und durch die Errichtung weiterer Infrastruktur und Sportmöglichkeiten den Annehmlichkeiten eines heutigen All-Inklusive-Resorts entsprechen.

Innerhalb von 15 Monaten wurde das Hotel nach einem Entwurf des Hausarchitekten der Südbahngesellschaft Wilhelm von Flattich (1826–1900), der bereits 1873 den Wiener Südbahnhof und 1878 das Südbahnhotel in Toblach, heute Grand Hotel Toblach geplant hatte, errichtet. Es waren 3 Stockwerke mit 60 Fremdenzimmern sowie Badeeinrichtungen, Spiel-, Rauch- und Damensalons, ein Post- und Telegraphenbureau und ein Restaurationsgebäude, welches einen großen Speisesaal und die Wirtschaftsräumlichkeiten enthielt, vorgesehen. Außerdem sollten sich noch in der Nähe des Hotels ein dazu gehöriger Meierhof, Stallungen für die Pferde, Remisen für die Kutschen und Wagen sowie eine Waschanstalt befinden. Die Südbahngesellschaft errichtete eine Straße vom Bahnhof Semmering zum Hotel, sowie die notwendige Wasserleitung. Am 15. Juli 1882 konnte das Haus planmäßig eröffnet werden. Als erster Restaurant-Pächter konnte Vinzenz Panhans (1841-1905), der als vielgerühmter Koch im Wiener Hotel Lamm begonnen hatte und später dann mit seinem eigenen Hotel, dem Hotel Panhans, schärfster Konkurrent des Südbahnhotels wurde, unter Vertrag genommen werden.

Zu Beginn lebte der Semmering, ähnlich wie schon Reichenau an der Rax zuvor, vom Mythos der Habsburger. Gleich nach Eröffnung des Ersten Semmeringhotels um 1882 sowie den dazugehörigen Villen genossen die höchsten Kreise der Wiener Gesellschaft, Erzherzöge und Minister, selbst Kaiserin Elisabeth die alpine Sommerfrische in der Höhenluft nahe Wiens. Der Besuch von derart bedeutenden Mitgliedern der Hocharistokratie war ein wichtiger Faktor für die Entwicklung des Semmering. Doch allein von diesem Publikum konnte auch damals kein Hotel überleben. Von Anfang an waren daher prominente Hotels finanziell auf ein Publikum aus der neuen Hochfinanz angewiesen, denn diese Gesellschaftsschicht war wesentlich spendabler als der traditionelle Adel. In den Hauptsaisonen waren alle Häuser am Semmering ausgebucht. Entlang der Hochstraße eröffneten zahlreiche Geschäfte.

Das Grandhotel Südbahn

Der Semmering entwickelte sich, nach der Errichtung des Südbahnhotels schossen nicht nur die Villen, wie etwa die Villenkolonie Semmering nach den Richtlinien der Cottage-Bewegung, aus dem Boden, sondern auch weitere Hotels wurden errichtet. 1888 eröffnete Vinzenz Panhans sein Hotel Panhans, 1909 wurde das Kurhaus Semmering fertiggestellt.

Die Südbahngesellschaft sah sich daher um 1900 veranlasst, ihren Hotelbereich am Wolfsbergkogel nach den damals modernsten Richtlinien des internationalen Hotelgeschäftes zu vergrößern. Wohl auch wegen der Rivalität zwischen dem Panhans und dem Südbahnhotel blieb das Südbahnhotel auch beim großen Zubau weiterhin dem Historismus, genauer gesagt dem Heimatstil treu, mit verstärkter Betonung der Burg- und Schlossromantik, was sich besonders in konservativeren Kreisen großer Beliebtheit erfreute.

Das Grand Hotel war weithin sichtbar und wurde dadurch bald zum Wahrzeichen des Semmerings. Bei seiner Fertigstellung im Jahre 1903 entsprach das Erscheinungsbild des von Alfred Wildhack[2] gemeinsam mit Robert Guido Elio, Freiherr v. Morpurgo durchgeplanten neuen Südbahnhotels in allen Bereichen den mittlerweile aufgekommenen Vorstellungen eines „Palasthotels“, der luxuriösesten Form der gehobenen Hotelkategorie. Ein zur Mitte hingestaffelter dominierender Turm, in dem das Hauptstiegenhaus untergebracht war, unter dessen Dach sich ein hölzerner Wandelgang befindet, gehörte ebenso zur architektonischen Sprache dieses Traktes, wie die zwei verblechten Zwiebeltürmchen, die bedachten Rauchfänge und die mit Biberschwanz gedeckte komplexe Dachlandschaft. Talseitig prägten vor Allem der Mittelrisalit, das tief heruntergezogene Hauptdach und die reich verzierten Holzbalkone das Bild dieses Bauabschnittes. Der Eindruck einer repräsentativen Höhenresidenz ist durchaus beabsichtigt. Ländliches Flair hingegen wird vor Allem durch rustikale Details, wie etwa Sockel aus Buckelquadern, holzumfassten Fenstern und Fachwerk, erzielt. Diese von traditioneller alpiner Architektur inspirierte Formensprache des Heimatstils findet man auch in den einfacheren Nebenbauten, wie etwa der Meierei. Neben diesen äußeren Merkmalen war aber vor Allem die Anwesenheit eines hoch gestellten, teils aristokratischen Publikums der wichtigste Empfindungsträger eines „Palasthotels“. Zusätzlich zu den Gästen aus den alten, aristokratischen Kreisen bot das neue Südbahnhotel am Semmering gleichzeitig der neuen vermögenden Klientel eine entsprechende Kulisse zur Selbstdarstellung. Diese fand im und um das Hotel statt, ja setzte sich auf der Promenade fort. Diese war quasi zum exterioren Gesellschaftsraum des Hauses geworden. Was Rang und Namen hatte in der österreichisch-ungarischen Monarchie ging auf ihr, um zu sehen, vor Allem aber, um gesehen zu werden. Im Haus selbst boten die Salons, wie etwa der „rote“ Salon, Spiel- und Rauchzimmer die Möglichkeit zur Selbstinszenierung und wer die roten Sisalläufer der Bel Etage betrat, war, wie es damals so schön hieß, „entweder der Creme der Gesellschaft zuzurechnen – oder Zimmerkellner...“. Über beiden Gruppen schwebte der aus Preußen stammende Hoteldirektor Seibt: Stets begleitet von einem kleinen, von Zeitzeugen als „echten Köter“ bezeichneten dreibeinigen Hund führte er nicht nur das Kommando über eine Heerschar von Angestellten, er führte unter seinen Gästen auch geschickt soziale Regie. Allgegenwärtig in Halle und Bel Etage hielt er die Luxus-Unterhaltungsmaschine über ein Vierteljahrhundert am Laufen, vermied oder förderte das Aufeinandertreffen von Gästen, arrangierte Auftritte und Abgänge in der nicht enden wollenden Kette feiner Akteure. Die Einrichtung der Zimmer stand der Noblesse der Gäste um nichts nach. Zum Großteil von Bothe & Ehrmann (Kunstmöbelatelier Bothe und Ehrmann, K. u. k. Hoflieferanten, Wien I/Agram) entworfen und gefertigt, glich das Interieur kaum eines Zimmers exakt dem anderen. Dennoch war eine gewisse Einheitlichkeit in dem hellen, eichenfurnierten und kirschfarben gebeizten Mobiliar beabsichtigt. Die feinen Unterschiede ergaben sich aus dem Detail, dem Muster der Intarsien, den Leistchen und Formen. Da gab es etwa glasbeplattete Spiegeltische mit eckigen oder ovalen Spiegeln, breiter oder schmäler, regelrechte Schreibtische usw. Edle Teppiche bedeckten das Parkett. Luxuriöse Waschräume und Bäder waren im SH von 1903 bereits selbstverständlich.

Nach kleineren An- und Umbauten 1908 kam 1912/13 ein ebenfalls von den beiden Architekten Wildhack und Morpurgo geplanter Restaurationstrakt, der „Trakt der großen Säle“ (Speisesaal, grüner Salon, gelber Salon, Bibliothek, Waldhofsaal, Bierstüberl und Kinosaal) hinzu, der mit seinen holzrostbelegten Terrassendecks ein wenig an Schiffsarchitektur erinnern sollte. Das ging soweit, dass die beweglich ausgeführte Markise der dem Waldhofsaal vorgelagerten Terrasse stilisierte Schiffsdavits verkörperte. Im EG gelangte man über ein Vestibül in den mit Stuck reich verzierten Speisesaal, der als Blickfang stirnseitig über einen Alkoven mit Bühne verfügte, auf dem ein extra für diesen Saal angefertigter Konzertflügel thronte. Neben den drei, mit altägyptischen Motiven gestalteten, riesigen Hauptlüstern sorgten unzählige auf den die Säulen überspannenden Bögen angebrachte Deckenschalenlampen mit geschliffenen Bleikristallgläsern und vergoldeten getriebenen Messingblechrahmen auf Holzplatte für strahlendes Licht. Seitlich anschließend an den Speisesaal befindet sich der grüne Salon, durch den man in den wesentlich kleineren gelben Salon gelangte. Beide Räume sind nur mehr teilweise im Originalzustand, im mehrmals modernisierten grünen Salon machen sich besonders die fehlenden hinterlüfteten Messingrosetten für die Lüster störend bemerkbar. Sie wurden durch Stuckelemente ersetzt. Über den grünen Salon erreicht man auch eine große Freiterrasse, die gleichzeitig das Dach des nunmehr in das SH integrierten Post und Telegraphenamtes bildet. Über dem Speisesaal – und vom Vestibül aus via einer Nebentreppe, genannt „Waldhofstiege“ erreichbar – befindet sich ein Frühstückssaal, der auch als Ballsaal genutzt wurde, der Waldhofsaal, von dem aus man über einen, die Straße überspannenden Brückenbogen und einen daran anschließenden, zum Teil unterirdischen Gang in die 1901 erbaute Dependance „Waldhof“ gehen konnte. Ebenso war der Zugang zum Waldhofsaal und der dazugehörigen Terrasse vom Zimmertrakt über ein großes Stiegenhaus möglich, das sich vom Posttrakt bis zur obersten Terrasse, dem „Promenadendek“ über dem Waldhofsaal, durchzog. Daneben und durch eine Glastüre vom Saal getrennt befindet sich die Bibliothek, die neben gespannten Stofftapeten auch über eine interessante Radiatorenverkleidung verfügte. Sie bestand aus ineinandergehängten quadratischen Messingplatten, die streng geometrisch und sachlich ausgeführt dem historistischen Ambiente des Raumes ein modernes Detail entgegensetzte. Generell finden sich, obwohl noch deutlich im Historismus verhaftet, im Trakt von 1912 immer wieder Motive floralen und gelegentlich auch ornamentalen Jugendstils. Selten aber doch, finden sich streng geometrische Details, die bereits in Richtung Moderne weisen. In der Gestaltung der Außenhaut ist dieser Bauabschnitt bis auf die auffälligen Dachterrassen jedoch dem historistischen Konzept treu geblieben. Genau diese Mixtur der Stile ist es, die das Ensemble so einzigartig macht und als „Semmeringstil“ in die Kunstgeschichte eingegangen ist.

Ebenfalls im Trakt von 1912 befand sich auch noch der heute größtenteils entkernte Dienstbotentrakt mit der 12 Meter hohen Küche und ihren Nebenräumen. Sie verfügte, genauso wie die Säle, über ein, den Theaterbauten der Jahrhundertwende nicht unähnliches, ausgeklügeltes Lüftungssystem das die über große, im Dachstuhl untergebrachte, Lüfterhäuser angesaugte Frischluft über, in den den Gästen zugänglichen Räumen im Stuck und in Lampenrosetten versteckte, Auslässe ins Gebäude brachte bzw. die verbrauchte Luft abtransportierte. Unterhalb der Küche befindet sich das sogenannte Bierstüberl, ein mit reichlich bemaltem Scheingewölbe, Säulen und einem pseudorustikal holzvertäfelten Nebenraum ausgestatteter Bereich, der über einen eigenen Eingang und eine eigene kleine Küche verfügte. Ebenfalls auf dieser Ebene befand sich ein großer Saal, der als Lichtspieltheater genutzt wurde.

Der Trakt von 1912/13 verkörperte mit selbstverständlicher Leichtigkeit den verschwenderischen Luxus der Zeit und machte damit das Südbahnhotel endgültig zu einem, wenn nicht dem, führenden Haus Mittel- und Osteuropas. [Anmerkung 1]

Franz Panhans, der Sohn des 1905 verstorbenen Vinzenz Panhans gab nun 1912 seinerseits dem Architekturbüro Ferdinand Fellner & Hermann Helmer den Auftrag, sein Hotel Panhans durch einen 128 Meter langen Zubau zu vergrößern. Nach der Fertigstellung des neuen Grandhotel-Traktes im Jahr 1913 gehörte das Panhans mit 400 Zimmern zu einem der größten Hotels Mitteleuropas. Man sprach so zumindest vom größten Haus auf dem Kontinent.

In der Gartengestaltung orientierte sich die Südbahngesellschaft an englischen Idealen, indem man die Landschaft ringsum zu einem monumentalen Park zusammenfasste und mit zusätzlichen Bauten, wie einer „Meierei“, bereicherte. Dieser Park war hauptsächlich zum Betrachten errichtet, wobei durchaus auch eine romantische Stimmung erzeugt werden sollte. Das damalige Aussehen dieser Gartenanlage ist schwer zu rekonstruieren. Gesichert ist einzig, dass der Park symmetrisch mit Blumenbeeten gestaltet war und eine ovale Betonung der Gartenmitte gebildet wurde. Vor der Dependance „Waldhof“ vervollständigte ein kleiner Alpengarten diesen besonderen Ort.

Im Winter wurde der gesamte Park des Südbahnhotels in ein riesiges Sportparadies mit hoteleigenen Schiwiesen und Eislaufplätzen, die per Schlittenpendelverkehr erreichbar waren, umgewandelt. Daneben gab es eine Bob- und Skeletonbahnen, sowie und eine 2.000 m lange Naturrodelbahn. Diese führte vom Pinkenkogel bis zum Hotel. Das Südbahnhotel verfügte zusätzlich über eine eigene Skisprungschanze auf der Schiwiese des hoteleigenen Golfgeländes. Dieser großzügige Sportanlagenbau sowie die günstigen Schneeverhältnisse machten den Semmering zum bedeutendsten Wintersportort Österreichs. Vor allem in der Zwischenkriegszeit lockten die FIS-Wettkämpfe tausende Sportbegeisterte auf den Semmering.

Kaum hatten sich der Winter- und der Motorsport am Semmering und rund um das Südbahnhotel entwickelt, trat auch der Sommersport in Erscheinung. Wurden die Wiesen im Winter für den Schisport genützt, so verwandelten sie sich im Sommer zu einem einzigartigen Golfplatz. Kurios ist dabei sicherlich der Umstand, dass ein tief ins Tal hinunter gehender Golfabschlag im Winter zur Sprungschanze umfunktioniert wurde.

Das Südbahnhotel in der Zwischenkriegszeit

In der Zwischenkriegszeit kam es am Semmering bei beinahe allen bestehenden Hotels zu vielen Um- und Erweiterungsbauten. Die Hotels wurden laufend modernisiert und ihre Infrastruktur dem letzten Stand der Technik angepasst. Zu den wichtigsten Bauprojekten des Südbahnhotels gehörte die von Emil Hoppe und Otto Schönthal 1929 entworfene Autogarage mit 46 zum Teil beheizbaren Boxen sowie einer Werkstatt, heizbarem Waschraum, Tankstelle und bequemen Chauffeurzimmern. Der fertiggestellte erste Teil der Garage wurde jedoch 1982 abgerissen und durch eine Wohnhausanlage ersetzt.

Nach Errichtung der Garage plante man ab 1932 eine Verbreiterung und Umgestaltung des alten Hoteleingangsbereiches. Der ebenfalls von den Otto Wagner-Schülern Hoppe und Schönthal entworfene neue Eingangsbereich, der 1934 dem ehemaligen kleinen Hoteleingang von 1903 eingeschossig vorgesetzt wurde, ummantelt seither den markanten Turmfuß. Der dominante Turm des Hauptstiegenhaues, dessen Fuß nun vom Mauerwerk des Eingangsbereiches verdeckt ist, veränderte dadurch deutlich seine Wirkung. Bestärkt wird dieser neue, moderne Eindruck noch durch ein vorgelagertes freitragendes Vordach. Das Foyer ist nun durch eine Drehtüre zu betreten, auf deren höchster Selle mittig eine quadratische nickelgefasste Uhr angebracht ist. Im Anschluss befinden sich zwei in die palisanderfurnierte Holzkonstruktion integrierte Telefonhäuschen, sowie die Rezeption und Concierge. Ebenfalls, allerdings im hinteren Teil des Foyers, integriert und für den Besucher erst auf den zweiten Blick erkenntlich, war ein zweiter Aufzug, der jedoch im Zuge der Umbauarbeiten Anfang der 1990er Jahre zerstört wurde. Beleuchtet wird das Foyer durch drei in die Decke eingelassene nickelgefasste Milchglas-Lichtbahnen. Gegliedert wird der Raum durch quadratische Säulen, die beiden linoleumbelegten Pulte des Empfangs und die Drehtüre mit den beiden Nebentüren. Die Drehtüre etablierte sich damals als unerlässliches Ausstattungsdetail eines Grand Hotels. Sie ist verbindendes Element zwischen innen und außen zugleich auch ein Kontrollpunkt, der von einem livrierten Pagen bedient werden konnte. Im Falle des Südbahnhotels war dieser Page leicht an seinem Markenzeichen, dem Tellerkäppi mit der Aufschrift „Südbahnhotel“ zu erkennen, das, von einem hellbraunen Lederriemen gehalten, schräg auf dem Kopf getragen wurde.

Die Originaleinrichtung der Bar aus den 1930er Jahren ist heute noch zum größten Teil vorhanden, wenngleich auch durch die Einwirkungen der Zeit, in verändertem Zustand. Die ins Auge fallenden Details an dem zur Bar gehörenden Café sind eine gläserne Lichtkuppel und ein mehrfarbiges Glasfenster. Doch noch immer zeigt sich in dem, eigentlich aus drei Stilen gemischten Raum mit seinen dunklen Holztäfelungen, Säulen und den, mit beigem Marmorit belegten, quadratischen Tischchen, die kühle Eleganz dieser Epoche.

Als bedeutendstes Werk der Moderne gilt am Semmering das 1932 von den Wagner-Schülern und führenden Architekten der österreichischen Neuen Sachlichkeit, Emil Hoppe und Otto Schönthal, errichtete Hallenbad des Südbahnhotels. Die damals hochaktuelle Schlichtheit des Hallenfreibades zeigt sich besonders an den Außenfronten, die aus beweglichen Glas-Sprossen-Fenster bestehen. Diese liegen zwischen den tragenden Pfeilern, die im Inneren mit gelben Marmoritplatten belegt wurden. Die Badehalle selbst wurde ebenfalls mit einer zweifarbig in Bahnen gestalteten Marmorit-Verkleidung ausgestattet. Sie war in der Hauptfarbe Weiß mit schmäleren, orangeroten Streifen gehalten. An dieses Farbkonzept knüpfte auch die, teilweise erhaltene Originalbestuhlung an. Sie war, von den Architekten selbst klar und funktionell entworfen, aus orangerot lackiertem Stahlrohr mit Holzlattenauflage und Stofflehne ausgeführt. Vernickelte Beleuchtungskörper mit je vier ca. 50 cm langen elektrischen Kerzen auf jeweils drei Ebenen aus Vierkantrohr gefertigt, komplettierten das sachlich-moderne Ambiente. Die beiden Architekten, die neben Marcel Kammerer zum innersten Kreis der Schüler Otto Wagners gezählt werden, platzierten ihre Namen in 5 cm hohen und 5 mm erhabenen Nickellettern im Durchgang vom Haupthaus zur Badehalle. Die gleichen Lettern verwendeten sie zwei Jahre später auch zur Beschriftung der Säulen im Foyer, die dem Eintretenden als Blickfang dienten und ihn über die möglichen Aktivitäten während des Aufenthalts informieren sollten.

Das Südbahnhotel und der Semmering seit 1938

Mit dem Anschluss Österreichs an das Deutsche Reich im März 1938 begann eine Zeit des Niedergangs. Nach dem Versuch, nach Kriegsende den Betrieb wieder aufzunehmen, geriet die Leitung in Folge der Veränderungen des Tourismusverhaltens in Schwierigkeiten. Die Menschen suchten nicht mehr nach Idylle des Semmerings, um sich zu erholen. Der Nahtourismus war uninteressant geworden, nach den Entbehrungen des Krieges wollte man in die Ferne reisen. Italien und seine nördlichen Küsten wurden zu Anziehungspunkten, die dank des einsetzenden Individualverkehrs schnell und leicht zu erreichen waren. In den Sechziger Jahren des vorigen Jahrhunderts war das Ende der großen Hotels besiegelt. Dem Semmering war paradoxerweise seine Nähe zur Hauptstadt zum Verhängnis geworden.

Der Betrieb wurde in dieser Zeit nach und nach stillgelegt, weil er unrentabel wurde. Ende der sechziger Jahre übernahm der österreichische Liegenschaftsentwickler Siegfried Alexander Petritz das Südbahnhotel Semmering mit allen dazu gehörenden Liegenschaften. Nachdem man das erste Hotelgebäude 1974 in eine Eigentumswohnungsanlage umgewandelt hatte, ist heute fast nichts mehr von der Originaleinrichtung des Semmeringhotels von 1882 erhalten. Nur die Fassade, der ornamentale Mosaikboden im Vestibül und die in der axialen Gebäudemitte liegende Holztreppe mit dem floralen Gusseisengeländer und dem hölzernen Handlauf sind weitestgehend unverfälscht erhalten und gehen auf die Entstehungszeit von 1882 zurück. Im Rahmen dieser Aufteilung wurde auch die 1901 entstandene Dependence „Waldhof“, dem damaligen Zeitgeist entsprechend, in ein Appartementhaus umgewandelt.

Nach und nach wurden auch der Golfplatz mit der Meierei, die Dependance neben dem Kurhaus, der Grund der ehemaligen Garage und die alte Wäscherei abgetrennt. Das Haupthaus und der Restaurationstrakt von 1912/13 stehen, nach einer Teilsanierung Anfang der Neunziger Jahre des vorigen Jahrhunderts durch den deutschen Besitzer, die vor allem die Dachlandschaft und Teile der Haustechnik betraf, leer. Die Festspiele Reichenau bespielten bis 2010 das Gebäude, das mit seinen vergleichsweise wenigen im Haupttrakt verbliebenen Zimmern und vielen Sälen tatsächlich eher einem Theaterbau als einem Hotel gleicht, in den Sommermonaten[3].

Im Sommer 2006 sollte das Südbahnhotel an eine liechtensteinische Investorengruppe verkauft werden.[4] Diese versprach Investitionen und eine Wiedereröffnung des Hotels. Bisher ergaben sich jedoch auch aus diesen Verkaufsplänen keine erkennbaren Perspektiven oder Maßnahmen. Ein, noch aus der Zeit des letzten Revitalisierungsversuches stehen gebliebener, schrottreifer Turmdrehkran wurde jedoch demontiert und nach Rumänien verkauft.

Literatur

  • Desiree Vasko-Juhasz: Die Südbahn. Ihre Kurorte und Hotels. Böhlau, Wien u. a. 2006, ISBN 3-205-77404-3, (Semmering Architektur 1).
  • Guido Friedl: Der Architekt Wilhelm von Flattich (1826 - 1900). Verband der Wissenschaftlichen Gesellschaften Österreichs VWGÖ, Wien 1979, ISBN 3-85369-396-2, (Dissertationen der Universität Wien 141), (Zugleich: Wien, Univ., Diss., 1973).

Einzelnachweise

  1. Semmering-Hotel.. In: Badener Bezirks-Blatt, 4. Juni 1881, S. 5 (Online bei ANNO)Vorlage:ANNO/Wartung/bbb
  2. Architekturlexikon Alfred Wildhack
  3. Theater im Grand Hotel
  4. Bericht über den Verkauf des Hotels

Anmerkungen

  1. Das Hotel selbst bewirbt sich 1914 mit 300 Zimmern. — Siehe: Südbahnhotel Semmering.. In: Wiener Zeitung, 5. Februar 1914, S. 12 (Online bei ANNO)Vorlage:ANNO/Wartung/wrz

Weblinks

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