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Taktgefühl (veraltet Zartsinn) ist die umgangssprachliche Bezeichnung für die Fähigkeit, mit anderen Menschen in Kontakt zu stehen, ohne sie zu brüskieren oder zu beschämen, ihnen z. B. nicht unangemessen zu nahe zu treten. Es kann sich auch zur Charaktereigenschaft verfestigen.
Soziologisch wird Takt in einen „Satz von Verhaltensformen für Kommunikationspartner“ gefasst, die die Selbstdarstellung des anderen nicht durchbrechen wollen „und ihn auch dort noch schonen, wo er unglaubhaft wird“.[1] Bestandteil eines taktvollen Handelns ist es, dass es unauffällig bleibt.
Taktgefühl drückt sich im Konkreten nicht nur darin aus, was gesagt, gefragt oder getan wird, sondern auch darin, auf welche Weise und zu welchem Zeitpunkt dies geschieht, wobei es auch eine Rolle spielt, in welchem Verhältnis die jeweiligen Personen untereinander stehen.
Inhaltsverzeichnis
Taktgefühl im Verhalten gegenüber Individuen
Taktgefühl setzt die Fähigkeit voraus, ein Maß zu erspüren und es als nicht zu überschreitende Grenze zu respektieren, ohne dass dieses Maß objektiv ermittelbar wäre. Es wird durch Vorbild und Weltkenntnis erworben oder bestärkt und setzt Toleranz voraus. Es ist deshalb nicht gang und gäbe.
Im Jahr 1788 schrieb Adolph Freiherr Knigge im 1. Kapitel seines Buches Über den Umgang mit Menschen:
„Enthülle nie auf unedle Art die Schwächen Deiner Nebenmenschen, um Dich zu erheben! Ziehe nicht ihre Fehler und Verirrungen an das Tageslicht, um auf ihre Unkosten zu schimmern!“
– Adolph Freiherr Knigge
und wies darauf hin, dass „die Kunst des Umgangs mit Menschen“ erlernt werden kann:[2]
„Der, welchen nicht die Natur schon mit dieser glücklichen Anlage hat geboren werden lassen, erwerbe sich Studium der Menschen, eine gewisse Geschmeidigkeit, Geselligkeit, Nachgiebigkeit, Duldung, zu rechter Zeit Verleugnung, Gewalt über heftige Leidenschaften, Wachsamkeit auf sich selber und Heiterkeit des immer gleich gestimmten Gemüts; und er wird sich jene Kunst zu eigen machen; doch hüte man sich, dieselbe zu verwechseln mit der schändlichen, niedrigen Gefälligkeit des verworfenen Sklaven, der sich von jedem mißbrauchen läßt, sich jedem preisgibt; um eine Mahlzeit zu gewinnen, dem Schurken huldigt, und um eine Bedienung zu erhalten, zum Unrechte schweigt, zum Betruge die Hände bietet und die Dummheit vergöttert!“
– Adolph Freiherr Knigge
Eng mit dem Taktgefühl verknüpft ist auch die Achtsamkeit zur Vermeidung von Gesichtsverlust, die beispielsweise im sozialen Umgang in Japan, China und anderen asiatischen Ländern von großer Bedeutung ist.
Taktgefühl im Berufsleben
Das Taktgefühl ist nicht mit professioneller Behutsamkeit, Einfühlsamkeit oder Zurückhaltung zu verwechseln, obwohl es sich darin äußern kann. Denn bei den auf sachtes Vorgehen hin ausgebildeten Berufstätigen, wie zum Beispiel bei Priestern oder Psychoanalytikern, ist deren Bestreben, andere zu beeinflussen, vorauszusetzen. Taktgefühl ist jedoch keine Fertigkeit, sondern ein Persönlichkeitsmerkmal.
Taktgefühl in Wirtschaft und Politik
Mangelndes Taktgefühl wird Personen in Führungsfunktionen vorgeworfen, wenn sie eine wirtschaftliche oder politische Machtposition in einer Weise ausnutzen, die als unangemessen gilt oder ihnen persönlichen Vorteil bringt.
So warf beispielsweise 2007 Bundeswirtschaftsminister Michael Glos dem Vorstandschef der Deutschen Post, Klaus Zumwinkel, mangelndes Taktgefühl bezüglich des Zeitpunkts von Aktienverkäufen der Post-AG vor.[3]
Ebenfalls erregte die 2008 vorgesehene Erhöhung von Diäten Unmut über fehlendes Taktgefühl.[4]
Einzelnachweise
- ↑ Hubert Treiber/Rüdiger Lautmann, Takt, in: Werner Fuchs-Heinritz u. a. (Hgg.), Lexikon zur Soziologie, 4. Auflage, VS Verlag für Sozialwissenschaften, Wiesbaden 2007, S.655
- ↑ Adolph Freiherr Knigge: Einleitung, Abschnitt 1.. In: Über den Umgang mit Menschen. Abgerufen am 22. Mai 2008.
- ↑ http://www.welt.de/wirtschaft/article1434483/Glos_attackiert_Post-Chef_wegen_Aktienverkaufs.html
- ↑ http://www.dw3d.de/dw/article/0,2144,3328457,00.html. Vgl. auch Tönnies 1932.
Literatur
- Helmuth Plessner, Grenzen der Gemeinschaft, 1924 (Kap. 6: Zur Logik der Diplomatie. Die Hygiene des Takts)
- Ferdinand Tönnies, Takt in der Politik. Bemerkungen zu einer unerfreulichen Episode, in: Vorwärts, 16. Juni 1932, S. 1 [auch in: Ferdinand Tönnies Gesamtausgabe, Bd. 22, Berlin/New York 1998, S. 294-298]
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