Teikoku Rikugun Kokutai

Teikoku Rikugun Kokutai
Nakajima Ki-84 Hayate der Kaiserlich Japanischen Heeresluftwaffe

Die Kaiserliche Japanische Heeresluftwaffe (jap. 帝国陸軍航空隊, Teikoku Rikugun Kōkūtai) war die landgestützte Luftstreitkraft der Kaiserlich Japanischen Armee.

Inhaltsverzeichnis

Geschichte

Im Russisch-Japanischen Krieg der Jahre 1904-1905 setzte die Kaiserlich Japanischen Armee Heißluftballons für die Beobachtung aus der Luft ein und beschaffte 1910 ihr erstes Flugzeug, einen Farman Doppeldecker. Ein ernsthaftes Interesse an der Militärluftfahrt entwickelte sich jedoch erst im Ersten Weltkrieg. Japanische Militärbeobachter in Europa erkannten schnell die Vorteile der neuen Technologie, so dass nach dem Ende des Krieges große Mengen an nun in Europa überzähligen Flugzeugen, wie Sopwith 1 ½ Strutter, Nieuport Bébé und Flugzeugen der Firma SPAD gekauft wurden.

Die japanische Heeresluftfahrt wurde 1919 einer eigenen Befehlskette innerhalb des Japanischen Heeresministeriums zugewiesen. 1920 kamen die Flugzeuge während der Sibirischen Intervention zum Kampfeinsatz gegen die bolschewistische Rote Armee bei Wladiwostok.

Die erste japanische Flugzeugfabrik, die Nakajima-Flugzeugfabrik, wurde 1917 gegründet und baute später Nieuport 24 und Nieuport 29C1 sowie Hispano-Suiza-Motoren in Lizenz. Später wurden auch Gloster Gannet und Bristol Jupiter gebaut. In ähnlicher Weise begann Mitsubishi die Produktion von französischen Salmson 2-Bombern und stellte deutsche Ingenieure wie Dr. Richard Vogt für die Entwicklung eigener Produkte ein, während Kawasaki Flugzeugmotoren von BMW in Lizenz baute. Zum Ende der 1920er-Jahre wurden in Japan eigene Konstruktionen entwickelt, um die Anforderungen der Armee zu erfüllen. 1935 stand Japan eine große Anzahl technisch ausgereifter Flugzeuge zur Verfügung.

1941 wies die Heeresluftwaffe eine Stärke von etwa 1.500 für den Kampfeinsatz geeigneten Flugzeugen auf. In den ersten Jahren des Pazifikkriegs setzte Japan die technische Entwicklung und Produktion fortschrittlicher Flugzeugtypen fort und genoss aufgrund der überlegenen Ausrüstung und der Kampferfahrung der Flugzeugbesatzungen über den meisten Schlachtfeldern die Lufthoheit. Im weiteren Verlauf des Krieges gelang es Japan aufgrund der fortschreitenden Rohstoffknappheit und der Beeinträchtigung der industriellen Infrastruktur durch alliierte Bombenangriffe auf das japanische Kernland jedoch nicht, die hohen Produktionszahlen aufrecht zu halten. Erfahrene Flugzeugbesatzungen erlitten bei den Kampfeinsätzen zunehmend Verluste. Die in ihrer Existenz bedrohte Heeresluftwaffe schreckte in ihrer Verzweiflung schließlich auch nicht vor Kamikaze-Angriffen gegen die alliierte Übermacht zurück.

Strategie

Der vorrangige Zweck der Heeresluftwaffe lag in der taktischen Luftnahunterstützung der Bodentruppen, bei gleichzeitiger, begrenzter Gefechtsfeldabriegelung. Die Heeresluftwaffe übte normalerweise jedoch keine Kontrolle über die Aufklärungs- und Beobachtungsflugzeuge aus, die für die Artillerieeinheiten im Einsatz waren.

Wenngleich die Heeresluftwaffe in der Anfangsphase des Krieges auch eine strategische Bombardierung größerer chinesischer Städte wie Shanghai und Chongqing betrieb, war das nicht ihre primäre Aufgabe; zudem fehlten ihr schwere strategische Bomber, wie sie später von der United States Army Air Force gegen Japan eingesetzt wurden.

Organisation

Abteilungen der Heeresluftwaffe

  • Oberkommandeur der Heeresluftwaffe
  • Stabsabteilung der Heeresluftwaffe
  • Abteilung für allgemeine Angelegenheiten und Verwaltung
  • Generalinspektor der Luftfahrt
    • Einheit für allgemeine Angelegenheiten des Inspektorats der Heeresluftfahrt
  • Abteilung für Ausbildung und Schulung
  • Akademie der Heeresluftwaffe
  • Büro für Versorgung
  • Heeresluftwaffen-Arsenal von Tachikawa
  • Transportabteilung der Heeresluftwaffe
  • Aufklärungs-Abteilung der Heeresluftwaffe

Einsatzhistorie

Vor dem Ersten Weltkrieg bildete das „Fliegerbataillon“ (航空大隊, Kōkū Daitai), bestehend aus zwei Staffeln (中隊, Chūtai) mit je neun Flugzeugen sowie drei Reserve-Flugzeugen und weiteren drei für die Hauptquartiere reservierten Flugzeugen die Basiseinheit der Heeresluftwaffe. Jedes dieser Bataillons bestand somit aus 27 Flugzeugen.

Am 5. Mai 1927 wurden aufgrund einer Reorganisation das „Fliegerregiment“ (飛行連隊, Hikō Rentai) eingeführt, welches aus zwei Bataillons mit je bis zu vier Staffeln bestand. Jedes Fliegerregiment war eine Mehrzweckeinheit, bestehend aus Staffeln mit Jagdflugzeugen und Staffeln mit Aufklärern.

Zu Beginn des zweiten Japanisch-Chinesischen Krieges 1937 wurde im Einsatz die Verwendung vieler kleiner Einheiten bevorzugt, was zur Gründung zahlreicher „unabhängiger Fliegerbataillone“ (独立飛行大隊, Dokuritsu Hikō Daitai) oder sogar „unabhängiger Staffeln“ (独立飛行中隊, Dokuritsu Hikō Chūtai) führte. Jede dieser Einheiten führte ihre eigenen unverwechselbaren Markierungen.

Im August 1938 führte eine vollständige Reorganisation der Heeresluftwaffe zur Aufstellung der „Luftkampfgruppe“ (飛行戦隊, Hikō Sentai), die alle bisherigen Fliegerbataillone und Fliegerregimenter ersetzte. Jede Luftkampfgruppe diente einem spezifischen Einsatzzweck und bestand in der Regel aus drei Staffeln, die wiederum in drei „Schwärme“ (小隊, shōtai) mit je drei Flugzeugen unterteilt waren. Zusammen mit Ersatzflugzeugen und Flugzeugen für das Hauptquartier bestand eine Luftkampfgruppe aus insgesamt 45 Jagdflugzeugen oder bis zu 30 Bombern oder Aufklärern. Zwei oder mehr dieser Luftkampfgruppen bildeten eine „Fliegerdivision“ (飛行団, Hikōdan), welche wiederum mit Basis- und Versorgungseinheiten und einer Anzahl von unabhängigen Geschwadern ein „Fliegerkorps“ (飛行集団, Hikō Shūdan) bildeten.

1942 wurden die Fliegerkorps zu „Fliegerdivisionen“ (飛行師団, Hikō Shidan) umbenannt, um die Terminologie der Infanteriedivisionen widerzuspiegeln. Die Struktur wurde jedoch beibehalten. Zwei Fliegerdivisionen bildeten zusammen mit einigen unabhängigen Einheiten eine „Luftarmee“ (航空軍, Kōkū gun).

Die Japanische Heeresluftwaffe war fast während des gesamten Pazifikkriegs in vier Luftarmeen organisiert. Erst gegen Ende des Krieges gab es zwei zusätzliche Luftarmeen.

  1. Luftarmee: Hauptquartier in Tokio, operierte über den Japanischen Heimatinseln, Taiwan, Korea und Karafuto ab.
  2. Luftarmee: Hauptquartier in Hsinking, operierte in Mandschuko
  3. Luftarmee: Hauptquartier in Singapur, operierte in Südostasien:
  4. Luftarmee: Hauptquartier in Rabaul, operierte über den Salomonen and Neuguinea
  5. Luftarmee: Hauptquartier in Nanjing, operierte über den japanisch besetzten Gebieten Chinas.
  6. Luftarmee: operierte über Taiwan and Okinawa

Im April 1944 wurde eine letzte Reorganisation der Heeresluftwaffe durchgeführt. Die Einheiten für die Wartung und Reparaturen, die bisher unter einem separaten Kommando standen, wurden in die Luftkampfgruppen (Hiko Sentai) eingegliedert. Die fliegenden Staffeln der Luftkampfgruppen wurden zu „Angriffseinheiten“ (攻撃隊 Kōgekitai) umbenannt und die Bodeneinheiten als „Wartungseinheiten“ (整備隊, Seibitai) bezeichnet.

Eine weitere Änderung im Endstadium des Krieges war die Bildung von „Spezialangriffseinheiten“, welche kurzlebige Einheiten mit eigenen Namen (die häufig der japanischen Mythologie oder Geschichte entliehen waren) und Markierungen darstellten, aber in bestehenden Geschwadern eingegliedert waren. Diese Einheiten wurden speziell für Rammeinsätze gegen alliierte Bomber ausgebildet. In der Regel wurde dazu die Bewaffnung ausgebaut und die Flugzeugrümpfe verstärkt.

In der Endphase des Krieges entwickelten sich die „Spezialangriffseinheiten“ zu zweckbestimmten Selbstopferungs-Einheiten für Kamikaze-Missionen. Rund 170 solcher Einheiten wurden aufgestellt, davon allein 57 von den Flugschulen. Mit theoretisch 12 Flugzeugen pro Einheit kamen so schließlich 2.000 Flugzeuge zusammen.

Stärke

1940 bestand die Japanische Heeresluftwaffe aus:

  • 33.000 Personen
  • Über 1.600 Flugzeuge (inklusive 1.375 Fronteinsatzflugzeuge).
  • Die Flugzeuge waren auf 85 Geschwader verteilt:
    • 36 Jagdflieger-Geschwader
    • 28 leichte Bombergeschwader
    • 22 mittlere Bombergeschwader

Heeresluftwaffen-Arsenal

Die Japanische Heeresluftwaffe hatte eine technische Einrichtung: das erste Heersluftwaffen-Arsenal von Tachikawa, welches sich mit der Erforschung der Luftfahrt und eigenen Entwicklungen befasste. Dazu gehörte auch ein Testbetrieb für erbeutete alliierte Flugzeuge.

Das Heersluftwaffen-Arsenal stand zudem in Verbindung mit den Firmen Tachikawa Hikōki und Rikugun Kokukosho, die Flugzeuge für die Heeresluftwaffe herstellten und dem Heer angehörten.

Geleitflugzeugträger der Armee

Aufgrund der schlechten Beziehungen zwischen der Kaiserlich-Japanischen Armee und der Kaiserlich-Japanischen Marine hielt die Armee es für erforderlich, eigene Flugzeugträger als Begleitschutz für die Transportschiffkonvois der Armee zu betreiben. Diese Geleitflugzeugträger waren umgebaute kleinere Passagierlinienschiffe oder Handelsschiffe. Von diesen Geleitflugzeugträgern aus konnten, abhängig von Typ und Größe 8 bis 38 Flugzeuge operieren. Außerdem dienten diese Schiffe zum Transport von Personal und Panzern.

Zu diesen Geleitflugzeugträgern gehörten die Taiyō Maru, Unyo Maru, Chuyo Maru, Kaiyō Maru, Shinyo Maru, Kamakura Maru, Akitsu Maru, Nigitsu Maru, Kumano Maru, Yamashiro Maru, Chigusa Maru, Shimane Maru, und Otakisan Maru, die von zivilen Besatzungen bedient wurden. Armeepersonal bediente die leichten und schweren Flugabwehrkanonen.

Uniformen und Ausrüstung

Das Personal der Heeresluftwaffe trug als integraler Bestandteil des Heeres die standardmäßigen Heeresuniformen. Nur die Uniformen des fliegenden Personals und der Bodenmannschaften trugen himmelblaue Streifen. Offiziere trugen ihre Rangabzeichen auf himmelblauen Aufnähern.

Literatur

  • Ikuhiko Hata: Japanese Army Air Force Units and Their Aces: 1931-1945, Grub Street. ISBN 1-902304-89-6
  • S.L. Mayer: The Rise and Fall of Imperial Japan, The Military Press, 1976. ISBN 0517423138
  • Henry Sakaida: Japanese Army Air Force Aces 1937-1945, Osprey Publishing, 1997. ISBN 1855325292

Weblinks (englisch)


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