Aufklärungsflugzeug

Aufklärungsflugzeug

Ein Aufklärungsflugzeug ist ein Militärflugzeug, das für die Aufgabe konstruiert, gebaut oder ausgerüstet ist, Informationen für die militärische Aufklärung zu beschaffen.

Lockheed SR-71B Blackbird der USAF

Inhaltsverzeichnis

Arten der Aufklärung

Bildaufklärung

Brieftaubenfotografie, vermutlich zur Zeit des Ersten Weltkriegs
Luftbild vom 17. Oktober 1962 mit Raketenstellungen auf Kuba

Die grundlegende und älteste eingeführte Form der Aufklärung besteht in der Anfertigung von Bildern des Zielgebiets. In den Zeiten des Ballons bedeutete dies einen Mann mit Papier und Stift, der Skizzen von feindlichen Befestigungsanlagen machte, doch bald nahmen Flugzeuge Kameras mit in die Luft. Bis in die 1990er-Jahre war die mit superfeinem Schwarz-Weiß-Film bestückte Kamera das wichtigste Werkzeug der Aufklärung, ehe sie von der elektronischen Bilderfassung abgelöst wurde. Ihr wesentlicher Vorteil liegt in der Informationsverarbeitung und -übermittlung in Echtzeit. Andere Sensoren, die ebenfalls hochaufgelöste Aufklärungsdaten liefern können sind Infrarotsensoren und Radarsysteme.

Mit großen Brennweiten und hoch technologischen Optiken können Spionagesatelliten aus ihrem Orbit Aufnahmen mit einer Auflösung von weniger als 30 Zentimetern aus einer Entfernung von 250 Kilometern machen.

Strategische Aufklärung

Oberstes Ziel eines strategischen Aufklärungssystems ist es, den eigenen Kommandoautoritäten zu ermöglichen, die militärische Stärke einer Zielnation in Friedenszeiten abzuschätzen, und eine solche Aufgabe fortzusetzen, wenn ein Krieg ausbricht. Diese Art von Mission, die über einen langen Zeitraum kontinuierlich ausgeführt wird, ist eher unter dem angemesseneren Begriff Überwachung bekannt.

Lockheed U-2 der US Air Force

Strategische Aufklärungsplattformen müssen so viel Information wie möglich über ein möglichst großes Gebiet bei einem einzigen Überflug sammeln; deshalb tendierte man in der Vergangenheit dazu, dafür sehr hoch fliegende Flugzeuge wie die Lockheed U-2, die Lockheed SR-71 und die Mikojan-Gurewitsch MiG-25RB einzusetzen.

Heute stammt der Großteil der Geheimdienstinformationen, die für strategische Planung verwendet werden, von Satelliten. Sie halten nach einer Bandbreite an Zeichen für militärische Expansion Ausschau, etwa große Truppenbewegungen oder Aufstellung neuer Raketenbatterien, aber auch militärisch bedeutsame wirtschaftliche Veränderungen, etwa die Umstellung der Produktion in Munitionsfabriken auf ganztägigen Dreischichtenbetrieb.

Taktische Aufklärung

RQ-1 Predator der US Air Force

Die Grenze zwischen strategischer und taktischer Aufklärung ist unscharf. Im allgemeinen wird taktische Aufklärung im Auftrag des Bodenbefehlshabers ausgeführt und zwar meistens von aktuellen Varianten hochleistungsfähiger Flugzeuge wie dem Panavia Tornado und zunehmend von Drohnen. Doch auch strategische Systeme können für taktische Zwecke verwendet werden: Die SR-71 machten Mach 3-Aufklärungsflüge, um die feindliche Abwehr auszuspionieren, bevor die USA in den 1980er Jahren militärische Kampfhandlungen in Grenada, Libyen und Panama initiierten.

Taktische Aufklärung beinhaltet äußerst selten Überwachung; stattdessen werden die Flugzeuge beauftragt, nachrichtendienstliche Informationen über ein bestimmtes Ziel in einem kurzen Zeitabschnitt zu liefern.

Technik

Die technische Ausstattung reicht dabei von Foto-Kameras über Daten- und Sprechfunkantennen, Mikrowellenempfängern bis zu Wärmebildkameras und Radar und weiteren Geräten wie Tonbandgeräten etc.

IMINT

IMINT (IMage INTelligence = bildgebende Aufklärung) ist eines der wichtigsten Standbeine der Nachrichtengewinnung und Aufklärung. IMINT bezeichnet alle Aufklärungverfahren und -techniken, die Bilder des Zielgebietes liefern. Dies können sowohl Standbilder als auch Echtzeit-Übertragungen sein.

SIGINT

SIGINT (SIGnal INTelligence = Fernmelde- und Elektronische Aufklärung) ist ein weiter und ständig wachsender Bereich der Aufklärung, der das Sammeln von Informationen über das gesamte elektromagnetische Spektrum umfasst. Er teilt sich in verschiedene Bereiche, die sich mit willkürlichen und zufälligen Transmissionen beschäftigen.

ELINT

Boeing RC-135V Rivet Joint der USAF

ELINT (ELectronic INTelligence = elektronische Aufklärung) ist eine spezialisierte und sehr wichtige Form der SIGINT-Aufklärung. ELINT-Flugzeuge sind mit hochsensiblen Empfängern bestückt, die elektromagnetische Ausstrahlungen von Radarabwehr eines potentiellen Feindes auswerten können. Die so gewonnenen Informationen werden für das Erarbeiten wirksamer Gegenmaßnahmen verwendet. Diese Art der Aufklärung kann aus großen Entfernungen vorgenommen werden. Bei einer provokativen Maßnahme versucht man den Gegner in Alarmbereitschaft zu versetzen um so an weitere Informationen zu gelangen, etwa Empfindlichkeit und Reichweite des Abwehrnetzes oder die Reaktionszeiten der Abfangjäger.

COMINT

COMINT (COMmunication INTelligence = Fernmeldeaufklärung) ist das Abhören des fremden Funkverkehrs. Viele Länder besitzen spezielle COMINT-Flugzeuge, die Informationen auf allen Wellenlängen für spätere Analysen aufzeichnen. Da ein Großteil der gesammelten Informationen codiert ist arbeiten COMINT-Teams eng mit Kryptoanalytikern zusammen.

TELINT

TELINT (TELemetric INTelligence = Telemetrie-Aufklärung) ist eine spezielle Form des COMINT, der Anweisungen und Datenübermittlungen zwischen einem Flugkörper und der Bodenkontrolle im Verlauf von Tests aufzeichnet. Die Analyse dieser Daten kann präzise Informationen über die Leistung des Flugkörpers erbringen.

Radarüberwachung

Die Radarüberwachung gehört nicht im engeren Sinne zur Aufklärung. Radarüberwachung wird von NATO-Luftwaffen unter den Begriffen AWACS (Airborne Warning And Control System) für die Luftraumüberwachung und STARS (Surveillance Target Attack Radar System) für die Radarüberwachung von Bodentruppen durchgeführt.

Boeing E-8A Joint STARS der USAF
Deutsche „Maschinengewehrkamera“ aus dem Ersten Weltkrieg im Einsatz
Deutsche „Maschinengewehrkamera“ aus dem Ersten Weltkrieg

Aufgaben und Risiken

Aufgaben

Je nach Aufgabe und dafür optimaler Technik werden verschiedene Flugzeugtypen eingesetzt. Diese richten sich nach den zu erwartenden Gegenmaßnahmen. Für punktuelle Aufklärungsmaßnahmen eignen sich gegebenenfalls kleine Flugzeuge wie die Beechcraft RC-12; bei großflächiger Überwachung ohne Gefahr durch Flugabwehrmaßnahmen dagegen hochfliegende große Flugzeuge wie die Boeing RC-135.

Risiken

Besatzungen eines Aufklärungsflugzeuges sind auch in Friedenszeiten immer gewissen Gefahren ausgesetzt. So werden bis zu 150 Soldaten der US-Luftwaffe vermisst.

Einer der bekanntesten Fälle ist der Abschuss der U-2 über der Sowjetunion und die Gefangennahme von Gary Powers. Auch wurden immer wieder Zivilflugzeuge Opfer von Flugabwehrmaßnahmen, weil das vermeintliche Aufklärungsopfer die Maschine für einen Aufklärer hielt und Maßnahmen einleitete. So bei der Tragödie des Fluges KAL 007. Die sowjetische Luftverteidigung ging davon aus, es handle sich um eine ELINT-Mission über hochsensiblen Militärzonen.

Geschichte

Die Anfänge der Aufklärungsflüge fallen mit den Anfängen der Luftfahrt zusammen. 1914 hatten Doppeldecker mit einem Propeller Serienreife erreicht und waren hinreichend sicher geworden, um sie im Ersten Weltkrieg einzusetzen. Ein Aufklärungspilot beschreibt anonym in der letzten Septemberausgabe 1914 der Zeitschrift Die Woche sehr anschaulich die Pionierzeit der Luftaufklärung:

„Meine Fliegerabteilung besteht aus mehreren Flugzeugen und ist dem … Armeekorps zugeteilt. Für dieses Armeekorps besorgen wir auch die Aufklärung. Man hatte im Anfang auf die Erfolge der fliegerischen Aufklärung wohl nicht sehr vertraut, ist aber bald eines Besseren belehrt worden. Der Flughafen liegt immer einige Kilometer hinter dem Gefechtsfelde, ungefähr beim Generalkommando. Hier auf dem Flughafen bekommt man seinen Auftrag. Man schraubt sich dann hoch, so dass man über dem Feind ungefähr 1200 Meter ist. Niedriger zu fliegen, ist kaum ratsam, da das französische Infanteriegeschoß ziemlich hoch reicht. Ich habe auch schon mehrere Löcher davon in den Tragflächen. Aus dieser Höhe kann man bei einigermaßen schönem Wetter ganz gut beobachten. Unsere Doppeldecker sind sehr schnell (ungefähr 110 Kilometer in der Stunde), und so kann man in kurzer Zeit eine ganz schöne Strecke absuchen. Der Beobachter zeichnet dann ein, was er gesehen hat, und man fliegt zurück. Vom Flugplatz aus wird die Meldung dann durch Auto zum Generalkommando gebracht.“

Anonymer Pilot: ’’Die Woche’’, Berlin, 26. September 1914[1]

Liste von Flugzeugen

Einzelnachweise

  1. „Als Flieger in Feindesland“ in Die Woche, Ausgabe 39/1914, S. 1608.

Siehe auch

Weblinks


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