- Teilentladung
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Teilentladung (auch Vorentladung) ist ein Begriff aus der Hochspannungstechnik, bei dem es in erster Linie um Form und Eigenschaften von Isolierstoffen geht: treten in Hochspannungsisolierungen oder entlang von Luftstrecken stark inhomogene Feldverläufe auf, kann es örtlich zu einer Überschreitung der materialtypischen Durchschlagfeldstärke kommen. In diesem Zustand eines unvollkommenen elektrischen Durchschlages wird die Isolierung zwischen den Elektroden durch Entladungen nur teilweise überbrückt. Solche Teilentladungen (abgekürzt auch als „TE“ bezeichnet) treten vor allem bei Beanspruchung der Isolierung mit Wechselspannung auf.
Inhaltsverzeichnis
Entstehung von Teilentladungen
Teilentladungen entstehen in Medien mit inhomogenen Feldverläufen durch Elektronenemission von freien Ladungsträgern, hervorgerufen durch äußere Einflüsse. Das Bild zeigt schematisch die Entstehung einer Teilentladung in einer Spitze-Platte-Elektrodenanordnung, verursacht durch einfallende Strahlung. Dargestellt ist ein inhomogenes elektrisches Feld, in dem sich Moleküle bzw. Atome befinden. Von außen fällt Strahlung mit der Energie ein. Dies kann beispielsweise Ultraviolettstrahlung oder andere Ionisierende Strahlung sein. Trifft ein Photon ausreichender Energie auf ein Molekül bzw. Atom, um ein Elektron aus dessen Bindung zu lösen, so entsteht ein freies Elektron (Photoelektrischer Effekt). Dieses wird wiederum auf Grund des vorherrschenden Feldes zur positiv geladenen Plattenelektrode gezogen, und kann auf seinem Weg Elektronen aus anderen Molekülen/Atomen lösen (Lawineneffekt). Dadurch werden viele freie Ladungsträger erzeugt, die einen leitfähigen Kanal bilden, in dem eine elektrische Entladung (Bewegung der Ladungsträger zur Elektrode) stattfindet. Da diese Entladung nicht über die gesamte Strecke zwischen den Elektroden reicht, spricht man von einer Teilentladung. Eine weitere Ursache für eine Teilentladung kann das „Absaugen“ von Elektronen aus einer Elektrode auf Grund starker Felder sein (Feldemission).
In technischen Anwendungen, insbesondere in der Hochspannungstechnik, versucht man üblicherweise, die Entstehung inhomogener Feldverläufe zu verhindern (etwa durch Feldstreuungselektroden und Koronaringe). Beschädigungen an Bauteilen können jedoch inhomogene Feldverläufe und somit die Entstehung von Teilentladungen begünstigen.
Typen
Man kategorisiert folgende Erscheinungen von Teilentladungen.
Äußere Teilentladungen (Korona)
Äußere Teilentladungen sind Entladungen an den Oberflächen von freien Metallelektroden in den umgebenden Luftraum hinein. Sie entstehen vorzugsweise an scharfkantigen Teilen, bei denen sich die Feldstärke stark erhöht. Allgemein bekannt ist dieses Phänomen mit den hör- und sichtbaren Koronaentladungen an Hochspannungsfreileitungen.
Auch St.-Elms-Feuer fallen hierunter. Äußere Vorentladungen können durch runde Gestaltung aller Kanten, sowie durch feldsteuernde Ringe (z. B. an Hochspannungskaskaden) vermieden werden.
Innere Teilentladungen
Als innere Teilentladungen werden allgemein alle äußerlich nicht sichtbaren Entladungserscheinungen innerhalb von Isoliermedien bezeichnet. Bei den Isoliermedien kann es sich um feste, flüssige oder gasförmige Materialien handeln.
Entladungen treten dort auf, wo Inhomogenitäten des Mediums unter starkem Feldeinfluss liegen, beispielsweise im Fall von Gasbläschen, die sich in einer Isolierflüssigkeit, wie zum Beispiel Öl, oder in Gießharz befinden. Diese Gasbläschen, bestehend aus Luft, Kohlendioxid (z. B. im Fall von Feuchteeinfluss bei der Aushärtung von Polyurethanharz) oder Ölzersetzungsgasen, besitzen eine kleinere Dielektrizitätszahl als das umgebende Öl, wodurch eine Erhöhung der Feldstärke eintritt. Die Isoliereigenschaften an der Stelle der Gasblase sind durch die örtlich geringere Durchschlagsfestigkeit gestört, was sich durch Teilentladungen bemerkbar macht. Auch nicht korrekte Anbindungen von Einbauteilen in durch Gießharz oder Tränkung hergestellten Bauteilen (Schaltnetzteil-Transformatoren, Hochspannungskaskaden) führen zu Teilentladungen. Weitere Beispiele sind nicht vergossene Transformatorwicklungen aus Kupferlackdraht in Schaltnetzteil-Übertragern und locker gewickelte Folienkondensatoren bei Wechselspannungsanwendung.
Innere Teilentladungen führen aufgrund der Ultraviolettstrahlung und Ionisation langfristig auch bei Kunstharzen zur Schädigung des umgebenden Isolierstoffes und müssen daher vermieden werden.
Transformatoren (insbesondere Hochspannungs- und Schaltnetzteil-Transformatoren) werden daher häufig vakuum-getränkt oder unter Vakuum vergossen.
Gleitentladungen
Bei Gleitentladungen tritt das Phänomen der Teilentladung an der längs zum Feld liegenden Grenzschicht eines Isolierstoffes auf. Auch dann ist der homogene Verlauf des elektrischen Feldes gestört, und es kann zu an der Grenzschicht entlang „gleitenden“ Entladungen führen. Schmutz und Feuchtigkeit fördern diese Erscheinung, jedoch weisen viele Isolierstoffe auch im sauberen Zustand entlang ihrer Oberflächen eine geringere Durchschlagsfestigkeit auf als die gleichlange Luftstrecke. Auch hier führen diese Gleit- oder Vorentladungen insbesondere bei organischen Isolierstoffen zur Schädigung, zum Auftreten von Kriechströmen und in der Folge zum Durchschlag. Gleitentladungen können durch Verlängerung der Grenzschicht und durch Schutz vor Feuchtigkeit (Rippen von Isolatoren, Imprägnierung) vermieden werden. Eine weitere Maßnahme ist das Anbringen von Metall-Unterteilungen definierter Potentiale (Feldsteuerung).
Bedeutung und Messtechnik
Teilentladungen sind im Allgemeinen unerwünscht, sie führen an Freileitungen zu Energieverlusten und an oder in Bauteilen zu ionisationsbedingten schädlichen Wirkungen. An Bauelementen der Elektrotechnik wie unter anderem Transformatoren, Kondensatoren, Hochspannungs-Durchführungen, Isolatoren, Messwandlern und Optokopplern erfolgen daher Teilentladungsmessungen.
Hierbei steht der Sicherheitsaspekt im Vordergrund, da eine Feststoffisolation, bei der es im Betrieb zu Teilentladungen kommt, nicht dauerhaft zuverlässig ist. Um diese Langzeitbeständigkeit zu gewährleisten, wird bei der TE-Messung nachgewiesen, dass selbst bei vorhandener Teilentladung diese noch oberhalb der höchsten vorkommenden Betriebsspannung sicher wieder einen Grenzwert unterschreitet. Somit wird die Teilentladungsaussetzspannung (UTA) ermittelt, die oberhalb eines Grenzwertes liegen muss, welcher im Rahmen der Isolationskoordination mit dem Kunden anwendungsbezogen festgelegt wurde. Hierzu existieren diverse Normen im Bereich von unter anderem Verband der Elektrotechnik, Elektronik und Informationstechnik (VDE) und International Electrotechnical Commission (IEC 60270).
Die Messung der Teilentladungen erfolgt mit typischen Messempfängern im Bereich von etwa 100 kHz bis einige MHz. Die untere Messschwelle ist durch Störungen auch in abgeschirmten Messplätzen selten unter 1 pC (pico Coulomb). In Messplätzen stellen Oszilloskope die Prüfspannung (meist 50 Hz, bei Schaltnetzteil-Übertragern jedoch im Bereich deren Arbeitsfrequenz) gemeinsam mit den hochfrequenten Teilentladungsimpulsen dar und lassen entsprechend deren Lage zueinander weiterführende Interpretationen zu, ob es sich zum Beispiel um äußere oder innere TE handelt. Eine typische TE-Messung nach Vorschrift beinhaltet das Aufregeln der Betriebsspannung auf den Wert der 1,8-fachen Bemessungsspannung, der für eine gewisse Zeit gehalten wird. Bei dieser Spannung erfolgt noch keine Messung, sie dient lediglich als "Anregung". Die eigentliche Messung erfolgt dann bei der 1,3-fachen Bemessungsspannung.
Ein Beispiel für sicherheitsrelevante Bauteile sind Zünd-Transformatoren (Ansteuerung der Leistungshalbleiter) in Eisenbahn-Elektroantrieben, die alle in der Endprüfung eine 100 % Teilentladungsmessung durchlaufen. Großtransformatoren und andere Hochspannungsbauteile, zum Beispiel in Umspannwerken, werden regelmäßig mit mobilen TE-Messsystemen überprüft, um vorbeugende Wartungs- und Austauschmaßnahmen planen zu können.
Messung von Teilentladungen [1]
Um TE-Impulse messen und beurteilen zu können, müssen diese aus dem Prüfling ausgekoppelt und einem geeigneten Auswertesystem zur Signalaufbereitung, Signalverarbeitung und zur Visualisierung bzw. Datensicherung zugeführt werden. Auf dem Markt sind zu diesem Zweck verschiedene TE-Messsysteme unterschiedlicher Hersteller verfügbar, die in der Regel einkanalige TE-Messungen in z. T. vordefinierten festen Frequenzbändern erlauben. Diese Messsysteme sind jedoch überwiegend für den Prüffeldeinsatz optimiert und ermöglichen u. A. keine ausreichende Flexibilität, um z. B. unter Vor-Ort-Bedingungen temporär auftretenden frequenzstarren Störern durch Variation der Messfrequenz oder Messbandbreite geeignet ausweichen zu können. Empfindliche TE-Messungen vor Ort sind damit in der Regel nicht möglich. Ebenso sind diese Systeme für zeitgleiche TE-Messungen an verschiedenen Auskoppelstellen ungeeignet, da bei ihnen i. A. lediglich ein einzelner Messkanal zur Verfügung steht, der Teilentladungen an mehreren Messstellen nur zeitlich nacheinander (unter Verwendung eines Messumstellers) erfassen kann. Bei langen Hochspannungskabelstrecken z. B. ist jedoch gerade eine synchrone TE-Messung aller unter Prüfspannung stehender Garnituren zur Reduzierung der Messzeit, aber vor allem auch zur Minimierung des Risikos eines sonst nicht zu beobachtenden ungewollten Ausfalles dringend notwendig.
Unabhängig vom verwendeten TE-Messsystem kommt der Auskopplung der TE-Impulse aus dem Prüfling eine entscheidende Rolle zu. Zu diesem Zweck sind verschiedene sensorische Konzepte bzw. Messverfahren etabliert, die z. T. bereits für bestimmte Betriebsmittel optimiert bzw. spezialisiert sind (z. B. integrierte kapazitive Sensoren zur TE-Messung an Muffen). Im Folgenden soll daher ein Überblick über die gängigen Auskoppelverfahren an Hochspannungs-Kabelanlagen gegeben werden.
TE-Messsysteme
Konventionelle TE-Auskopplung
Nach der IEC 60270 (High-voltage test techniques – Partial discharge measurement) erfolgt die Messung von Teilentladungen am Kabelende. Die Auskopplung der TE-Impulse erfolgt dabei über eine Messimpedanz Zmi (Auskoppelvierpol CD), die den durch den lokalen Isolationszusammenbruch im Prüfling verursachten impulsartigen Nachladestrom [2] des parallel zum Prüfling angeschlossenen Koppelkondensators Ck in ein ladungsäquivalentes Spannungssignal konvertiert. Dieses Spannungssignal wird dann von einem TE-Messsystem erfasst und verarbeitet.
Messkreise
Mehrere Arten der Verschaltung von Prüfling , Koppelkondensator und Messimpedanz (Zmi, CD) sind möglich [3]. Abbildung 2 zeigt den Messaufbau bei geerdetem Koppelkondensator Ck.
In diesem Fall liegt der Prüfling mit der Messimpedanz Zmi in Serie, was bei Prüflingen mit kleinem Kapazitätswert zu einer guten Messempfindlichkeit führt. Bei einem Durchschlag des Prüflings liegt allerdings die volle Prüfspannung an der Messimpedanz Zmi an, so dass die nachgelagerte Messtechnik durch entsprechende Überspannungsschutzeinrichtungen abgesichert werden sollte.
Da bei den meisten Hochspannungsprüflingen eine isolierte Aufstellung oder eine Auftrennung der Erdverbindung nicht möglich ist, muss die Messimpedanz Zmi in der Regel in den Erdzweig des Koppelkondensators Ck eingebracht werden. Hierzu muss dieser isoliert aufgestellt werden, die Erdverbindung des Prüflings bleibt bestehen. Abbildung 3 zeigt diese Anschlussvariante.
Die erreichbare Empfindlichkeit bei beiden genannten Varianten der TE-Messung wird dabei in großem Maße von der Größe des verfügbaren Koppelkondensators Ck, bzw. durch das Verhältnis von Ck zur Prüflingskapazität Ca bestimmt. Die messbare Ladung qm eines TE-Impulses berechnet sich dabei aus der scheinbaren Ladung nach Gleichung 1.
- Gleichung 1
Abbildung 4 verdeutlicht den Zusammenhang grafisch.
Kabelanlagen stellen aufgrund ihrer großen Länge eine enorme kapazitive Last dar (z. B. 400-kV-VPE-Diagonale Berlin: ca. 11,5 km, ca. 2,2 μF; London 400-kV-VPE: 20 km, 4,4 μF; Augsburg 110-kV-VPE: ca. 3,8 km, ca. 700 nF). Mit den gängigen verfügbaren Kapazitätswerten von vor-Ort-tauglichen Koppelkondensatoren für die geforderten Spannungsebenen würde sich dadurch zwangsläufig eine erhebliche Reduzierung der Messempfindlichkeit ergeben. Eine TE-Messung mit Koppelkondensator ist damit nicht sinnvoll. Als Alternative ist bei einphasigen TE-Messungen an Kabelanlagen die Verwendung einer Nachbarphase (oder beider Nachbarphasen, vgl. [4] als Koppelkondensator möglich. An dieser Stelle wird die Forderung nach TE-Freiheit des Koppelkondensators zu Gunsten einer deutlich erhöhten Messempfindlichkeit aufgegeben. Bei auftretenden TE-Signalen kann durch den Vergleich der Messergebnisse aller drei Phasen jedoch eindeutig geklärt werden, welche der Phasen TE-behaftet ist.
Eine weitere Variation bei der zeitgleichen Messung von zwei Phasen eines Kabelsystems ist die Auskopplung von TE-Signalen über eine Brückenschaltung (s. Abbildung 5), die ein hohes Maß an Gleichtaktunterdrückung ermöglicht.
Dieses Messprinzip basiert auf der Annahme, dass die messbaren Signale von auftretenden TE-Fehlern aus dem Prüfling zeitlich nicht zu Impulsen aus der als Koppelkondensator fungierenden Nachbarphase korreliert sind, wo hingegen Störimpulse (hauptsächlich an den Kabelenden eingekoppelte Koronastörer von parallelen unter Spannung stehenden Systemen) durch beide an der Messung beteiligte Phasen laufen und zeitgleich (und polaritätsgleich) am Messort auftreten. Durch die Verwendung eines Ferritübertragers bei der TE-Auskopplung können diese Gleichtaktstörer wirkungsvoll unterdrückt werden. Bei diesem Messverfahren wird vorausgesetzt, dass die Prüfspannungsquelle vor Ort ausreichend Leistung für mehrere Phasen bereitstellen kann.
Messimpedanz
Die Messimpedanz ist in der Regel als passiver analoger Bandpassfilter aufgebaut. Tiefe Frequenzanteile, vornehmlich der Bereich in der Nähe der Prüf- bzw. Betriebsfrequenz, werden zum Schutz der angeschlossenen Messtechnik hochgradig unterdrückt. In einem breiten ungedämpften Bereich (<1 MHz) erfolgt dann die Auskopplung der TE-Impulse. In diesem Auskoppelbereich können zusätzlich fest integrierte weitere Filter (Bandsperren) vorgesehen sein, die bekannte schmalbandige frequenzstarre Störer, vornehmlich amplitudenmodulierte Rundfunksender, unterdrücken. Hier ist darauf zu achten, dass sich durch die Reduzierung des nutzbaren Frequenzspektrums folglich auch die auskoppelbare Energie des TE-Impulses reduziert. Bei mobilen TE-Messsystemen ist zudem davon auszugehen, dass durch regionale Unterschiede bei den terrestrischen Sendefrequenzen fest implementierte Bandsperren nicht sinnvoll sind. Hier kann die Unterdrückung dieser Störer durch programmierbare Filter auf der Softwareseite des TE-Messsystems, z. B. durch adaptive Filteralgorithmen, erfolgen.
Ein weiterer Zweck der Bandpassfilterung in der Messimpedanz ist eine Quasiintegration des Messsignals im Zeitbereich zur Ermittlung der Impulsladung. Dabei berechnet sich nach Fourier die spektrale Energie eines beliebigen Stromimpulses nach Gleichung 2:
- Gleichung 2
Bekanntlich ist das Stromintegral über die Zeit die gesuchte Impulsladung q (s. Gleichung 3).
- Gleichung 3
Rechnerisch entspricht also der spektrale Signalanteil bei Gleichspannung (f = 0 Hz) dem gesuchten Ladungswert q. Da jedoch, wie oben beschrieben, Frequenzen im Bereich der Prüfspannung (und darunter) bei der Auskopplung unterdrückt werden, steht dieser Frequenzanteil zur weiteren Auswertung nicht zur Verfügung. Unter der Annahme, dass der Verlauf des Frequenzspektrums bis hin zu einer charakteristischen Grenzfrequenz fG nahezu konstant verläuft, ist eine korrekte Ladungsbestimmung auch durch eine Bandpassmessung im Bereich dieser konstanten Amplitude des Frequenzspektrums eines TE-Impulses oberhalb von 0 Hz möglich. Die schmalbandige Bandpassmessung ermöglicht zudem bei Kenntnis des aktuellen Störspektrums der Umgebung die gezielte Auswahl eines Frequenzbereiches zur TE-Messung, der weitgehend frei von frequenzstarren Störern ist.
Nichtkonventionelle Feldkopplung
Wie bereits im vorherigen Kapitel beschrieben, führt die klassische Auskopplung von TE-Impulsen an den Kabelenden mittels Koppelkondensator und Messimpedanz oft nicht zu den geforderten Messempfindlichkeiten von einigen Picocoulomb . Eine Alternative zu dieser klassischen galvanischen Auskopplung stellt die TE-Detektion mittels Feldkopplung dar. Bei diesem Verfahren werden durch geeignete Feldsensoren die von TE-Impulsen erzeugten elektrischen und magnetischen Feldkomponenten erfasst und in messbare Spannungssignale umgewandelt [5] [6] [7].
Feldsensoren arbeiten im Allgemeinen in einem Frequenzbereich oberhalb von 1 MHz und sind daher nicht IEC-konform. Zudem gelten sie als im klassischen Sinne nicht kalibrierbar (Ausgangssignal in mV statt in pC). Durch eine Vielzahl von erfolgreichen Messungen, gerade auch unter gestörten Vor-Ort-Bedingungen, konnten sich diese Sensoren jedoch bereits bewähren. In kommenden Normen bzw. Normanpassungen werden Feldsensoren und deren Kalibrierung [8] daher Berücksichtigung finden, jedoch noch nicht in der aktuellen Neugestaltung der IEC 60060-3 zur Normierung der Vor-Ort-Prüf- und Messtechnik [9]. Des Weiteren ist es im Prüfbetrieb für Hochspannungskabelanlagen üblich, dass Absprachen zwischen Kunde und Prüfern gültige Normen ergänzen bzw. ersetzen [10]. Der Einsatz von Feldsensoren ist bereits heute üblich und in vielen Fällen die einzig sinnvolle Methode zur Signalerfassung bei TEMessungen ausgedehnter Kabelanlagen.
Als sinnvoller Einbauort für Feldsensoren ist der Bereich um die Kabelgarnituren zu nennen. Zum einen kann der Feldsensor bei der Garniturenmontage vor Ort mit geringem zusätzlichem Arbeitsaufwand implementiert werden. Oft ist sogar die Integration von Feldsensoren in Garnituren schon bei deren Herstellung im Werk möglich, so dass vor Ort keine zusätzlichen Arbeitsschritte notwendig werden. Zum anderen ist der Sensor mit seiner Anbringung in direkter Nähe zur Garnitur nahe der potenziellen TE-Fehlstelle platziert, da das Hochspannungskabel (VPE) schon im Kabelwerk auf TE-Freiheit untersucht worden ist, so dass in der Regel nur Komponenten, die vor Ort montiert werden (Muffen und Endverschlüsse), als TE-Fehlstellen in Frage kommen.
Ein weiterer positiver Effekt bei der TE-Auskopplung mittels Feldsensoren ist die störunterdrückende Wirkung des Prüflings selbst [11]. Aufgrund der großen Kabelkapazität wirkt der Prüfling als Tiefpassfilter und dämpft damit im relevanten Frequenzbereich größer 1 MHz externe Störimpulse soweit, dass diese von den Feldsensoren im Bereich der Muffen nur noch mit stark reduzierter Amplitude erfasst werden können. Der Überwachungsbereich der Feldsensoren kann so auf die nahe Umgebung der Garnituren beschränkt werden.
Kapazitive Sensoren
Die Erfassung der elektrischen Feldkomponente eines TE-Impulses erfolgt durch kapazitive Sensoren [12], [6]. Dabei kann die Sensorelektrode als leitfähiger Streifen in Form eines Zylindermantels um die Kabelader realisiert werden (CCS, Coaxial Cable Sensor, s. Abbildung 6). Die Sensorelektrode wirkt dabei zusammen mit dem äußeren Kabelschirm als Kapazität. Es entsteht ein kapazitiver Spannungsteiler aus Kabel und Sensor, der die Auskopplung von impulsartigen Signalen aus dem Energiekabel bzw. der Garnitur ermöglicht [13] [14].
Diese Ausführungsart des kapazitiven Sensors muss vor Ort montiert werden. Infolgedessen müssen auch der geöffnete Kabelschirm und der schützende Kabelmantel nach der Sensormontage wieder hergestellt und deren ordnungsgemäßer Zustand nachgewiesen werden. Als zusätzliche Schwachstelle ist auch die Messleitung zu nennen, die das Sensorpotenzial zur Messung aus dem Kabel nach außen führt. Diese durchstößt zwangsläufig den Kabelmantel und muss daher gegen möglichen Wassereintritt ausreichend geschützt werden.
Konstruktiv ausgereifter sind kapazitive Feldsensoren, die schon bei der Herstellung der Garnituren direkt in diese implementiert wurden. Hier können die vorhandenen feldsteuernden Deflektoren als kapazitive Sensorfläche genutzt werden [15]. Dabei wird der halbleitende und damit frequenzabhängige Charakter des Deflektorwerkstoffes ausgenutzt. Während der Deflektor für die betriebsfrequenten Felder die feldsteuernde Funktion innerhalb der Muffenkonstruktion übernimmt, können durch TE verursachte hochfrequente Felder an diesem über einen Shuntwiderstand zur messtechnischen Erfassung abgegriffen werden.
Da in den meisten Fällen lediglich ein einzelner kapazitiver Sensor je Muffe realisiert wird, ist eine genaue Ortung eines TE-Fehlers durch Laufzeitauswertungen innerhalb der Muffe nicht möglich. Eine cm-genaue Fehlerortung ist auch aufgrund der auf ca. 20 MHz limitierten oberen Grenzfrequenz des Sensors selbst bei zwei Sensoren nur sehr eingeschränkt möglich.
Bei dem für kapazitive Sensoren typischen Frequenzbereich von ca. 2 MHz bis 20 MHz werden hochfrequente Impulse bei ihrer Ausbreitung im Kabel bereits so stark gedämpft, dass die Abnahme der Impulsamplituten vom Entstehungs- zum Messort sowie die Impulsverformung [16] i. A. eine klare Unterscheidung des Impulsursprungs ermöglichen (s. Abbildung 7).
So können beispielsweise auch Koronastörer eindeutig von TE aus der Muffe unterschieden werden. Unabhängig davon ermöglicht die hochpräzise Erfassung der Absolutzeit die Feststellung der Richtung der Impulsausbreitung und damit ebenfalls eine sichere Unterscheidung des Impulsursprungs.
Aus den oben genannten Gründen ist es jedoch nicht möglich, den kapazitiven Sensor durch eine Einspeisung einer Referenzladung am zugänglichen Kabelende vor Ort zu kalibrieren [17]. Der Kalibrierimpuls müsste das Kabel mehrere 100 Meter bis hin zum Sensor in der ersten Muffe durchlaufen und wäre dort stark gedämpft. Die für eine quantitative TE-Auswertung erforderliche Kalibrierung muss deshalb an einer zusätzlich aufgebauten Muffe mit kurzen Kabeln im Labor stattfinden. Die Empfindlichkeit des Sensors ist dabei ausschließlich vom System Kabel-Muffe abhängig (z. B. Geometrie, Leitfähigkeit der Leitschicht). Bei zwei vorhandenen baugleichen Sensoren an einer Muffe ist zudem eine Kreuzkalibrierung denkbar [8]. Hier fungiert einer der Sensoren als Kondensator zur Einspeisung des Kalibriersignals, während der andere Sensor als Auskoppelkondensator dient. Nach Gleichung 4 entspricht aufgrund der Symmetrie der Sensoren der halbe Wert der ermittelten Koppeldämpfung dem Dämpfungswert X eines einzelnen Sensors.
- Gleichung 4
Auch auftretende Signalverluste durch Teilreflexionen innerhalb der Muffenkonstruktion müssen dabei berücksichtigt werden.
Richtkoppelsensoren
Ein Richtkoppler ist ein aus der Antennentechnik bekanntes Bauelement [18], mit dem sich vor- und rücklaufende Signale getrennt auskoppeln lassen. Das Koppelverhalten von Richtkopplersensoren beruht auf einer Überlagerung von induktiver und kapazitiver Kopplung, deren Verhältnis eingestellt werden kann. Bei einem idealen Richtkoppler sind beide Kopplungen exakt gleich groß. Abbildung 8 zeigt das Prinzip der konstruktiven und destruktiven Signalüberlagerung.
Ein Signal auf Leitung 1 (in Abbildung 8 dargestellt durch den gerichteten Strompfeil I, grün) hat auf Leitung 2 sowohl eine gleichtaktförmige induktive Koppelkomponente (IM, blau), wie auch eine gegentaktförmige kapazitive Koppelkomponente (IC, rot) zur Folge, die sich jeweils an den beiden Messwiderständen überlagern und zu den beschriebenen Ausgangssignalen führen [19].
Der Richtkopplersensor zeichnet sich durch eine eindeutige Anzeige der Impulsherkunftsrichtung aus. Ein auf den Richtkopplersensor treffendes Signal ist jeweils an der der Herkunftsrichtung zugewandten Seite der Richtkopplerausgänge (Koppelpfad) messbar (konstruktive Superposition der induktiven und kapazitiven Signalkomponente), während am anderen Ausgang (Sperrpfad) idealer Weise kein Ausgangssignal erscheint (destruktive Superposition). Bei idealen Richtkopplern kommt es zu einer vollständigen Auslöschung der Signale im Sperrpfad. In der Praxis erreichen reale Richtkopplersensoren ein Koppelverhältnis (Signalverhältnis Sperrpfad zu Koppelpfad) in der Größenordnung 1:10. Bis hinunter zu einem Signalverhältnis von 1:2 ist eine gesicherte Aussage über die Herkunftsrichtung der TE-Signale jedoch meist unproblematisch.
Die Richtkopplersensoren werden üblicherweise innerhalb des Muffengehäuses direkt auf die hiervon nicht beeinflusste äußere Leitschicht des Kabels montiert. Abbildung 9 zeigt einen einfachen Sensor zur TE-Auskopplung, welcher nachtrlich an eine Kabelmuffe angebracht wurde.
Durch logische Verknüpfung der vier Ausgangssignale der beiden Richtkopplersensoren an einer Muffe ist eine eindeutige Klassifizierung der Signale in „von links kommend“, „von rechts kommend“ und „TE aus der Muffe“ möglich [20]. Für maximale Entscheidungssicherheit, d. h. großes Richtverhältnis, sollte der Richtkopplersensor für jedes Kabel einmalig in seiner Geometrie speziell abgeglichen werden, da die mechanischen und elektrischen Eigenschaften des Kabels, z. B. die Dicke der Isolierung und die Leitfähigkeit der Leitschichten, in das Richtverhältnis eingehen [21].
Induktive Richtkoppelsensoren
Bei induktiv abgestimmten Richtkopplersensoren überwiegt induktive Kopplung [22]. Die Impulslaufrichtung wird beim induktiv abgestimmten Richtkoppler im Gegensatz zum bisher betrachteten Richtkopplersensor über die Polarität der Ausgangssignale zweier Sensoren bestimmt. Externe Störungen werden mit entgegengesetzter Polarität ausgekoppelt. Signale mit dem Entstehungsort zwischen den beiden Sensoren, z. B. TE aus der Muffe, werden dagegen mit gleicher Polarität ausgekoppelt und sind somit eindeutig erkennbar (s. Abbildung 10)
Die Funktionsweise der induktiv abgestimmten Richtkopplersensoren leitet sich aus dem Grundprinzip eines Richtkopplers ab, bei dem die kapazitive Kopplung fehlt. Der Sensor und der Innenleiter des Hochspannungskabels bilden ein System von zwei verkoppelten Leitungen, die eine gemeinsame Induktivität MK besitzen. Der induktiv abgestimmte Richtkopplersensor hat nur ein Ausgangssignal pro Sensor. Der bei den Richtkopplersensoren notwendige zweite Ausgang entfällt, da er eine redundante Information enthält. Zur Überwachung einer Muffe wird je ein Sensor links und rechts der Muffe montiert.
Besonders vorteilhaft an induktiven Richtkopplersensoren ist, dass sie im Gegensatz zu „normalen“ Richtkopplersensoren nicht für jedes Kabel in ihrer Geometrie speziell abgestimmt werden müssen, und dass die Auswerteelektronik nur zwei Signale an einer Muffe auswerten muss. Zudem kann die erforderliche Bandbreite der Auswerteelektronik – abhängig von der geforderten Empfindlichkeit, die bei voller Bandbreite wie bei Richtkopplern ist – deutlich reduziert werden, ohne dass die Entscheidungssicherheit über die TE-Herkunft, d. h. TE aus der Muffe oder von extern, beeinflusst wird. Demgegenüber steht der für die praktische Anwendung in vielen Fällen vertretbare Nachteil, dass mit dem induktiven Richtkopplersensor die Herkunftsrichtung von externen Störsignalen nicht mehr differenziert werden kann.
Induktive Sensoren
Induktive Sensoren nutzen die magnetische Feldkomponente eines TE-Impulses [23] und können außen über dem Mantel des Energiekabels montiert werden. Durch geeignete Schirmmaßnahmen ist dabei sicherzustellen, dass keine elektrischen Feldkomponenten das Messsignal überlagern. Eine verbreitete Ausführungsform eines induktiven Sensors ist die Rogowskispule. die aufgrund ihrer regelmäßigen geometrischen Eigenschaften und der Abschirmung gegenüber den elektrischen Feldkomponenten zur Auskopplung von TEImpulsen an Energiekabeln vorteilhaft ist [24] [25] [26] [27].
Rogowskispulen zeichnen sich durch eine große Messbandbreite und durch einen breiten linearen Übertragungsbereich aus [28]. Aufgrund der Verwendung von ausgedehnten Leitungselementen als Sekundärwicklung des zusammen mit dem Hauptstrompfad entstehenden Transformators müssen bei der Verwendung dieser Sensoren jedoch u. U. Wanderwelleneffekte berücksichtigt werden [29].
Anwendung
Zu nützlichen Anwendungen von Teilentladungen siehe unter Ionisator und Koronabehandlung.
Bei bestimmten Bauformen von Stickstofflasern werden Teilentladungen genutzt, um die Entladungsstrecke vorzuionisieren, sodass die Hauptentladung homogener ist.
Bei Zündeinrichtungen für Hochdruck-Gasentladungslampen und für Blitzlampen unterstützen Teilentladungen die Zündung, indem sie das Füllgas im Bereich der meist spitzen Elektroden ionisieren.
Weblinks
Einzelnachweise
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- ↑ W. F. Ray, C. R. Hewson: High Performance Rogowski Current Transducers, IEEE – IAS Conf. Proc, Rome, September 2000
- ↑ H. Bellm, A. Küchler, J. Herold, A. Schwab: Rogowski-Spulen und Magnetfeldsensoren zur Messung transienter Ströme im Nanosekundenbereich, Springer-Verlag 1985
Kategorien:- Elektromagnetische Störquelle
- Plasmaphysik
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