- Telavåg
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Telavåg ist ein Dorf mit etwa 600 Einwohnern auf der Insel Sotra an der Westküste Norwegens. Es ist Teil der Gemeinde Sund, Hordaland, und liegt 39 km entfernt von Bergen. Am 30. April 1942 wurde das Dorf in einer angeblichen Strafaktion der Gestapo und der SS vollkommen zerstört. Es handelte sich dabei um ein in Norwegen sehr bekanntes Kriegsverbrechen der Besatzer.
Zerstörung im 2. Weltkrieg
Hintergrund war die Besetzung Norwegens seit dem 9. April 1940 durch 300.000 Soldaten der Wehrmacht und der SS sowie die Installation eines Kollaborateursregimes unter Vidkun Quisling. An der Westküste arbeiteten Widerstandsaktivisten mit Großbritannien zusammen. Zwei dieser Aktivisten, Arne Værum und Emil Gustav Hvaal, Angehörige der Widerstandsorganisation Kompani Linge, wurden am 26. April 1942 von der Gestapo in Telavåg verhaftet. Bei diesem Schusswechsel starben neben Arne Værum jedoch auch der lokale Geheimdienstchef, Hauptsturmführer Gerhard Berns aus Bergen, und sein Stellvertreter, Untersturmführer Henry Bertram.
Vier Tage später landeten morgens Boote der SS im Ort. Frauen und Kinder wurden in norwegische Lager verschleppt, die Männer ins KZ Sachsenhausen deportiert. Von den 268 deportierten Personen kamen insgesamt 54 ums Leben, weitere starben später an den Folgen. Die Häuser wurden mit allem Inventar und persönlichen Habseligkeiten gesprengt und verbrannt. Reichskommissar Josef Terboven behauptete, dass der Ort für immer eine unbewohnte Wüstenei bleiben werde.
Nach dem Krieg kehrten die überlebenden Einwohner zurück und bauten den Ort wieder auf. Josef Terboven beging am Tag der deutschen Kapitulation am 8. Mai 1945 Selbstmord, um der Hinrichtung zu entgehen. Heute erinnert ein 1998 eröffnetes Museum (Nordsjøfartsmuséet) an das Verbrechen.
Rezeption in Norwegen
Wenige Tage später kommt es am 4. Juni 1942 nach einem Anschlag in Prag zum Tod R. Heydrichs, der Leiter des Reichssicherheitshauptamts (RSHA) und Chef der deutschen Besatzer im Reichsprotektorat Böhmen und Mähren war. Am 9. Juni finden parallel zur Totenfeier des NS-Regimes für Heydrich in Berlin die Zerstörungen des Dorfs Lidice und des Weilers Ležáky als so genannte Vergeltungsmaßnahmen statt. Alle männlichen Erwachsenen werden ermordet, Frauen und Kinder deportiert. Im ganzen Reichsprotektorat Böhmen und Mähren gibt es etwa 1.700 Todesopfer in der dem Heydrich-Attentat folgenden Terrorwelle. Erst in der Nachkriegszeit gab es eine Erörterung der Rechtmäßigkeit solcher pauschalen „Vergeltungsmaßnahmen“ gegen Unbeteiligte. Da es der einzige so zerstörte Ort in Norwegen war, blieb Telavåg in Norwegen mit hohem symbolischen Gehalt im kollektiven Gedächtnis. Die Reihung mit Lidice, Ležáky und anderen Orten, die unter massiven deutschen Repressionen zu leiden hatten, ist daher verständlich.
Weblinks
- They burnt our homes, they killed our men
- The North Sea passage museum in Televåg
- http://web.hist.uib.no/delfag-h97/jenny/krigentel.htm
- Wie die SS ein Dorf ausradierte, Spiegel vom 21. Juni 2005
- Manfred Ertel: "Der Führer ist rasend!" {Es war ein blitzartiger Überfall: In kurzer Zeit besiegte Hitlers Wehrmacht 1940 Dänemark und Norwegen. Bei dem Feldzug kamen erstmals alle Waffengattungen zeitgleich zum Einsatz. Doch dann begehrten die Besetzten auf - und verwandelten den Erfolg in einen Alptraum für die Nazis.) In: einestages - spiegel.de vom 4. Juni 2010
60.2166666666675.1Koordinaten: 60° 13′ N, 5° 6′ OKategorien:- Ort in Norwegen
- Ort in Hordaland
- Sund (Norwegen)
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