The Köln Concert

The Köln Concert
The Köln Concert
Livealbum von Keith Jarrett
Veröffentlichung 30. November 1975
Aufnahme 24. Januar 1975
Label ECM
Format CD, Doppel-LP
Genre Jazz
Anzahl der Titel 4
Laufzeit 66:05

Besetzung

Piano: Keith Jarrett

Produktion Manfred Eicher
Studio Live
Chronologie
Personal Mountains
(1974)
The Köln Concert Death and the Flower
(1972)

The Köln Concert ist die Schallplattenaufnahme eines Improvisations-Solokonzertes, das in der Kölner Oper am 24. Januar 1975 stattfand. Es ist die meistverkaufte und bekannteste Veröffentlichung von Keith Jarrett, außerdem die meistverkaufte Jazz-Soloplatte und meistverkaufte Klavier-Soloplatte. Festgehalten wurden es durch den Toningenieur Martin Wieland (Tonstudio Bauer). Für die Aufnahme nutzte er zwei Neumann U-67 Kondensatormikrofone und eine portable Telefunken M-5 Bandmaschine.

Inhaltsverzeichnis

Ausgaben

Die Aufnahme wurde 1975 bei der ECM als Doppelalbum auf Schallplatte (ECM 1064/1065 ST) veröffentlicht, ist seit 1983 als Einzel-CD erhältlich und umfasst vier Teile von insgesamt 67 Minuten Länge. Produzent der Aufnahme ist Manfred Eicher; Toningenieur ist Martin Wieland.

Hintergrund der Aufnahme

Wie auch andere Solokonzerte von Keith Jarrett, etwa Solo Concerts Bremen/Lausanne, war The Köln Concert ein frei improvisiertes Konzert. Bei den Solokonzerten versucht der Künstler ohne jede musikalische Vorüberlegung und ohne Plan „aus dem Nichts heraus“ Musik zu schaffen. Jarrett sagt: „Es ist immer wieder, als würde ich nackt auf die Bühne treten. Das Wichtigste bei einem Solokonzert ist die erste Note, die ich spiele, oder die ersten vier Noten. Wenn sie genug Spannung haben, folgt der Rest des Konzerts daraus fast selbstverständlich. Solokonzerte sind so ziemlich die enthüllendste psychologische Selbstanalyse, die ich mir vorstellen kann.“[1]

Die Einspielung des Köln Concert fand unter extrem widrigen Umständen statt. Der eigentlich ausgesuchte Konzertflügel war nicht rechtzeitig da. Jarrett musste auf einem mäßigen Stutzflügel spielen, der auch noch verstimmt war; zudem hatte der Musiker eine Nacht zuvor schlecht geschlafen. Sein Essen vor dem Konzert kam erst eine Viertelstunde vor der Rückkehr ins Opernhaus. Nur auf ausdrückliche Bitten der lokalen Veranstalterin Vera Brandes war Jarrett bereit, doch aufzutreten.[2] Das Team wollte die Live-Aufnahme bereits streichen, als sich die Tontechniker darauf einigten, das ausverkaufte Kölner Konzert schließlich doch für interne Zwecke mitzuschneiden: Keith Jarrett passte das musikalische Geschehen dem Instrument an und beschränkte sich auf die mittleren und tiefen Töne, wobei er wiederholende Muster bevorzugte.[3]

Aufbau des Konzerts

Das Konzert hat eine für Jarrett ungewöhnliche Einfachheit, Eingängigkeit und Geschlossenheit. Den ersten Teil begann Jarrett mit der Melodie des Pausengongs der Kölner Oper; im Publikum ist Lachen zu hören. Er entwickelte daraus ostinatohafte Motivfiguren, die er mit der linken Hand spielte, während er mit der rechten Hand kommentierte, variierte und auch Gegenfiguren entwickelte. Dem wurden in Part I ruhige, kaum merklich zwischen zwei Akkorden wechselnde harmonische Flächen gegenüber gestellt, auf denen Jarrett repetitive Melodien entwickelte. „Was Jarrett hier an Motiven, an ruhigen wie triebhaften Momenten, an Spannung, ekstatischer Wohlklangserlösung und Entspannung aneinander reiht, ist schier überwältigend. Er scheint es gar nicht nötig zu haben, eine Idee länger zu verfolgen,“ analysiert sein Biograph Uwe Andersen.[4]

Part IIa wird dagegen von einer ganz anderen Stimmung dominiert, die an die Lebensfreude und die Spiritualität eines Gospelgesanges erinnert.[5] Zu Beginn dieses Teils spielte Jarrett ein rhythmisch akzentuiert gehämmertes 1-4-Ostinato in der linken Hand, über dem er mit der rechten Hand sehr tänzerisch spielte. Das mündete in eine „retardierende Fortsetzung, die die Stimmung und rhythmische Gliederung des Anfangs wieder aufnahm und in ein pathetisches, oszillierendes Finale überging, das leise, verhalten, meditativ endete“.[6]

Part IIb hat deutliche Züge einer Elegie, gipfelt aber „in einem dreistimmigen Chor mit fast kathedraler Klanggewalt“.[5]

Part IIc kann als ein „unabhängiges, schwebendes ›Albumblatt‹“ begriffen werden; auch dieses Stück endet im Pianissimo.[6]

Trackliste (CD)

  1. Part I 26:02 (LP – 26:15)
  2. Part II a 14:54 (LP – 15:00)
  3. Part II b 18:13 (LP – 19:19)
  4. Part II c 6:59 (LP – 6:59)

Wirkung

Bei Kritikern und beim Publikum war The Köln Concert ein großer Erfolg.[7] Die Platte bekam den Preis der Deutschen Phono-Akademie und wurde vom Time Magazine zu einer der „Records of the Year“ gewählt. Die Verkaufszahlen liegen bei etwa 3½ Millionen verkaufter CDs und Schallplatten. Die Platte mit ihrem markanten weißen Cover war in vielen Haushalten zu sehen und „zierte die Plattenschränke jener Zeit wie die Poster von Che Guevara Studentenbuden ein Jahrzehnt zuvor.“[8] Es ist nach wie vor die bekannteste Aufnahme des amerikanischen Künstlers. 1992 provozierte er in einem Interview mit dem Spiegel, es sollten alle Exemplare der Platte eingestampft werden, damit die Hörer nicht „süchtig an Vergangenem hängen“ bleiben[9]

Notentranskriptionen

1991 besorgten zwei japanische Musikwissenschaftler eine Notenausgabe des Köln Concert, die bei Schott Music als von Keith Jarrett autorisierte Original Transcription erschien. Jarrett schreibt hier in einem Vorwort, dass er erst auf Drängen von Musikwissenschaftlern und Pianisten die Erlaubnis für die Veröffentlichung einer Transkription gab, weil „… diese Improvisation nun aber schon in einer konkreten Form existiert und die Transkription nur eine Beschreibung der Musik darstellt“. Zuvor war er der Meinung, das Produkt eines einzigen Improvisationskonzertes könne man nicht zum Nachspielen empfehlen.

1994 veröffentlichte der Gitarrist Manuel Barrueco eine Transkription des Part IIc für Gitarre.

2006 veröffentlichte der polnische Pianist Tomasz Trzcinski seine Interpretation des Konzertes auf dem Album Blue Mountain.[10]

Literatur

Einzelnachweise und Anmerkungen

  1. Peter Ruedi: Keith Jarrett, die Augen des Herzens. In: Idole 5, 1985
  2. Ian Carr: Keith Jarrett: The Man and His Music. GraftonBooks, London 1991, S. 71f. Robert von Zahn: Jazz in Köln seit 1945. Konzertkultur und Kellerkunst. Emons-Verlag, Köln 1997, S. 177f.
  3. Carr: Keith Jarrett, S. 72. Carr zufolge hörten Jarrett und Eicher eine Kassette des Mitschnitts während der Fahrt zu einem anderen Konzert und waren sich schließlich darin einig, das Konzert zu veröffentlichen – trotz einer schlechten Soundqualität und eines gewissen Mangels pianotechnischer Substanz. Toningenieur Martin Wieland bearbeitete zusammen mit Eicher mehrere Tage die Bänder, um die Klangtechnik zu verbessern.
  4. U. Andersen: Keith Jarrett, Gauting-Buchendorf (1985), S. 134
  5. a b Hannah Dübgen Blue Notes on Black and White Keys. Stationen und Aspekte des Piano Jazz der 1970er Jahre unter besonderer Betrachtung der Soloimprovisationen von Keith Jarret, Chick Corea und Alexander von Schlippenbach (2003)
  6. a b Ralf Dombrowski: Basis-Diskothek Jazz. Stuttgart 2005, S. 120
  7. So kritisiert Joachim Ernst Berendt angesichts der Vorliebe Jarretts für „gewisse, oft gar zu einfache harmonische Progressionen und Überleitungen“, dass diese nicht „über das Maß des hier Gegebenen“ hinausgehen solle. Er führt den polnischen Pianisten Andrzej Trzaskowski an, der auf eine „»Begrenztheit«, sowohl in kompositorischer als auch in rhythmischer Hinsicht“ verweist. – Joachim E. Berendt: Ein Fenster aus Jazz: Essays, Portraits, Reflexionen. Frankfurt am Main, S. 86f.
  8. „Das Geheimnis der Tokyo Tapes. Keith Jarrett spricht erstmals über seine Krankheit, die Zukunft der Musik und die Fehler des Klaviers“, in: Frankfurter Allgemeine Zeitung, 28. Juli 2001, Interview mit Wolfgang Sandner
  9. Musik sagen, Kasse meinen. In: Der Spiegel. Nr. 42, 1992 (Interview, online). Ähnlich auch 2010 im Interview für die Süddeutsche Zeitung: „Man sollte die Platte einstampfen. Das Ding war ein Fluch.“ (zit. nach Michael Rüsenberg)
  10. Blue Mountains – Tomasz Trzcinski

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