- Pianissimo
-
Mit Dynamik wird in der Musik die Lehre von der Tonstärke (physikalisch: Lautheit) bezeichnet. Dabei unterscheidet man
- Abstufungen (s. u.: Dynamische Grundstufen),
- kontinuierliche Übergänge (s. u.: Veränderungen der Tonstärke),
- Akzente (kurze Hervorhebungen).
Die meisten Dynamikanweisungen sind in italienischer Sprache; seit dem 19. Jahrhundert finden sich jedoch auch vermehrt Angaben in der jeweiligen Sprache des Komponisten.
Unterschiedliche Tonstärken werden auf den verschiedenen Musikinstrumenten unterschiedlich ausgeführt: bei Streichinstrumenten wird der Druck und die Geschwindigkeit des Bogenstrichs verändert, Bläser variieren den Druck und die Menge des Luftstroms. Die Dynamik der Zupf- und Schlaginstrumente wird, wie auch bei Klavier und Cembalo, durch die Härte und Geschwindigkeit des Anschlags bestimmt.
In der modernen Notation wird die Tonstärke mit kursiven Buchstaben und Zeichen unter der Notenzeile notiert. Dynamische Bezeichnungen können auch substantivisch gebraucht werden: Das Forte zum Beispiel ist eine Bezeichnung für jenen Teil eines Musikstücks, der mit großer Lautstärke vorgetragen wird, ebenso kann man von einem gewaltigen Orchestercrescendo sprechen.
Inhaltsverzeichnis
Dynamische Grundstufen
Die am häufigsten verwendeten Tonstärken der abendländischen Musik werden mit folgenden italienischen Abkürzungen bezeichnet (geordnet von leise nach laut):
- piano
- („still“, „leise“, „zart“), Abkürzung p, ist die Anweisung für eine leise Tonstärke.
- forte
- („stark“, „laut“, „kräftig“), Abkürzung f, ist die Anweisung für eine laute und kräftige Tonstärke.
Mit dem Buchstaben m wie mezzo („mittel“, „halb“) wird die Anweisung abgeschwächt: (mezzoforte) bedeutet „mittellaut“ und ist etwas leiser als f, während mp (mezzopiano, „mittelleise“) etwas lauter als p ist.
Zur Steigerung von f und p kann der Buchstabe verdoppelt werden: heißt fortissimo („sehr laut“) und pp pianissimo („sehr leise“). In der Musik bis 1800 sind das die Lautstärkenextreme, in der Romantik entstanden auch noch (fortissimo forte, forte fortissimo oder fortississimo) und ppp (pianissimo piano, piano pianissimo oder pianissimo possibile), seltener wurden noch mehr Buchstaben aneinandergefügt: Pjotr Iljitsch Tschaikowski schreibt in seiner Symphonie Pathétique an der lautesten Stelle und an der leisesten pppppp vor, György Ligeti verwendet teilweise gar achtfaches piano bzw. forte, diese Nuancen sind jedoch kaum ausführbar.
Veränderungen der Tonstärke
Das Wort crescendo (cresc., „wachsend“) schreibt ein allmähliches Erstarken der Lautstärke vor. Das Gegenteil davon ist das diminuendo (dim., „verringernd“) oder auch decrescendo (decresc.), das ein Leiserwerden verlangt. Oft steht danach eine Dynamikbezeichnung, die das Ende der Veränderung und die zu erreichende Dynamik anzeigen.
Anstelle der Bezeichnungen cresc. oder dim. findet man oft sogenannte Gabeln, die sich von der leisesten zur lautesten Stelle öffnen, oder umgekehrt, von der lautesten zur leisesten schließen. Für das Leiserwerden bis zur Lautlosigkeit (al niente, „bis zum Nichts“) steht gelegentlich eine schließende Gabel, die an ihrer Spitze einen kleinen Kreis trägt.
Die Anweisung subito (sub., „plötzlich“, „sofort“) verlangt einen schlagartigen, oft als überraschenden Effekt eingesetzten Übergang von einer Stufe zu einer anderen. subito piano z. B. bedeutet einen plötzlichen Übergang von laut zu leise.
Mit più (mehr) und meno (weniger) wird eine Veränderung gegenüber der aktuell gültigen Dynamikstufe bezeichnet. più forte bedeutet ein stärkeres Forte als bisher, meno piano bedeutet weniger piano, d.h. etwas lauter. Abweichungen von dieser Auslegung gibt es z.B. bei Hugo Distler, der meno piano als weniger als piano, d.h. noch leiser, interpretiert haben möchte.
Akzente
- sforzato
- ( oder ): mit plötzlicher Betonung.
- rinforzando
- ( oder ): wieder stärker werdend oder mit anfangs leicht anschwellender Betonung.
- fortepiano
- (): laut, dann plötzlich leise.
Diese Abkürzungen werden zur weiteren Nuancierung von vielen Komponisten mit den drei Buchstaben für die dynamischen Grundstufen kombiniert, wobei Bezeichnungen wie , , , gebildet werden können. In Verbindung mit den graphischen Zeichen für Akzente ergeben sich unzählige Möglichkeiten dynamischer Vorschreibungen, die für den Musiker oft nur mit großer Stilkenntnis oder unter Einsicht des Autographes verständlich werden.
Geschichte
Während der Barockzeit hatte die Dynamik als musikalischer Parameter noch wenig Gewicht; es wurde weitgehend dem mündlich tradierten Stilempfinden der Musiker überlassen, wo leiser oder lauter zu spielen war. Dynamikangaben im Aufführungsmaterial waren selten und bezeichneten häufig Abweichungen von den Regeln, etwa wenn die Bratschen im zweiten Satz von Vivaldis Frühlingskonzert forte zu spielen haben – zur Darstellung bellender Hunde –, während der Rest des Orchesters und die Solovioline piano spielen. In Johann Sebastian Bachs Werken zeigen Dynamikangaben vielfach nur auf, an welcher Stelle eine Stimme hinter eine andere zurückzutreten hat oder hervorzuheben ist.
Registerwechsel auf Cembalo und barocker Orgel oder der Wechsel zwischen Concertino und Tutti im Concerto grosso führten zu übergangslos wechselnder Lautstärke und Klangfarbe, was Anfang des 20. Jahrhunderts den Begriff der Terrassendynamik prägte. Dieser wurde in der Folge vereinfachend auf die gesamte Musik des Barock angewendet. Aus heutiger Sicht ist dies nicht mehr haltbar; historische Quellen zeigen, dass auch Barocksänger und -instrumentalisten mit dynamischen Abstufungen und Übergängen interpretierten, von der bewussten Artikulation einzelner Töne bis hin zu größeren Bögen.
Mit dem Beginn der Klassik bekam die Dynamik eine neue Bedeutung. Das Cembalo wurde vom Fortepiano verdrängt, das – wie es sein Name ausdrückt – in der Lage war, durch Variation des Anschlags auch die Lautstärke zu beeinflussen. Etwa zeitgleich bildete sich durch die Mannheimer Schule eine bisher nicht gekannte Präzision im Orchesterspiel heraus, die es ermöglichte, dynamische Effekte wie einheitliches pianissimo und fortissimo oder das berühmte „Mannheimer Crescendo“ mit dem ganzen Orchester zu realisieren.
Bei Ludwig van Beethoven erlangte die Dynamik endgültig den Rang eines eigenständigen musikalischen Parameters, für den präzise Spielanweisungen gelten. In seinen Partituren notierte er neben der Grunddynamik zahlreiche vorher nicht oder nur selten benutzte Ausdrucksmittel: regelmäßig verwendete Lautstärkeextreme pp und , oft in unmittelbarem Kontrast, Crescendo des gesamten Orchesters über viele Takte hinweg, Crescendo vom p zum innerhalb eines einzigen Taktes, Crescendo mit anschließendem , Decrescendo mit anschließendem , Akzente auf den „schwachen“ Taktzeiten usw.
Die Romantik brachte als Neuerung lediglich die weitere Steigerung der Extreme (s. o.).
Literatur
- Ferdinand Hirsch: Das große Wörterbuch der Musik. ISBN 3-7333-0024-6
Siehe auch
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