Tilo Medek

Tilo Medek

Tilo Medek (* 22. Januar 1940 in Jena; † 3. Februar 2006 in Duderstadt), auch Müller-Medek, war ein deutscher Komponist und Musikverleger, der sich auch musikwissenschaftlich betätigte.

Inhaltsverzeichnis

Leben

Tilo Medek wurde am 22. Januar 1940 in Jena (Thüringen) als Sohn des Kammermusikers und Komponisten Willy Müller-Medek (1897-1965) und dessen Ehefrau Rosa, geb. Gewehr (1902-1976), geboren.

Durch die Gefangenschaft des Vaters begann erst um 1950 die musikalische Ausbildung an der Jenaer Musikschule in den Fächern Violine, Klavier, Improvisation und weiteren theoretischen Fächern. Prägend wurde für ihn die 1957 ermöglichte Teilnahme an den 12. Internationalen Ferienkursen für Neue Musik im westdeutschen Darmstadt (Kurse bei Alexander Jemnitz, Luigi Nono, Hermann Scherchen und Karlheinz Stockhausen).

Von 1959-1962 war er Klavierschüler von Kurt Johnen (1884-1965) in Quedlinburg am Harz.

1959 Abitur und Verweigerung eines praktischen Jahres in der Produktion; im Spätherbst 1959 schließlich Nachimmatrikulation an der Humboldt-Universität Berlin für Musikwissenschaft bei Walther Vetter, Ernst Hermann Meyer und Georg Knepler. Weitere Vorlesungen in Psychologie bei Kurt Gottschaldt, in Kunstgeschichte bei Karl-Heinz Clasen, in Theologie den Philosophiezyklus bei Lieselotte Richter und in Gartenbauarchitektur bei Willy Kurth gehört.

Parallel dazu Komposition bei Rudolf Wagner-Régeny (1903-1969) an der Deutschen Hochschule für Musik in Ostberlin.

Durch Wegnahme des Stipendiums nach dem Mauerbau neben dem Studium ab 1962 freiberuflich tätig als Korrepetitor am Ensemble der Berliner Arbeiterjugend und als Komponist von Hörspiel- und Bühnenmusiken.

1964 Diplomarbeit in Musikwissenschaft: „Die Vertonungen von Goethes Prometheus-Gedicht“. Anschließend Meisterschüler Rudolf Wagner-Régenys an der Deutschen Akademie der Künste zu Berlin (DDR) bis 1967.

Von da an erhielt Tilo Medek verschiedene internationale Auszeichnungen bei Kompositionswettbewerben und bei Vergleichen von Rundfunk- und Fernsehanstalten:

Internationaler Kompositionswettbewerb der Stiftung Gaudeamus, Niederlande 1967 (für die „Todesfuge“), State University of New York 1968 (für „Das Dekret über den Frieden“), Opernwettbewerb DDR 1969 (für die Kurzoper „Einzug“), Friedrich-Kuhlau-Wettbewerb der Stadt Uelzen 1970 (für „Kühl, nicht lau“, Nr. 2 aus den „Lesarten an zwei Klavieren“), 22. Tribune internationale des Composits der UNESCO Paris 1975 (für die „Kindermesse“), Prix Folklorique de Radio Bratislava 1975 (für „Der schwere Traum“), Prix Danube in Bratislava 1977 für KRO-Niederlande-Aufzeichnung der „Kindermesse“, Ernst-Reuter-Preis 1982 (zusammen mit Dorothea Medek für ihr Feature „Westöstliche Wechsel, ausgestellt in der Ankunftszeit“).

1968 erste künstlerische Behinderung im Zusammenhang mit dem „Prager Frühling“, ausgelöst durch die Kompositionen „Das Dekret über den Frieden“ (Lenin) und die „Battaglia alla turca“, Nr. 1 aus den „Lesarten an zwei Klavieren“.

1961-1968 erste Ehe mit Dr. med. Inge Brüll (Tochter: Saskia, geb. 1966).

Ab 1970 jährliche Arbeits-Sommeraufenthalte in Bindow am Ziestsee bei Königs Wusterhausen.

Tilo Medek ist in zweiter Ehe mit der Theaterwissenschaftlerin und Autorin Dorothea Medek verheiratet (Kinder: Mirjam, geb. 1971, Clara und Immanuel, geb. 1983).

Im Zusammenhang mit der Biermann-Ausbürgerung am 15. Juli 1977 „Entlassung aus der Staatsbürgerschaft der Deutschen Demokratischen Republik“ und Übersiedlung in die Bundesrepublik Deutschland.

Wohnsitze von 1977 bis 1980 in Adscheid bei Hennef an der Sieg, 1980-1985 in Unkel am Rhein und seit 1985 gegenüber auf der Rheinhöhe (oberhalb von Oberwinter) bei Remagen.

Seit 1982 besteht der Musikverlag Edition Tilo Medek (seit 1999 mit Druck und Verarbeitung).

Tilo Medek ist Gründungsmitglied der Freien Akademie der Künste Mannheim. Im Februar 1992 war er Ehrenkomponist des 8. Festival International des Chœurs d’Enfants in Nantes (Frankreich). Sommer 1994 Ehrenaufenthalt an der Deutschen Akademie in Rom (Villa Massimo). 1999: Korrespondierendes Mitglied des Collegium opaeum Jenense an der Friedrich-Schiller-Universität Jena. In den letzten Jahren wieder einsetzende musikwissenschaftliche Betätigungen und Vorträge. Private Kompositionsschüler seit 1967.

Seit September 2002 Aufbau einer kompositorischen Unterweisung am Staatl. Musikgymnasium des Landes Rheinland – Pfalz in Montabaur.

Seit 1962 ununterbrochen freiberuflich tätig.

Tilo Medek starb am 3. Februar 2006.

Werk

Zu seinem Werk gehören sowohl zahlreiche Kammermusik- und Klavierkompositionen, u.a. bekannte Vertonungen Brecht'scher Lyrik, die von bekannten Diseusen wie Sonja Kehler interpretiert wurden, als auch eine Vielzahl Chor- und Orchesterwerke. Besonders für das Chorwerk Die Todesfuge nach Paul Celans Gedicht Todesfuge erhielt er früh auch die Anerkennung des Westens. Außerdem stammen drei abendfüllende Bühnenwerke von Medek, zuletzt entstand die Oper Katharina Blum (1991) nach Heinrich Böll. Zwei andere noch zu DDR-Zeiten komponierte Singspiele wurden sowohl in Hörfunkfassungen als auch im Fernsehen gesendet. Erwähnenswert sind auch Medeks weit über 20 Hörspielmusiken, die ausnahmslos für Produktionen des DDR-Hörfunks entstanden und sein Konzert für Marimbaphon und Orchester, dem ersten dieser Art in der DDR, aufgenommen im Rundfunk der DDR mit dem Solisten Wolfgang Preissler und dem Rundfunk Sinfonieorchester. Daneben schuf Medek auch einige Werke für Zupforchester.

Tonträger

  • Die betrunkene Sonne. Ein Melodram für Kinder für Sprecher und Orchester. Nova 8 85 019, 1971 (A-Seite)
  • Tilo Medek: Orgelwerke. (Wandlungs-Passacaglia (2001), B-A-C-H, Vier Töne für Orgel (1973), Verschüttete Bauernflöte (1969), Quatemberfeste für Orgel (1989), Gebrochene Flügel (1975), Rückläufige Passacaglia (1979)). Cybele Records [1] SACD 060.801 (2008)
  • Triops-Botschaft - Das Gitarrenwerk von Tilo Medek. (A-Seite: Rosenlied - Pergola - Rautenkranz (1967/69), Albumblatt mit Randbemerkungen (1967/68), Venezianisches Naxos (1981); B-Seite: Erdrauch (1979), Triops - Botschaft (1985)). Ricophon LP 01030 ETM

Bibliographie

Bibliographie – über Tilo Medek

1968 Fred K. Prieberg: Musik im anderen Deutschland, Köln 1968, unter Müller-Medek, S. 312-313, 315, 322

1970 Konrad Böhmer: Zwischen Reihe und Pop, Wien 1970

1973 Komponistenwerkstatt in Arbeitshefte der Akademie der Künste der DDR Bd. 13, Berlin 1973

1978 A. Olivier: Musik ist Intimverkehr ohne Intimitäten – ein Interview, in: Status, Unabhängige Zeitschrift für Ärzte, 1978, Heft 6, S. 96

1978 Hartmut Lück: Ein Marsch, der die Massen beunruhigen soll, in: NMZ, 1978, Nr.3, S.7

1978 Wolfgang Schreiber: Warum nicht mit Schumann vergleichen?- Portrait des Komponisten Tilo Medek, in: Musik und Medizin, 1978, Heft 11, S. 56 - 69

1979 Wolfgang Horn: Gegen die Musik der Abkapselung, in: Düsseldorfer Hefte, 1979, Heft 14. S.11 ff

1980 Wolfgang Horn: Einer, der auszog, vom Komponieren zu leben, in: Tilo Medek-Dokumentation Düsseldorf, Stadtbücherei

1980 Hartmut Lück: Musik über Musik oder wie man die Tradition beerbt, ohne traditionell zu komponieren, in: Tilo Medek-Dokumentation Düsseldorf, Stadtbücherei

1980 H. Herbort: Muß ein Künstler sich sicher fühlen? – Ein Gespräch mit Tilo Medek und ein Uraufführungsberich über das Violinkonzert, IN: Die Zeit, 12. August 1980, S. 51

1981 Oskar Gottlieb Blarr: Kennen Sie Medek? Über die Orgelfalte eines vielfältigen Komponisten, Ars Organi, 29. Jahrgang, Heft 1, März

1983 H. Herbort: "Deutsche Weihnachtslieder" von Tilo Medek, in: Die Zeit, 23. Dezember 1983

1984 Tilo Medek - Ein Komponistenportrait - Bonn : Fahmüller, 1984. - 29 Bl. Stadtbücherei Düsseldorf

1984 Ernst Klaus Schneider: Original und Bearbeitung- Tilo Medeks "Battaglia alla turca" – in Kursmodelle Musik, Sekundarstufe II, Verlag Moritz Diesterweg

1985 Prof. Dr. H. Daschner: Tilo Medek "Die betrunkene Sonne", Musikwissenschaft, Universität Freiburg, 1985

1987 Gunter Duvenbeck: Absage an "Fortschrittsglauben" in der Musik – Anmerkungen zu einer Diskussion mit dem Komponisten Tilo Medek in: Bonner Musikkalender 15/ 1987, Hrsg. Gunter Duvenbeck, Bonn

1987 Gunter Duvenbeck : "Ich fühle mich immer unterwegs" – Ein Gespräch mit Tilo Medek, in: Generalanzeiger Köln/Bonn, 18./19. Juli 1987

1987 Carl Friedrich Schröer: Das neue Gretchen ist nicht pflegeleicht – Der Komponist Tilo Medek und seine Oper "Katharina Blum", in: Rheinischer Merkur/ Christ und Welt Nr.38 – 18. September 1987

1988 Michaele Kinzelmann: Die Betrunkene Sonne von Tilo Medek, wissenschaftliche Hausarbeit an der Pädagogischen Hochschule Freiburg, Februar 1988

1988 Gerd Brill im Gespräch mit Tilo Medek: Die Triopsbotschaft setzt sich durch…, u. Besprechung von Wurzelwerk u. Triopsbotschaft für Gitarre: musiblatt 3/88

1989 Hans Gerd Brill: Das Gitarrenwerk Tilo Medeks in: Zupfmusik magazin 1/89

1993 Irmgard Jüsten: Ein Komponist zwischen Ost und West – Zum Schaffen Tilo Medeks vor und nach seiner Ausbürgerung aus der ehemaligen DDR, Universität Münster, Fachbereich Musikpädagogik, Stadtbücherei Düsseldorf

1994 Sabine Rabe: Studie zum Wort-Ton-Verhältnis der Brechtschen Liebeslieder in der Vertonung für Singstimme und Gitarre von Paul Dessau und Tilo Medek, Theoretische Arbeit zum Diplom, Hochschule "Hanns Eisler" Berlin 1994

1995 Daniel Höhr: Verweigerung durch Ausstieg – Tilo Medeks Komposition "König Johann oder der Ausstieg", Seminararbeit, Rheinische Friedrich-Wilhelms-Universität zu Bonn, Englisches Seminar

1997 Hildegard Ginzler: Der Komponist Tilo Medek, www.kreis-ahrweiler.de/kvar/VT/hjb1997/hjb1997.11.htm

1999 Max Gerd Schönfelder: Musik aus der Kraft der verdichteten Sprache, Künstler und Sprachschöpfer , UA von Tilo Medeks Kantate „Morgenröthe im Aufgang", Berliner Verlag, Archiv » 2006 » 9. Februar » Feuilleton, 11/99 - 48. Jahrgang

1999 Brigitte Köchlin: Alla Turca- Bearbeitungen von Mozarts KV 331, 3. Satz unter dem Blickwinkel unterschiedlich funktionaler Zuordnungen, Studienseminar für das Lehramt (zweite Staatsprüfung) für die Sekundarstufe II - Neuss

1999 Katharina Kunze: Untersuchung zum Kantatenschaffen Tilo Medeks, , Johann Gutenberg-Universität Mainz, Musikwissenschaftliches Institut, 1999

2001 Christof Götz: Norm oder Normverstoß – zum sozialistischen Realismus in der Musik der DDR – Dargelegt an ausgewählten Beispielen aus dem Musikleben der Stadt Jena, in den Uraufführungen seines städtischen Orchester in den Jahren 1969-1998, Hochschule Franz Liszt, Weimar

2002 Florian Scharmer: Das Bläserquintett bei Tilo Medek, Diplomarbeit zur Erlangung des akademischen Grades "Magister artium" am Innsbrucker Musikpädagogikinstitut der Universität Mozarteum Salzburg, Oktober 1999

2003 Maike Neubert: Kompositionen für Kinder am Beispiel von Musikalischen Erzählungen, Magisterarbeit an der Philosophischen Fakultät für Geschichts- und Kunstwissenschaften der Ludwig-Maximilian-Universität München

2004 Alexander von Nell: Trauerkompositionen & Requien in der DDR, Magisterarbeit im Fach Musikwissenschaft an der Humboldt-Universität Berlin (S.56-61: Todesfuge), 24. Juni 2004

2006 Peter Gnoss: Ein unangepasster Komponist, zum Gedenken an den Komponisten Tilo Medek, in: fermate, 25.Jg. Heft 2 2006

2006 Gedenkheft für Tilo Medek, mit Beiträgen u.a. von Andreas Eckardt, Alfons Kontarsky, Andreas Dorschel, Peter Gülke, Hartmut Lück, Volker Tarnow, Achim Hofer, Hans Pölkow…, ETM 215

2007 Ute Jung-Kaiser: "Wir schaufeln ein Grab in den Lüften" in: Polyästhetik im 21. Jahrhundert, Peter lang, Internationaler Verlag der Wissenschaften, Frankfurt am Main, Berlin, Bern, Bruxelles, New York, Oxford, Wien, 2007, Tilo Medeks Todesfuge (1966), S.165-169

2008 Oliver Alt: Tilo Medeks Lieder mit Gitarrebegleitung, in: Gitarre aktuell, 29. Jahrgang, Gak Nr. 101-II/08, Gak Nr. 102- III/08III,Gak Nr.103- IV/08, 30. Jahrgang, Gak Nr. 105-II/09

2008 Roland Hafen: Wassermusik – zwei zeitgenössische Komponisten, in: musik impulse journal, 21/08, HELBLING Verlagsgesellschaft, Esslingen und Innsbruck 2008, (Sinfonie Nr.2, Rheinische)

2009 Ulrike Liedtke über die „kleinen Unterwanderungen“ ostdeutscher Komponisten in der Zeit der DDR, Musik im stillen Widerstand, Leitartikel, Musikforum 4/2009

Weblinks


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