- Rundfunk der DDR
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Der Rundfunk der DDR war die Bezeichnung für den staatlichen Hörfunk in der DDR. Eine weitere Bezeichnung war Deutscher Demokratischer Rundfunk. Einschließlich seiner programmveranstaltenden Vorgänger- und Nachfolgeorganisationen existierte er vom 13. Mai 1945 bis zum 31. Dezember 1991.
Zentraler Sitz des DDR-Rundfunks war von 1956 an das Funkhaus Nalepastraße in Berlin-Oberschöneweide. Daneben bestanden zahlreiche Funkhäuser und Studios in verschiedenen Städten der DDR, so in Potsdam, Weimar, Leipzig und Dresden. Bis 1968 gehörte auch der Deutsche Fernsehfunk (DFF), das spätere Fernsehen der DDR organisatorisch zum Rundfunk der DDR. Die technischen Einrichtungen für Produktion, Übertragung und Verbreitung der Rundfunkprogramme gehörten der Deutschen Post, die Studiotechnik zu deren zentraler Dienststelle Studiotechnik Rundfunk.
Vom Rundfunk der DDR wurde zusammen mit dem Verband der Komponisten und Musikwissenschaftler der DDR der Hanns-Eisler-Preis an Nachwuchskomponisten oder Musikwissenschaftler vergeben.
Inhaltsverzeichnis
Organisation
Der Rundfunk der DDR unterstand dem 1952 gegründeten Staatlichen Komitee für Rundfunk (StKfR) beim Ministerrat der DDR. Dieses Komitee war das Weisungsorgan für den Rundfunk und übte eine Leitungs- und Kontrollfunktion aus.
Dem StKfR waren die Intendanten der einzelnen Sender Stimme der DDR, Radio DDR mit den beiden Programm Radio DDR I und DDR II, Berliner Rundfunk und Radio Berlin International, ab 1986 auch DT64 unterstellt. Radio DDR waren weiterhin die Regionalprogramme nachgeordnet.
1973 wurde die Hauptabteilung Musik gegründet. Sie war für die Produktion und Beschaffung von Musik aller Genres, für den Austausch mit internationalen Rundfunkstationen sowie die Durchführung von Konzerten der rundfunkeigenen Klangkörper verantwortlich. In der HA Musik arbeiteten 950 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, etwa je zur Hälfte in den Funkhäusern Berlin und Leipzig. Zur HA Musik gehörten zwei Sinfonieorchester, zwei Chöre, zwei Unterhaltungsorchester, drei Tanzorchester und zwei Kinderchöre sowie fünf Produktionsabteilungen, die Tonregie, Musik- und Notenarchiv, Instrumentenverwaltung, die Abteilung Internationaler Musikaustausch und eine EDV-Abteilung.
Programme
Bis 1990 strahlte der Rundfunk der DDR landesweit fünf Programme aus:
- Radio DDR I – ein Nachrichten- und Unterhaltungsprogramm
- Radio DDR II – ab 1964, Kultur- und Bildungsprogramme, morgens auch Regionalprogramme
- Stimme der DDR – ein Informationsprogramm für deutschsprachige Hörer innerhalb und besonders außerhalb der DDR. Das Programm ist am 14. November 1971 durch die Zusammenlegung des Deutschlandsenders (für Hörer in der Bundesrepublik) mit der Berliner Welle (für Hörer in West-Berlin) entstanden.
- Berliner Rundfunk – der Sender „... aus der Hauptstadt für die Republik ...“ und
- DT64 – das „Jugendradio“ (benannt nach dem Deutschlandtreffen der Jugend 1964). Erst ab 1986/87 eigenständiges Programm, davor als Jugendstudio DT 64 Bestandteil von „Stimme der DDR“ und „Berliner Rundfunk“. Stand der FDJ nah.
Diese Programme hatten zwar inhaltlich-thematische Schwerpunkte, eine heutigen öffentlich-rechtlichen Programmen vergleichbare Ausrichtung auf eine bestimmte Zielgruppe existierte allerdings nicht. So sendeten z.B. alle Programme Hörspiele, wissenschaftliche oder kulturelle Beiträge.
Auslandssender:
- Radio Berlin International − „Die Stimme der Deutschen Demokratischen Republik“
Geheimsender der DDR für Hörer außerhalb der Landesgrenzen. Sie gehörten offiziell nicht zum Rundfunk der DDR:
- Deutscher Freiheitssender 904 (17. August 1956 bis 30. Oktober 1971)
- Deutscher Soldatensender 935 (1. Oktober 1960 bis 30. Juni 1972)
- Radio Vltava (21. August 1968 bis 13. Februar 1969)
Darüber hinaus existierten folgende Sonderprogramme:
- Ferienwelle − Urlaubsprogramm für die Ostseeregion (nur während der Feriensaison zwischen Mai und September)
- Messewelle − Programm für Messegäste (buntes, westlich orientiertes Programm während der Leipziger Messe, je eine Woche im März und September)[1]
Die Programme des DDR-Rundfunks wurden über Lang-, Mittel-, Kurz- und Ultrakurzwelle ausgestrahlt.
Geschichte
Bis 1960
Bereits am 10. Mai 1945 befahl der sowjetische Stadtkommandant in Berlin, Nikolai Bersarin, die Wiedereinrichtung eines öffentlichen Rundfunks. Die erste Sendung wurde am 13. Mai 1945, im Haus des Rundfunks produziert und über den Sender Tegel ausgestrahlt. Das Programm nannte sich zunächst Radio Berlin und ging mit den Worten „Hier spricht Berlin“ auf Sendung. Verantwortlich für das Programm war der zur Gruppe Ulbricht gehörende KP-Funktionär Hans Mahle unter Kontrolle der SMAD. Kurze Zeit später wurde das Programm in Berliner Rundfunk umbenannt. Seine Aufgabe bestand zu diesem Zeitpunkt vor allem in einer regionalen Rundfunkversorgung.
Parallel zum Wiederaufbau des Rundfunks in Berlin nahmen auch in anderen Teilen der SBZ verschiedene Sender ihren Betrieb wieder auf. So lizenzierte die SMAD u. a. ebenfalls 1945 Radio Leipzig, aus dem kurz darauf der wiedergegründete Mitteldeutsche Rundfunk hervorging. Wenig später wurden andere Sender in der Sowjetischen Besatzungszone (SBZ) angewiesen, Programmteile des Berliner Rundfunks zu übernehmen.
Kurz vor der Gründung der DDR 1949 nahm als erstes zentrales Programm der Deutschlandsender am 1. Mai 1949 seinen Programmbetrieb auf, der – entsprechend der damaligen Ausrichtung der DDR-Politik auf eine deutsche Einheit unter sozialistischen Vorzeichen – ein Programm für ganz Deutschland sein sollte.
1952 wurde das Staatliche Rundfunkkomitee (mit einem besonderen Intendanzbereich Deutscher Fernsehfunk) als oberstes zentrales Leitungsorgan aller Sender gebildet. Sitz des DDR-Rundfunks war ab 1954 das für diesen Zweck neu errichtete Funkhaus in der Nalepastraße in Berlin-Oberschöneweide. Offiziell wurde dieses Funkhaus am 4. September 1954 eröffnet, nachdem sich in Folge eines Brandes die Fertigstellung des Baus um etwa ein Jahr verzögert hatte. Der Neubau war notwendig geworden, weil sich angesichts der politischen Entwicklungen und des beginnenden Kalten Krieges der Verbleib der DDR-Rundfunk-Zentrale im West-Berliner Haus des Rundfunks als untragbar herausgestellt hatte.
Mit der Gründung des Staatlichen Rundfunkkomitees ging eine Umstrukturierung und Zentralisierung des Rundfunks in der DDR einher. So wurden fortan alle Programme in Berlin produziert. Die bisherigen Landessender wurden zu Bezirks-Sendern umfunktioniert und bekamen vor allem eine Zulieferfunktion für die Programme aus Berlin. Darüber hinaus wurden durch die Bezirks-Sender auch Regional- und Sonderprogramme produziert. Diese liefen z. B. vergleichbar heutigen Fensterprogrammen als Morgenprogramm bei Radio DDR II. Sonderprogramme waren u. a. die Messewelle in Leipzig oder die Radio-DDR-Ferienwelle für Ostsee-Urlauber.
Die 1960er- bis 1980er-Jahre
Drei Wochen nach dem Bau der Berliner Mauer, am 5. September 1961 begann die verstärkte ideologische Abschottung gegen die „Ochsenköpfe“. Die FDJ startete die Aktion „Blitz contra Natosender“, dabei wurden von überzeugten Jungsozialisten auf Westempfang gedrehte Rundfunkdachantennen entweder auf Ostempfang gedreht oder zerstört.
Zu den Aufgaben des DDR-Rundfunks gehörte auch das Stören unliebsamer Sendungen aus dem Westen. Betroffen davon war vor allem der RIAS; man versuchte mehr oder weniger erfolgreich, dessen Mittelwellenfrequenzen (Berlin-Britz und Hof) bis zum Inkrafttreten des Genfer Wellenplanes 1978 durch ein die gesamte DDR überspannendes Netz von Störsendern unhörbar zu machen.
Die Anzahl der Sendestunden stieg insbesondere Ende der 1980er-Jahre an. Ein Grund dafür ist unter anderem der Start von DT64 als eigenständiges Programm.
Nach der politischen Wende 1989
Nach dem Zusammenbruch der DDR wurde die Rundfunkgesellschaft in Funkhaus Berlin (FU) umbenannt, Personal abgebaut und der Sendebetrieb auf Grundlage des Staatsvertrags über den Rundfunk im vereinigten Deutschland zum 31. Dezember 1991 eingestellt. Bis zur Gründung des öffentlich-rechtlichen Rundfunksystems wurde das Programm schrittweise regionalisiert. So bildeten sich mit Antenne Brandenburg, Sachsen Radio, Thüringen 1 und Radio Sachsen-Anhalt Vorläufer der späteren Landesprogramme der öffentlich-rechtlichen Anstalten in den fünf neuen Bundesländern.
Am 1. August 1990 wurde „Radio DDR I“ in „Radio Aktuell“ umbenannt, behielt sein Programmformat (Information und Unterhaltung) bei und sendete bis zum 31. Dezember 1991. Die „Stimme der DDR“ wurde am 12. Februar 1990 in „Deutschlandsender“ rückbenannt. Dieser und „Radio DDR II“ fusionierten zum 16. Juni 1990 zum Deutschlandsender Kultur (DS Kultur).
Der Einigungsvertrag legte in Artikel 36 fest, dass die Strukturen der „Einrichtung“ (Rundfunk der DDR und Deutscher Fernsehfunk) bis zum 31. Dezember 1991 in Strukturen eines öffentlich-rechtlichen Rundfunksystems zu überführen oder andernfalls aufzulösen seien. Daraufhin wurde die ARD um den ORB für Brandenburg (2003 mit dem SFB zum RBB fusioniert) und den MDR erweitert. Für Mecklenburg-Vorpommern wurde der NDR zuständig.
RBI stellte seinen Betrieb zum 3. Oktober 1990 ein. Seine Frequenzen übernahm die Deutsche Welle.
Aus DS Kultur und RIAS 1 entstand zum 1. Januar 1994 das „DeutschlandRadio Berlin“ (DLR Kultur), das heutige Deutschlandradio Kultur (DKultur), das seinen Sitz im ehemaligen RIAS-Funkhaus am Hans-Rosenthal-Platz in Berlin-Schöneberg hat.
Das Archivmaterial des DDR-Rundfunks wird heute vom Deutschen Rundfunkarchiv (DRA) am Standort Babelsberg verwaltet.
Klangkörper
Der Rundfunk der DDR war auch Träger zahlreicher Klangkörper. Dies waren u.a.:
- das Tanzorchester des Berliner Rundfunks, gegründet am 1. Februar 1956, ab 1971 „Rundfunk-Tanzorchester Berlin“
- das Rundfunk-Sinfonieorchester Berlin (RSB), gegründet 1923, Trägerschaft von 1945 bis 1993, heute in der „Rundfunk Orchester und Chöre GmbH“
- die Solistenvereinigung des Berliner Rundfunks, gegründet 1945
- der Große Chor des Berliner Rundfunks, gegründet 1948, ab 1971 Rundfunkchor Berlin
- das Rundfunk-Sinfonieorchester Leipzig, gegründet 1924
- der Rundfunk-Kinderchor Leipzig
- der Chor der Kampfgruppe des Staatlichen Rundfunkkomitees der DDR
Produktionszahlen
Jahr 1965 1970 1975 1980 1985 1988 1989 Sendestunden Wort 32.217 36.866 32.479 35.435 38.221 46.033 48.428 Sendestunden Musik 31.499 31.131 29.706 31.583 33.804 48.112 48.953 Sendestunden Gesamt 63.716 67.997 62.185 67.018 72.025 94.145 97.381 Durchschn./Woche 1.222 1.304 1.193 1.282 1.381 1.800 1.868 Rundfunk der Sowjetunion
Die Sowjetunion strahlte für die in der DDR stationierten Sowjettruppen auf der Langwellenfrequenz 261 Kilohertz (kHz) unter der Bezeichnung „Radio Wolga“ ein russischsprachiges Programm aus. Auf der Mittelwellenfrequenz 1323 kHz sendete der Auslandsdienst. Genutzt wurden Sendeeinrichtungen, die auch vom Rundfunk der DDR mitbenutzt wurden und wie diese von der Deutschen Post betrieben wurden, in Burg (Langwelle) und Wiederau (Mittelwelle).
Über ein Netz von Kleinsendern wurde auch das erste Programm des sowjetischen Fernsehens an den Militärstandorten ausgestrahlt. Deren Reichweiten waren begrenzt, ähnlich wie bei AFN- und SSVC-TV in der Bundesrepublik. Die Sender wurden 1994 abgeschaltet.
Ab Januar 1989 wurde für den Auslandsdienst der Hochleistungssender in Wachenbrunn benutzt. Der Sender „Radio Wolga“ wurde nach dem Abzug der Sowjettruppen abgeschaltet, die Langwellenfrequenz übernahm – bis zur Betriebseinstellung Anfang 2000 – Radioropa Info. Es ist geplant auf dieser Frequenz vom Standort Brehm bei Burg ein deutschsprachiges Programm von Europe 1 auf 261 kHz im Digital Radio Mondiale-Modus abzustrahlen. Der Hochleistungssender in Wachenbrunn, der heute Eigentum der Deutschen Telekom ist, wird weiterhin vom russischen Auslandsdienst zur Verbreitung seiner Programme im Mittelwellenbereich genutzt. Inzwischen gibt es noch einen zweiten, allerdings leistungsschwächeren Mittelwellensender in Zehlendorf bei Oranienburg.
Literatur
- Klaus Arnold, Christoph Classen (Hrsg.): Zwischen Pop und Propaganda. Radio in der DDR. Links, Berlin 2004, ISBN 3-86153-343-X.
- Sibylle Bolik: Das Hörspiel in der DDR. Lang, Frankfurt u.a. 1994, ISBN 3-631-46955-1.
- Patrick Conley: Features und Reportagen im Rundfunk der DDR. Tonträgerverzeichnis 1964–1991. 2. Auflage. Askylt, Berlin 1999, ISBN 3-9807372-0-9. (Digitalisat in der Google Buchsuche)
- Edward Larkey: Rotes Rockradio. Populäre Musik und die Kommerzialisierung des DDR-Rundfunks. Münster 2007, ISBN 978-3-8258-0163-2.
- Wolfgang Mühl-Benninghaus: Rundfunk in der SBZ/DDR. In: Rundfunkpolitik in Deutschland. Band 2. dtv, München 1999, ISBN 3-423-30714-5, S. 795–873.
- Ingrid Pietrzynski (Bearb.): Das Schriftgut des DDR-Hörfunks. Eine Bestandsübersicht. DRA, Potsdam-Babelsberg 2002, ISBN 3-926072-99-7.
- Ingrid Scheffler (Hrsg.): Literatur im DDR-Hörfunk. Günter Kunert – Bitterfelder Weg – Radio-Feature. UVK, Konstanz 2005, ISBN 3-89669-478-2.
Weblinks
- Deutsches Rundfunkarchiv Potsdam-Babelsberg
- Rundfunk der DDR (Link nicht mehr abrufbar)
- Rundfunküberleitungsgesetz (14. September 1990)
Einzelnachweise
- ↑ Artikel „Messewelle“ im RundfunkWiki (Link nicht mehr abrufbar), abgefragt am 3. Oktober 2009.
Rundfunk der DDRLeitung: Staatliches Komitee für Rundfunk
Programme (Inland): Radio DDR I | Radio DDR II | Berliner Rundfunk | Stimme der DDR | DT64
Programme (Ausland): Radio Berlin International
Frühere Programme (1971 zu Stimme der DDR vereinigt): Berliner Welle | Deutschlandsender
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