Totes-Meer-Kanal

Totes-Meer-Kanal

Der Totes-Meer-Kanal ist ein vorgeschlagenes Projekt zur Errichtung eines Kanals entweder vom Mittelmeer oder vom Roten Meer zum Toten Meer. Es soll einerseits durch das inzwischen mehr als 400 Meter große Gefälle zwischen den Meeren zur Stromgewinnung genutzt werden und andererseits das Absinken des Wasserpegels des Toten Meeres, derzeit etwa ein Meter pro Jahr, stoppen.

Inhaltsverzeichnis

Geschichte

Die Idee wurde 1902 von Theodor Herzl in seinem utopischen Roman Altneuland vorgestellt. Sie wurde während der 1970er und 1980er Jahre als Stromerzeugungsmöglichkeit wieder belebt, vor allem in einer Projektstudie von Wendt und Kelm (siehe unten) aus dem Jahr 1975. Es wurden verschiedene Trassen vorgeschlagen, eine davon war vom Mittelmeer über den Gazastreifen zum Toten Meer. Jedoch wurde die Idee zu diesem Zeitpunkt wegen finanzieller Bedenken nicht verwirklicht. In den 1990er Jahren wurde die Idee erneut aufgegriffen. Zusätzlich zur Trasse über den Gazastreifen wurden zwei weitere Alternativen erwogen, nämlich eine vom Roten Meer und eine vom Mittelmeer über den Norden Israels. Die Route vom Roten Meer wird zurzeit als die preiswerteste angesehen. Dieser Kanal wäre ca. 300 km lang und würde heute ca. 4 Mrd. Euro kosten.

Projektstudien

Wendt und Kelm

Zeichnung zur Projektstudie

Die Ingenieure Herbert Wendt und Wieland Kelm erstellten im Jahre 1975 zum ersten Mal eine umfassende Projektstudie, die die Depression des Toten Meeres für die Energieerzeugung beschrieb. Nach eingehenden Untersuchungen einigten sich die Ingenieure auf einen Verbindungsstollen in ost-westlicher Richtung, der das Mittelmeer mit dem Toten Meer verbindet.

Der Einlauf läge nach diesem Entwurf bei Aschdod, der Auslauf in einem weit nach Westen verlaufenden Taleinschnitt am Steilabfall des Toten Meeres. Diese Punkte markieren die kürzeste Verbindung der Meere und liegen abseits des tektonischen Grabens. Die vorgeschlagene Anlage gliedert sich in einen sieben Kilometer langen Freispiegelkanal, einen 65 Kilometer langen Druckstollen und ein drei Kilometer langes Speicherbecken. Das Hochdruckseewasserkraftwerk liegt in Kavernenbauweise am Steilabfall.

Der Durchmesser des Druckstollens sollte acht Meter betragen und nach der Verdunstungsrate des Toten Meeres bemessen sein. Freispiegelkanal und Speicherbecken reagieren nach dem Prinzip der kommunizierenden Gefäße. Im Speicherbecken liefe automatisch so viel Seewasser aus dem Mittelmeer nach, wie die Lastfälle des Seewasserkraftwerks es erfordern. Über den Ableitungsstollen würde der Wasserspiegel des Toten Meeres reguliert. Nach den Überlegungen des Jahres 1975 läge die Spitzenleistung bei 300 Megawatt.

Das künstlich gespeicherte Mittelmeerwasser könnte – bevor es in die Turbinen herabstürzt – als Kühlwasser / Betriebswasser zum Beispiel für ein thermisches Kraftwerk verwendet werden. Mit der Abwärme ließe sich eine Meerwasserentsalzungsanlage betreiben. Die Randprobleme werden unter anderen Möglichkeiten in der Studie angedeutet. Nach dem vorliegenden Grobnetzplan würde der Druckstollenvortrieb sechs Jahre und das gesamte Projekt unter Berücksichtigung der einzelnen Planungsstufen, der Konstruktion und Bauausführung zwölf Jahre dauern. Es handelt sich um ein Milliardenprojekt von wirtschaftlicher, technischer und ökologischer Bedeutung.

Zweimeereskanal

Am 9. Mai 2005 schlossen Jordanien, Israel und die Palästinensische Autonomiebehörde einen Vertrag, der die Durchführbarkeit überprüfen soll. In diesem Vertrag wird das Projekt der Zweimeereskanal genannt. Vorgesehen ist die Gewinnung von 870 Millionen m³ Süßwasser pro Jahr und Erzeugung von 550 Megawatt Strom. Die Weltbank unterstützt das Projekt.

Wissenschaftliche Studien warnen jedoch vor den Risiken dieses Vorhabens. Zum einen sehen sie die Korallenriffe im Golf von Aqaba, wo das Pipeline-Wasser angesaugt werden soll, in Gefahr. Zum anderen könne es zu einer großflächigen Gipsbildung kommen, wenn sich das sulfatreiche Rote-Meer-Wasser mit dem kalziumhaltigen Wasser des Toten Meeres mische. In der Geschichte des Toten Meeres kam es bereits mehrmals zu größeren natürlichen Gipsausfällungen. Von seiten der Kanalplaner müssten demnach technische Gegenmaßnahmen wie spezielle Mischungsbecken eingeplant werden, zumal da eine großflächige Gipsbildung eine stärkere Reflexion des Sonnenlichts bewirken könne, was zu geringerer Verdunstung und damit zu geringerer Effizienz des geplanten Wasserkraftwerks führen würde, da die einzuleitende Wassermenge direkt von der Verdunstungsmenge abhängig ist. Des Weiteren bestehen Bedenken, dass Lecks im Kanal zur Verunreinigung auf der Route liegender fossiler Grundwasservorkommen mit Salzwasser führen könnten.

Pipeline-Lösung

Im Jahr 2002 wurde in Israel der Bau einer Pipeline vom Roten Meer erwogen.

Literatur

  • B. N. Asmar: The Science and Politics of the Dead Sea: Red Sea Canal or Pipeline. In: The Journal of Environment Development. Thousand Oaks Ca 12.2003, S.325–339. ISSN 1070-4965
  • B. N. Asmar, Peter Ergenzinger: Prediction of the Dead Sea dynamic behaviour with the Dead Sea-Red Sea Canal. In: Advances in Water Resources. Oxford 25.2002,7 (July), S.783–791. ISSN 0309-1708
  • Itai Gavrieli, Amos Bein, Aharon Oren: The Expected Impact of the Peace Conduit Project (The Red Sea-Dead Sea Pipeline) on the Dead Sea. In: Mitigation and Adaptation Strategies for Global Change. Dordrecht 10.2005, S.3–22. ISSN 1381-2386
  • Herbert Wendt, Wieland Kelm: Depressionskraftwerk am Toten Meer – Eine Projektstudie. In: Wasserwirtschaft. Vieweg, Wiesbaden 65.1975,3. ISSN 0043-0978

Weblinks


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