Trierer Wallfahrt von 1844

Trierer Wallfahrt von 1844

Die Trierer Wallfahrt von 1844 war ein religiöses Großereignis des 19. Jahrhunderts und eine katholische Glaubensdemonstration.

A.G. Graf von Lasinsky 1847: Wallfahrt zur Ausstellung des Heiligen Rocks in Trier 1844. Die Pilger vor Trier kommen aus dem Maifeld und der Untermosel, erkennbar an der Tracht der Frauen, besonders hier am Tugendpfeil im Haarknoten. Er wurde vornehmlich in der Osteifel und im Raum Koblenz getragen.

Mit der Thronbesteigung Friedrich Wilhelm IV. vollzog sich in Preußen eine Änderung im Kurs der Religionspolitik. Die katholische Kirche erreichte mit den Vereinbarungen vom September 1844 bedeutende Freiheiten, für die sie jahrelang gekämpft hatte. Die neu eingerichtete „Katholische Abteilung“, die mit katholischen Beamten besetzt war, ermöglichte im Verhältnis von Kirche und Staat eine sachliche Zusammenarbeit. Die Teilnahme des Königs am Kölner Dombau-Fest war äußerer Ausdruck des veränderten Klimas.

Ein weiterer äußerer Beweis der veränderten Bewusstseinslage war die große Pilgerfahrt nach Trier zum Heiligen Rock im Jahre 1844. Sie knüpfte an alte Traditionen des Wallfahrtwesens an, das in der Zeit der Aufklärung sowohl von staatlicher als auch von kirchlicher Seite Einschränkungen erfahren hatte. Die Veranstaltung galt als größte Massenbewegung des deutschen Vormärz. Eine halbe Million Pilger wurden in bemerkenswerter Disziplin nach Trier und an dem Exponat vorbei geleitet. Verehrt wurde im „Heiligen Rock“ das Kleidungsstück, das nach Mat. 27,35 bei der Kreuzigung Christi verlost und nach der Legende von Kaiserin Helena (257-330 n.C.) als Reliquie nach Trier gebracht wurde.

Der Trierer Bischof Wilhelm Arnoldi (1798-1864) hatte gegen alle Bedenken die Wallfahrt angeordnet, um die kirchliche Erneuerungsbewegung zu unterstützen und dem Geist des Rationalismus entgegenzuarbeiten. Arnoldi hatte jahrelang die Freiheit der Bischofswahl gegen die preußische Regierung streitbar verteidigt; die behördliche Genehmigung der Wallfahrt war nur unter den veränderten Verhältnissen möglich.

Der überwiegende Teil der Wallfahrer kam aus dem Bistum Trier, viele auch aus den ehemals kurtrierischen Gebieten der Bistümer Limburg, Luxemburg, Metz und Nancy sowie den Nachbarbistümern Köln und Speyer. Die Angehörigen der Unterschichten stellten den Hauptteil der Pilger: Bauern, in großer Zahl die durch die preußische Zollpolitik besonders bedrängten Moselwinzer, aber auch Handwerker und kleine Gewerbetreibende. Auffallend war auch der relativ hohe Anteil rheinischer und westfälischer Adliger.

Das Auftreten von Massen war typisch für das Erscheinungsbild des Vormärz, auch der religiöse Kult erhielt im Ganzen etwas Demonstratives. Massenfrömmigkeit trat in den Vordergrund, im Gegensatz zur Zeit der Aufklärung, die den Einzelnen in den Mittelpunkt gestellt hatte. Die Wallfahrt mit dem disziplinierten Auftreten der Massen zeigte, welch großen Einfluss die katholische Kirche im Zeichen der religiösen Erneuerung während der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts auf breite Unterschichten ausübte und wie sie das Kirchenvolk zu aktivieren verstand.


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