- Trierer Weinversteigerung
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Der Trierer Weinversteigerungsfall ist ein fiktiver juristischer Lehrbuchfall, mit dem angehenden Juristen in Deutschland seit mehr als 100 Jahren das Problem der Anfechtbarkeit einer Willenserklärung bei fehlendem Erklärungsbewusstsein vermittelt wird (das Zustandekommen eines Vertrages setzt gemäß §§ 145 ff. BGB voraus, dass zwei inhaltlich übereinstimmende Willenserklärungen von den beiden Vertragsparteien vorliegen).
Der Fall wurde von Hermann Isay in seinem Buch „Die Willenserklärung im Tatbestande des Rechtsgeschäfts“ von 1899 (s. dort S. 25) in die Diskussion gebracht. Isay war zur Zeit der Abfassung seines Buches Rechtsreferendar in Trier.
Inhaltsverzeichnis
Fall
Der ortsunkundige A besucht eine Weinversteigerung in Trier. Als er den befreundeten B entdeckt, winkt er ihm zu. Der Auktionator erteilt dem A daraufhin den Zuschlag für den aktuellen Posten und verlangt von A Zahlung des Gebots.
Lösung
Die Lösung des Falls hängt davon ab, ob A einen Kaufvertrag über die Flasche Wein abgeschlossen hat. Hat er das, steht dem Auktionator der Anspruch zu.
Ein Kaufvertrag wird auch bei einer Auktion durch Willenserklärungen geschlossen, weshalb es darauf ankommt, ob die Tatsache, dass A seine Hand gehoben hat, ohne sich dessen bewusst zu sein, dass der Auktionator denken könnte, er wollte die Flasche ersteigern, als wirksame Willenserklärung anzusehen ist.
Dem A fehlt hier der sogenannte * Erklärungswille: Er war sich nicht bewusst eine rechtlich erhebliche Erklärung abzugeben, vielmehr wollte er nur winken.
Die Lösung dieser Frage ist in der Rechtswissenschaft umstritten.
Nach der subjektiven Theorie kommt es allein darauf an, was der Erklärende gewollt hat. Ihr zufolge liegt in diesem Fall keine Willenserklärung vor.
Nach der herrschenden objektiven Theorie, für die der Gesichtspunkt der Rechtssicherheit ausschlaggebend ist, ist auf das äußere Verhalten abzustellen, selbst wenn es sich nicht mit der Vorstellung des Erklärenden deckt. Danach ist die Willenserklärung wirksam, aber analog § 119 BGB anfechtbar, der Anfechtende aber zum Schadensersatz gemäß § 122 BGB verpflichtet.
Die Rechtsprechung differenziert danach, ob der Erklärende erkennen konnte, dass seine Handlung als Willenserklärung verstanden werden musste. Der Bundesgerichtshof formuliert so:
- „Trotz fehlenden Erklärungsbewusstseins (Rechtsbindungswillens, Geschäftswillens) liegt eine Willenserklärung vor, wenn der Erklärende bei Anwendung der im Verkehr erforderlichen Sorgfalt hätte erkennen und vermeiden können, dass seine Äußerung nach Treu und Glauben und der Verkehrssitte als Willenserklärung aufgefasst werden durfte, und wenn der Empfänger sie auch tatsächlich so verstanden hat.“ (BGHZ 91, 324)
Da A im Fall der Trierer Weinversteigerung bei Anwendung der erforderlichen Sorgfalt sicherlich hätte erkennen können, dass man das Heben der Hand in der Auktion als Gebot auffassen wird, ist seine Willenserklärung wirksam, aber nach § 142, § 119, § 121, § 143 BGB anfechtbar. A kann sich damit zwar vom Vertrag lösen, muss aber den so genannten Vertrauensschaden ersetzen.
Siehe auch
Weblinks
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