USS Sea Shadow (IX-529)

USS Sea Shadow (IX-529)
Die Sea Shadow 1999 vor San Francisco
Die Sea Shadow 1999 vor San Francisco
Geschichte Flagge
Bestellung 22. Oktober 1982
Auslieferung 1. März 1985
Aus Schiffsregister gestrichen 22. August 2006
Verbleib Vorgesehen: Stiftung als Museum
Technische Daten
Verdrängung

563 Standard-Tonnen

Länge

49,99 m

Breite

20,73 m

Tiefgang

4,42 m

Besatzung

ca. 10

Antrieb

Dieselelektrisch, 2 Wellen

Geschwindigkeit

14 Knoten

Die Sea Shadow (IX-529) ist ein Versuchsschiff, das die United States Navy und die Defense Advanced Research Projects Agency (DARPA) in den 1980er Jahren unter strenger Geheimhaltung von Lockheed bauen ließ. Sie ist 50 Meter lang, unbewaffnet und besitzt einen SWATH-Rumpf. Sie gilt als das erste echte Tarnkappenschiff, und wurde zur Erforschung von Techniken zur Signalreduktion und Automatisierung gebaut und genutzt. So flossen auf der Sea Shadow erstmals eingesetzte Technologien in spätere Kriegsschiffklassen der US Navy ein.

1985 wurde die Sea Shadow an die Navy ausgeliefert, bereits 1986 aber wieder eingemottet. Erst mit der Reaktivierung 1993 wurde das Schiff der Öffentlichkeit gezeigt. Zwischen 1994 und 1999 wurde das Schiff ein zweites Mal stillgelegt, 2006 dann endgültig. Die Navy will die Sea Shadow als Museum stiften, wenn sich ein Betreiber findet.

Inhaltsverzeichnis

Geschichte

Planung und Bau

Die Sea Shadow wurde in einem Gemeinschaftsprojekt der DARPA, der US Navy und Lockheed entwickelt.

Die Idee dazu kam von Ben Rich, dem damaligen Direktor der Lockheed Advanced Development Projects Unit (Skunk Works), 1978. Als ein Mitarbeiter ein Foto eines Modells des Prototypen Have Blue der F-117 machen wollte, stellte der automatische Sucher nicht auf das Flugzeug scharf. Rich bemerkte, dass die Kamera die Schärfe über ein echolotähnliches Gerät einstellte, und dass die Form des Jägers die Schallwellen nicht zur Kamera zurückwarf. Skunk Works baute daraufhin ein Modell eines U-Boots, das von aktivem Sonar praktisch nicht zu erfassen war. Die Navy jedoch hatte kein Interesse an dieser Idee. Stattdessen erfuhr Rich von ersten Tests der Navy mit Schiffen im SWATH-Design, so dass er William Perry, Unterstaatssekretär im Verteidigungsministerium, zuständig für Forschung und Technik, bat, einen Kontrakt über eine Studie mit den Skunk Works abzuschließen. Dieser Vertrag, der letztlich zwischen Lockheed und der DARPA abgeschlossen wurde, erlaubte Lockheed die Konstruktion eines Modells eines Stealth-Schiffes. Dieses Modell wurde mit einem sowjetischen X-Band-Radar getestet, wie es die Seeaufklärer und die luftgestarteten Seezielflugkörper der sowjetischen Streitkräfte verwendeten. Über das Ergebnis der Tests ist nichts bekannt geworden. Die Navy stimmte schließlich dem Bau eines Prototyps zu, allerdings unter dem Vorbehalt, dass die Kosten für die Sea Shadow keine anderen Projekte gefährden durften. Das war für die Navy eine neue Vorgehensweise, da sie für gewöhnlich keine Testschiffe baut, sondern stattdessen das erste Schiff einer Klasse in Dienst stellt, und diesem bei Misserfolg keine weiteren Einheiten nachfolgen lässt.

Die Sea Shadow wurde schließlich am 22. Oktober 1982 bestellt. Der Bau des Schiffes begann 1983 oder 1984, die Auslieferung an die Navy erfolgte am 1. März 1985. Die Baukosten betrugen ca. 50 Millionen Dollar. Die Fertigung der benötigten Teile erfolgte modular von mehreren Herstellern, die Montage erfolgte innerhalb der Hughes Mining Barge, einer halb abtauchbaren Schute, die so als Trockendock dienen konnte.

Da die Sea Shadow niemals in den aktiven Dienst übernommen wurde, wurde der Präfix USS nicht an sie vergeben, sie ist jedoch im Naval Vessel Register verzeichnet, dem offiziellen Verzeichnis aller Schiffe der US Navy. Die Klassifizierung IX steht für Unclassified Miscellaneous Unit, zu deutsch etwa: Unklassifizierte sonstige Einheit.

Fahrten

Sea Shadow in der Bucht von San Diego

Die ersten Fahrten der Sea Shadow erfolgten in den Jahren 1985 und 1986 jeweils unter höchster Geheimhaltung. Daher fanden die Tests nur nachts in den Gewässern um Santa Cruz Island in Kalifornien statt. Tagsüber befand sich die Sea Shadow innerhalb der Hughes Mining Barge, wo sie vor Blicken verborgen war und gleichzeitig versorgt werden konnte. Diese Tests waren hocherfolgreich. So beschrieb Rich eine typische Nacht wie folgt:

„One typical night of testing, the Navy sub-hunter airplanes made fiftyseven passes at us and detected the ship only twice — both times at a mile-and-a-half distance, so that we would have shot them down easily long before they spotted us. Several times, we actually provided the exact location to the pilots and they still could not pick us up on their radar.“[1]

zu deutsch etwa:

"In einer normalen Testnacht machten die U-Jagd-Flugzeuge der Navy siebenundfünfzig Anflüge auf uns und entdeckten das Schiff nur zweimal – beide Male auf eine Distanz von eineinhalb Meilen (unter drei Kilometer), so dass wir sie problemlos abgeschossen hätten, bevor sie uns erfasst hätten. Mehrere Male gaben wir den Piloten unsere exakte Position bekannt, und sie konnten uns nicht mit ihrem Radar erfassen."

Nach zwei Jahren des Testens strich der Chief of Naval Operations, Admiral Thomas B. Hayward, 1986 das Programm schließlich, laut Rich aufgrund von Streichungen im Budget der Navy. Es hatte sich herausgestellt, dass Schiffsradare, die die Wellen der Wasseroberfläche abbildeten, die Umrisse des Schiffes deutlich als „wellenlose Oberfläche“ auf dem Radarschirm zeigten. Man war gezwungen, eine elektronische Struktur der umgebenden Wellen zu senden, was das Schiff aber wieder leichter elektronisch detektierbar machte.

Die Sea Shadow während der Fleet Week 2005 in San Diego

Erst 1993, am 11. April, wurden die Tests wieder aufgenommen. An diesem Tag wurde die Sea Shadow erstmals der Öffentlichkeit präsentiert, es wurden auch Fahrten bei Tageslicht durchgeführt. Ab März 1994 begannen vor der Küste von Südkalifornien Tests innerhalb von Kampfgruppen mit anderen Kriegsschiffen der US Navy. Dabei wurden hauptsächlich Tests der Elektronik durchgeführt, außerdem wurde vermehrt Standardausrüstung auf ihre militärische Tauglichkeit getestet. Ende 1994 wurden die Tests in der Bucht von San Francisco abgeschlossen, die Sea Shadow wurde zusammen mit der Hughes Mining Barge an die 32nd-Street-Pier in San Diego verlegt.

Anfang 1999 wurde die Sea Shadow ein drittes Mal aktiviert, um in einem ca. sechsjährigen Testprogramm Daten für die Entwicklung der Zerstörer der Zumwalt-Klasse zu sammeln. Sie operierte dabei von der ehemaligen Naval Air Station in Alameda. Die Tests fanden wiederum in den Gewässern um San Francisco statt. Das Schiff wurde während der gesamten Zeit von Lockheed betrieben, das eng mit dem Naval Sea Systems Command (NAVSEA) zusammenarbeitete.

Am 22. August 2006 wurde die Sea Shadow aus dem Naval Vessel Register gestrichen. Gegenwärtig liegt das Schiff in der Suisun Bay, San Francisco. Die Navy hat vor, es an eine Organisation zu stiften, die die Sea Shadow als Museumsschiff herrichtet und der Öffentlichkeit zugänglich macht.[2] Bis Ende 2008 wollte die Navy das Schiff zusammen mit der Hughes Mining Barge entweder abgegeben haben oder zur Verschrottung freigeben. Da sich jedoch kein Investor fand, verlängerte die Navy die Frist um ein weiteres Jahr. Derzeitiges Haupthindernis zur Übernahme in ein Schiffsmuseum ist offensichtlich das finanzielle Risiko, das ein potentieller Erwerber eingeht. Er muss der Marine glaubhaft nachweisen, dass er die finanziellen, technischen und ökologischen Herausforderungen erfüllen kann, die mit dem Betrieb eines Museumsschiffes verbunden sind.[3]

Technik

Brücke der Sea Shadow

Die Sea Shadow ist ein so genanntes SWATH-Schiff, dies steht für Small Waterplane Area Twin Hull. Dabei befinden sich an beiden Seiten des Schiffes unter der Wasseroberfläche je ein Auftriebskörper. Diese Auftriebskörper erstrecken sich über die gesamte Länge des Schiffes von ca. 50 Metern. Die Breite der Sea Shadow beträgt gut 21 Meter, der Tiefgang liegt bei unter fünf Metern. Die Verdrängung beträgt voll beladen gut 563 Standard-Tonnen, die Zuladekapazität liegt bei rund 64 Tonnen. Der Rumpf besteht aus Graphit-Verbundstoffen.

Das Schiff wird über ein dieselelektrisches System mit zwei sich gegenläufig zueinander bewegenden Schrauben angetrieben, die sich jeweils am Ende der Auftriebskörper befinden. Es werden keine konventionellen Ruder benötigt, die Sea Shadow wird über zwei Stabilisatoren am Heck und zwei Canard-ähnliche Ruder am Bug des Schiffes gesteuert. Das Schiff kann Geschwindigkeiten von bis zu 14 Knoten erreichen. Die SWATH-Konfiguration erlaubt außerdem Operationen in Bedingungen bis zu Seegang Stufe 5 (Grobe See), bei dem die Wellen bis zu sechs Meter hoch werden können.

Die Einrichtung der Sea Shadow ist recht spartanisch und nicht für lange Fahrten ausgelegt. An Bord befinden sich zwölf Kojen, ansonsten zusätzlich nur ein Mikrowellenherd und ein Kühlschrank sowie dazu ein Tisch mit Stühlen. Während die Höchstzahl an Mannschaftsmitgliedern, die je mit der Sea Shadow in See gestochen sind, bei 24 Mann liegt, beträgt die Standardcrewzahl lediglich acht. Dabei arbeiten zwei Teams zu je vier Mann in Schichten von sechs Stunden. Drei Mann haben feste Aufgaben auf der Brücke, während sich der vierte für sämtliche Aufgaben bereit hält, die an anderer Stelle an Bord anfallen. Dies ist jedoch nicht der Regelfall, da die Brücke hochgradig automatisiert ist. Alle Kommandos, auch die Bedienung von Ventilen oder das Umpumpen von Treibstoff, lassen sich von dort aus geben. Ähnliche Technologien wurden ab 1996 ins Smart Ship Project übernommen.

Da die Sea Shadow niemals für den aktiven Dienst vorgesehen war, besitzt sie weder eine Bewaffnung noch fortgeschrittene Elektronik. Lediglich ein Navigationsradar kann, ähnlich wie bei U-Booten, an einem Mast ausgefahren werden. Die Sea Shadow ist in der Lage, taktische Daten von anderen Schiffen in ihrer Kampfgruppe zu empfangen und zu verarbeiten. Dafür besitzt sie Geräte nach dem Link-11- und dem Link-16-Standard.

Forschungsgegenstand

Sea Shadow in ihrem Dock

Die Sea Shadow war das erste Schiff der Welt, das vollständig nach den Kriterien der Tarnkappentechnik entwickelt wurde. Dafür musste nicht nur der Radarquerschnitt (RCS für Radar Cross Section) möglichst niedrig gehalten werden, auch die abgegebene Infrarotstrahlung sowie die Lautstärke der Antriebsanlage mussten minimiert werden. Um den Radarquerschnitt zu senken, durften keine 90°-Winkel vorkommen, vor allem die Bordwand durfte nicht rechtwinklig zur Wasseroberfläche stehen, da dadurch das so genannte broadside flash (dt. etwa: Breitseiten-Echo) erzeugt wird. So basiert die Rumpfform auf Kenntnissen, die Lockheed beim Bau des Stealth-Bombers F-117 gesammelt hatte. Als Resultat aus den Tests mit der Sea Shadow erhielten neuere Schiffsklassen, beginnend mit der Arleigh-Burke-Klasse, geneigte Vertikalflächen an Rumpf, Aufbauten und Masten. Ein weiterer den RCS senkender Effekt ist das völlige Fehlen von aus dem Rumpf hervorstehenden Antennen oder Waffen sowie einer Reling, was jedoch auf Serienschiffen bisher nicht realisiert werden konnte. Die Schrauben und die Übergänge der Pontons wurden speziell darauf ausgerichtet, kein erfassbares Kielwasser zu hinterlassen. Das dieselelektrische Antriebssystem soll die Erfassung durch passives Sonar erschweren.

Die neue Zumwalt-Klasse wird neben den Stealth-Maßnahmen außerdem von den Testergebnissen der Automatisierung profitieren. Die Zerstörer werden nur mehr 140 Mann Besatzung benötigen, gegenüber mehr als 300 Mann auf Schiffen vergleichbarer Größe. Auch die San-Antonio-Klasse profitiert von den Forschungsergebnissen.

Die Steuereinrichtungen, die an Bord der Sea Shadow erprobt wurden, fanden Einsatz in der neusten Generation von einsatzreifen SWATH-Schiffen der US Navy, den Aufklärungseinheiten der Victorious-Klasse und der Impeccable-Klasse.

John Douglas Charlton, ein pensionierter Lockheed-Ingenieur, wurde 1995 verhaftet, weil er einem als französischen Regierungsbeamten getarnten FBI-Agenten unter anderem Geheimpapiere über die Sea Shadow zum Kauf anbot. Er wurde zu zwei Jahren Haft in einem Bundesgefängnis verurteilt, nachdem er sich schuldig bekannt hatte.[4]

Literatur

  • Ben R. Rich and Leo Janos: Skunk Works, Boston: Little, Brown and Company, ISBN 0316743305.

Weblinks

Einzelnachweise

  1. Rich et al 1994, Seite 274
  2. Eintrag im NVR (engl.)
  3. SPIEGEL-online: US-MARINE - Tarnkappen-Schiff zu verschenken Abgerufen am 25. Februar 2009
  4. Kurzbericht auf den Seiten der Texas A&M University (engl.)

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