Ultramarin

Ultramarin
Ultramarin
(Farbcode: #120A8F)

Ultramarin (lat. ultramarinus für "überseeisch; über das Meer") ist eine Sammelbezeichnung für anorganische Pigmente unterschiedlicher Farbe, aber verwandter chemischer Struktur. Sie sind sehr lichtecht. Die Mineralien wurden früher „über das Meer“ nach Europa importiert, daher der Name. Besonders wichtig war das Pigment „Ultramarinblau“. Häufig wird der Begriff „Ultramarinblau“ (fälschlich) mit „Ultramarin“ gleichgesetzt. Abweichend handelt es sich bei Ultramarin yellow um einen anderen Namen für das gelbe Salz Bariumchromat, das auch als Pigment eingesetzt wird.

Inhaltsverzeichnis

Ultramarinblau

Natürliches Ultramarinblau
Natürliches Ultramarinblau als Farbe auf Papier
Synthetisches Ultramarinblau
Synthetisches Ultramarinviolett
Das Jüngste Gericht, aus dem Stundenbuch des Herzogs von Berry, 1412-1416
Deckblatt des 1. Reichspatents

Die Farbvalenz ultramarinblau ist jenes Blau, das am kurzwelligen Ende des Farbspektrums zu sehen ist.

Das Pigment Ultramarinblau ist auch bekannt als: Universalblau, Königsblau, Lasurblau und Pfaublau.

Ultramarinblau war sehr wichtig und kostbar. In der Natur ist „flüchtiges“ Blau häufig zu sehen, etwa in Form des blauen Himmels oder des blau schimmernden Wassers. In der Malerei spielt es dadurch eine große Rolle, ein beständiges und werkstofftaugliches blaues Farbmittel ist in der Natur selten. Natürliche Substanzen mit reinem Blauton ohne Violettstich wie beim Blaukraut oder der Heidelbeere und ohne Grünstich wie beim Grünspan sind selten.

RAL-Farbsystem

Im RAL-Farbsystem ist Ultramarinblau als Farbe RAL 5002 definiert. Heute ist es die Farbe des Technischen Hilfswerks und ganz allgemein die Signalfarbe für Hinweise und Schutzpflicht nach DIN 4844.

Natürliches Ultramarinblau

Natürliches Ultramarin ist ein Pigment, das aus dem Halbedelstein Lapislazuli gewonnen wird. Das Mineral Lasurit im Gestein Lapislazuli ist ein komplexes schwefelhaltiges Aluminiumsilikat, dieses besitzt die blaue Farbe. Das Gestein ist nur an einer einzigen Fundstelle im Norden Afghanistans in herausragender Qualität - also mit hohem Lasuritanteil - zu finden. Dieser überaus wertvolle Rohstoff kam über See nach Zentraleuropa, darauf geht die Bezeichnung für das aus gemahlenem Lapislazuli mit verschiedenen Reinigungsverfahren hergestellte, besonders lichtechte blaue Farbpigment zurück: ultramarinus (lat.) für „überseeisch“.

Synthetisches Ultramarin

Die Herstellung von künstlichem Ultramarin-Pigment war lange ein sehr komplizierter, aber gewinnbringender Prozess. Ein französischer Ausschuss setzte im Jahre 1824 einen hohen Preis für denjenigen aus, der ein Verfahren zur künstlichen Herstellung von Ultramarinblau entwickeln könnte.

1828 gelang dem Franzosen Jean-Baptiste Guimet die künstliche Herstellung, sein Verfahren wurde jedoch nicht veröffentlicht.

Gleichzeitig mit Guimet entwickelte Professor Gmelin in Tübingen ein Verfahren, das er veröffentlichte.

Im Jahr 1828 erfand Friedrich August Köttig das Meißner Lasursteinblau, eine Variante des künstlichen Ultramarins. Dieses Herstellungsverfahren erlangte 1829 Fabrikationsreife.

1834 gründete Carl Leverkus die erste deutsche Fabrik zur Herstellung künstlichen Ultramarins. 1845 gelang Wilhelm Büchner die Entwicklung einer erheblich vereinfachten Produktionsweise, die zur Gründung seiner Ultramarinfabrik in Pfungstadt führte.

1836 begann Johannes Zeltner aus unternehmerischen Interesse, das von Thomas Leykauf und Friedrich Wilhelm Heyne (1804 – 1885) entwickelte Verfahren zur Erzeugung von Ultramarin[1] zu fördern. 1838 errichtete er an der heutigen Zeltnerstraße in Nürnberg die erste Ultramarinfabrik in Bayern, die Nürnberger Ultramarinfabrik. Zeltner meldete am 2. Juli 1877 sein Verfahren zur Herstellung einer rothen Ultramarinfarbe zum Patent an. Dies war überhaupt das erste Patent in Deutschland[2].

Herstellung

Folgende Rohmaterialien werden für die Herstellung von synthetischem, reinblauem Ultramarin eingesetzt:

  1. Eisen-freies Kaolin (Al2O3 · 2SiO2 · 2H2O), oder ein anderes reines Tonmineral; bei letzterem sollte aber für ein gutes Resultat das Verhältnis von Kieselsäure (SiO2) zu Aluminiumoxid (Al2O3) dem von Kaolin möglichst gleichen;
  2. kalziniertes (wasserfreies) Natriumsulfat (Na2SO4);
  3. kalziniertes Natriumkarbonat (Waschsoda) (Na2CO3);
  4. Schwefel (pulverisiert) und
  5. Aktivkohlepulver oder Kohle mit einem sehr geringen Ascheanteil, oder Kolophonium.

Kieselsäurearmes Ultramarin

erhält man durch die Vereinigung eines Gemisches aus weichem Ton, Glaubersalz (Natriumsulfat), Aktivkohle, Soda und Schwefel. Das Produkt ist zunächst weiß, die Farbe schlägt aber rasch nach grün um (Grünes Ultramarin), wenn es nach Zugabe des Schwefels erhitzt wird. Das Gemisch entzündet sich und nach dem Ausbrennen erhält man das gewünschte blaue Pigment.

Kieselsäurereiches Ultramarin

erhält man im Allgemeinen durch das Erhitzen einer Mischung aus reinem Ton(mineral), sehr feinem weißem Sand, Schwefel und Aktivkohle in einem Muffelofen. Man erhält alsbald ein blaues Produkt, welches jedoch häufig auch einen rötlichen Farbton aufweist. Die verschiedenen Ultramarine – blau, grün, rot bzw. violett (Ultramarinviolett) – werden fein gemahlen und mit Wasser ausgewaschen.

Einteilung

Der Colour Index führt[3]

  • Ultramarinblau als Pigment Blue 29,
  • Ultramaringrün als Pigment Green 16,
  • Ultramarinrot als Pigment Red 259 und
  • Ultramarinviolett als Pigment Violet 15.

Chemische Struktur und die Farbe

Synthetische und natürliche Ultramarine - unabhängig von ihrer Farbe - basieren auf der sehr ähnlichem chemischen Struktur des farblosen Sodalith-Minerals. Dieses Mineral gehört zu den Clathraten, die über ein System von sehr kleinen Hohlräumen (Käfigen) verfügen. Bei Sodalith sind die Hohlräume so klein, dass nur wenige Atome in diese Käfige passen. Die Gitterstruktur wird von Aluminium-, Silizium- und Sauerstoffatomen gebildet und enthält Natriumionen, die die Kanäle „verstopfen“.

Bei den Ultramarinen enthalten die Hohlräume einfach negativ geladene Polysulfidionen. Diese „eingesperrten“ Ionen verhalten sich anders als der normale, freie Schwefel. Sie absorbieren das Licht bestimmter Energie, dies entspricht einer bestimmten Wellenlänge. Sie bilden ein Farbzentrum. Fällt weißes Licht, wie etwa Sonnenlicht auf das Pigment, so fehlt nach der Reflexion durch das Pigment der absorbierte Anteil des Lichts. Der Mensch empfindet nun eine Farbe.

Der Farbton des Pigments hängt von der jeweiligen Struktur und Anzahl der „eingesperrten“ Polysulfidionen ab, im Einzelnen sind es Polysulfid-Radikalionen, das gelbgrüne S2-, das blaue S3- und das rote S4-).

Die Besonderheit dieser Ultramarinpigmente ist ihre hohe Farbstabilität. Die freien einfach negativen Polysulfide sind an sich nicht stabil, werden aber durch die „Sodalith-Käfige“ vor chemischem Angriff insbesondere durch Sauerstoff geschützt. Die „Farbzentren“ bleiben dadurch erhalten. Der physikalische Vorgang der Absorption beruht auf Elektronenvorgängen, die hier ohne Einfluss auf die anorganische Matrix sind.

Weitere Fakten

  • Die Verwendung von Ultramarin kann in Pompeji nicht nachgewiesen werden, was dafür spricht, dass es zu dieser Zeit nicht bekannt war.
  • Ultramarin war ein wichtiges Pigment in der historischen Buchmalerei des Mittelalters.
  • Wilhelm Büchner gelingt um 1841 eine Vereinfachung in der Produktion künstlichen Ultramarins, was er gegenüber seiner Mutter mit Da haben wir die Million! kommentiert haben soll.
  • Ultramarin findet Verwendung in der Zeugdruckerei.
  • Bei der Verwendung in Ölfarben ist insbesondere bei Ultramarin, aber auch Erdfarben und Zinkweiß die Anwendung von Sikkativen, also Trocknungsbeschleunigern geboten.
  • Bei Ultramarin – ebenso wie bei Zinnober und Auripigment – handelt es sich um ein sulfidhaltiges Pigment, das mit Bleiweiß nicht verträglich ist. So kommt es in Aquarellen zur Bildung von tiefschwarzem Bleisulfid und mithin zur Verschwärzung.
  • „Ultramarin“ ist der Titel einer Erzählung von Malcolm Lowry.
  • Die Flagge von Barbados hat die Farben Ultramarinblau, Goldgelb und Ultramarinblau.
  • Der Maler und Performance-Künstler Yves Klein hat 1957 sein International Klein Blue (IKB), sein besonderes „Ultramarin-Blau“, patentieren lassen.
  • Die Fahrzeuge und Uniformen des Technischen Hilfswerks sind ultramarinblau.

Weblinks

Einzelnachweise

  1. Friedrich Wilhelm Heyne: Abhandlung über die chemisch-technische Bereitung von Ultramarin-Farben nach der Erfindung von Leykauf und Heyne oder über die Wichtigkeit der Blau- und Grün-Ultramarinfabrikation für Wissenschaft, Kunst und Gewerbe. Campe, Nürnberg 1840. Digitalisierte Ausgabe der Universitäts- und Landesbibliothek Düsseldorf
  2. Pressedienst des Deutschen Patent- und Markenamts: 125 Jahre Deutsches Patent- und Markenamt
  3. Römpp CD 2006, Georg Thieme Verlag 2006

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