- Umgangspflicht
-
Umgangsrecht ist ein Begriff des Familienrechts. Er beschreibt den Anspruch auf Umgang eines minderjährigen Kindes mit seinen Eltern und jedes Elternteils mit dem Kind, in besonders gelagerten Fällen auch das Recht Dritter auf Umgang mit dem Kind beziehungsweise des Kindes mit Dritten.
Inhaltsverzeichnis
Die Rechtslage in Deutschland
Das Umgangsrecht ist in Deutschland im Zusammenhang mit der elterlichen Sorge im BGB geregelt; seine Durchsetzung erfolgt in einem Verfahren der freiwilligen Gerichtsbarkeit vor dem Familiengericht.
Zum Anspruch auf Beratung und Unterstützung durch das Jugendamt hinsichtlich der Ausübung des Umgangsrecht: § 18 Abs. 3 SGB VIII
Umgang zwischen Kind und Eltern
Im Verhältnis zwischen Kindern und Eltern erlangt das Umgangsrecht praktische Bedeutung dann, wenn die Eltern voneinander getrennt leben und/oder das Kind weder bei der Mutter noch beim Vater lebt.
Ausgangspunkt der Regelung ist der in § 1626 Abs. 3 BGB ausdrücklich niedergelegte Grundgedanke, dass das Kind zu seiner ungestörten Entwicklung des regelmäßigen Umgangs mit beiden Elternteilen bedarf. Diese allgemeine Regelung führt zu der konkreten Normierung eines Umgangsrechts in § 1684 Abs. 1 BGB: Das Kind hat das Recht auf Umgang mit jedem Elternteil; jeder Elternteil ist zum Umgang mit dem Kind verpflichtet und berechtigt.
Im Falle der Trennung der Eltern folgt aus dieser expliziten Regelung die Pflicht desjenigen Elternteils, bei dem das Kind seinen gewöhnlichen Aufenthalt hat, den Umgang mit dem anderen Elternteil zu ermöglichen und jede Störung zu unterlassen. Umgekehrt hat der andere Elternteil nicht nur das Recht auf Umgang, sondern auch eine Pflicht hierzu. Mit der Novelle des Kindschaftsrechts von 1998 wurde im BGB die Pflicht, die zuvor an zweiter Stelle stand, dem Recht vorangestellt.
Das Umgangsrecht des nicht mit dem Kind zusammen wohnenden Elternteils
Soweit der umgangsberechtigte Elternteil sein Umgangsrecht wahrnehmen möchte, kann er, falls es über die Ausgestaltung des Umgangs zu keiner Einigung zwischen den Eltern kommt, das Familiengericht anrufen, das den Umgang verbindlich zu regeln hat.
Die konkrete Ausgestaltung der Umgangsregelung ist nach den Umständen des Einzelfalles unter Abwägung der konkreten Verhältnisse vorzunehmen. Maßstab für die Findung der konkreten Umgangsregelung ist, wie bei allen Streitigkeiten in Fragen des elterlichen Sorgerechts, das Kindeswohl. Hieraus folgt auch, dass es in Ausnahmefällen möglich ist, den Umgang eines Elternteils mit dem Kinde gänzlich zu unterbinden, wenn das Wohl des Kindes dies gebietet (Fälle der Misshandlung o.ä.).
Gerichtliches Verfahren
Im gerichtlichen Verfahren sind zu hören:
- das Kind (§ 50b FGG); ggf. ist ein Verfahrenspfleger (Anwalt des Kindes) gem. § 50 FGG zu bestellen;
- die Eltern (§ 50a FGG)
- die Pflegeperson, wenn das Kind dort seit längerer Zeit lebt (§ 50c FGG)
- das Jugendamt (§ 49a FGG).
Häufige Gerichtspraxis ist, dass das Kind jedes zweite Wochenende bei demjenigen Elternteil verbringen sollte, bei dem es nicht lebt, und mit diesem in den Schulferien einen längeren Zeitraum gemeinsam verbringen soll. Bei sehr jungen Kindern kann aber ein Abweichen von dieser Regelung geboten sein, ebenso dann, wenn die Eltern in großer räumlicher Entfernung voneinander leben.
Kosten des Umgangsrechtes
Der Umgang hat in der Regel ausschließlich auf Kosten des umgangsberechtigten Elternteils zu erfolgen. Allerdings ist der jeweils andere Elternteil verpflichtet, auf die Vermögenslage des umgangsberechtigten Elternteils Rücksicht zu nehmen. Andernfalls droht ein zivilrechtlicher Schadensersatzanspruch aus positiver Vertragsverletzung. Darüber hinaus ist es Aufgabe des Familiengerichtes, insbesondere die sich aus Art. 6 GG ergebenden Rechte beider Elternteile in Übereinstimmung zu bringen. Hieraus kann für den Elternteil, bei dem das Kind ständig lebt, die Pflicht abgeleitet werden, sich an den Kosten für den Umgang in angemessener Weise (z.B. das Kind zum Bahnhof zu bringen, vgl. Bundesverfassungsgericht, 1 BvR 2029/00) zu beteiligen.
Die fehlende Bereitschaft eines Elternteils, die Bindung des Kindes an den anderen Elternteil zu akzeptieren, stellt ein Defizit dar, welches die Erziehungsfähigkeit des Betroffenen in Frage stellen kann. Sind beide Elternteile zur Übernahme der elterlichen Sorge bereit und in der Lage und besteht lediglich bei einem Elternteil die Tendenz, das Umgangsrecht zu beeinträchtigen, kann dies zu einer ihm ungünstigen Sorgerechtsregelung Anlass geben.
Das Umgangsrecht des Kindes
Erheblich seltener und noch nicht geklärt ist die Frage nach der Durchsetzung des Rechts des Kindes auf Umgang mit dem anderen Elternteil, wenn dieser sich seiner Elternrolle entziehen will, also zu einem regelmäßigen Umgang mit dem Kind nicht bereit ist.
Zwar ist der Anspruch des Kindes nach dem Wortlaut des § 1684 Abs. 1 BGB nicht zweifelhaft, seine Durchsetzbarkeit wird indes mit gewichtigen Argumenten bestritten. Auch hier wäre die konkrete Ausgestaltung der Umgangsregelung nach den objektiven Bedürfnissen des Kindes zu finden. Ob der Umgang mit einem unwilligen Elternteil tatsächlich im Interesse des Kindes liegt, ist jedoch zweifelhaft. Eine unregelmäßige und vor allem unzuverlässige Ausübung des Umgangsrechts durch einen Elternteil kann für das Kind mit erheblichen Enttäuschungen verbunden sein, die unter Umständen größeren Schaden anrichten als ihn eine Einstellung des Umgangs mit sich bringt.
Zweifelhaft ist weiterhin, ob der Umgang gegen den umgangspflichtigen Elternteil durch Verhängung von Zwangsgeld erzwungen werden kann. Das Oberlandesgericht Nürnberg hat die Möglichkeit einer gerichtlichen Erzwingung des Umgangsanspruchs verneint, während die Oberlandesgerichte Köln und Celle die Möglichkeit eines familiengerichtlichen Verfahrens zur Durchsetzung des Umgangsrechts des Kindes gegen die Eltern bejaht haben. Das Bundesverfassungsgericht entschied am 1. April 2008, dass ein Umgang nicht durch Zwangsgeld erzwungen werden kann. [1]
Umgang zwischen Dritten und dem Kind
Eine Ausdehnung des Umgangsrechts auf Dritte ist nur eingeschränkt möglich. § 1685 BGB sieht ein Recht auf Umgang mit dem Kind für Großeltern, Geschwister, den Ehegatten oder frühere Ehegatten eines Elternteils sowie den Lebenspartner oder früheren Lebenspartner eines Elternteils vor, wenn diese mit dem Kind längere Zeit in häuslicher Gemeinschaft gelebt haben, ferner für Personen, bei denen das Kind in Familienpflege war. Allerdings gewährt § 1685 Abs. 1 BGB ein Umgangsrecht nur, wenn dies dem Wohl des Kindes dient.
Da eine § 1626 Abs. 3 BGB vergleichbare Vorschrift für die in § 1685 BGB genannten Personen fehlt, geht der Gesetzgeber nicht davon aus, dass der Umgang mit Großeltern etc. ohne weiteres in dem gleichen Maße im Interesse des Kindes liegt, wie dies bei den Eltern eines Kindes der Fall ist, sondern verlangt die Feststellung der positiven Wirkung des Umgangs im Einzelfall.
In der Praxis erfolgt der Umgang mit den jeweiligen Großeltern über von den Eltern vermittelte Besuche und sonstige Kontakte. Gegen den Willen der Eltern hingegen wird ein Umgang nur dann zu erzwingen sein, wenn das Kind über einen längeren Zeitraum intensiven Umgang mit dem Betroffenen gehabt hat und sein Wille, diesen beizubehalten, so ausgeprägt ist, dass er den mit einer erzwungenen Umgangsregelung einhergehenden Spannungen standhält.
Eine Verpflichtung der in § 1685 BGB genannten Personen zum Umgang mit dem Kind ist dem deutschen Recht fremd.
Begleiteter Umgang
Bei gestörter Kommunikation zwischen den getrennt lebenden oder geschiedenen Eltern kann das Familiengericht einen betreuten Umgang (jetzt überwiegend "Begleiteter Umgang" genannt) anordnen. Das betroffene Kind trifft dann den Elternteil, bei dem es nicht lebt, unter Aufsicht von Fachkräften in einer geeigneten Einrichtung. Hierfür hat eine Fachkommission im Auftrag des Bundesfamilienministeriums fachliche Standards entwickelt, die als Empfehlungen für die Praxis im Sommer 2007 verabschiedet und anschließend veröffentlicht wurden.
Siehe auch
Literatur
- Deutsche Standards zum begleiteten Umgang - Empfehlungen für die Praxis (BMFSFJ-Projekt - Entwicklung von Interventionsansätzen im Scheidungsgeschehen: Beaufsichtigter und begleiteter Umgang § 1684 Abs. 4 BGB). Erarbeitet im Auftrag des Bundesministeriums für Familie, Senioren, Frauen und Jugend durch das Staatsinstitut für Frühpädagogik. Projektleitung und Gesamtverantwortung: Prof. Dr. Dr. Dr. Wassilios E. Fthenakis. Schriftleitung: Eva Reichert-Garschhammer. München 2008. ISBN 978-3-406-56941-8
- Begleiteter Umgang von Kindern - Ein Praxishandbuch. Herausgegeben von Prof. Dr. Dr. Wassilios E. Fthenakis, Staatsinstitut für Frühpädagogik, München. Autoren: P. S. Dietrich, J. Fichtner, W. E. Fthenakis, M. Gödde, W. Griebel, U. Hermann und W. Walbiner. München 2008. ISBN 978-3-406-56668-4
Weblinks
- www.elternimnetz.de Informationen zum Umgangsrecht
- soziologie.uni-mainz.de Studie zu den Auswirkungen des neuen Umgangsrechts von 1998
Bitte beachte den Hinweis zu Rechtsthemen!
Wikimedia Foundation.