Ungleiche Söhne

Ungleiche Söhne
Einzug nach Jerusalem auf einer Eselin

Das dem matthäischen Sondergut zuzurechnende Gleichnis von den ungleichen Söhnen wird im Matthäus-Evangelium, Kapitel 21,28–32 EU erzählt.

Inhaltsverzeichnis

Vorgeschichte

Jesus war über Betfage auf einer Eselin reitend (Sach 9,9 EU) mit seinen Jüngern nach Jerusalem eingezogen (Mt 21,1-10 EU). Er vertrieb Geldwechsler und Händlern aus dem Tempelbezirk. Danach kamen Lahme und Kranke zu ihm in den Tempelvorhof, die er heilte; Kinder gesellten sich singend dazu (Mt 21,12-16 EU). Am Abend zog er sich nach Bethanien zurück. Am nächsten Tag verfluchte er den Feigenbaum, der alsbald verdorrte (Mt 21,18-22 EU). Hohepriesterliche Pharisäer und Älteste stellten ihm die Vollmachtfrage nach seinem Tun. Er beantwortete die Frage nicht, sondern stellte eine Gegenfrage, die wiederum nicht beantwortet wird (Mt 21,23-27 EU).

Das Gleichnis

Das Gleichnis wird mit der offenen Frage: „Was meint ihr?“, eingeleitet. Nun erzählte Jesus ein Gleichnis. Ein Mann hatte zwei Kinder. Er bittet beide, im Weinberg zu arbeiten. Der erste Junge bejaht noch einigermaßen ehrfurchtsvoll die Frage des Vaters, geht aber nicht. Er sagt zum zweiten Sohn dasselbe. Dieser will nicht, später reute es ihn und er ging doch noch in den Weinberg. Beide Verhaltensweisen kannten die anwesenden Hörer. Jesus fragt nun die anwesenden Priester und Ältesten, welcher von beiden Kindern den Willen des Vaters erfüllt habe. Alle Zuhörer antworten gleich – der Zweite, der Neinsager, der später bereut und den Willen des Vaters tut.

Deutungen

Jesus bedient sich einer für arme Familien typischen Situation: Kinder müssen sehr früh, manchmal ab dem 6. Lebensjahr[1] zum Unterhalt beitragen. Die Kinder sollen in einem Weinberg arbeiten. Der Vater im Gleichnis tadelt zwar nicht, seine Sympathie und die der Hörer gehört aber dem zweiten Kind, das sich zunächst weigert und dann doch arbeitet. In dieser Rolle sieht Jesus jenen Teil der religiösen Oberschicht, die er zu gewinnen sucht, die aber (noch) zu seinen Gegnern zählen. Sie sollen nun endlich dem Beispiel der Zöllner und Prostituierten folgen und der Gerechtigkeit trauen, deren Befolgung zum Königtum Gottes führt.[2]

Literatur

→ siehe auch die Abschnitte in den einschlägigen Kommentaren (v.a. Luz, Gnilka) und den Werken zu biblischen Gleichnissen

  • W. D. Davies, Dale C. Allison: A Critical and Exegetical Commentary on the Gospel According to Saint Matthew. Band 3: Commentary on Matthew XIX–XXVIII. T. & T. Clark, Edinburgh 1997, ISBN 0-567-08518-x, (The international critical commentary on the Holy scriptures of the Old and New Testaments).
  • François Genuyt: Matthieu 21. In: Sémiotique et bible 85, 1997, ISSN 0154-6902, S. 47–62.
  • Pierre Grelot: Les Paroles de Jésus Christ. Desclée, Paris 1986, ISBN 2-7189-0293-0, (Introduction a la Bible. Band 3: Nouveau Testament 7).
  • Arland J. Hultgren: The Parables of Jesus. A Commentary. Paperback edition. Eerdmans, Grand Rapids MI 2002, ISBN 0-8028-6077-X, (The Bible in its world), 218ff. (Digitalisat bei googlebooks).
  • Joachim Jeremias: Die Gleichnisse Jesu. Kurzausgabe. 9. Auflage. Vandenhoeck & Ruprecht, Göttingen 1984, ISBN 3-525-33498-2, (Kleine Vandenhoeck-Reihe 1500), S. 84f.
  • Ulrich Luz: Das Evangelium nach Matthäus. Teilband 3: Mt 18–25. Benziger u. a., Zürich u. a. 1997, ISBN 3-545-23129-1, (Evangelisch-katholischer Kommentar zum Neuen Testament - EKK Abteilung 1).
  • John P. Meier: A Marginal Jew. Rethinking of the Historical Jesus. Teil 1: The roots of the problem and the person. Doubleday u. a., New York NY u. a. 1991, ISBN 0-385-26425-9.
  • Wesley G. Olmstead: Matthew's trilogy of parables. The nation, the nations and the reader in Matthew 21:28–22:14. Cambridge University Press, Cambridge u. a. 2003, ISBN 0-521-83154-7, (Society for New Testament Studies monograph series 127), (Zugleich: London, King's College, Diss., 1999).
  • Luise Schottroff: Die Gleichnisse Jesu. Gütersloher Verlagshaus, Gütersloh 2005, ISBN 3-579-05200-4, S. 286–288.

Einzelnachweise

  1. Schottroff: Gleichnisse, S. 287 Anm. 1.
  2. Schottroff: Gleichnisse, S. 287.

Weblinks


Wikimedia Foundation.

Игры ⚽ Поможем решить контрольную работу

Schlagen Sie auch in anderen Wörterbüchern nach:

  • Gleichnisse Jesu — Dies ist eine Liste der Gleichnisse Jesu aus den Evangelien des Neuen Testaments der Bibel. Die einzelnen Typen sind in der Reihenfolge ihres Erscheinens im Neuen Testament aufgeführt. Inhaltsverzeichnis 1 Gleichnisse 2 Parabeln 3 Allegorien 4… …   Deutsch Wikipedia

  • Das Gleichnis vom verlorenen Sohn — „Die Rückkehr des verlorenen Sohnes.“ (Rembrandt) Das heute sprichwörtlich gewordene Bild des verlorenen Sohnes hat seinen Ursprung in einem biblischen Gleichnis Lukas 15,11 32 EU. In neueren Übersetzungen wird es auc …   Deutsch Wikipedia

  • Gleichnis vom verlorenen Sohn — „Die Rückkehr des verlorenen Sohnes.“ (Rembrandt) Das heute sprichwörtlich gewordene Bild des verlorenen Sohnes hat seinen Ursprung in einem biblischen Gleichnis Lukas 15,11 32 EU. In neueren Übersetzungen wird es auc …   Deutsch Wikipedia

  • Biblisches Gleichnis — Ein Gleichnis ist eine bildhafte rhetorische Figur zur Veranschaulichung eines Sachverhalts mittels eines Vergleichs. Inhaltsverzeichnis 1 Literaturwissenschaftliche Gattung 2 Biblisches Gleichnis 2.1 Ein kurzer Abriss aus der… …   Deutsch Wikipedia

  • Arbeiter im Weinberg — Darstellung von Heinrich Lohr 1688/89 Das Gleichnis von den Arbeitern im Weinberg ist ein biblisches Gleichnis, das in Matthäus 20,1 16 beschrieben wird. Darin wird das Himmelreich mit einem Hausherrn verglichen, der Arbeiter für einen… …   Deutsch Wikipedia

  • Das Nadelöhr-Gleichnis im Neuen Testament — Inhaltsverzeichnis 1 Das Nadelöhr Gleichnis im Neuen Testament 1.1 Textkritik, Lesart: Seil 1.2 Text, Lesart: Kamel 1.3 Ertrag der Lesarten 2 Das Nadelöhr in anderen Religionen …   Deutsch Wikipedia

  • Der ungerechte Richter — Das Gleichnis vom ungerechten Richter (Lukas 18,1 8 EU), auch Gleichnis von der bittenden Witwe genannt, zählt zu den Parusiegleichnisse Jesu und wird dem lukanischen Sondergut zugerechnet. Durch das Gleichnis verdeutlichte Jesus seinen Jüngern… …   Deutsch Wikipedia

  • Der verlorene Groschen — Das Gleichnis vom verlorenen Groschen, auch als Gleichnis von der verlorenen Drachme bekannt, steht im neuen Testament, im Evangelium nach Lukas, Kapitel 15, 8 10, in der Bibel. Es wurde von Jesus Christus erzählt.[1] Inhaltsverzeichnis 1… …   Deutsch Wikipedia

  • Die zehn Jungfrauen — Das von Jesus von Nazaret erzählte sog. Gleichnis von den klugen und törichten Jungfrauen[1] (Matthäus 25, 1 13) beschäftigt sich als Parabel mit der Vorbereitung auf das Reich Gottes, die den Unterschied zwischen Auserwählung und Verdammung… …   Deutsch Wikipedia

  • Eher geht ein Kamel durch das Nadelöhr — Inhaltsverzeichnis 1 Das Nadelöhr Gleichnis im Neuen Testament 1.1 Textkritik, Lesart: Seil 1.2 Text, Lesart: Kamel 1.3 Ertrag der Lesarten 2 Das Nadelöhr in anderen Religionen …   Deutsch Wikipedia

Share the article and excerpts

Direct link
Do a right-click on the link above
and select “Copy Link”