- Urlaubsgeld
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Urlaubsgeld (auch: zusätzliches Urlaubsgeld oder Urlaubsgratifikation oder umgangssprachlich 14. Monatsgehalt) stellt ein zusätzliches Entgelt des Arbeitgebers an seinen Arbeitnehmer bzw. des Dienstherrn an seinen Beamten dar, das zumeist mit dem Junigehalt ausgezahlt wird und einen Zuschuss zu den meist im Sommer anfallenden urlaubsbedingten Zusatzaufwendungen des Beschäftigten bedeutet.
Das Urlaubsgeld in diesem Sinne ist strikt zu unterscheiden von dem Urlaubsentgelt nach § 11 BUrlG, das grundsätzlich die Weiterzahlung des gewohnten Lohnes während der Dauer des Urlaubs meint, bzw. für Beamte die dementsprechende Entgeltfortzahlung. In Luxemburg sieht die gesetzliche Regelung vor, dass für jeden Urlaubstag der Beschäftigte eine Entschädigung (indemnité de congé) erhält, die dem Durchschnittslohn der 3 Monate vor dem Urlaub entspricht (Durchschnittslohn von 12 Monaten für diejenigen Beschäftigten, deren Lohn nach Prozenten berechnet wird oder deren Lohnbetrag monatlich starken Schwankungen unterliegt).[1]
Das Urlaubsgeld als eine Zusatzleistung des Arbeitgebers ist demgegenüber eine Sonderzuwendung (Sonderleistung, Gratifikation im weiteren Sinn) und folgt grundsätzlich den allgemeinen Regeln des Rechts der Sonderzuwendungen.
In Deutschland[2] und in Luxemburg[3] gibt es darauf nur dann einen Rechtsanspruch, sofern dieser in Tarifverträgen festgeschrieben ist.
Arbeitsrechtliche Fragen
Entstehen eines Anspruchs auf Zahlung von Urlaubsgeld
Entstehen des Anspruchs dem Grunde nach
Notwendigkeit einer besonderen Anspruchsgrundlage
Es gibt keinen unmittelbaren gesetzlichen Anspruch auf Urlaubsgeld. Es kann einen mittelbaren in Verbindung mit Gleichbehandlungsgeboten geben (siehe unten).
Ein Anspruch des Arbeitnehmers auf die Zahlung von Urlaubsgeld kann sich insbesondere ergeben aus
- Tarifvertrag (in Österreich Kollektivvertrag)
- Betriebsvereinbarung
- Arbeitsvertrag.
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- Auf individualvertraglicher Ebene kann sich ein Anspruch auf Zahlung von Urlaubsgeld
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- aus einer ausdrücklichen arbeitsvertraglichen Vereinbarung oder
- aus einer betrieblichen Übung
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ergeben.
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- Ein Urlaubsgeldanspruch kann sich auch aus dem Anspruch auf Gleichbehandlung ergeben
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- im Fall einer nicht gerechtfertigten Diskriminierung im Sinne des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes (AGG) - oder
- im Fall einer Verletzung des allgemeinen Gleichbehandlungsgrundsatzes.
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Tarifvertrag
Abhängigkeit des Urlaubsgeldes vom Urlaubsanspruch?
Es hängt von der jeweiligen, durch Auslegung zu ermittelnden Tarifnorm ab, inwieweit der Urlaubsgeldanspruch vom Urlaubsanspruch abhängig („akzessorisch“) ist.
Ist das Urlaubsgeld Annex und verkürzt sich der Anspruch des Arbeitnehmers auf den vollen Jahresurlaub auf Grund der Beendigung des Arbeitsverhältnisses im Kalenderjahr auf 1/12 des Jahresurlaubs für jeden vollen Monat des Bestehens des Arbeitsverhältnisses, so verkürzt sich im Zweifel entsprechend anteilig der Anspruch auf das Urlaubsgeld. Hat der Arbeitgeber schon das Urlaubsgeld zu 100 % gezahlt, hat er einen entsprechenden Rückzahlungsanspruch, so der Tarifvertrag nichts anderes regelt.
Der tarifliche Anspruch auf Urlaubsgeld folgt den für Urlaubsentgelt geltenden Grundsätzen, wenn er von den Tarifvertragsparteien vom Bestand des Urlaubsanspruchs abhängig gemacht wird. Diese Abhängigkeit muss im Tarifvertrag nicht ausdrücklich vorgesehen sein. Sie kann sich aus dem tariflichen Regelungszusammenhang ergeben. Dabei kommt es maßgeblich darauf an, von welchen Voraussetzungen die Tarifvertragsparteien den Anspruch auf Urlaubsgeld abhängig gemacht haben, sowie darauf, wann sie eine Kürzung des Anspruchs oder eine Rückzahlung des Urlaubsgeldes vorgesehen haben. Aus der bloßen Bezeichnung des Anspruchs als „Urlaubsgeld“ folgt noch keine Abhängigkeit vom Bestand des Urlaubsanspruchs. Wird tarifvertragliches Urlaubsgeld als Teil oder Aufschlag zum Urlaubsentgelt zugesagt, so gelten im Zweifel für diese Urlaubsvergütung dieselben Regeln über Entstehung sowie über Inhalt und Umfang. Ist das Urlaubsgeld mit der Urlaubsvergütung verknüpft, wird es nur geschuldet, sofern Urlaub gewährt wird und ein Anspruch auf Urlaubsvergütung besteht. Besteht Akzessorietät, dann gelten also dieselben Regeln über Entstehung, Inhalt, Umfang und Erlöschen (mit Ausnahme der Pfändbarkeit) wie für das Urlaubsentgelt. „Zusätzliches Urlaubsgeld“ kann aber auch als urlaubsunabhängige Sonderzahlung ausgestaltet und von einer Urlaubsgewährung unabhängig sein.
- Eine Akzessorietät liegt im Zweifel vor, wenn die Urlaubsvergütung ein einheitlicher Betrag ist (BAG), das Urlaubsgeld nur „bei Urlaubsantritt“, mit dem Urlaubsentgelt zu zahlen ist (BAG), im Tarifvertrag eine Berechnung für jeden Urlaubstag enthält.
- Stellen die Leistungsvoraussetzungen für das Urlaubsgeld allein auf den Bestand des Arbeitsverhältnisses ab und gewähren einen Festbetrag z.B. nach Alter und Umfang der jeweiligen Arbeitszeit, kann von einer urlaubsunabhängigen Sonderzahlung ausgegangen werden.
- Die Leistung zu einem bestimmten Stichtag (30. Juni) macht ein „Urlaubsgeld“ noch nicht zu einer vom Urlaubsanspruch unabhängigen Gratifikation oder Sonderzahlung (LAG Hamm, 15. September 2004 - 18 Sa 389/04 - NZA-RR 2006, 65 (66)).
- Andererseits: Die tarifliche Regelung "Jedem Beschäftigten ist für jedes Urlaubsjahr ein Urlaubsgeld zu zahlen. Das Urlaubsgeld wird am 1. Juni eines jeden Kalenderjahres gezahlt" macht die Urlaubsgeldzahlung nicht von dem Bestehen eines Urlaubsanspruches oder von der Gewährung von Urlaub abhängig (BAG, 18. März 1997, 9 AZR 84/96, NZA 1997, 1168 (1169)).
- Oder: Gewährt ein TV ein 13. Monatseinkommen und erfolgt die Auszahlung zu 50 % als Urlaubsgeld auf der Basis des im Mai gültigen Vergütungstarifvertrag mit dem Maigehalt, ist für den Urlaubsgeldanspruch ein tatsächlicher Urlaub nicht Anspruchsvoraussetzung (BAG, 11. April 2000, 9 AZR 225/99, DB 2000, 2479 (2480))."
Tarifvertrag in Verbindung mit Gleichbehandlungsgeboten
- Tarifvertrag und "Anpassung nach oben" im Fall einer ungerechtfertigten Diskriminierung i.S.d. AGG:
Auch Tarifverträge unterliegen dem AGG. Ein Verstoß gegen die dortigen Diskriminierungsverbote führt nach umstrittener, aber zutreffender Auffassung zu einem (vorübergehenden) Anspruch, bis zu einer Neuregelung mit den Bessergestellten gleichgestellt zu werden, es sei denn, es handelt sich um einen Alt-Tarifvertrag, für den ein Vertrauensschutz zu bejahen ist (Anpassung nach oben).
- Tarifvertrag in Verbindung mit Art. 3 GG:
Tarifverträge unterliegen im Ergebnis dem grundgesetzlichen Gleichheitsgebot des Art. 3 Abs. 1 GG bzw. den Diskriminierungsverboten des Art. 3 Abs. 2, 3 GG. Im Fall der Verletzung besteht i.d.R. ein Anspruch nach oben.
Einzelne Tarifverträge
- TVöD:
Für Arbeitnehmer des öffentlichen Dienstes in Deutschland wird aufgrund des neuen Tarifrechtes TVöD seit 2006 kein eigenständiges Urlaubsgeld mehr gezahlt. Es wird gemeinsam mit dem Weihnachtsgeld in eine Jahressonderzahlung überführt, deren Höhe von der Entgeltgruppe abhängt.
Betriebsvereinbarung
Die Regelung von Urlaubsgeld in einer Betriebsvereinbarung ist selten und wenn, wegen des Tarifvorrangs i.S.d. § 77 Abs. 3 BetrVG selten wirksam.
Arbeitsvertrag
Einzelarbeitsvertrag
- Widerrufsvorbehalt
- Freiwilligkeitsvorbehalt
Ein Freiwilligkeitsvorbehalt muss für den Arbeitnehmer erkennbar sein. "Verwendet der Arbeitnehmer für eine Gruppe von zugesagten Leistungen (hier: VwL und 13. Monatseinkommen) die Überschrift "Freiwillige soziale Leistungen", so muss der Arbeitnehmer nicht von einem solchen Freiwilligkeitsvorbehalt ausgehen (BAG [11. April 2000], 9 AZR 255/99 - DB 2000, 2328).
- Abhängigkeit des Urlaubsgeldes vom Urlaubsanspruch?
- Die Frage, inwieweit das Urlaubsgeld nur zu zahlen ist, wenn auch tatsächlich ein Urlaubsanspruch besteht oder Urlaub genommen worden ist, stellt sich - ähnlich wie beim Tarifvertrag (siehe oben) - auch beim Einzelarbeitsvertrag.
Gesamtzusage
Ein Anspruch auf Urlaubsgeld kann auch durch eine Gesamtzusage begründet werden.
Betriebliche Übung
Wird das Urlaubsgeld vom Arbeitgeber wiederholt freiwillig gezahlt, ohne dass er sich einen Widerruf vorbehalten hat, kann zudem ein Anspruch aufgrund betrieblicher Übung entstehen.
In Verbindung mit Gleichbehandlungsgeboten
Soweit einzelne Arbeitnehmer oder Gruppen von Arbeitnehmer von der Leistung ausgenommen werden, müssen Normen höherrangigen Rechts beachtet werden. Wird ein Arbeitnehmer unter Verletzung höherrangigen Rechts vom Bezug eines zusätzlichen Urlaubsgeldes ausgenommen, so ist die Ausschlussnorm nichtig. Der Arbeitnehmer ist dann so zu behandeln, als wäre die Anspruchsnorm anzuwenden (vgl. ErfK/Dörner, 7. Aufl. [2007], BUrlG § 11 Rn. 49).
Als zu beachtende Normen sind zu nennen:
- das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz (AGG)
- § 4 TzBfG (Verbot der Diskriminierung von Teilzeitbeschäftigten)
- der allgemeine Gleichbehandlungsgrundsatz (Art. 3 GG)
Entstehen des Anspruchs der Höhe nach
Die Höhe der Zahlung kann abhängig sein von Branche, Unternehmen und Dauer der Betriebszugehörigkeit. Es kommt auf die jeweilige Regelung an. Ist diese diskriminierend/gleichbehandlungswidrig, besteht im Zweifel ein Anspruch auf Zahlung des besseren Urlaubsgeldes.
Kein Erlöschen des Anspruchs
Bei Annexität: Erlöschen mit Erlöschen des Urlaubsanspruchs
Ist der Urlaubsgeldanspruch zum Urlaubsnaturalanspruch Annex (s.o.), so geht er mit diesem unter.
Ausschlussfristen, Verzicht, Verwirkung, Verjährung
- Ausschlussfristen
Der Anspruch auf Urlaubsgeld kann uneingeschränkt einer tariflichen Ausschlussfrist unterliegen.
- Verzicht
„Über das zusätzliche Urlaubsgeld kann der AN einen Erlassvertrag schließen, sofern der Anspruch nicht tariflich begründet ist und damit § 4 IV 1 TVG entgegensteht.“ (ErfK/Dörner, a.a.O., Rn. 54)
- Verwirkung
Die Verwirkung eines Urlaubsentgeltanspruchs kommt zwar theoretisch, nicht aber faktisch in Betracht (ErfK/Dörner, a.a.O., Rn. 55
- Verjährung, 3 Jahre
„Urlaubsentgelt und Urlaubsgeld unterliegen der kurzen Verjährungsfrist des § 195 von drei Jahren. Die Verjährung beginnt am 31.12. des Jahres, in dem der Urlaub angetreten ist, und endet mit dem 31.12. des dem übernächsten Jahr folgenden Jahres, § 199 I BGB.“ (ErfK/Dörner, 7. Aufl. [2007], BUrlG § 11 Rn. 56
Unpfändbarkeit nach § 850a ZPO
Das Urlaubsgeld ist jedoch nach Maßgabe des § 850a Nr. 2 ZPO unpfändbar und damit nicht abtretbar.
Rückzahlungsanspruch
Im zugrunde liegenden Vertrag kann eine Vereinbarung getroffen worden sein, wonach der Arbeitnehmer zur Rückzahlung des Urlaubsgeldes verpflichtet ist, wenn er innerhalb eines bestimmten Zeitraums nach der Zahlung des Urlaubsgeldes aus dem Betrieb ausscheidet.
Sozialversicherungs- und steuerrechtliche Fragen
Steuerrechtliche Fragen
Österreich
In Österreich gehört das Urlaubsgeld zu den Sonderzahlungen und unterliegt bis zu einer bestimmten Grenze (Jahressechstel) einer begünstigten Besteuerung.
Urlaubsgeldregelungen für Beamte
Der Urlaubsgeldanspruch der deutschen Beamten ergibt bzw. ergab sich aus Gesetz, etwa dem Urlaubsgeldgesetz des Bundes oder entsprechenden Landesgesetzen. In den letzten Jahren wurden die Urlaubsgeldansprüche der Beamten weitgehend abgeschafft bzw. in gekürzter Form mit dem Weihnachtsgeld zu einer Jahressonderzahlung zusammengefasst.
Statistik: Höhe des Urlaubsgelds von Arbeitnehmern in Deutschland
Betrag Urlaubsgeld Anteil 0 - 499€ 51% 500 - 999€ 25% 1000 - 1499€ 10% 1500 - 1999€ 7% 2000 - 2499€ 3% 2500 - 2999€ 2% 3000 - 3499€ 1% 3500 und mehr 2% Quelle: SOEP, 2006[4]
Weblinks
- Urlaubsgeldgesetz - UrlGG Gesetz über die Gewährung eines jährlichen Urlaubsgeldes online (PDF-Datei; 19 kB)
- Tarifliches Urlaubsgeld 2008 WSI-Tarifarchiv
- Vertiefte Infos der Uni Köln, Lehrstuhl für Bürgerliches Recht, Arbeits- und Sozialrecht
Quellenangaben
- ↑ Der jährliche Erholungsurlaub. ITM (Arbeitsgesetzbuch, Buch II – Titel II. Kapitel III – Bezahlter Jahresurlaub der Lohnempfänger).
- ↑ Urlaub 2009: meist 30 Tage und bis zu 1.993 Euro für die Reisekasse. lohnspiegel.de, abgelesen am 28. März 2010.
- ↑ Luxemburg (LU). agri-info.eu, abgelesen am 28. März 2010.
- ↑ SOEP - das Sozio-oekonomische Panel 2006: Betrag Urlaubsgeld im letzten Jahr
Siehe auch
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