V wie Vendetta (Comic)

V wie Vendetta (Comic)

V wie Vendetta (ital. vendetta „Rache“) ist eine Comic-Serie des Autors Alan Moore, die zum größten Teil von David Lloyd gezeichnet wurde. Sie erschien ursprünglich ab 1982 schwarz-weiß im britischen Comicmagazin Warrior, konnte dort aber aufgrund der Pleite des Magazins nicht zu Ende geführt werden. Ab 1988 erschien eine kolorierte Fassung bei DC in zehn Folgen, dort wurde auch erstmals das letzte Drittel der Geschichte veröffentlicht. Die Geschichte spielt in einem fiktiven England von 1997, in dem nach einem dritten Weltkrieg eine faschistische Partei die Macht übernommen hat, die von der titelgebenden Figur V, einem als Guy Fawkes verkleideten Anarchisten und Terroristen, im Alleingang bekämpft wird. Zentrales Thema ist die selbstbestimmte Freiheit des Individuums und der Gesellschaft sowie der Gegensatz zwischen Freiheit und Macht.

Inhaltsverzeichnis

Inhalt

Der in drei Teile gegliederte Graphic Novel verfolgt den Feldzug eines lediglich als V bekannten, maskierten Anarchisten, gegen die fiktive Norsefire-Partei, die in Großbritannien ein totalitäres Regime errichtet hat, nachdem ein mit nuklearen Waffen geführter dritter Weltkrieg die britischen Inseln nur knapp verschont hat. Die Handlung ist in den Jahren 1997/1998 angesetzt und wird deutlich von zwei der größten Albträume des 20. Jahrhunderts überschattet: der Furcht vor einem zukünftigen nuklearen Inferno (auch in Watchmen ein zentrales Thema) und der Erinnerung an das Dritte Reich.

Das als Leader, also als Führer, titulierte Oberhaupt der Partei regiert mit Hilfe eines antropomorphisierten Herrschaftsapparates: Auge, Ohr, Mund, Nase und Finger sind die Bezeichnungen für das allumfassende Beobachtungssystem aus Kameras und Mikrophonen, das Propagandawesen in Fernsehen und Rundfunk, die Ermittlungsbehörden und zuletzt die Geheimpolizei. Ein als Fate, als Vorsehung bekannter Superrechner bietet das Mittel zur zentralen totalen und zuverlässigen Kontrolle und Vorherplanung. Schwarze, Pakistaner, Sozialisten, Homosexuelle, Intellektuelle und andere „Abweichler“ wurden in Konzentrationslagern umgebracht. Die Kultur der Vergangenheit wurde beseitigt; es gibt bestenfalls Militärmusik und stumpfsinnige Fernsehsendungen wie „Storm Saxon“, in der ein dem faschistoiden Ideal entsprechender Mann seine ebenfalls diesem Ideal entsprechende Geliebte vor Schwarzen verteidigen muss, die als Untermenschen dargestellt werden.

"V"s Guy-Fawkes-Maske

Gegen diesen stark überzeichneten Hintergrund stellen die Autoren den namengebenden Protagonisten. Im ersten der drei Bände legt V den Grundstein für den Sturz des Regimes: er meldet sich mit einem Paukenschlag, indem er das britische Parlamentsgebäude sprengt. Seine Guy-Fawkes-Maske trägt er nicht ohne Grund. Zugleich rettet er das aus Not zur Prostitution getriebene Mädchen Evey und nimmt sie zu sich. Systematisch tötet er weitere Schlüsselfiguren des Regimes. Wie sich herausstellt, hatten sie alle zum gleichen Zeitpunkt im Konzentrationslager Larkhill als Personal gearbeitet. So fällt ihm unter anderem der pädophile Bischof von Westminster zum Opfer. Weiterhin wird eine Gegenfigur eingeführt, der für die Nase arbeitende Polizeidetektiv Finch, der sich an das Regime verkauft hat, weil er keine bessere Alternative sieht und Ordnung für nötig hält. Er findet schließlich heraus, dass V der einzige Überlebende der in Larkhill durchgeführten medizinischen Experimente ist.

Im zweiten von einem musikalischen Vorspiel eingeleiteten Band wendet sich V erstmals an die Öffentlichkeit. Finch hat einen Zusammenbruch, und Evey wird einer extensiven Gehirnwäsche unterzogen. Dieser Band ist gewissermaßen ein Zwischenspiel, das die nötigen Grundlagen für den im dritten Band erreichten Höhepunkt schafft.

Im dritten Band meldet sich V wieder mit Musik zurück (Tschaikowskis Ouvertüre 1812), indem er das Regime mittels Sprengstoff seiner Augen, Ohren und seines Mundes beraubt. Chaos bricht auf den Straßen aus. Vs jahrelang gepflegter Plan setzt sich nun in Bewegung. Der vom Fate-Computer besessene Führer zerfällt geistig, seine Untergebenen schmieden Intrigen und tragen so zum Zusammenbruch bei. Finch versetzt sich durch LSD in einen Wahnzustand, an dessen Ende er, wie V und Evey vor ihm, zur Erkenntnis gelangt, dass niemand ihm Grenzen auferlegen kann außer er sich selbst. Er schlüpft in den Geist Vs und findet so zu dessen geheimem Stützpunkt, der Schattengalerie, einem Hort vergessener Kulturschätze und anarchistischer Ausrüstung, darunter auch ein geheimer Zugang zum Fate-Computer.

In den letzten Kapiteln enthüllt V auf typisch kryptische Weise seinen Plan: Um die Menschen aus dem Joch des Regimes zu befreien, ist es nötig, die gegenwärtige Gesellschaft zu zerstören – mit Bomben und Gewalt. Dann kann sich aus den Ruinen eine neue Gesellschaft erheben, falls die Menschen die Wahl treffen, durch die geöffnete Tür zu schreiten und ihre Freiheit in Eigenverantwortung zu ergreifen. Um sie beim Neuanfang zu unterstützen, hat er Evey als Nachfolgerin herangezogen. Er selbst ist der Zerstörer und somit nicht nur überflüssig, sondern sogar schädlich, wenn erst der Aufbau wieder beginnt. Wie von ihm orchestriert, lässt er sich von Finch töten. Der Führer wird von einem zur Verzweiflung getriebenen Parteimitglied ermordet. Mit einem letzten Donnerschlag tritt V ab. Sein „Wikingerbegräbnis“: In einer mit Sprengstoff beladenen U-Bahn zerstört er die 10 Downing Street als letztes verbliebenes Symbol des alten Staates. Evey schlüpft in die Guy-Fawkes-Maske und stachelt die Menschenmassen zum Aufstand an. Das letzte Bild zeigt Finch, der sich von allem losgesagt hat, wie er auf einer dunklen Autobahn auf die ungewisse Zukunft zugeht.

Über das Buch

V for Vendetta wurde zunächst von 1982 bis 1985 in Fortsetzungen in Schwarz-Weiß im britischen Comic-Magazin Warrior veröffentlicht. Die Serie war noch nicht abgeschlossen, als die Zeitschrift ihr Erscheinen einstellte. Auf Veranlassung des Verlages DC Comics, für den Alan Moore dann später arbeitete, nahmen Moore und Lloyd 1988 die Arbeit an der Serie wieder auf und stellten sie fertig, wobei gleichzeitig die schon fertigen Teile nachträglich koloriert wurden. Schon bald nach dem Abschluss wurde die gesamte Serie als Graphic Novel veröffentlicht, in den USA von DC, in England von Titan Books. Später wurde der Band auch dem DC-Sublabel Vertigo zugeordnet. In Deutschland erschien 1991 eine 6-bändige kolorierte deutsche Ausgabe „V wie Vendetta“ bei comicArt und von Speed Comics 2002 unter dem gleichen Titel in der ursprünglichen schwarz-weißen Fassung, ISBN 3-936068-12-7. Im Vorfeld der Filmpremiere erschien eine neue deutschsprachige Fassung in Farbe bei Panini Comics, ISBN 3-8332-1384-1, welche durch sehr viele Rechtschreib- und Grammatikfehler den Inhalt schmälert.

Alan Moore gilt als einer der besten Comic-Autoren und in seinem Werk nimmt V for Vendetta eine herausragende Stellung ein. Inhaltlich setzt sich das Werk u. a. mit der Frage „Heiligt der Zweck die Mittel?“ auseinander, mit dem Anarchismus und dem Sinn des Leidens Einzelner. Bezeichnend ist, dass Moore auf die aufgeworfenen Fragen keine fertigen Antworten liefert. Zwar soll der Leser spontan mit dem Widerstand gegen die faschistische Diktatur sympathisieren, gleichzeitig wird jedoch deutlich, dass auch V Gewalt gegen Unschuldige anwendet. Er wird als Villain, als Schurke, vorgestellt und trägt bei aller in seinen Plänen sichtbarer Rationalität starke psychopathische Züge.

Es bleibt auch unklar, wer V eigentlich ist. Dass es auf die Person, die V einmal war, nicht ankommt, wird am Schluss überdeutlich, als Evey vom sterbenden V die Aufgabe bekommt herauszufinden, wer hinter der Maske steckt ohne jemals Vs Gesicht sehen zu dürfen. Die Mehrdeutigkeit drückt sich auch schon im Zeichen V aus, das für den Buchstaben, die römische Zahl oder auch das Victoryzeichen stehen kann.

Auch in der Wahl der darstellenden Mittel gingen die beiden Macher neue Wege. Auf Veranlassung von Lloyd wurden Gedankenblasen eliminiert und Geräusche nicht mehr wie üblich als lautmalerische Worte, sondern nur noch zeichnerisch dargestellt. Moore ging noch darüber hinaus und schaffte auch die Textkästen fast völlig ab, welche die gezeichnete Handlung zusätzlich erklären und interpretieren.

Guy-Fawkes-Maske

Anonymous-Aktivist mit Guy-Fawkes-Maske

Die aus der Graphic Novel „V wie Vendetta“ bzw. der gleichnamigen Verfilmung stammende Guy-Fawkes-Maske des Protagonisten V dient dem Internetkollektiv Anonymous als Erkennungszeichen und Identitätsschutz. So wurden solche Masken bei den Demonstrationen gegen Scientology getragen. Eine weite Verbreitung erlangte die Maske zudem im Rahmen der Occupy-Wall-Street-Bewegung ab Ende 2011.[1]

Konrad Lischka schrieb dazu auf Spiegel Online, dass der Comicautor Alan Moore und der Zeichner David Lloyd Guy Fawkes Anfang der achtziger Jahre mit ihrer Comic-Serie V for Vendetta zum Symbol der Widerstandsbewegung machten. Die Maske, die heute weltweit von Aktivisten von Anonymous und der Occupy-Bewegung getragen wird, gehe auf die Zeichnungen von Lloyd zurück. Moore beschrieb in seinem Essay Behind the painted Smile, dass Lloyd die Idee hatte. Moore zitierte demnach eine Notiz, die der Zeichner ihm damals schickte: „Warum zeigen wir unseren Helden nicht als einen auferstandenen Guy Fawkes, mit einer dieser Pappmaché-Masken, dem Umhang und kegelförmigen Hut? Das würde bizarr aussehen und Guy Fawkes das Image geben, das er all diese Jahre verdient hat. Wir sollten den Kerl nicht an jedem 5. November verbrennen, sondern ihn feiern für seinen Versuch, das Parlament zu sprengen!“ Moore sagte weiter „Ich habe es moralisch sehr, sehr vieldeutig gestaltet. Die Kernfrage ist: Hat dieser Typ recht? Oder ist er verrückt? Was denkst du, Leser, darüber? Das erschien mir als der richtige anarchistische Weg: Ich wollte den Menschen nicht sagen, was sie denken sollen. Ich wollte ihnen nur sagen, dass sie denken sollen und dabei einige der kleinen, extremen Ereignisse bedenken, die sich in der Menschheitsgeschichte recht regelmäßig wiederholen.“[2]

Adaptionen

Musik

Der Musiker David Jay, welcher mit Moore gemeinsam auch andere Projekte realisiert hat, spielte 1984 eine 12" EP namens V for Vendetta ein, deren Titel von der Graphic Novel inspiriert waren, und die auch die Vertonung eines Songs von V beinhaltet.

Die Band Jocasta verwandte Zitate aus dem Comic für ihren daran angelehnten Song The Land of Do-As-You-Please.

Theaterstück

Die schwedische Theatergruppe Stockholms Blodbad führte im Jahr 2000 eine Dramafassung des Stoffes unter dem Titel Landet där man gör som man vill auf, in welcher Videoaufnahmen von eigens dafür nachgestellten Szenen aus der Graphic Novel zu sehen waren.

Verfilmung und Roman

Am 16. März 2006 kam der Spielfilm V wie Vendetta in Deutschland in die Kinos. Regie führt James McTeigue, das Drehbuch stammt von den Wachowski-Brüdern. Hugo Weaving ist V, Natalie Portman spielt die weibliche Hauptfigur Evey. Alan Moore distanziert sich von der Verfilmung unter anderem deshalb, weil ihre Handlung auf den in der Comicvorlage nicht vorhandenen Konflikt des amerikanischen Neo-Konservatismus gegen den sogenannten amerikanischen Liberalismus zugespitzt ist. Die anarchistische Gesinnung des Helden findet im Film kaum Widerhall. Zur Verfilmung erschien V wie Vendetta auch als Roman von Steve Moore.

Comic

In den DC-Comics über Batman taucht seit Detective Comics # 608 ein anarchistischer Gegner Batmans namens Anarky auf. Anarky gleicht sowohl im Aussehen wie auch in seiner Philosophie Alan Moores Charakter aus V for Vendetta. Die Reminiszenz an V for Vendetta wird auch dadurch deutlich, dass Anarky den Comic in einer Szene liest.

Weblinks

Einzelnachweise

  1. www.welt.de: Guy Fawkes – Warum Demonstranten eine Offiziersmaske tragen, abgerufen am 20. Oktober 2011
  2. Grinsemaske ohne Botschaft, Konrad Lischka, In: Spiegel Online vom 5. November 2011

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