- Vegetationsruhe
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Die Vegetationszeit oder Vegetationsperiode ist der sich rhythmisch wiederholende Jahresteil, in dem eine Pflanze aktiv wächst und sich entfaltet.
Die Vegetationsperiode reicht
- bei ein- und zweijährigen Pflanzen von der Keimung bis zum Absterben,
- bei mehrjährigen, krautigen Pflanzen vom Austreiben bis zum Einziehen in die Überdauerungsorgane,
- bei mehrjährigen, holzigen Pflanzen vom Austreiben bis zum Blattfall,
- bei immergrünen Pflanzen vom Beginn bis zum Stillstand des aktiven Wuchses.
Der restliche Teil des Jahres, in der eine mehrjährige Pflanze nicht wächst, wird als Ruhezeit, Vegetationsruhe oder Ruheperiode bezeichnet. Ihr entspricht bei Tieren der Winterschlaf, bei manchen Arten auch der Sommer- oder Trockenschlaf.
Der Wechsel zwischen Vegetations- und Ruheperioden ist maßgeblich durch die jahreszeitlich schwankenden Niederschlagsmengen sowie die jahreszeitlich schwankenden, für den Stoffwechsel mehr oder weniger geeigneten Temperaturen bedingt. Insbesondere führen hohe Temperaturen zu vermehrter Verdunstung und tiefe Temperaturen zum Gefrieren des Wassers; beides vermindert die Menge des für den Stoffwechsel der Pflanzen zur Verfügung stehenden Wassers.
In polaren Gebieten, wo das Wasser auf dem Land dauerhaft gefroren ist, können sich keine höheren Pflanzen entfalten. So ergibt sich nur für einige Meeresalgen eine Vegetationsperiode über den polaren Sommer. In den vom Tageszeitenklima geprägten immerfeuchten Tropen ist das ganze Jahr ununterbrochen Vegetationszeit, so dass der Begriff "Vegetationsperiode" entfällt. Eine Vegetationsperiode im eigentlichen Sinne fehlt auch in Wüstengebieten, wo höchstens in sehr unregelmäßigen Abständen ausreichend Regen für eine Entfaltung der Pflanzendecke fällt.
In allen übrigen Gebieten der Erde ist, abhängig vom Breitengrad, ein mehr oder weniger starker und regelmäßiger Wechsel zwischen Vegetations- und Ruhezeit gegeben. Die unterschiedliche Sonneneinstrahlung und die den Jahreszeiten folgenden Winde, insbesondere die Passat- und Monsunwinde, sorgen für sehr unterschiedliche Temperaturen und Niederschlagsmengen, an die sich die Pflanzen anpassen müssen. In den gemäßigten und subpolaren Klimazonen wird die Vegetationszeit überwiegend durch die Temperatur bestimmt, wohingegen in den Tropen überwiegend der Regen ausschlaggebend ist. In den Subtropen können beide Faktoren eine Rolle spielen. Folglich ist in den wechselfeuchten und trockenen Tropen die Vegetationszeit gleich der Regenzeit, während sie in den klimatisch gemäßigten und den polaren Regionen dem Sommer beziehungsweise der Zeit von Frühling über den Sommer bis zum Herbst entspricht.
Innerhalb einer Region können auch Klimafaktoren wie Meeresströmungen und unterschiedliche Höhenstufen entscheidend auf den Verlauf von Vegetations- und Ruheperiode einwirken. Ein Beispiel bietet Südafrika, in dem durch den Einfluss des Benguelastroms ein Winterregengebiet fast unmittelbar an ein Sommerregengebiet grenzt. In den Trockenwäldern Afrikas ist durch die jährlichen zwei Niederschlagsmaxima eine Zweiteilung der Vegetationsperiode zu beobachten.
Üblicherweise folgen die meisten Pflanzen dem lokal vorgegeben Rhythmus, doch gibt es auch Opportunisten, die durch besondere Anpassungen zu einem gegensätzlichen Rhythmus befähigt sind. So können Pflanzen mit sehr langen Pflahlwurzeln auch in der heißen und trockenen Jahreszeit noch an Grundwasser kommen und die Gelegenheit, von den in Ruhe befindlichen Nachbarpflanzen nicht beschattet und überwuchert zu werden, für den eigenen Wuchs nutzen. Andererseits sind einige Pflanzen mit einem sehr flachen Wurzelsystem oder speziellen Saughaaren in der Lage, kondensierten Nebel aufzunehmen und so ihre Vegetationsperiode zu erweitern oder zu verlagern.
Die Kopplung zwischen Vegetations- und Ruhezeit und der Tageslänge kann je nach Art unterschiedlich stark genetisch festgelegt sein. So passen sich viele von der Südhalbkugel stammende Pflanzenarten problemlos an den umgekehrten Rhythmus der Jahreszeiten auf der Nordhalbkugel an. Andere Arten erwarten jedoch bei den kurzen Tagen unseres Winters unbedingt eine Vegetationsperiode und wachsen nur dann.
Für die erfolgreiche Pflege einer Pflanzenart, sowohl der Zierpflanze am Fensterbrett als auch allgemein im Gartenbau, ist also die Kenntnis um den von der Pflanze bevorzugten Zeitraum von Vegetations- und Ruhezeit von entscheidender Bedeutung. Die allgemein beliebte Methode, eine Pflanze regelmäßig zu gießen und gleichmäßig feucht zu halten, wird nur von relativ wenigen Arten gut vertragen. Wird dagegen auf die Bedürfnisse der Art eingegangen und saisonal mehr oder weniger stark gegossen, sind wesentlich bessere Kultivierungserfolge zu erreichen. Die meisten sukkulenten Pflanzen sind sogar auf einen drastischen Wechsel zwischen Feuchte bis Nässe in der Vegetationszeit und (fast) völliger Trockenheit in der Ruhezeit angewiesen, ohne den sie kümmern und letzten Endes wegfaulen.
Als technischer Wert zur Messung der Vegetations- und Ruheperiode wird häufig eine anhaltende Schwellentemperatur von 5°C angesetzt, unter der normalerweise die Pflanzen den Wuchs (die Zellteilung) einstellen. Diese Methode ist jedoch fehlerbehaftet, da sie das unterschiedliche Wärmebedürfnis verschiedener Arten nicht berücksichtigt.
Literatur
- S.M.E. Groten & R.Ocatre: Monitoring the length of the growing season with NOAA, International Journal of Remote Sensing 23(14): 2797 - 2815, 2002
Siehe auch
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