Verzögertes Schlafphasensyndrom

Verzögertes Schlafphasensyndrom
Klassifikation nach ICD-10
G47.2 Störungen des Schlaf-Wach-Rhythmus
Syndrom der verzögerten Schlafphasen
Unregelmäßiger Schlaf-Wach-Rhythmus
ICD-10 online (WHO-Version 2006)

Das Verzögerte Schlafphasensyndrom, auch Delayed Sleep Phase Syndrome (DSPS), ist eine chronische Störung der richtigen Schlafenszeitpunkte. Menschen, die an DSPS leiden, tendieren dazu, erst sehr spät einzuschlafen und haben auch Schwierigkeiten damit, rechtzeitig aufzustehen, um normale Arbeit zu verrichten, zur Schule zu gehen oder für gesellschaftliche Bedürfnisse[1]. Das Gegenstück zum Verzögerten Schlafphasensyndrom ist das Vorverlagerte Schlafphasensyndrom.

DSPS entwickelt sich üblicherweise in der frühen Kindheit oder in der Jugend und endet auch manchmal mit dem Jugendalter bzw. mit dem frühen Erwachsenenalter[2].

Formell wurde DSPS zuerst von Dr. Elliot D. Weitzman und einigen Anderen am Montefiore Medical Center beschrieben. DSPS ist für 7 – 10 % aller Fälle von chronischen Schlafstörungen verantwortlich. Da diese Krankheit jedoch nur wenigen Ärzten bekannt ist, bleibt sie oft unbehandelt oder wird unangemessen behandelt.

Inhaltsverzeichnis

Symptome und Diagnose

Von DSPS betroffene Personen klagen oft darüber, dass sie bis zum frühen Morgen nicht einschlafen können. Anders jedoch als die meisten anderen Personen mit Schlafstörungen, schlafen sie jeden Tag zur gleichen Zeit ein, egal wann sie zu Bett gehen. Wenn sie nicht noch zusätzlich eine andere Schlafstörung haben, können die Betroffenen gut schlafen und haben ein natürliches Bedürfnis nach Schlaf. Daher ist es für sie auch schwierig, früh morgens aufzustehen, da sie zu diesem Zeitpunkt erst ein paar Stunden geschlafen haben. Wenn sie jedoch die Möglichkeit haben, ihrem eigenen „Schlafplan“ zu folgen, z. B. schlafen sie von 4 Uhr morgens bis Mittag, wachen sie spontan auf und sind bis zur ihrer nächsten benötigten Ruhephase nicht wieder müde.

„Typischer“ Zeitraum des Schlafens Leicht verzögerter Zeitraum des Schlafens
Menschen mit einem normalen Schlaf-Wach-Rhythmus schlafen zu einer für sie passenden Uhrzeit (hier: 23 Uhr) ein und erwachen zu einer ebenfalls passenden Uhrzeit (hier: 7 Uhr) wieder. Menschen mit DSPS schlafen zu einer deutlich späteren Uhrzeit (hier: 2 Uhr) ein und erwachen entsprechend später (hier: 10 Uhr) wieder.

Zur Diagnose von DSPS wird zunächst ein Schlafprotokoll eingesetzt. Der Betroffene notiert sich dabei über einen Zeitraum von mehreren Wochen hinweg Eckdaten zu seinem Schlaf: Wann er zu Bett geht, einschläft, aufwacht und aufsteht, und wie müde beziehungsweise wach er sich zu den Zeitpunkten des Zubettgehens und Aufstehens fühlt. Weiterhin, ob und welche Medikamente eingenommen werden, ob, wann und wie lange er während des Tages geschlafen hat beziehungsweise er während des Schlafes erwacht ist (siehe Weblinks).

Weiterhin können über eine Aktometrie die Bewegungsaktivität des Betroffenen festgestellt, über eine Polysomnographie weitere Körperfunktionen überwacht und analysiert werden. Auch die kontinuierliche Messung der Körpertemperatur kann wichtige Hinweise geben. Sind die gewonnenen Daten im Vergleich zu Normalwerten um mindestens zwei Stunden nach hinten verschoben, so liegt DSPS vor[3].

Bei der Diagnose von DSPS ist zu beachten, dass der Körper des Menschen sich im Normalfall von selbst an einen für ihn passenden Schlaf-Wach-Rhythmus anpassen kann. Menschen, die täglich um 5 Uhr aufstehen müssen schlafen um eine Uhrzeit ein, die für sie passend ist, zum Beispiel acht Stunden vorher um 21 Uhr. Menschen, die beispielsweise erst um 9 Uhr aufstehen müssen gewöhnen sich daran um 1 Uhr zu Bett zu gehen, sodass sie um 9 Uhr erwachen – meist auch ohne Wecker. Muss dieser Rhythmus geändert werden, zum Beispiel wegen des Wechsels des Arbeitsplatzes und einer damit verbundenen geänderten Aufstehzeit oder aufgrund des Aufenthalts in einer anderen Zeitzone, so dauert es üblicherweise nur wenige Tage bis der Schlaf-Wach-Rhythmus sich an die neuen Gegebenheiten angepasst hat. Im Falle des Zeitzonen-Wechsels spricht man bei dieser „Übergangszeit“ von einem Jetlag.

Der Körper des Menschen ist normalerweise auf einen 24-Stunden-Rhythmus eingestellt, sodass man täglich etwa zur selben Zeit ermüdet und am nächsten Morgen zur selben Zeit erwacht. Verschieben sich diese Zeitpunkte täglich um eine gewisse Zeit, so liegt eine Schlaf-Wach-Störung bei Abweichung vom 24-Stunden-Rhythmus vor.

Damit DSPS vorliegt, muss der „Jetlag-Zustand“, also das Einschlafen an einem späten Zeitpunkt und entsprechend späteres Erwachen, über einen Zeitraum von mindestens drei Monaten vorliegen. Der Betroffene muss zudem täglich etwa zur selben Uhrzeit einschlafen[1].

Therapie

Die Therapiemöglichkeiten bei Patienten, die unter DSPS leiden, können grundsätzlich in zwei Gruppen eingeteilt werden. Eine Möglichkeit ist die Anpassung des Patienten an seine „innere Uhr“. Die zweite Gruppe konzentriert sich auf die Anpassung der inneren Uhr an den Patienten.

Möchte der Patient sich an DSPS anpassen, so kann er beispielsweise

  • sich eine Arbeitsstelle suchen, die zu seinem Schlaf-Wach-Rhythmus passt
  • sein Defizit an Schlaf durch Schlafen am Tag ausgleichen
  • sein Defizit an Schlaf an freien Tagen oder am Wochenende nachholen

Diese Möglichkeiten sind keine Therapie im eigentlichen Sinne, helfen jedoch dabei mit DSPS besser leben zu können.

Die zweite Gruppe an Therapiemöglichkeiten ändert den Schlaf-Wach-Rhythmus dahingehend, dass normale Aufstehzeiten ermöglicht werden. Meist wird eine Kombination aus folgenden Punkten angewandt:

  • Chronotherapie: Der Patient geht jeden Tag drei Stunden später zu Bett bis ein angemessener Zeitpunkt des Zubettgehens erreicht wurde. Dieser neue Zeitpunkt muss dann konsequent eingehalten werden.
  • Lichttherapie: In den frühen Morgenstunden wird der Patient mindestens eine Stunde lang mindestens 2.500 lx starkem Licht ausgesetzt.
  • Schlafhygiene: Insbesondere striktes Einhalten von Zubettgeh- und Aufsteh-Zeiten, aber auch Verbesserung der Schlafbedingungen und Verzicht auf Genussmittel wie Nikotin.
  • Schlafrestriktion: Verkürzung der Schlafzeiten um die Müdigkeit zu erhöhen.

Anzumerken ist, dass diese Therapien meist nur vorübergehend wirken. Die medikamentöse Behandlung, z. B. mit Melatonin, Agomelatin oder Vitamin B12, wird derzeit erforscht[4][5].

Siehe auch

  • Vorverlagertes Schlafphasensyndrom (Advanced Sleep Phase Syndrome, ASPS)
  • Schlaf-Wach-Störung bei Abweichung vom 24-Stunden-Rhythmus

Einzelnachweise

  1. a b Delayed Sleep Phase Syndrome – Dr. William C. Dement, Stanford University
  2. Delayed Sleep Phase Syndrome and Advanced Sleep Phase Syndrome (engl.) – Cleveland Clinic
  3. PowerPoint-Präsentation zu Schlafstörungen (Folie 19 ff) – Schlafmedizinisches Zentrum München
  4. Parasomnien und Störungen des Schlaf-Wach-Rhythmus – Schlafmedizinisches Zentrum München
  5. Schlaf-Wach-Rhythmus-Störungen – Schlafgestört.de

Weblinks

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