Villa ten Hompel

Villa ten Hompel
Die Villa ten Hompel

Die Villa ten Hompel ist eine Gedenkstätte für Verbrechen von Polizei und Verwaltung in der Zeit des Nationalsozialismus im westfälischen Münster. Als Geschichtsort erinnert sie auch an die Aufgabe, Verfolgte des Nationalsozialismus zu entschädigen. Heute ist die "Villa" ein Akteur der Erinnerungskultur und arbeitet präventiv gegen Rechtsextremismus und für Demokratie.

Inhaltsverzeichnis

Geschichte

Rudolf ten Hompel, Großindustrieller

Die Villa wurde ab 1924 vom münsterschen Industriellen Rudolf ten Hompel gebaut. Ten Hompel war einer der reichsten Bürger der Stadt Münster und Miteigentümer des zu dieser Zeit in Deutschland größten Konzerns von Zementwerken, den Reichstagsabgeordneter der Zentrums-Partei.

Das Haus, gelegen am Kaiser-Wilhelm-Ring, und sein weitläufiger Garten waren dementsprechend häufig Ort von Festen und Empfängen und dafür recht luxuriös ausgestattet.

In der Weltwirtschaftskrise und den folgenden schwierigen Zeiten Anfang der 1930er Jahre brach auch ten Hompels Zementimperium zusammen. Im Jahre 1935 wurde der ehemalige Generaldirektor ten Hompel vor dem Landgericht Münster wegen Veruntreuung, Konkursvergehen, Vermögensverschiebungen und Urkundenfälschung angeklagt und zu drei Jahren Gefängnis sowie einer Geldstrafe von 22.000 Reichsmark verurteilt. 1939 ging die Villa schließlich in den Besitz des Reichsfiskus über; Rudolf ten Hompel zog nach München, wo er 1948 starb.

Die Villa ten Hompel im Besitz der Ordnungspolizei

Ab April 1940 übernahm die Ordnungspolizei die Villa als Hauptquartier für den Wehrbezirk VI, der das ganze heutige Nordrhein-Westfalen mitsamt der Region um Osnabrück und Teilen Belgiens umfasste. Während des Krieges wurden aus der Villa ten Hompel über 20 Polizei-Bataillone in das besetzte Europa geschickt, auch wurden Wachmannschaften für Deportationen und Aufsichtspersonal für Arbeitserziehungslager organisiert, außerdem wurden Fremdarbeiter und Kriegsgefangene dort überwacht.

Von dort hatte der Befehlshaber der Ordnungspolizei (BdO) Befehlsgewalt über fast 200.000 Mann. Im April 1940 wurde Generalmajor der Polizei Heinrich Lankenau zum BdO ernannt. Lankenau wurde im Dezember 1942 von Generalmajor d.P. Otto Schumann abgelöst, auf den im September 1943 Generalmajor d.P. Kurt Göhrum folgte. Im Herbst 1944 folgte diesem schließlich Generalleutnant d.P. Reiner Liessem, der das Amt bis Kriegsende innehatte. Liessem verlegte das Hauptquartier des BdO nach Düsseldorf-Kaiserswerth.

Die Villa als Teil der Landespolizei

Nach dem Zweiten Weltkrieg diente die Villa ten Hompel als Hauptsitz für die Landespolizei sowie ab Frühjahr 1946 auch der Kriminalpolizei, die im Oktober aber mit der Düsseldorfer Kripo zusammengelegt wurde und sich aus der Villa zurückzog. Bis 1953 war außerdem die Wasserschutzpolizei des Bereichs Westdeutsche Kanäle hier stationiert, dann wurde sie nach Duisburg verlegt. In der Villa blieb bis 1965 eine Personalstelle der Wasserschutzpolizei.

Entschädigungszahlungen aus der Villa ten Hompel heraus

Ab 1954 war das Dezernat für Wiedergutmachung der Bezirksregierung in der Villa ansässig. Als solches war es dafür verantwortlich, Entschädigungszahlungen an Opfer des Nationalsozialismus und deren Hinterbliebene zu leisten. 12.000 Menschen stellten in den Jahren bis 1968 einen Antrag auf Entschädigung, an diese wurden 100.000.000 Mark ausgezahlt

Die Villa als Geschichtsort

Ende der 1990er kaufte die Stadt Münster die Villa, um hier eine Gedenkstätte einzurichten, die sich dem Polizei- und Verwaltungshandeln widmete. Am 13. Dezember 1999 eröffnete Oberbürgermeister Berthold Tillmann in Anwesenheit von NRW-Ministerpräsident Wolfgang Clement und dem Präsidenten des Zentralrates der Juden in Deutschland Paul Spiegel die erste Ausstellung. Seit 2005 sind im Geschichtsort die beiden Dauerausstellungen "I.m A.uftrag" und "Wiedergutmachung als Auftrag" zu sehen, die sich um die Themen NS-Verbrechen, Entschädigung für NS-Unrecht, Polizei- und Behördengeschichte drehen. Die Villa arbeitet eng mit der Universität, Schulen und der Polizei zusammen (Seminar- und Bildungsarbeit). Außerdem befinden sich hier eine Bibliothek und ein Archiv. Die Fachhochschule Münster unterstützt die Ausstellung der Villa in Fragen des Designs. Seit Oktober 2008 ist die Stadt Münster Trägerin eines von fünf Mobilen Beratungsteams gegen Rechtsextremismus in NRW. die "Mobile Beratung im Regierungsbezirk Münster - Gegen Rechtsextremismus, für Demokratie" ist dem Geschichtsort Villa ten Hompel angegliedert.

Personal und Stellen

Schlagzeilen um die Villa gab es zum Jahreswechsel 2005/2006, als in der münsterschen Kommunalpolitik Überlegungen laut wurden, den städtischen Zuschuss für die Villa, zu kürzen oder ganz zu streichen. Erster Geschäftsführer und Gründungsdirektor war von 1996 bis 2003 Dr. Alfons Kenkmann. Ihm folgte zunächst kommissarisch und seit 2009 als Leiter der Historiker Christoph Spieker. Die Arbeit am Geschichtsort ist nur möglich durch die Unterstützung eines Teams und zahlreicher ehrenamtlicher Unterstützer und Praktikanten.

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