Viperfisch

Viperfische
Chauliodus sloani
Systematik
Klasse: Strahlenflosser (Actinopterygii) Teilklasse: Echte Knochenfische (Teleostei) Ordnung: Maulstachler (Stomiiformes) Familie: Barten-Drachenfische (Stomiidae) Unterfamilie: Stomiinae Gattung: Viperfische
Wissenschaftlicher Name
Chauliodus
Bloch & Schneider, 1801

Die Viperfische (Chauliodus) sind eine Gattung der Barten-Drachenfische (Stomiidae) und gehören zur Unterfamilie Stomiinae. Viperfische sind Beutegreifer der Tiefsee. Sie sind hochspezialisiert für eine Existenz in diesem lebensfeindlichen Lebensraum. Mit etwa 30 Zentimetern Körpergröße gehören sie zu den größeren Fischen der Tiefsee.

Der Name Viper (Viperidae) (siehe Vipern) bedeutet Röhrenzähner.

Merkmale

Die Viperfische werden oft als bizarre, leuchtende Wesen der Tiefsee beschrieben. Im Oberkiefer ist die Prämaxillare (also das Zwischenkieferbein) bezahnt. Die Fangzähne des Unterkiefers sind verschieden groß und nach hinten gebogen. Sie ragen bei geschlossenem Maul hervor. Die Augen sind relativ groß im Verhältnis zum Kopf. Es wird angenommen, dass die großen silbernen Augen der Viperfische das menschliche Auge bezüglich der Anpassung an trübes Licht um ein 30-faches übertreffen.^[1] Ihr Körper ist langgestreckt und mit Drüsen übersät, welche als Leuchtorgane fungieren. Wird ein lebendiger Viperfisch berührt, so leuchtet sein gesamter Körper in einem pulsierenden Licht. Einige Arten besitzen bis zu 1500 zusammengesetzte Lichtorgane. Diese sind sehr leistungsfähig, etwa 98 % der zugeführten Energie kann in Licht umgesetzt werden.^[2]

Der Körper ist von Schuppen bedeckt, die sich leicht von der Haut lösen. Die sich kurz hinter dem Kopf, vor den Bauchflossen befindliche Rückenflosse hat fünf bis sieben Flossenstrahlen, von denen die erste stark verlängert ist. Die Afterflosse wird durch 10 bis 13 Flossenstrahlen gestützt. Lebende Viperfische sind von einer dicken Schleimschicht bedeckt. Sie werden 14 bis 35 Zentimeter lang.^[3]

Lebensraum

Viperfische sind Räuber der Tiefsee und bewohnen das Mesopelagial. In dieser Tiefseeschicht leben sie in einer Tiefe zwischen 400 und 800 Metern. Einige Arten sind jedoch in der Lage bis zu 1800 Meter tief zu tauchen. In diesen Tiefen ist kaum noch natürliches Licht vorhanden, außer einem geringen Anteil blaues Licht, der bei äußerst klarem Wasser bis etwa 875 Meter Tiefe reicht. Andere Fische sind im Mesopalagial recht selten. Das Nahrungsangebot ist für die Fische, die sich nicht ausschließlich von Plankton ernähren können, zu gering, so dass der Viperfisch sich diesen Lebensraum vor allem mit Plankton teilt.^[4]

Innerhalb der Mesopelagialschicht leben Viperfische in allen gemäßigten und tropischen Ozeanen. Auch in der Nordsee wurden sie bereits angetroffen. Ein Vorkommen in der Ostsee ist recht unwahrscheinlich, da diese eine maximale Tiefe von 450 Metern hat.

Die Art Chauliodus sloani bevorzugt die nahrungsreichen Gewässer abseits des Zentralozeans, also abseits der äquatorumschließenden Ozeanteile des Atlantiks, Pazifiks und Indischen Ozeans.^[4]

Nahrung und Jagd

Die Viperfische sind hochspezialisierte Beutegreifer, alle Arten sind Augenjäger, das heißt, die großen Augen der Fische nehmen Bewegungen anderer Tiefseebewohner wahr. Jedes Auge hat ein besonderes Leuchtorgan, welches unter der Pupille liegt. Dieses Leuchtorgan verbessert das Lichtwahrnehmungsvermögen der Fische deutlich. Weitere am Auge befindliche Leuchtorgane werden als eine Art Scheinwerfer benutzt, um das Opfer anzuleuchten, bevor die Fische zuschnappen. Hierfür besitzen sie die oben erwähnten dolchförmigen, ungleich großen und nach hinten gebogenen Fangzähne.

Jagdmethoden

Die großen Augen der Viperfische suchen die Tiefsee nach potenzieller Beute ab, während der Fisch sich in Ruhe befindet. Die große Linse und die mehrschichtige Netzhaut ermöglichen es den Viperfischen auch geringe Lichtmengen zu registrieren. Hierbei sind die großen Kiefer der Fische noch geschlossen. Auf dem beweglichen Rückenflossenstrahl sitzt ein weiteres Leuchtorgan. Mit diesem vor dem Maul hängendem Lichtstrahl erregt der Jäger die Aufmerksamkeit anderer Tiefseebewohner. Hierfür benutzen die Viperfische eine bewährte Anpassungsform der Tiefsee, die Biolumineszenz.^[5] Sie sind in der Lage, Licht ohne Wärme zu erzeugen. Dazu ist eine chemische Reaktion notwendig, bei welcher Luciferin oxidiert. Die Viperfische besitzen für die Erzeugung des Lichtes spezielle Leuchtorgane. In diesen Photophoren wird die Stärke, Richtung und Frequenz des Lichtes kontrolliert. Diese Fähigkeit besitzen neben den Viperfischen noch einige andere Tiefseetiere, wie zum Beispiel Tiefseeanglerfische, Vampirtintenfische oder die Schwarzen Schlinger.^[5] Jedes Beutetier, das zu neugierig ist und zur Lichtquelle eines Viperfisches schwimmt, wird von diesem geschnappt. Die Zahnstilette des Oberkiefers erdolcht die Beute und hält sie fest. Um Beute verschlucken zu können, die teilweise so groß wie der Fisch selbst ist, kann der Viperfisch seinen Unterkiefer aushängen. Während dieses Vorganges sind jedoch Atmung und Blutkreislauf behindert, da die Kiemen der Viperfische zurückgezogen werden. Bei einer besonders großen Beute liegen die Atmungsorgane frei. Das Verschlucken der Beute muss darum schnell vonstatten gehen, um die Blut- und Sauerstoffversorgung wieder zu gewährleisten. Bei dem raren Nahrungsangebot in der Tiefsee ist es unbedingt erforderlich, jedes vorhandene Beutetier greifen zu können.

Bedeutung des Planktons

Fische sind auf Grund fehlender Nahrung selten und Pflanzen können ohne Licht nicht überleben. Das gesamte Leben hängt hier darum vom Plankton ab, da das Wasser im Mesopelagial sehr planktonreich ist. Bei Nacht bewegt sich das Plankton nach oben, um im Epipelagial noch kleinere Organismen zu fressen. An der Wasseroberfläche befinden sich viele nährstoffreiche Kleinstlebewesen. Einige andere kleine Tiefseefische folgen dem Plankton nach oben und ernähren sich von ihm. In jeder Nacht findet die größte regelmäßige Wanderung von Lebewesen auf unserem Planeten statt: Die kleinen Tiefseefische, zum Beispiel der Borstenmäuler, kehren mit dem nährstoffreichen Plankton im Magen in tiefere Regionen zurück. Hier werden sie nun selbst von Räubern wie den Viperfischen gefressen. Diese Tiere bilden also ein entscheidendes Verbindungsstück im Nahrungsnetz der Tiefsee.

Fortpflanzung

Der Lebensraum der Viperfische ist für Menschen nahezu unzugänglich. Taucher haben Viperfische zwar bereits aus steuerbaren Tauchfahrzeugen beobachten können, viele Verhaltensweisen der Fische, wie das Fortpflanzungsverhalten, bleiben jedoch im Verborgenen. Forscher gehen jedoch davon aus, dass die Viperfische eine große Menge von Eiern hervorbringen, welche zunächst ein Larvenstadium durchlaufen. Hiernach beginnt das Erwachsenenstadium.^[6]

Verhalten

Ähnlich wie die Fortpflanzung sind auch die meisten Verhaltensweisen der Viperfische bisher weitgehend unerforscht. Einzig das oben beschriebene Jagdverhalten gilt als sichere Erkenntnis. Fest steht auch, dass es sich bei Viperfischen um Einzelgänger handelt. Die langsam schwimmenden Raubfische liegen meist auf der Lauer nach ihrer Beute. Hierzu ruhen die Viperfische lange nahezu bewegungslos in der Tiefe. Potenzielle Geschlechtspartner kommen sich in den Weiten der Tiefsee nur selten nahe.

Viperfisch und Mensch

Die in der Tiefsee lebenden Viperfische sind ohne wirtschaftliche Bedeutung für den Menschen. Sie bleiben menschlichen Einflüssen weitgehend entzogen. Nur wenige Menschen haben je einen Viperfisch zu Gesicht bekommen. Seine Lebensweise ist im Dunkel abgelegener Ozeantiefen nahezu unerforscht.

Der Viperfisch ist auf der 2 Franc-Briefmarke der Republik Kongo abgebildet. Es handelt sich hierbei um einen Chauliodus sloani.^[7]

Arten

Die Gattung Chauliodus umfasst neun Arten: ^[8]

Chauliodus danae

• Chauliodus barbatus (Lowe, 1843).
• Chauliodus danae Regan & Trewavas, 1929.
• Chauliodus dentatus Garman, 1899.
• Chauliodus macouni Bean, 1890.
• Chauliodus minimus Parin & Novikova, 1974.
• Chauliodus pammelas Alcock, 1892.
• Chauliodus schmidti (Regan & Trewavas, 1929).
• Chauliodus sloani Bloch & Schneider, 1801.
• Chauliodus vasnetzovi Novikova, 1972.

Die größte Art der Viperfische ist mit bis zu 35 cm Körpergröße Chauliodus sloani.

Einzelnachweise

1. ↑ Faszination Tier und Natur, Gruppe 4 – Fische (Nr. 33) Seite 131. Siehe auch Literaturangaben.
2. ↑ Wissen neu erleben – Ozeane (In der Tiefsee) Seite 178. Siehe auch Literaturangaben
3. ↑ Gruner + Jahr AG (Hrsg.) GEO – Ozean und Tiefsee, Hamburg 2003, Seite 94/95. Siehe auch Literaturangaben
4. ↑ ^{a b} Faszination Tier und Natur, Gruppe 4 – Fische (Nr. 33) Seite 132. Siehe auch Literaturangaben.
5. ↑ ^{a b} Wissen neu erleben – Ozeane (In der Tiefsee) Seite 184. Siehe auch Literaturangaben
6. ↑ Faszination Tier und Natur, Gruppe 4 – Fische (Nr. 33) Seite 130. Siehe auch Literaturangaben.
7. ↑ Fishbase
8. ↑ Valid Species of the Genus Chauliodus, Fishbase

Literatur

• Detlef Singer: Faszination Tier & Natur, Gruppe 4 – Fische, München ohne Jahresangabe
• Rainer Klingholz u.a.: GEO – Ozean und Tiefsee, Gruner + Jahr AG (Hrsg.), Hamburg 2003
• Kurt Fiedler, Lehrbuch der Speziellen Zoologie, Band II, Teil 2: Fische, Gustav Fischer Verlag Jena, 1991, ISBN 3-334-00339-6
• Joseph S. Nelson, Fishes of the World, John Wiley & Sons, 2006, ISBN 0-471-25031-7
• Stephen Hutchinson & Lawrence Hawkins, Wissen neu erleben – Ozeane (In der Tiefsee) blv-Verlag, München 2004, ISBN 3-405-16817-1

Weblinks

• Chauliodus sloani The Animal Diversity Web
• Viperfish Chauliodus sloani Australian Museum