- Echte Knochenfische
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Echte Knochenfische Kreisdorn-Doktorfisch (Acanthurus tennenti)
Systematik Unterstamm: Wirbeltiere (Vertebrata) Überklasse: Kiefermäuler (Gnathostomata) Reihe: Knochenfische (Osteichthyes) Klasse: Strahlenflosser (Actinopterygii) Unterklasse: Neuflosser (Neopterygii) Teilklasse: Echte Knochenfische Wissenschaftlicher Name Teleostei Müller, 1846 Die Echten Knochenfische (Teleostei) sind eine Teilklasse der Strahlenflosser (Actinopterygii). Sie werden auch als Knochenfische im engeren Sinne bezeichnet, um sie begrifflich eindeutig von den Knochenfischen im weiteren Sinne (Osteichthyes) zu unterscheiden. Der wissenschaftliche Name „Teleostei“ (gr. telos - „Vollendung“; osteon - „Knochen“) bezieht sich auf das bei vielen Arten vollständig verknöcherte Skelett[1]. Die rezenten Teleostei werden auch unter dem Taxon Teleocephala zusammengefasst und so von den fossilen Formen abgegrenzt [2].
Zu den Echten Knochenfischen zählen über 96 Prozent aller lebenden Fischarten und damit etwa die Hälfte aller beschriebenen Wirbeltierarten.
Inhaltsverzeichnis
Anatomische Kennzeichnung
Eine klare Definition der Knochenfische i. e. S. ist besonders an ihrer Wurzel schwierig. Die angeführten Punkte sind z. T. nicht unbedingt stichhaltig (Wiley und Johnson 2010):
1. Quadratum caudoventral mit “Quadratojugal”fortsatz (Bindegewebsknochen).
2. Maxillare drehbar (Einengung des Mundwinkels).
3. Coronoidea fehlen im Unterkiefer.
4. Articulare mit Angulare (oder aber Retroarticulare) verschmolzen.
5. Neuraldorn des Praeurale 1 kurz oder weitgehend reduziert (s. Schwanzflosse).
6. Brustflossen-Propterygium mit dem vordersten Radius verschmolzen.
7. Dorsale Basis-Fortsätze der innersten dorsalen Schwanzflossenstrahlen vorhanden.
8. Uroneuralia nur von Uralwirbeln aus.
9. Hinteres Myodom (Kanal für die Geraden Augenmuskeln) bis ins Basioccipitale reichend.
10.Frontale hinten stets breiter als vorne (außer bei Osteoglossomorpha und etlichen Ostariophysi).
11.Vomer unpaar.
Jedes dieser Merkmale genügt schon, um einen Teleosteer mit großer Wahrscheinlichkeit zu erkennen. Natürlich aber kann z.B. ein kleinäugiger Fisch keine Myodome, ein schwanzflossenloser keine Uroneuralia haben (usw.).
Lebensräume und Artenverteilung
Die Echten Knochenfische entwickelten sich ursprünglich in Süßwasserökosystemen. Manche Gruppen sind ins Meer gewandert, von diesen sind wiederum einzelne sekundär wieder Süßwasserbewohner geworden. Auf die verschiedenen Lebensräume verteilen sich die Arten heute folgendermaßen:
- Primär im Süßwasser 33,1 %, Salmlerartige (Characiformes), Karpfenartige (Cypriniformes), Welsartige (Siluriformes)
- Sekundär im Süßwasser 8,1 %, Buntbarsche (Cichlidae), Zahnkärpflinge (Cyprinodontiformes)
- Warme Küsten bis in einer Tiefe von 200 Meter 40,5 %, Echte Barsche (Percoidei), Schleimfischartige (Blennioidei), Grundelartige (Gobioidei), Aalartige (Anguilliformes)
- Kalte Küsten 5,6 %, Dorsche (Gadidae), Aalmuttern (Zoarcidae), Schleimfischartige (Blennioidei), Panzerwangen (Scorpaeniformes)
- Tiefseeböden und Kontinentalhänge 6,4 %, Grenadiere (Macrouridae), Eingeweidefischartige (Ophidiiformes), Aalmuttern (Zoarcidae), Aalartige (Anguilliformes), Panzerwangen (Scorpaeniformes),
- Tiefsee unter 200 Meter, pelagisch 5,0 %, Heringsartige (Clupeiformes), Laternenfische (Myctophidae)
- Hochsee bis 200 Meter, pelagisch 1,3 %, Makrelen und Thunfische (Scombridae), Fliegende Fische (Exocoetidae)
Paläontologie und Evolution
Die ältesten Vertreter der Echten Knochenfische finden sich in der Trias vor etwa 220 Millionen Jahren. Sie entstanden aus Vorläufern, die den heutigen im Süßwasser lebenden Kahlhechtartigen (Amiiformes) ähnlich waren und werden als deren Schwestergruppe betrachtet.
In ihrer Verbreitung standen die Echten Knochenfische zunächst hinter den ursprünglich vorherrschenden Knochenganoiden zurück. Während der mittleren Kreide gab es einen explosionsartigen Evolutionsschub, bei dem unter anderem die Protacanthopterygii entstanden. Eine zweite Phase rascher evolutionärer Aufspaltung in der oberen Kreide und im unteren Tertiär führte zur Entstehung der Barschartigen (Perciformes). Heute nehmen sie die vorherrschende Stellung unter den Fischen ein.
Fast 70 Familien sind ausgestorben.
Nur 57 % aller heute lebender Familien der Echten Knochenfische sind fossil überliefert. In der Fossilien-Lagerstätte Monte Bolca aus dem Eozän in der Nähe von Verona, Italien, fand man eine Vielzahl von Fossilien höherer Taxa der Echten Knochenfische.
Systematik
Die Echten Knochenfische waren das erste hohe Wirbeltiertaxon, das eine annähernd phylogenetische Systematik erhielt. Hier wird die Systematik nach der 2006er Ausgabe von Joseph S. Nelsons Standardwerk zur Fischsystematik wiedergegeben. Sie ist weitgehend phylogenetisch, benutzt aber für klassische Taxa weiterhin Ränge[3].
Gegenwärtig umfassen die Echten Knochenfische 40 Ordnungen, 448 Familien, 4278 Gattungen und etwa 25900 Arten.
Teilklasse Echte Knochenfische (Teleostei)
- Ordnung Pholidophoriformes †
- Ordnung Leptolepiformes †
- Ordnung Tselfatiiformes †
- Überordnung Knochenzünglerähnliche (Osteoglossomorpha)
- Ordnung Ichthyodectiformes †
- Ordnung Lycopteriformes †
- Ordnung Mondaugen (Hiodontiformes)
- Ordnung Knochenzünglerartige (Osteoglossiformes)
- Elopocephalia
- Familie Araripichthyidae †
- Überordnung Elopomorpha
- Ordnung Tarpunartige (Elopiformes)
- Ordnung Grätenfischartige (Albuliformes)
- Ordnung Aalartige (Anguilliformes)
- Ordnung Pelikanaalartige (Saccopharyngiformes)
- Clupeocephalia
- Ordnung Crossognathiformes †
- Ostarioclupeomorpha
- Überordnung Clupeomorpha
- Ordnung Ellimmichthyiformes †
- Ordnung Heringsartige (Clupeiformes)
- Überordnung Ostariophysi
- Ordnung Sandfischartige (Gonorynchiformes)
- Otophysi
- Ordnung Karpfenartige (Cypriniformes)
- Ordnung Salmlerartige (Characiformes)
- Ordnung Neuwelt-Messerfische (Gymnotiformes)
- Ordnung Welsartige (Siluriformes)
- Überordnung Clupeomorpha
- Euteleostei
- Überordnung Protacanthopterygii
- Ordnung Lachsartige (Salmoniformes)
- Ordnung Goldlachsartige (Argentiniformes)
- Ordnung Stintartige (Osmeriformes)
- Ordnung Hechtartige (Esociformes) [An 1]
- Neoteleostei
- Überordnung Stenopterygii
- Ordnung Maulstachler (Stomiiformes)
- Überordnung Ateleopodomorpha
- Ordnung Tiefseequappenartige (Ateleopodiformes)
- Überordnung Cyclosquamata
- Ordnung Eidechsenfischverwandte (Aulopiformes)
- Ctenosquamata
- Überordnung Scopelomorpha
- Ordnung Laternenfischverwandte (Myctophiformes)
- Acanthomorpha
- Überordnung Lampridiomorpha
- Ordnung Glanzfische (Lampriformes)
- Überordnung Polymixiomorpha
- Ordnung Bartfischartige (Polymixiiformes)
- Ordnung Ctenothrissiformes †
- Überordnung Paracanthopterygii
- Ordnung Barschlachsartige (Percopsiformes)
- Ordnung Sphenocephaliformes †
- Ordnung Dorschartige (Gadiformes)
- Ordnung Eingeweidefischartige (Ophidiiformes)
- Ordnung Froschfischartige (Batrachoidiformes)
- Ordnung Armflosser (Lophiiformes)
- Überordnung Stachelflosser (Acanthopterygii)
- Mugilomorpha
- Ordnung Meeräschenartige (Mugiliformes)
- Atherinomorpha
- Atherinea
- Ordnung Ährenfischartige (Atheriniformes)
- Cyprinodontea
- Ordnung Hornhechtartige (Beloniformes)
- Ordnung Zahnkärpflinge (Cyprinodontiformes)
- Atherinea
- Percomorpha
- Ordnung Dornfischartige (Stephanoberyciformes)
- Ordnung Schleimkopfartige (Beryciformes)
- Ordnung Petersfischartige (Zeiformes)
- Ordnung Stichlingsartige (Gasterosteiformes)
- Ordnung Kiemenschlitzaalartige (Synbranchiformes)
- Ordnung Panzerwangen (Scorpaeniformes) [An 2]
- Ordnung Barschartige (Perciformes)
- Ordnung Plattfische (Pleuronectiformes)
- Ordnung Kugelfischverwandte (Tetraodontiformes)
- Mugilomorpha
- Überordnung Lampridiomorpha
- Überordnung Scopelomorpha
- Überordnung Stenopterygii
- Überordnung Protacanthopterygii
Alle Ordnungen und Familien findet man unter Systematik der Knochenfische.Anmerkungen
- ↑ Die Hechtartigen werden auch oft als Schwestergruppe der Neoteleostei angesehen, da sie die gleiche Art der Zahnbefestigung besitzen wie diese.
- ↑ Die Monophylie der Panzerwangen konnte in vielen molekulargenetischen Untersuchungen nicht bestätigt werden. Die Familien der Panzerwangen werden dann den Barschartigen zugeordnet.
Quellen
Literatur
- Joseph S. Nelson: Fishes of the World. John Wiley & Sons, 2006, ISBN 0-471-25031-7.
- Kurt Fiedler: Lehrbuch der Speziellen Zoologie. 2. Band. 2. Teil. Gustav Fischer Verlag, Jena 1991, ISBN 3-334-00339-6.
- E.O. Wiley and G.D. Johnson (2010): A teleost classification based on monophyletic groups. http://si-pddr.si.edu/dspace/bitstream/10088/9786/1/vz_10Wiley-Johnson-2010-Teleost_Classification.pdf
Einzelnachweise
- ↑ Erwin. J. Hentschel, Günther H. Wagner: „Zoologisches Wörterbuch“. 6. Auflage. Gustav Fischer Verlag, Jena, 1996
- ↑ E.O. Wiley & G.D. Johnson (2010), Seite 129.
- ↑ Joseph S. Nelson (2006).
Weblinks
Commons: Teleostei – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien- Teleostei beim Tree of Life web project (englisch)
Wikimedia Foundation.