Viralmarketing

Viralmarketing

Virales Marketing (auch Viralmarketing oder manchmal Virusmarketing, kurz VM) ist eine Marketingform, die soziale Netzwerke und Medien nutzt, um mit einer meist ungewöhnlichen oder hintergründigen Nachricht auf eine Marke, Produkt oder Kampagne aufmerksam zu machen. Wenngleich die epidemische Verbreitung der einer Mundpropaganda ähnelt, ist Virales Marketing nicht mit dieser zu vergleichen, da bei der Mundpropaganda die Initiierung der Verbreitung für gewöhnlich von neutralen Teilnehmern hervorgeht. Der Term „viral“ besagt, dass Informationen über ein Produkt oder eine Dienstleistung innerhalb kürzester Zeit gleich einem biologischen Virus von Mensch zu Mensch weitergetragen werden. [1]

Das Virale Marketing bedient sich dabei verschiedener Methoden, um die Nachricht zu publizieren, wie z. B. Postkarten, Filmclips oder einfache Beiträge in Internetforen und Blogs. Die eigens für das Internet vorbereiteten Methoden werden als Virals bezeichnet.

Der Erfolg ist, gemessen am minimalen finanziellen Aufwand, überproportional groß, lässt sich aber letztendlich nicht in Zahlen ausdrücken, da eine genaue Kontrolle der Verbreitung per se nicht möglich ist.

In einer Ausgabe des Fernsehmagazins ZAPP zum Thema Virales Marketing umschrieb der Kreativdirektor den Begriff wie folgt:

„Werbung im Fernsehen ist klar zu erkennen als Werbung. Werbung im Internet ist, wenn sie gut gemacht ist, erst mal nicht sofort zu dechiffrieren als Werbung. Das heißt die Menschen treffen auf etwas, finden es interessant, finden es gut und schicken es weiter“

Guido Heffels, Kreativdirektor NDR. [2]

Inhaltsverzeichnis

Formen des Viralen Marketing

Man unterscheidet zwischen zwei verschiedenen Formen beim Viralen Marketing, die sich nach der Aktivität des Verbreiters richtet:

Passives Virales Marketing

Beim passiven Viralen Marketing verbreitet der Nutzer die Nachricht allein durch die Nutzung des Produktes. Als Beispiel wird in der Literatur oft Hotmail genannt. Durch das Einfügen von zwei Werbezeilen "P.S. Get your private, free email at Hotmail" am Ende jeder ausgehenden E-Mail wurden die Empfänger auf den kostenlosen Dienst aufmerksam gemacht. Zusätzlich wurde zum Ausdruck gebracht, dass der E-Mail Dienst funktioniert, da ihn der Sender selbst verwendet. [3]

Aktives Virales Marketing

Beim aktiven Viralen Marketing muss der Verbreiter aktiv die Botschaft selbst verbreiten. Dafür muss die Motivation des Verbreiters vorhanden sein und dem Verbreiter muss eine Möglichkeit gegeben werden, die Botschaft zu verbreiten wie zum Beispiel bei einer Funktion, mit der man Freunde via E-Mail zu einer Webseite einladen kann. [4]

Beispiele

Ein bekanntes Beispiel ist das Werbespiel Moorhuhn, das von der Firma Phenomedia AG für Johnnie Walker entwickelt wurde. Innerhalb kürzester Zeit erreichte das Spiel eine enorme Popularität die sich auch auf die Marke übertrug. Mit Nachfolgern von Moorhuhn versuchten später auch Firmen wie Computer Channel, Quam, Bild und Haribo an den Erfolg anzuknüpfen. [5]

Der Erfolg von Blair Witch Project, einer Low-Budget-Produktion von 1999, beruhte größtenteils auf einer Kampagne im Internet, die anfangs mit geheimnisvollen und real anmutenden Szenen aus dem Film den Anschein erweckte, dass es sich um tatsächliche Begebenheiten handle.

Eine ähnliche Methode wandte auch J. J. Abrams für sein Filmprojekt Cloverfield an. Hinweise zum Plot wurden u. a. im sozialen Netzwerk MySpace verteilt, woraufhin das Interesse am Film ohne aufwendige konservative Maßnahmen drastisch stieg.

Verbreitung

Folgende Möglichkeiten zur Verbreitung sind denkbar:

  • Tell-A-Friend-Funktionen: Über Formulare auf Webseiten lässt sich der Inhalt der betreffenden Seite als „Empfehlung“ an EMail-Adressen verschicken.
  • E-Mail-Weiterleitung: Eine häufige Art der Verbreitung, bei der der Konsument meist die komplette Nachricht selber verfasst und als Empfehlung weiterversendet.
  • Weblogs: Die Aufnahme eines bestimmten Themas durch mehrere "Blogger" impliziert eine Popularität.
  • Counter: Ein Bonusprogramm auf Internetseiten, das einen Konsumenten zur Verbreitung der Webadresse animiert. Eine spezielle individuelle URL lässt hierbei Rückschlüsse auf denjenigen zu, der diese Adresse verbreitet hat, und sorgt je nach Anzahl der Aufrufe für eine Entlohnung desjenigen.

Grundvoraussetzungen

Das genutzte Kampagnegut dient als „Köder“ und muss daher eine große Zielgruppe ansprechen. Ob ein Spiel oder ein kurzer Filmclip; das Kampagnegut muss unterhaltsam, nützlich, überraschend bzw. einzigartig sein und sollte vor allem kostenlos zur Verfügung stehen. Eine sachliche oder monetäre Belohnung (Gutscheine, Prämien, Gewinnspiele) der aktiven Verbreitung kann den Konsumenten zusätzlich anspornen, seine Empfehlung an andere potentielle Konsumenten weiterzugeben. [6]

„[...] ich lege eine Werbebotschaft ins Netz, und wenn sie gut gefällt und wenn sie gut verpackt ist, wird sie einfach weitertransportiert, ohne dass man dafür Werbegeld ausgeben muss.“

Wulf-Peter Kemper, Marketingberater. [2]

Der Autor Malcolm Gladwell hat in seinem Buch The Tipping Point (2000) ebenfalls drei „Erfolgsfaktoren“ für das Entstehen von Epidemien herausgearbeitet. Unter anderem sind bestimmte Schlüsselpersonen, die in unterschiedlichen Rollen die Botschaft verbreiten, sehr wichtig für die Ausbreitung von Epidemien. Gladwell lenkt den Blick auch auf scheinbare Kleinigkeiten, zum Beispiel die Broken-Window-Theorie, die ebenfalls große Bedeutung haben können.[7]

Wissenschaftliche Grundlage

Ein wissenschaftlicher Erklärungsansatz für Funktionsweise und Erfolg des Verfahrens bietet sich im Rahmen der Memetik: Eine virale Werbekampagne bildet eine Gruppe von Ideen oder Gedanken (Memen), die sich wechselseitig bei ihrer Replikation und Weiterverbreitung innerhalb der Gesellschaft unterstützen, einen so genannten Memplex. Es wird ein Mechanismus geschaffen, der allein aufgrund seiner Form für die Verbreitung einer Botschaft sorgt, indem jeder Empfänger zur Weitergabe angeregt wird. Der Verbreitungserfolg ist dabei unabhängig von dem tatsächlichen Wert oder Wahrheitsgehalt der verbreiteten Information.

Probleme

  1. Am Beispiel der Software Moorhuhn wird deutlich, dass die eigentliche Aufgabe der Kampagne sehr schnell in den Hintergrund rückt. Die Marke rückt dann in den Hintergrund und die Kampagne verursacht dann Kosten, die in keinem Verhältnis mehr zum Erfolg stehen.
  2. Wer eine unterhaltsame Werbung weiterleitet, empfiehlt noch lange nicht das entsprechende Produkt. Welche Absatzwirkung sie hat, hängt allein davon ab, wie gut sie auch im klassischen Sinne als Werbung funktioniert, also die Vorteile eines Produktes zeigt oder ein Bedürfnis weckt.
  3. Der Sender einer Botschaft kann diese mit einer eigenen Tendenz oder Sichtweise versehen, die nicht zwingend der ursprünglich intendierten Nachricht entsprechen muss. Die Sichtweise kann einen negativen Einfluss auf das Produkt haben, oder den Blick vom Produkt ganz ablenken. (siehe 1. Beispiel)
  4. Im Vergleich zur herkömmlichen Werbung ist eine Erfolgsmessung kaum möglich.

Kritik

Eine extreme Form des viralen Marketing ist der gezielte Missbrauch von Medien, beispielsweise von Online-Enzyklopädien oder Lexika. Dabei werden bestehende Einträge anonym durch Agenturen oder von Dritten derart manipuliert, dass deren Neutralität nicht mehr gewahrt ist. In der Vergangenheit machten so z. B. T-Mobile und Hornbach mit den erfundenen Identitäten Chad Kroski und Ron Hammer auf sich aufmerksam.[8][9]

Der Sender Pro7 macht im März 2009 von sich reden, nachdem ein als Nachrichtensendung getarnter Programmhinweis für Verwirrung unter den Zuschauern sorgte. Auch hier war das Ziel, durch eine ungewöhnliche, in diesem Zusammenhang erschreckende Nachricht, den Konsumenten zur Verbreitung zu bewegen. (siehe den Hauptartikel Newstime)

Abgrenzung

Die Grenzen zur unterschwelligen Werbung oder zum Product Placement sind sehr schwer zu bestimmen. Beiträge in Zeitschriften, im Fernsehen oder Radio, die einen redaktionellen Eindruck erwecken, dabei jedoch auf ein Produkt aufmerksam machen wollen, sind zwar verboten, haben aber eine ähnliche Wirkung.

Oft werden Beiträge auch kostenfrei von Agenturen angeboten und anschließend im Umfeld redaktionell betreuter Beiträge eines Mediums platziert. Hierbei besteht die Gefahr, dass das Medium nicht mehr als objektiv betrachtet wird oder der Eindruck von Schleichwerbung entstehen kann, wenn die Werbung nicht als solche gekennzeichnet wird. Ein Beispiel hierfür kann die Nennung der Neuveröffentlichung eines Musikalbums (eines speziellen Musiklabels) im Rahmen einer Nachrichtensendung sein, wenn hierdurch direkt oder indirekt ein geldwerter Vorteil für das Nachrichtenmedium entsteht.

Literatur

  • Hans H. Bauer, Dirk Große-Leege, Jürgen Rösger: Interactive Marketing im Web 2.0+ - Konzepte und Anwendungen für ein erfolgreiches Marketingmanagement im Internet. 1. Auflage. Verlag Vahlen München 2007, ISBN 978-3800-63406-4.
  • Edwin A. Biedermann: Empfehlungsmarketing - Konsumentennetzwerke, der Vertriebsweg für Expansion. 2007, ISBN 978-3000-22125-5.
  • Emanuel Rosen: The Anatomy of Buzz: How to Create Word of Mouth Marketing. New York 2005, ISBN 978-0385496681.
  • Felix Holzapfel: „Kapitel: 15. Viral Marketing - Sekt oder Selters“ aus dem Buch Guerilla Marketing - Online, Mobile & Crossmedia. Köln 2006.
  • Seth Godin: Unleashing the Ideavirus. 2001, ISBN 978-0786887170.
  • Justin Kirby, Paul Marsden: Connected Marketing: The Viral, Buzz and Word of Mouth Revolution. New York 2005, ISBN 978-0750-6663-43.
  • Sascha Langner: Viral Marketing - Wie Sie Mundpropaganda gezielt auslösen und Gewinn bringend nutzen. 2. Auflage. Wiesbaden 2007, ISBN 978-3-8349-0595-6.
  • Stephan Leitgeb: Virales Marketing – Rechtliches Umfeld für Werbefilme auf Internetportalen wie YouTube. In: Zeitschrift für Urheber- und Medienrecht. (ZUM) 2009, S. 39 ff.

Siehe auch

Quellen

  1. Sascha Langner: Viral Marketing. Wie Sie Mundpropaganda gezielt auslösen und Gewinn bringend nutzen, Gabler, 2. Aufl., 2007, S. 27, ISBN 978-38349-059-56
  2. a b Zapp (NDR)), abgerufen am 30. März 2009.
  3. Norman Egli: Virales Marketing - Ohne Geld und mit Mundpropaganda zum Erfolg Norderstedt, 2009 ISBN 978-38370-838-11
  4. Norman Egli: Virales Marketing - Ohne Geld und mit Mundpropaganda zum Erfolg Norderstedt, 2009 ISBN 978-38370-838-11
  5. Frank Sturke: Wirkung und Efolgskontrolle von Werbespielen. Ruhr-Universität Bochum bifak.de, abgerufen am 30. März 2009
  6. foerderland.de: Ingo Leipner: Virales Marketing - Werbung mit Tarnkappe. abgerufen am 30. März 2009.
  7. Malcolm Gladwell: Der Tipping Point. Wie kleine Dinge Großes bewirken können. Burlington, 2002 ISBN 978-3442-1278-01
  8. Wikipedia-Artikel zur Figur „Chad Kroski“ (engl.)
  9. Bericht des Medienmagazins „Zapp“ (NDR) zu viraler Werbung

Weblinks


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