- Volitionspsychologie
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Als Volition wird in der Psychologie der Prozess der Willensbildung bezeichnet. Die Volitionspsychologie bzw. Volitionsforschung ist ein Teilgebiet der Motivationspsychologie und untersucht Fragestellungen zur Bildung, Aufrechterhaltung, zeitlichen Dynamik und Realisierung von Absichten. Dabei steht die Frage im Vordergrund, wie die Umsetzung einer Zielintention in die Handlung erfolgt.
Inhaltsverzeichnis
Entstehung
Bereits zu Beginn des vergangenen Jahrhunderts wurde von Kurt Lewin (1926) und Narziß Ach (1935) als „Volition“ die Form der Motivation bezeichnet, die sich auf das Streben nach Zielen bezieht (Willenspsychologie). Die Schriften Kurt Lewins führten zum vorläufigen Ende der willenspsychologischen Forschung, da Lewin Motivation (bei Lewin: „Bedürfnis“) und Absicht (bei Lewin: „Quasibedürfnis“) konzeptionell gleichsetzte.
In den frühen 1980er Jahren wurde die Unterscheidung zwischen Motivation und Volition in Bezug auf Fragestellungen der Handlungskontrolle wieder aufgenommen. Themen der modernen Willens- bzw. Volitionspsychologie sind u. a. die Vornahme oder Implementierungsintention, die Handlungsinitiierung und die Persistenz des Handelns unter schwierigen Bedingungen. Wichtige Vertreter der heutigen Volitionspsychologie sind Heinz Heckhausen, Peter M. Gollwitzer, Julius Kuhl und Thomas Goschke. Hilarion Petzold hat das Willensthema unter Bezug auf die Volitionsforschung in der Integrativen Therapie zu einem Behandlungsschwerpunkt gemacht. Auch Klaus Grawe griff es in seiner "Psychologischen Psychotherapie" auf.
Im Rubikonmodell der Handlungsphasen von Heinz Heckhausen werden die Phasen des Planens und des Handelns als volitionale Phasen bezeichnet. Der kritische Unterschied zwischen Motivation und Volition wird dermaßen vollzogen, dass die Motivation die Zielsetzung beeinflusst (d.h. welches Ziel eine Person wählt), während die Volition die treibende Kraft auf die Zielsetzung hin darstellt (also welche Strategien die Person wählt und welche Anstrengungen sie zu investieren bereit ist). Eine aktuelle volitionspsychologische Theorie ist die PSI-Theorie von Julius Kuhl.
Anwendungsgebiete
Die Erkenntnisse aus der Volitionsforschung werden weiterhin angewendet, und zwar:
- aus neurowissenschaftlicher und neuropsychologischer Sicht auf neuronale exekutive Funktionen nach Hirnverletzungen und die neuronalen Grundlagen kognitiver Steuerung bzw. der Ausführung volitionaler Prozesse (s. Exekutive Funktionen)
- aus kognitionspsychologischer Sicht auf die Steuerung des Denkens und Handelns und die Auswahl zielrelevanter Informationen.
- aus sozial- und motivationspsychologischer Sicht u. a. auf das Handeln bei konkurrierenden Motiven und Motivationen, also bei inneren Konflikten, z.B Baumeisters Ego-Depletion-Modell.
- aus volitionstherapeutischer Sicht auf den psychotherapeutischen Umgang mit Willenproblien von Patienten (siehe Grawe).
Praxis
Die praktischen Anwendungsmöglichkeiten der volitionspsychologischen Grundlagenforschung werden vor allem im Bereich der Pädagogik diskutiert.[1][2] So versucht die Fakultät für Kultur- und Sozialwissenschaften der FernUniversität in Hagen vor dem Hintergrund der besonderen Motivationsproblematik bei den Studierenden im Fernstudium die Erkenntnisse aus der Volitionsforschung pädagogisch zu nutzen und führt dazu Forschungsprojekte durch[3]. Es wurde ein Online-Fragebogen mit individuellen Rückmeldungen entwickelt, der Schüler und Studierende in ihrem Lernverhalten unterstützen soll und gleichzeitig der Forschung dient.[4]. Ergänzt wird der Fragebogen durch ein kompaktes Strategiehandbuch.[5]
Siehe auch
Literatur
- Ach, N. (1935). Analyse des Willens. In E. Abderhalden (Hrsg.), Handbuch der biologischen Arbeitsmethoden (Vol.6). Berlin: Urban & Schwarzenberg.
- Goschke, Thomas, Volition und kognitive Kontrolle, in: Müsseler/Prinz, Allgemeine Psychologie, Heidelberg/Berlin 2002
- Heckhausen, H. (1980). Motivation und Handeln. Berlin, Heidelberg, New York: Springer.
- Kuhl, J. (1983). Motivation, Konflikt und Handlungskontrolle. Berlin, Heidelberg, New York: Springer.
- Lewin, K. (1926). Vorsatz, Wille und Bedürfnis – Untersuchungen zur Handlungs- und Affekt-Psychologie. Psychologische Forschung, 4, 1–39.
- Petzold, H.G. (2001) (Hrsg.): Wille und Wollen. Psychologische Modelle und Konzepte. Göttingen. Vandenhoeck & Ruprecht.
Weblinks
- http://www.youtube.com/watch?v=rA2SfL05zsY (Lehrvideo zu Volition und zum Praxiskonzept Volitionale TransferUnterstützung)
Referenzen
- ↑ Laux, H. (2004). Nachhaltiges Lernen in der Grundschule. Volitionsförderung als Weg zur Verbesserung des Lernens. Pädagogische Rundschau, 58, 171–188.
- ↑ Deimann, M., & Keller, J. M. (2006). Volitional aspects of multimedia learning. Journal of Educational Multimedia and Hypermedia, 15(2), 137–158.
- ↑ Forschungsbericht zur Volitionalen Transferunterstützung (VTU)
- ↑ Der Volitionale Personen Test (VPT) zur Bearbeitung online verfügbar
- ↑ Deimann, M. & Weber, B. (2008). Strategiehandbuch zur volitionalen Transferunterstützung. Apertus: Heidelberg.
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