Narziß Ach

Narziß Ach

Narziß Kaspar Ach (* 29. Oktober 1871 in Ermershausen; † 25. Juli 1946 in München) war ein deutscher Psychologe.

Inhaltsverzeichnis

Forschung

Ach war ein Schüler von Oswald Külpe. Er entstammte der Würzburger Schule der „Denkpsychologie“ und entwickelte die Methode der Introspektion weiter zur „Systematischen experimentellen Selbstbeobachtung“, da er in den damals durchgeführten Versuchen über Willen und Denken zwei Probleme sah:

(1) Aus einzelnen Reaktionen und Selbstbeobachtungen ergibt sich nie ein vollständiges, zuverlässiges und unbefangenes Bild der wirklich vorhandenen Bewusstseinsinhalte.

(2) Das Richten der Aufmerksamkeit auf bestimmte Denkvorgänge ist mit der Darstellung der Erlebnisse konfundiert.

Achs Methode der „Systematischen experimentellen Selbstbeobachtung“ sollte einen Ausweg aus diesen Problemen bieten. Mit der Methode sollten durch äußere experimentelle Hilfsmittel veranlasste Erlebnisse der Versuchsperson in der unmittelbar folgenden Zeit einer vollständigen Beschreibung und Analyse unterworfen werden. Damit sollte die ‚subjektive‘ Methode der Selbstbeobachtung objektiviert werden. Die Versuchsanordnung bestand in einer Vorgabe sinnloser Silben mit einer aufwendigen technischen Apparatur. Die Versuchsdurchführung gliederte sich in drei Phasen: Vorperiode (Signal), Hauptperiode (experimentell zu untersuchendes Erlebnis) und die Nachperiode (Befragung durch den Versuchsleiter). Für die Analyse wurden die Beobachtungen verwertet, welche bei verschiedenen Versuchspersonen übereinstimmend gefunden wurden. Die Einführung eines Versuchsleiters bei der Introspektion ist neu und charakteristisch für die Würzburger Schule.

Ach wird heute als Grundleger der modernen experimentellen Willensforschung anerkannt. Er entwickelte ein „kombiniertes Verfahren“ zur Untersuchung der Willenskraft. Als Widerstände dienen bei dieser Willensmethode künstlich gestiftete Assoziationen zwischen sinnlosen Silben. Die Stärke der Assoziationen war von der Zahl der Wiederholungen abhängig. Sie konnte deswegen beliebig variiert werden, so dass die Forscher in der Lage waren, beliebig starke Widerstände zu setzen. Je stärker die Widerstände sind, desto stärker muss auch die Willenskonzentration zur Überwindung dieser Widerstände sein. So konnte Ach auf indirekte Weise den Willensakt in jeder beliebigen Abstufung hervorrufen.

Am Ende des 1980er Jahre wurden Achs Arbeiten zitiert in Julius Kuhls Motivation, Konflikt, und Handlungskontrolle und in Heckhausens und Gollwitzers Rubikon-Modell der Handlungsphasen (Heckhausen & Gollwitzer, 1987; Gollwitzer, 1993). Die Differenzierung zwischen Handlungsphasen war eine zentrale Idee in Achs Monographie Über den Willensakt und das Temperament. Ach formulierte weiter das Gesetz der speziellen Determination, das besagt, dass Gewolltes rascher und sicherer umgesetzt wird, wenn der Vorsatz spezieller ist. Dieser Gesetz ist bestätigt in modernen Forschungen an „Implementations-Vorsätzen“ (Gollwitzer & Sheeran, 2006).

Ach formulierte weiter das „Gesetz der Schwierigkeit“, das besagt, dass Willensprozesse wichtiger werden, wenn die Handlung schwieriger wird. Dieses Gesetz wird heutzutage erforscht als die Konfliktmonitoring-Hypothese (Botvinick, Braver, Barch, Carter, & Cohen, 2001) in der Kognitionspsychologie.

Leben

Narziß Ach wurde am 29. Oktober 1871 als Kind von Margarete Burger, Frau eines praktizierenden Arztes, in Ermershausen, Unterfranken geboren. 1890 bis 1895 und 1898/99 studierte er Medizin und Philosophie in Würzburg, wo er im Juli 1895 zum Doktor der Medizin promovierte. Nachdem er 1895/96 als Schiffsarzt praktiziert hatte, ging er an die psychiatrische Klinik in Heidelberg und arbeitete im psychologischen Laboratorium bei Emil Kraepelin. 1897 unternahm er eine Reise nach Nordamerika zur Untersuchung der Seekrankheit. Darauf folgte eine Tätigkeit am pharmakologischen Institut in Straßburg. Am 22. November 1899 promovierte er zum Doktor der Philosophie bei Oswald Külpe am psychologischen Institut in Würzburg, wo er bis 1901 blieb. Zunächst als Assistent am Philosophischen Seminar in Göttingen angestellt, habilitierte er am 31. Juli 1902 in Philosophie und wurde Privatdozent. Im November 1904 wechselte er – ebenfalls als Privatdozent – nach Marburg. Am 6. September 1906 wurde er als Titularprofessor an die Universität Berlin berufen. Am 13. Oktober desselben Jahres verzichtete er aber auf die venia legendi und wurde Assistent am Psychologischen Institut. 1907 war er ordentlicher Professor für Philosophie und Direktor des Philosophischen Seminars in Königsberg, 1922 ordentlicher Professor für Philosophie und Psychologie und Direktor des Philosophischen Seminars in Göttingen.

Von 1929 bis 1936 war Ach Mitglied des Vorstands der Deutschen Gesellschaft für Psychologie. Ach wurde 1938 zum Mitglied der Leopoldina gewählt.

Seit 1930 war er Mitglied im Vorstand der deutschen praktischen Psychologen. Er unterzeichnete das Bekenntnis der Professoren an den deutschen Universitäten und Hochschulen zu Adolf Hitler und dem nationalsozialistischen Staat im November 1933. Einen pathetischen Kniefall vor Adolf Hitler und seinen Ideen beging er mit seinem Vortrag Die Determination und ihre Bedeutung für das Führerproblem 1933 auf dem 13. Kongreß der Deutschen Gesellschaft für Psychologie in Leipzig. Ach wurde am 1. April 1937 emeritiert.

Literatur

  • Josef Dolch: Ach, Narziß Kasper. In: Neue Deutsche Biographie (NDB). Band 1, Duncker & Humblot, Berlin 1953, S. 27 (Onlinefassung).
  • Über den Willen. N Ach - Untersuchungen zur Psychologie und Philosophie, 1910
  • Motivation, Konflikt und Handlungskontrolle. J Kuhl - 1983 - Springer-Verlag, Berlin; New York.
  • Implementation intentions and goal achievement: A meta-analysis of effects and processes. PM Gollwitzer, P Sheeran - Advances in experimental social psychology, 2006 - Elsevier.
  • Goal achievement: The role of intentions. PM Gollwitzer - European review of social psychology, 1993

Weblinks


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