Vorzukunft

Vorzukunft

Mit Futur (lat. futurum – das Zukünftige) bezeichnet man grammatikalische Kategorien des Verbs, die unter anderem zur Kennzeichnung von Zukünftigem verwendet werden.

Die traditionelle Grammatik der deutschen Sprache hat gelehrt, dass die mit dem Hilfsverb werden gebildeten Formen auf die Zukunft verweisen und bezeichnete sie als Futur I und Futur II.

  • Marion wird morgen gegen 16.30 Uhr eintreffen. (Futur I, futurum, einfache Zukunft)
  • Egon wird morgen gegen 16.30 Uhr eingetroffen sein. (Futur II, futurum exactum, vollendete Zukunft)

Der empirischen Forschung halten diese Aussagen nur zum Teil stand. Zwar wird die Form des sogenannten „Futur I“ tatsächlich auch mit Zukunftsbedeutung verwendet, das sogenannte „Futur II“ jedoch kaum. Eine alternative grammatische Beschreibung ordnet das Verb werden den Modalverben zu und betrachtet die genannten als modale Konstruktionen, die sich nur teilweise auch auf die Zukunft beziehen.

Inhaltsverzeichnis

Futur I

Futur I als Zukunftstempus

Vorschau zum Sprechzeitpunkt

Das Futur I ist im Deutschen seiner Hauptform nach eine Tempusform, die einen Zukunftsbezug ausdrückt.[1]

  • Beispiel: "Morgen wird Marion gegen 16.30 Uhr eintreffen."

Dies bedeutet nicht, dass das Zukünftige hauptsächlich durch das Futur I ausgedrückt wird. Die Forschung hat gezeigt, dass diese Beschreibung vor allem am Tempusgebrauch des lateinischen Verbs mit seiner streng durchgehaltenen Zeitenfolge, der consecutio temporum orientiert war. Wie eine 1982 an einem repräsentativen Korpus von Texten durchgeführte Untersuchung ergeben hat, wurde dort „Zukünftiges“ bloß in 4,6 % der Fälle mit dem Futur I ausgedrückt, während für das Präsens 76,0 % errechnet wurden. Überdies ist in Aussagen, die bereits einen klaren Zukunftsbezug aufweisen, eine zusätzliche Kennzeichnung der Zukunft im Verb aus sprachökonomischen Gründen unnötig. Die eigentliche Zukunftsform der deutschen Sprache (wie auch des Englischen) ist also das Präsens:

  • Beispiel: "Marion trifft morgen gegen 16.30 Uhr ein."

Vorschau in der Vergangenheit

"In Texten mit historischem Präsens als Grundtempus dient das Futur - spiegelbildlich zum rückschauenden Präsensperfekt - der Vorschau von einem vergangenen Zeitpunkt aus"[2]

  • Beispiel: Kolumbus entdeckt 1492 Amerika. Er wird lange Zeit glauben, dass er einen neuen Seeweg nach Indien entdeckt hatte.

modales Futur

Vermutung

Das Futur I kann sich auch auf einen Sachverhalt beziehen, der zum Sprechzeitpunkt noch oder schon aktuell ist. Er drückt dann meist eine Vermutung (modale Komponente) aus[3].

  • Beispiele:
    • Der Wähler wird sich fragen, wen er noch wählen kann (= Ich vermute, dass der Wähler sich fragt, ...).
    • Das wird schon seine Richtigkeit haben. (= Das ist vermutlich richtig.)

Aufforderung

Die Form des „Futur I“ (in der zweiten Person) wird auch als Aufforderung verwendet:

  • Du wirst dein Mittagessen aufessen.

Oder als auffordernde Frage:

  • Wirst du doch dein Mittagessen aufessen?
  • Du wirst doch dein Mittagessen aufessen!

Futur II

Zukunftsbedeutung

Das sogenannte "Futur II",auch "Futur exakt" genannt, das eine in der Zukunft abgeschlossene Handlung ausdrücken soll, wird in der gesprochenen Sprache kaum verwendet. Abgeschlossene Handlungen in der Zukunft werden im Deutschen stattdessen oft durch das Perfekt ausgedrückt:

  • Nächstes Jahr um diese Zeit habe ich meinen Führerschein gemacht.

statt

  • Nächstes Jahr um diese Zeit werde ich meinen Führerschein gemacht haben.

Möglichkeitsform

Die Form des „Futur II“ wird häufig als Möglichkeitsform gebraucht:

  • Robert wird bereits eingetroffen sein.


Häufig werden auch Vermutungen im Futur II angestellt. Ein Grund dafür mag sein, dass der Sprecher davon ausgeht, dass bereits Geschehenes sich in der Zukunft bewahrheiten wird:

  • "Wo ist Robert?" – "Er wird nach Hause gegangen sein."

Einzelnachweise

  1. Duden, Die Grammatik, 7. Aufl. (2005), ISBN 3-411-04047-5, Rn. 729-731
  2. Duden, Die Grammatik, 7. Aufl. (2005), ISBN 3-411-04047-5, Rn. 729-731
  3. Kessel/Reimann, Basiswissen Deutsche Gegenwartssprache, Tübingen (Fink), 2005, ISBN 3-8252-2704-9, S.82

Weblinks


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