Wadi Haddad

Wadi Haddad

Wadi Haddad (arabisch ‏وديع حداد‎, DMG Wadīʿ Ḥaddād; * 1927 in Safed, Palästina; † 28. März 1978 in Berlin, damals DDR), auch bekannt als Abu Hani, war ein Führer der Volksfront zur Befreiung Palästinas (PFLP).

Inhaltsverzeichnis

Leben

Haddad wurde als Sohn griechisch-orthodoxer Eltern in Safed im heutigen Israel geboren. Während des Palästinakriegs im Jahr 1948 floh er mit seiner Familie in den Libanon. Hier begann er ein Medizinstudium an der Amerikanischen Universität Beirut und traf zum ersten Mal auf George Habash. Zusammen gründeten sie die Bewegung der arabischen Nationalisten (ANM), die panarabische Ziele verfolgte und die Befreiung palästinensischer Gebiete in Israel erreichen wollte.

Nach seinem Abschluss ging er zusammen mit Habash nach Amman, Jordanien und errichtete eine Klinik. Dort arbeitete er 1956 mit dem UNRWA zusammen, wurde aber aufgrund seiner Aktivitäten für die Befreiung Palästinas von der jordanischen Führung unter Arrest gestellt. 1962 gelang ihm die Flucht nach Syrien. Ab 1963 sprach sich Haddad für einen bewaffneten Widerstand gegen den von ihm als zionistische Besatzer bezeichneten Staat Israel aus.

Nach dem Sechstagekrieg ging der palästinensische Arm der ANM, unter der Führung von George Habash, in die PFLP über. Haddad wurde der Führer des militärischen Arms der PFLP, die an der Organisation von Anschlägen auf israelische Ziele beteiligt war. Unter anderem war er 1968 an der Planung der ersten Flugzeugentführung der PFLP beteiligt, bei der eine Maschine der israelischen Airline El Al gekapert wurde.

Am 6. September 1970 entführte die PFLP fast zeitgleich drei Flugzeuge der Fluggesellschaften BOAC, Swissair und TWA. Die Entführung einer vierten Maschine der Airline El Al durch eine Gruppe unter der Leitung von Laila Chalid misslang. Die Flugzeuge mussten auf dem sogenannten Dawson Field, einem stillgelegten Flugplatz der britischen Armee, nahe der Stadt Zarqa in Jordanien landen. Die Entführer forderten die Freilassung palästinensischer Gefangener im Austausch gegen die Geiseln. Während den Verhandlungen wurde am 9. September 1970 eine fünfte Maschine der britischen Airline BOAC von einem PFLP-Sympathisanten unter seine Kontrolle gebracht und als Druckmittel für die Freilassung der inzwischen in London verhafteten Laila Chalid eingesetzt. Die Maschine landete ebenfalls auf dem Dawson Field. Schlussendlich wurden alle Geiseln freigelassen und die Flugzeuge gesprengt. Diese Ereignisse wurden als Teil des sogenannten Schwarzen September bekannt.

Haddad wurde seitens der PFLP stark kritisiert und ihm wurde untersagt, weitere Ziele außerhalb Israels anzugreifen. Er gründete daraufhin die Volksfront zur Befreiung Palästinas - Externe Operationen (PFLP-EO) als Unterorganisation innerhalb der PFLP. Wadi Haddad wurde 1976 von der PFLP ausgeschlossen,[1] die von ihm gegründete Splittergruppe PFLP-EO bestand aber weiter.

Zwei Jahre vor seinem Tod organisierte Haddad die Entführung eines Flugzeugs der Fluggesellschaft Air France, das nach dem Start in Athen, Griechenland entführt wurde. Die Entführung wurde mit der Operation Entebbe beendet.

Haddad gilt auch als Drahtzieher hinter der Entführung des Flugzeugs Landshut zur Unterstützung der Rote Armee Fraktion.

Dr. Wadi Haddad starb am 28. März 1978 im östlichen Teil Berlins, damals DDR, und wurde in Bagdad, Irak beerdigt. Zur genauen Todesursache gibt es widersprüchliche Angaben. Zum einen wird behauptet, dass er an Leukämie starb.

Einem Dokumentarfilm zufolge starb Haddad durch Schokolade, in die der Mossad ein langsam wirkendes Gift eingespritzt hatte. Der Film belegt dies durch Aussagen von führenden Personen des Mossad, des Militär-Geheimdienstes von Israel, sowie durch Informationen von der Stasi-Unterlagen-Behörde.[2] Laut Aussagen des ehemaligen RAF-Mitglieds Peter-Jürgen Boock sind die Pralinen von der RAF - möglicherweise von Monika Haas - an Haddad übergeben worden[3]. Allerdings gelten Boocks Aussagen vielen als zweifelhaft, vor allem da er sie auf einem für Verschwörungstheorien bekannten Portal veröffentlicht hat.

Verbindungen zum KGB

Der damalige KGB-Chef Juri Andropow berichtete 1974 an den KPdSU-Generalsekretär Leonid Breschnew

„Die Kontakte mit Haddad gestatten uns, die Tätigkeit der Abteilung für Außenoperationen der PFLP bis zu einem bestimmten Grad zu kontrollieren, sie in einem für die Sowjetunion günstigen Sinne zu beeinflussen sowie bei absoluter Geheimhaltung mit den Kräften seiner Organisation aktive Maßnahmen in unserem Interesse durchzuführen.“

Juri Andropow: Blätter für Deutsche und Internationale Politik, 2007, S. 1226

Laut Unterlagen des ehemaligen KGB-Archivars Wassili Mitrochin wurde Haddad 1970 unter dem Pseudonym "Nationalist" als Agent vom KGB angeworben.[4]

Literatur

  • Aaron Mannes: Profiles in Terror, A Guide to Middle East Terrorist Organizations. Rowman & Littlefield, 2004, ISBN 978-0-7425-3525-1

Einzelnachweise

  1. Aaron Mannes, Profiles in Terror. A Guide to Middle East Terrorist Organizations. 2004, S. 311
  2. Tödliche Schokolade, Dokumentarfilm, 2010, gesendet am 7. Juli 2010 auf ARD
  3. http://www.secret.tv/artikel5028768/RAF__im_Auftrag_der_Geheimdienste
  4. Christopher Andrews und Wassili Mitrochin: Schwarzbuch des KGB. 2001, S. 472

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