Warmhaus

Warmhaus
Einfaches Gewächshaus in einem Kleingarten

Ein Gewächshaus oder Glashaus (vereinzelt auch Treibhaus genannt) ist eine lichtdurchlässige Konstruktion, die das geschützte und kontrollierte Kultivieren von Pflanzen ermöglicht.

Die Abdeckung – traditionell aus Glas, heute oft Folien – erhöht einerseits durch den Glashauseffekt die Temperatur, andererseits schützt sie vor Niederschlag. Durch Regelung verschiedener Faktoren wie z. B. der Lufttemperatur und der Bewässerung ist eine Steuerung des Klimas innerhalb des Gewächshauses möglich. Daher können in Gewächshäusern die Wuchsbedingungen für Pflanzen optimiert werden.

Gewächshaus im professionellen Gartenbau

Gewächshäuser dienen primär der gartenbaulichen Produktion, weiterhin auch zu Forschungszwecken und zur Zurschaustellung (botanische Gärten).

Inhaltsverzeichnis

Geschichte

Gewächshaus im Garten von Belton House (Lincolnshire, ca. 1815)
Treibhäuser nach englischem Vorbild in Berlin-Glienicke von 1839
Serre des cactées im Jardin des Plantes
Palm House in Kew Gardens
Modernes Gewächshaus im Parc André Citroën in Paris

Im Kontext des europäischen Kolonialismus bildete sich die Mode heraus als exotisch empfundene Zier- und Nutzpflanzen insbesondere aus Asien, Amerika und Australien zu sammeln. Diesen sogenannten Pflanzenjägern ermöglichte das in den 1830er Jahren von Nathaniel Ward entwickelte Miniaturwächshaus nun auch den Transport empfindlicher Pflanzen nach Europa. Um diese tropischen Pflanzen unter europäischen klimatischen Bedingungen zu erhalten war eine Weiterentwicklung der Orangerien erforderlich. Bereit Ende des 18. Jahrhunderts waren Treibhäuser als Glas-Holz-Konstruktionen entstanden, allerdings nur vereinzelt mit ersten verglasten Satteldächern, z. B. das „Eiserne Haus“ in Stuttgart-Hohenheim (R. F. Hr. Fischer, 1789 oder 1791). Ein weiterer Bautyp sind die lean-to greenhouses, bei denen sich ein schräges Glasdach an eine nach Norden abschirmende massive Wand „anlehnte“.

Impulse für die Entwicklung des Gewächshauses kamen auch aus dem Ananasanbau in Europa. Besonders in England war die Kultivierung dieser tropischen Frucht im 18. und 19. Jahrhundert verbreitet. Die damals kaum transportierbaren und deshalb seltenen Ananasfrüchte wurden als Status- und Prestigesymbol wohlhabender Gesellschaftsgruppen aufwändig in kleinen Treibhäusern (pinery) oder mit Glasfenstern abgedeckten Gruben (pineapple pit) erzeugt.

Die Industrialisierung eröffnete neue Möglichkeiten der Verwendung von Eisen und Glas als Baustoffe. Anfang des 19.Jahrhunderts experimentierten in England George Steward Mackenzie und John Loudon mit den curvilinear houses, das sind Gewächshäuser mit halbkreisförmig gewölbtem Eisen-Glasdach, um möglichst viel Sonnenlicht gleichmäßig zu nutzen. Mackenzie entwarf 1812 ein quater-sphere-hothouse zum Pfirsich- und Weinanbau, das aus einer gläsernen Viertelkugel vor einer gemauerten Wand bestand. Louden errichtete 1818 in Bayswather bei London verschiedene Versuchsgewächshäuser, um die günstigste Konstruktionsform für eine optimale Sonneneinstrahlung experimentell zu finden. Er veröffentlichte 1817 die Remarks on the Construction of Hothouses und 1818 die Sketches Of Curvilinear Houses, welche europaweit rezipiert wurden und die weitere Entwicklung der Glashauskonstruktion maßgeblich beeinflussten[1].

Ein frühes Beispiel eines Eisen-Glas-Gewächshauses außerhalb Großbritanniens sind die 1834–36 von Charles Rohault de Fleury errichteten Serres im Pariser Jardin des Plantes. In England baute Joseph Paxton 1836–1841 The Great Conservatory (Großes Pflanzenhaus) im Park von Chatsworth House, welches Vorbild war für das 1841–1849 errichtete Palm House in Kew Gardens. 1850 entstand ebenfalls in Chatsworth durch Paxton ein tropisches Seerosenhaus mit beheizbarem Becken, das Victoria-Regia-Gewächshaus. Ein Höhepunkt der Eisen-Glas-Holzkonstruktion war das 1851 errichtete Ausstellungsgebäude Crystal Palace von Paxton[2].

Die früheste bekannte Warmwasser-Zentralheizung wurde 1716 von Marten Trifvald für ein Treibhaus in Newcastle gebaut. Jedoch fand erst ab etwa den 1830er Jahren die Dampfheizung bei Gewächshäusern größere Verbreitung und löste ältere Einzelöfen ab.

Diese Glashäuser, „Pflanzenmuseen“ die die zusammengetragenen Exponate im Zeichen von Naturbeherrschung und Exotik inszenierten, verbreiteten sich in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts in den Metropolen Europas und Nordamerikas, vor allem in den botanischen Gärten als auch in städtischen Parks als kommerzielle Vergnügungsstätten. Beispielsweise wurde in Wien 1882 das Schönbrunner Palmenhaus eröffnet. In Berlin entstand von 1905 bis 1907 das Große Tropenhaus im botanischen Garten. Ein herausragendes Beispiel für die Gewächshausarchitektur des 19. Jahrhunderts sind die Serre du Congo und Grote wintertuin im Park des Schloss Laken im Norden Brüssels.

Das erste Gewächshaus in Form einer geodätischen Kuppel war das 1960 fertig gestellte Climatron im Botanischen Garten von Missouri in St. Louis. Ein bekanntes Beispiel für diese Konstruktionsform sind die 2001 eröffneten Gewächshäuser des Eden Projects, die derzeitig weltweit größten Gewächshäuser. Ende der 1980er Jahre wurde versucht ein autarkes Ökosystem im Gewächshaus des Projekts Biosphäre 2 zu verwirklichen.

Aufbau und Komponenten eines Gewächshauses

Gewächshaus in Venlobauweise mit ca. 4 m Stehwandhöhe

Gewächs- bzw. Glashäuser gibt es in sehr verschiedenen Größen von wenigen Quadratmetern bis zu riesigen Palmenhäusern. In einem Kleingarten genügen schon 1–2 ausrangierte Fenster, um ein niedriges Gewächshaus zu bauen, dessen Klima sich durch Öffnen der Glasflächen regeln lässt.

Ein Gewächshaus verfügt mindestens über

Viele Gewächs-/Glashäuser besitzen ferner:

Zur weiteren Ausstattung kann gehören:

Funktionsweise

Seerosen-Gewächshaus im Botanischen Garten Braunschweig
Kakteen in einem Warmhaus in Kanada

Man unterscheidet bei den Gewächshäusern je nach Innenraumtemperatur

  • das Kalthaus für Temperaturen unter 12 °C,
  • das Temperierte Haus für Temperaturen von 12 °C–18 °C,
  • das Warmhaus (Treibhaus, engl. Hothouse) für Temperaturen über 18 °C.

Bei Sonneneinstrahlung kommt es zu einer starken Erwärmung im Gewächshaus. Der Grund dafür ist eine Art Wärmestau: die Energie der Sonnenstrahlung erwärmt zunächst den Boden, die Pflanzen und Teile des Gewächshauses, doch die von ihnen wieder abgegebene Wärmestrahlung (Infrarot) wird vom Raum zurückgehalten.

Dieser Glashauseffekt (Benennung von J. Fourier) wird oft bei Wohnhäusern (Wintergarten) und Dachflächen (z. B. Ateliers) genützt, doch auch im Großen bei Orangerien und Schlössern. Die vom aufgeheizten Innenraum erwärmte Luft wird bei geschlossenen Glasflächen von außen nur wenig abgekühlt, weil der Luftaustausch gering ist. Hingegen wird fast alle Infrarotstrahlung vom Glas und dem Bau selbst in den Raum zurück reflektiert („selektive Transparenz“).

Foliengewächshaus mit Stehwandlüftung

Allerdings kann sich an einem normalen Sonnentag die Innentemperatur auf pflanzenschädliche 35 °C und mehr erhöhen. Daher muss man Gewächshäuser auch lüften können, was meist mit Dach- oder Stehwandlüftung erfolgt.

Neuere Bauweisen

Moderne Treibhäuser in den Niederlanden

Neuere Typen, sogenannte Cabrio-Gewächshäuser, können ihre Dachfläche weitgehend zusammenschieben. Damit kann die Innentemperatur so gesteuert werden, dass sie fast der Außentemperatur entspricht. Dies führt zu einer deutlichen Qualitätsverbesserung bei Kaltkulturen und während der Sommermonate.

Für den gewerbsmäßigen Gemüsebau werden heute vielfach Kunststofffolien verwendet, die teilweise große Flächen und ganze Talböden bedecken. In El Ejido stehen so viele mit Plastikplanen gedeckte Gewächshäuser wie nirgends sonst in Europa.

Modernste Technik wird häufig zunächst in Forschungsgewächshäusern eingesetzt. In der Pflanzenexperimentieranlage PhyTec des Forschungszentrum Jülich werden beispielsweise Gläser aus der Solarindustrie eingesetzt, die maximale Transparenz und mechanische Stabilität aufweisen.

Eine völlige Neuentwicklung ist das Seawater Greenhouse (Meerwassergewächshaus), das in den 1990er Jahren für aride Regionen entwickelt wurde und dessen Wasserbedarf von Meerwasser gedeckt wird, das im Gewächshaus selbst entsalzt wird. Es nutzt das Wasser gleichzeitig zur Kühlung und erzeugt nebenher Trinkwasser.

Wirtschaftliche Bedeutung

Kommerzielle Produktion von Tomaten auf Steinwolle in Gewächshauskomplexen

Die Europäer waren bis in die 1970er Jahre daran gewöhnt saisonales Gemüse einzukaufen und für den Winter die klassischen Wintergemüse wie Kohl und Kartoffeln zu verwenden. Durch Konservierung und später durch Tiefkühlschränke blieb auch in Winter und Frühling der Speisezettel abwechslungsreich. Dann allerdings bauten zuerst niederländische und später südeuropäische Unternehmen, Obst und Gemüse in immer umfangreicheren Glashauskomplexen an und konnten bis Ende der 1980er Jahre eine ganzjährige Versorgung mit den wichtigsten Obst- und Gemüsesorten gewährleisten. Der Preis der Ware ist außerhalb der jeweiligen Saison natürlich höher. Durch den standardmäßigen Einsatz von Nützlingen kann der Besatz mit Schadinsekten und -milben meist unter die Schadschwelle für einen (nützlingsschonenden) Insektizideinsatz gehalten werden. Zudem weisen heutige Gewächshausanlagen mit Stehwandhöhen um 4 m ein optimales Klima auf, so dass es zu weniger Befall mit Pilzen kommt.

Der Erfolg der Treibhauskulturen hat auch im deutschsprachigen Raum zum Ausbau derartiger Anlagen geführt. In Österreich beispielsweise liegt das Zentrum des Gemüseanbaues für Paprika und Tomaten im südlichen Seewinkel.

Siehe auch

Literatur

Glaskuppel des Kibble Palace in den Botanischen Gärten in Glasgow
  • Karla Krieger: gewächshäuser. Franckh-Kosmos, 2007, ISBN 978-3-440-11027-0
  • Jörn Pinske: Gewächshäuser: der Praxis-Ratgeber. Materialien und Bauformen, Einrichtung und Technik, Praxis rund ums Jahr. blv, München 2005, ISBN 3-405-16835-X
  • Christian von Zabeltitz: Gewächshäuser: Planung und Bau. 65 Tabellen, 2., neubearb. und erw. Aufl., Ulmer-Verlag, Stuttgart 1986, ISBN 978-3-8001-5130-1

Geschichte

  • Georg Kohlmaier, Barna von Sartory: Das Glashaus: ein Bautypus des 19. Jahrhunderts. 2. Aufl., Prestel, München 1988, ISBN 3-7913-0506-9
  • Stefan Koppelkamm: Gewächshäuser und Wintergärten im neunzehnten Jahrhundert, Hatje Cantz, Stuttgart 1981, ISBN 3-7757-0163-X
  • Stefan Koppelkamm: Künstliche Paradiese: Gewächshäuser und Wintergärten des 19. Jahrhunderts, Ernst & Sohn, Berlin 1988, ISBN 3-433-02280-1
  • Ruth-Maria Ullrich: Glas-Eisenarchitektur. Pflanzenhäuser des 19. Jahrhunderts, Wernersche Verlagsgesellschaft, Worms 1989, ISBN 3-88462-037-1

Weblinks

Einzelnachweise

  1. Stoverock, Helga: Der Poppelsdorfer Garten. Teil 10 S. 232–237
  2. Complojer, Ingrid und Raffeiner, Kurt: Historische Glaskonstruktionen

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