- Weichbildrecht
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Als Weichbild wird die äußere und innere Erscheinungsform eines städtebaulichen Ensembles bezeichnet. Es kann aber auch auf die gesamte Ausdehnung eines bewohnten Gebietes angewandt werden und damit ihre Begrenzung meinen. Der Wortteil Weich kommt dabei von einem alten Wort für Siedlungen (siehe auch -wik als Endung von Ortsnamen). Rechtshistorisch bezeichnet Weichbild den vor den eigentlichen Stadtmauern gelegenen Bezirk, der der städtischen Gerichtsbarkeit unterworfen war.
Inhaltsverzeichnis
Definition
Zum sichtbaren Weichbild, oder, mit einem geläufigeren Wort, der Silhouette, gehören prägende Elemente wie hohe Häuser, Kirchen mit ihren Türmen oder umgebende Begrünung oder auch innerörtliche Objekte, die ein städtebauliches Ensemble, wie z.B. einen Platz, gestalten. Nach dem deutschen Bauplanungsrecht (Baugesetzbuch, BauGB) soll sich ein Neubau innerhalb eines im Zusammenhang bebauten Ortsteils nach Art und Maß der baulichen Nutzung in die Eigenarten der näheren Umgebung einfügen, sofern es sich um einen unbeplanten Innenbereich handelt (§ 34 BauGB), d. h. kein Bebauungsplan existiert, der die Nutzung des Grundstücks regelt. Die Gemeinde kann in Bebauungsplänen oder über Gestaltungssatzungen für Neubauten auch Höhenbeschränkungen festlegen, so dass z.B. kein neues Gebäude höher wird als die höchste vorhandene Begrünung bzw. ein Kirchturm und dadurch das charakteristische Weichbild verändern würde.
Geschichte des Begriffs
Bei der Ableitung des Wortes „Weichbild“ wird allgemein vom althochdeutschen wih, gotisch weihs, altsächsisch wik, niederländisch wijk und lateinisch vicus („Dorf“, nächstgrößere Einheit: oppidum („Stadt“)) ausgegangen. Der zweite Bestandteil des Wortes bedeutet "Recht" (verwandt mit Un-Bill, bill-ig, dem englischen bill). Die Grundform des Wortes ist dann in alt-deutschen Bezeichnungen zu finden. In Westfalen ist „Wickbileden“ für das Jahr 1142 nachgewiesen. Als „Wicbilede“ wird es erstmals urkundlich im Jahre 1170 in Leipzig erwähnt, und als „Wickbolde“ findet es sich 1259 in Bremen.
Aus dem Weichbild leitet sich auch die Bezeichnung für den geographischen Bereich dieses Rechts ab (parallel zu "Grafschaft" usw.), die dann die ursprüngliche Bedeutung verdrängte und zur Bildung des Begriffs „Weichbild-Recht“ führte, das im gleichbedeutenden Sinne mit Stadtrecht angewandt wurde. Für etliche deutschsprachige Städte bildeten die Weichbild-Bestimmungen in den Magdeburger Weistümern von 1188 die Grundlagen für ihre eigenen Verordnungen. „Weichbild“ bezeichnete damit dann auch größere Gemeinden mit stadtähnlichen Rechten (Minderstadt), war jedoch in diesem Sinne nur in einigen Regionen üblich. So existieren in Braunschweig noch heute die ursprünglichen fünf Weichbilde, aus denen sich die heutige Stadt durch deren Zusammenschluss entwickelte. Die Braunschweiger Weichbilde tragen noch immer ihre alten Namen: Altewiek, Altstadt, Hagen, Neustadt und Sack. Jedes von ihnen verfügte über ein eigenes Rathaus, einen eigenen Rat, eine eigene Pfarrkirche und eine unterschiedliche Bevölkerungsstruktur.
Weichbild nannte man ferner bestimmte, hauptsächlich städtische Rechte und Besitzformen, so die Erbleihe (das „Weichbildgut“), dann eine Rente überhaupt („Weichbildrente“).
Literatur
- Jacob und Wilhelm Grimm (1854-1971): Deutsches Wörterbuch. Leipzig u. a.
- Martin Korda: Städtebau. Technische Grundlagen, Teubner Verlag 1999, ISBN 3519350017
- Georg Sandhass: Zur Geschichte des Wiener Weichbildrechtes. Hof- und Staatsdruckerei, Wien 1863 (Digitalisat)
Weblinks
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