Weltagrarbericht

Weltagrarbericht

Der Weltagrarbericht (auch: Weltlandwirtschaftsbericht) mit dem Titel „Agriculture at a Crossroads“ (Landwirtschaft am Scheideweg) wurde 2008 vom Weltagrarrat (International Assessment of Agricultural Knowledge, Science and Technology for Development, Abk. IAASTD) veröffentlicht. Der Bericht fordert insbesondere eine Ausdehnung der ökologischen Landwirtschaft und Förderung von Kleinbauern. Die Grüne Gentechnik, Agrochemie und geistiges Eigentum von Saatgut werden abgelehnt.

Inhaltsverzeichnis

Weltagrarrat (IAASTD)

Der Weltagrarrat wurde im Jahr 2002 von der Weltbank mit dem Ziel der Reduktion von weltweiter Unterernährung und Armut initiiert. Auf dem ersten Treffen (2004) waren 185 Gruppen vertreten: 45 Regierungen, 86 Nichtregierungsorganisationen, 29 Sponsoren (inklusive der Weltgesundheitsorganisation und der FAO), sowie mehrere internationale Biotechnologiefirmen. Der IAASTD sollte die Relevanz, Qualität und Effektivität von landwirtschaftlichem Wissens, Agrarforschung und -technologie für die nachhaltige Bekämpfung von Hunger und Armut in den ländlichen Gebieten evaluieren.[1]

Inhalt des Berichts

Die Welt ist laut dem Bericht durch ungleiche Entwicklung, nicht-nachhaltigen Gebrauch der natürlichen Ressourcen, die negativen Auswirkungen der globalen Erwärmung sowie fortgesetzten Welthunger und Armut gekennzeichnet. Um diesen Problemen wirkungsvoll zu begegnen, schlagen die Autoren des Berichts vor, Kleinbauern zu stärken, die für ihr lokales Umfeld produzieren.

Kernaussagen

  • Um den Herausforderungen der Zukunft gewachsen zu sein, bedarf es eines radikalen und systematischen Wandels in der landwirtschaftlichen Forschung, Entwicklung und Praxis.
  • Der entscheidende Faktor zur Bekämpfung des Hungers ist nicht die Steigerung der Produktivität um jeden Preis, sondern die Verfügbarkeit von Lebensmitteln und ihrer Produktionsmittel vor Ort.
  • Die besten Garanten für die lokale Ernährungssicherheit sowie die nationale und regionale Ernährungssouveränität sind kleinbäuerliche Strukturen. Ihre Multifunktionalität mit ihren ökologischen und sozialen Leistungen müssen anerkannt und gezielt gefördert werden.
  • Die Umwandlung von Anbauflächen für Lebensmittel in Treibstoffflächen ist nicht vertretbar. Es sind effizientere, integrierte und dezentrale Formen der Bio-Energiegewinnung zu fördern.
  • Die Grüne Gentechnik bringt bisher mehr Probleme als Lösungen und lenkt das Forschungsinteresse einseitig auf patentierbare Produkte.
  • Die Freiheit der Forschung und die Verbreitung von Wissen wird durch geistige Eigentumsrechte und -ansprüche (z.B. auf Saatgut) maßgeblich negativ beeinflusst.
  • Die öffentliche Agrarforschung und Entwicklung muss praxisnäher werden, die Fragen der Landwirte beantworten und diese an den Entwicklungen beteiligen.
  • Um die Treibhausgasemissionen pro Kalorie zu reduzieren, bedarf es technologischer Revolutionen und drastischer Einschnitte.

Empfohlene Investitionen

  • Verbesserung der Methoden der ökologischen Landwirtschaft und der Anbaumethoden mit geringem externen Input
  • Pflanzenzüchtungen für bessere Temperatur- und Schädlingsbeständigkeit
  • finanzielle und nicht-finanzielle Abgeltungen von Umweltleistungen
  • biologischer Ersatz von Agrochemie
  • Verringerung der Abhängigkeit der Landwirtschaft von fossilen Brennstoffen

Kritik

Dem Weltagrarbericht wurde vorgeworfen, stark ideologisch beeinflusst zu sein. Insbesondere die Forderung nach einer verstärkten Förderung der ökologischen Landwirtschaft und die Ablehnung der Grünen Gentechnik sei auf dem Lobbyismus verschiedener Interessengruppen zurückzuführen, nicht auf Wissenschaft. So habe der IAASTD einen 2003 veröffentlichten Bericht des Internationalen Wissenschaftsrats ignoriert, der bestätigte, dass es bisher keinen Nachweis für nachteilige Umwelt- und Gesundheitseffekt der Grünen Gentechnik gebe. Auch ein 2000 veröffentlichter Bericht der FAO zu den Chancen der Grünen Gentechnik sei ignoriert worden. Die Public Research and Regulations Initiative, eine Interessenvertretung der öffentlichen Biotechnologie-Forschung, erklärte: „Wir glauben, dass das Biotechnologie-Kapitel aus einer Perspektive geschrieben wurde, die sich derart fundamental von unserer unterscheidet, dass Kommentare bezüglich der vielen Mängel und Fehler sinnlos sind.“[1]

Reaktionen einzelner Akteure und Länder

Monsanto, Syngenta und BASF, die an der Ausarbeitung des Berichtes beteiligt waren, zogen sich vorzeitig von der Mitarbeit zurück. Die USA, Kanada und Australien haben den Schlussbericht wegen der Kritik an der zu raschen Marktöffnung nicht unterzeichnet.

Australien, Kanada und die Vereinigten Staaten erklärten sich skeptisch gegenüber einigen Schlussfolgerungen und Empfehlungen des Weltagrarberichts.[2]

Literatur

Weblinks

Einzelnachweise

  1. a b Robert Wager (2009): Comment on "The future of agriculture. EMBO reports, Vol. 10, S. 104-105.
  2. Weltagrarbericht. Reservations on Synthesis Report.

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