Wilhelm Carl von Rothschild

Wilhelm Carl von Rothschild
Baron Wilhelm Carl ('Willi') von Rothschild

Wilhelm Carl Freiherr von Rothschild (* 16. Mai 1828 in Frankfurt am Main oder 10. Mai 1828 in Neapel[1]; † 25. Januar 1901 in Frankfurt am Main) war ein deutscher Bankier und Mäzen aus der Rothschildfamilie. Mit seinem Tod erlosch die männliche Linie des deutschen Zweiges der Familie. Das von seinem Großvater Mayer Amschel Rothschild gegründete Frankfurter Bankhaus M.A. von Rothschild & Söhne wurde liquidiert.

Inhaltsverzeichnis

Leben und Werk

Rothschild war der dritte von vier Söhnen von Carl Mayer von Rothschild, dem vierten der fünf Söhne des Familiengründers Mayer Amschel Rothschild, und seiner Frau Adelheid geb. Hertz.

Zusammen mit seinem ältesten Bruder Mayer Carl übernahm er nach dem Tod seines Onkels Amschel Mayer 1855 die Leitung des Frankfurter Stammhauses M. A. von Rothschild & Söhne in der Fahrgasse.

Entsprechend der Familientradition war Rothschild ein frommer und gesetzestreuer Jude; er lehnte die von dem liberalen Rabbiner Leopold Stein repräsentierte Jüdische Reformbewegung ab und unterstützte die Orthodoxen in der Frankfurter Israelitischen Gemeinde. Während sich ein Teil der Orthodoxen 1851 als Israelitische Religionsgesellschaft abspaltete, blieb er zwar der Gemeinde treu, unterstützte aber die Berufung des orthodoxen Rabbiners Samson Raphael Hirsch und den Bau einer eigenen Synagoge für die Religionsgesellschaft durch großzügige Spenden.

1849 heiratete er Hannah Mathilde von Rothschild, die zweitälteste Tochter seines Cousins Anselm Salomon von Rothschild aus dem österreichischen Zweig der Familie. Das Ehepaar hatte drei Töchter, von denen die älteste Georgine Sara (* 1851) bereits 1869 in Baden-Baden verstarb. Zu ihrem Gedenken stifteten die Eltern die Georgine Sara von Rothschildsche Stiftung, ein Kinderhospital. Die zweite Tochter Adelheid von Rothschild (1853–1935), heiratete 1877 Edmond de Rothschild, einen Cousin ihres Vaters aus dem Pariser Zweig der Familie. Er war ein Pionier der jüdischen Kolonisation in Palästina. Die jüngste Tochter, Minna Karoline (Minka) (1857–1903), heiratete 1878 den Frankfurter Bankier Maximilian Benedikt von Goldschmidt (1843–1940). Nach dem Tode seines Bruders war Wilhelm Carl von Rothschild alleiniger Inhaber des Frankfurter Stammhauses. Da er keine männlichen Nachfahren hatte, konnte sein Schwiegersohn entsprechend der Familientradition das Bankhaus nicht fortführen, sondern musste es liquidieren. Die Geschäfte wurden von der Berliner Disconto-Gesellschaft übernommen, einer Vorgängergesellschaft der Deutschen Bank.

ehemaliges Palais/Schloss Rothschild in der Bockenheimer Landstrasse 10 in Frankfurt

ehemaliges Palais/Villa Grüneburg im Grüneburgpark in Frankfurt

Palais/Schloss Grüneburg, auch Neues Palais genannt – von Nazis enteignet – im Krieg zerbomt

1877 erbte Wilhelm Carl Freiherr von Rothschild die Villa Grüneburg nebst Park vom Erbauer Anselm Salomon von Rothschild (1803 Frankfurt–1874 Wien), der diese Liegenschaft Grüneburgpark seinerseits von seinem Onkel, dem Frankfurter Bankier Amschel Mayer Rothschild (1773–1855) erbte. Wilhelm Carl Freiherr von Rothschild war verheiratet mit der hochmusikalischen Chopin-Schülerin Hannah Mathilde von Rothschild, der zweitälteste Tochter seines Cousins Anselm Salomon von Rothschild aus dem österreichischen Zweig der Familie. Von 1844 bis 1845 ließ Anselm Salomon von Rothschild diese Villa einschließlich Parkanlage errichten. Wilhelm Carl Freiherr von Rothschild vererbte seiner jüngsten Tochter, Minna Karoline (Minka) (1857–1903), die 1878 den Frankfurter Bankier Maximilian Benedikt von Goldschmidt (1843–1940) heiratete, diese Immobilie. Während der Naziherrschaft wurden diese letzten Eigentümer enteignet und aus dem Schloss wurde ein Café. Die Familie Goldschmidt-Rothschild konnte gerade noch ins Ausland emigrieren. Im Zweiten Weltkrieg zerstörten Bomben die Villa Grüneburg. Eine Gedenkstele und eine Gedenkplatte erinnern heute mangelhaft an die historischen Hintergründe.

Impressionen aus dem Grüneburgpark

Villa Rothschild Rückseite

Villa Rothschild, der Sommersitz in Königstein im Taunus

Rothschild ließ 1888 bis 1894 einen Sommersitz in Königstein im Taunus erbauen, die Villa Rothschild. Die besondere Verbundenheit zu Kaiserin Friedrich, die zeitgleich im nahegelegenen Schönberg ihren Witwensitz erbaut hatte, zeigt sich dadurch, dass das Ehepaar Rothschild eigens einen Weg als beguemere Zufahrt für die hochgestellte Freundin bauen ließ – den heutigen 'Sonnenhofweg'.[2] Die Villa Rothschild wurde beschlagnahmt, der damalige Eigentümer ins Exil getrieben. 1945 fiel die Villa zunächst an das Land Hessen und war 1947 bis 1949 ein Tagungsort des Wirtschaftsrates der Bizone. Heute befindet sich in der Villa Rothschild ein Luxushotel.

Die Villa Rothschild in Königstein noch zu Lebzeiten des Erbauers

Besondere Würdigung

Paul Arnsberg räumt "Willi" von Rothschild und seinen Nachkommen auf zahlreichen Seiten seines Buches eine besondere Stellung in seinem 2000seitigem Werk ein. Er sei derjenige der Frankfurter Rothschilds, der es "verdient – auch formell – eine Würdigung über den Normalrahmen herausragend (zu bekommen). Er war ein Stück Frankfurter Geschichte, ein fast eremitenhafter Mystiker und eine Säule der altkonservativen Oberservanz strengster Richtung."

Literatur

  • Wolfgang Klötzer (Hrsg.): Frankfurter Biographie. Zweiter Band M-Z. Verlag Waldemar Kramer, Frankfurt am Main 1996, ISBN 3-7829-0459-1.

Siehe auch

Einzelnachweise

  1. Paul Arnsberg: Die Geschichte der Frankfurter Juden seit der Französischen Revolution, Band 3 – Biographisches Lexikon, Darmstadt 1983, ISBN 3-7929-0130-7, S. 389
  2. Heinz Sturm-Godramstein: Juden in Königstein. Leben, Bedeutung, Schicksale, 1983, ISBN 978-3-9800-7930-3

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