Wilhelm Schimper

Wilhelm Schimper

Georg Heinrich Wilhelm Schimper (* 19. August 1804 in Reichenschwand; † Oktober 1878 in Adwa, Äthiopien) war ein deutscher Naturforscher, Reisender und Botaniker. Sein offizielles botanisches Autorenkürzel lautet „G.W.Schimp.“.

Leben und Wirken

Wilhelm Schimper hatte ein sehr bewegtes Leben. Er wurde im fränkischen Reichenschwand bei Lauf an der Pegnitz als jüngerer Bruder von Karl Friedrich Schimper geboren. Seine Mutter Meta war die Tochter des Freiherrn Jobst Wilhelm von Furtenbach auf Reichenschwand, dem Patronatsherrn des Ortes; der Vater stammte aus der Pfalz. Die Eltern wurden bereits 1814 geschieden; der Vater ging in Dienste nach Russland, wo er bald starb. Nach einer Lehre als Kunstdrechsler wurde Wilhelm Schimper zunächst badischer Soldat, um seine verarmte und kranke Mutter unterstützen zu können. Er erhielt aber 1828 einen längeren Urlaub zur weiteren Ausbildung. In München studierte er Naturgeschichte, war Zeichner und Präparator bei Louis Agassiz und soll nach Otto Volger (1822–1897), dem Geologen, Mineralogen und Afrikaforscher auch „das einst berühmte jetzt verschollene Schuppenbuch“ gezeichnet haben, war er doch, wie berichtet wird, „eben so gewandt und genial im Technischen, wie sein Bruder in der geistigen Sphäre“.

Dann unternahm Schimper mit Unterstützung des Württembergischen Reisevereins 1831 eine botanische Sammelreise nach Algier, worüber er auch ein Buch: „Reise nach Algier 1831–1832“ (Stuttgart 1834) geschrieben hat. Drei Jahre später (1834) ging er, wiederum im Auftrag des Reisevereins, nach Ägypten, erforschte den Sinai und siedelte sich 1836 in Abessinien in Nordostafrika an.

Er erforschte Oberägypten, das Peträische Arabien, das Innere von Hidschas und Abessinien, und gewann dort die Gunst des Dejazmach Wube Hayle Mariam von Tigray und Simen (in europäischer Literatur bekannt als Ubie von Tigray und Simen) so sehr, dass dieser ihn zum Statthalter der kleinen Provinz Enticcho bei Adwa ernannte. Diese hohe Würde hinderte Schimper jedoch keineswegs daran, auch fernerhin eifrig Pflanzen zu sammeln. Dejazmach Wube verheiratete ihn damals mit Mirritsit aus einer mit Wube verwandten führenden Familie der Provinz Adwa in Tigray, die ihm mehrere Kinder gebar. Schimper nahm zweiten Wohnsitz in der Gebirgslandschaft Simen-Gebirge, dem Kernland Wubes, und war in jener Zeit von der Administration des Jardin des plantes in Paris mit einer permanenten wissenschaftlichen Mission für Abessinien betraut. Schimper belieferte von hier aus die Pariser und andere naturhistorische Sammlungen, unter anderem in Berlin, mit wertvollen Beiträgen. Belege sind heute noch erhalten, unter anderem in den Sammlungen von Rudolph Friedrich Hohenacker (1798–1874) und Joseph Gerhard Zuccarini.

Im Auftrag des Dejazmach Wube plante Schimper zusammen mit seinem Mitarbeiter Eduard Zander die Marienkirche in Däräsge, in der sich Theodor II. nach seinem Sieg über Wube in der Schlacht von Däräsge 1855 zum äthiopischen Kaiser krönen ließ.

Unter Theodor II. verlor Schimper seine Statthalterschaft, blieb aber sonst unbehelligt. Nur als Thoodor mit England in Krieg geriet, musste er seinem Herrn in die Festung Magdala folgen und erlangte erst nach dem Siege des britischen Generals Robert Napier und Theodors Tod 1868 seine Freiheit wieder. Seitdem lebte er mit seiner Frau († 1869) in Adwa, wo er im Oktober 1878 starb.

Der Moosforscher Adalbert Geheeb (1842–1909), der mit Wilhelm Schimper im Briefwechsel stand, berichtet in seinem Buch „Meine Erinnerungen an große Naturforscher“, dass er von diesem einmal eine Sendung erhalten habe mit dem Ersuchen, sie sofort an den Fürsten Bismarck weiter zu leiten. „Erst nach langer Zeit meldete mir auf mein Befragen der Professor A. Braun, dass jene umfangreiche Beilage für Bismarck die Selbstbiographie Schimper’s enthalten habe, die der große Kaiser Wilhelm so interessant fand, dass er sofort 1000 Taler an den Verfasser nach Abessinien übermitteln ließ.“ Schimpers Autobiographie ist noch heute verschollen.

Wilhelm Schimper hat verschiedenes, meist in botanischen und geologischen Fachblättern, auch in „Petermanns Mitteilungen“, veröffentlicht.

Eine Tochter, Tsehaytu (d. h. 'seine Sonne'), war mit dem äthiopischen Thronprätendenten und Rebellen Kasa Golja verheiratet (nach ihrer Gefangennahme durch den äthiopischen Kaiser Yohannes IV. wurde sie von diesem ca. 1872 zwangsweise getrennt). Eine andere Tochter war mit dem deutschen Missionar Friedrich Bender verheiratet und leitete – ungewöhnlich für das Äthiopien jener Zeit – eine Schule in Adwa. Sein Sohn Wilhelm Schimper junior, mit äthiopischem Namen Ingdaschet, erhielt 1872–77 eine Ausbildung zum Ingenieur am Polytechnicum Karlsruhe, war um 1882 Übersetzer bei Kaiser Yohannes IV., später Ingenieur in der italienischen Kolonie Eritrea und schließlich Übersetzer des Kaisers Menelik II. in Addis Abeba.

Literatur

Weblinks


Wikimedia Foundation.

Игры ⚽ Нужна курсовая?

Schlagen Sie auch in anderen Wörterbüchern nach:

  • Wilhelm Schimper — Georg Heinrich Wilhelm Schimper (19 August 1804 ndash; October 1878) was a German botanist born in Reichenschwand. He was a brother to naturalist Karl Friedrich Schimper. Wilhelm Schimper studied natural history in Munich, and for a short period… …   Wikipedia

  • Georg Wilhelm Schimper — Dieser Artikel oder Abschnitt ist nicht hinreichend mit Belegen (Literatur, Webseiten oder Einzelnachweisen) versehen. Die fraglichen Angaben werden daher möglicherweise demnächst gelöscht. Hilf Wikipedia, indem du die Angaben recherchierst und… …   Deutsch Wikipedia

  • Andreas Franz Wilhelm Schimper — Andreas Schimper Andreas Schimper Nacimiento 12 de mayo de 1856 Estrasburgo, Francia …   Wikipedia Español

  • Andreas Franz Wilhelm Schimper — (* 12. Mai 1856 in Straßburg; † 9. September 1901 in Basel) war ein deutscher Botaniker und Universitätsprofessor. Sein offizielles botanisches Autorenkürzel lautet „A.Schimp.“ …   Deutsch Wikipedia

  • Georg Wilhelm Schimper — (Georg Heinrich Wilhelm Schimper, * Reichenschwand, 19 de agosto de 1804 – octubre de 1878, Adua, Etiopía) fue un botánico germano. Era hermano del naturalista Karl Friedrich Schimper. Wilhelm estudia Historia natural en la Universidad de Múnich …   Wikipedia Español

  • Andreas Franz Wilhelm Schimper — Infobox Scientist name = Andreas Schimper box width = image width =150px caption = Andreas Schimper birth date = May 12, 1856 birth place = Strasbourg, France death date = September 9, 1901 death place = residence = citizenship = nationality =… …   Wikipedia

  • Philipp Wilhelm Schimper — Guillaume Philippe Schimper Pour les articles homonymes, voir Schimper. Buste de Schimper au musée d histoire naturelle de Strasbourg. Guillaume Phil …   Wikipédia en Français

  • Andreas Franz Wilhelm Schimper — Pour les articles homonymes, voir Schimper. Andreas Franz Wilhelm Schimper Andreas Franz Wilhelm Schimper est un botaniste français, né le 12 mai …   Wikipédia en Français

  • Wilhelm Philipp Schimper — (* 12. Januar 1808 in Dossenheim im Elsass bei Zabern; † 20. März 1880 in Straßburg) war ein deutscher Botaniker, Geologe und …   Deutsch Wikipedia

  • Wilhelm Philipp Schimper — (January 12, 1808 March 20, 1880) was a German French botanist who was born in Dossenheim sur Zinsel, a town near the River Rhine. He was father of botanist Andreas Franz Wilhelm Schimper (1856 1901) and cousin to naturalist Karl Friedrich… …   Wikipedia

Share the article and excerpts

Direct link
Do a right-click on the link above
and select “Copy Link”