Wolfsmilch

Wolfsmilch
Wolfsmilch
Zypressen-Wolfsmilch (Euphorbia cyparissias)

Zypressen-Wolfsmilch (Euphorbia cyparissias)

Systematik
Ordnung: Malpighienartige (Malpighiales)
Familie: Wolfsmilchgewächse (Euphorbiaceae)
Unterfamilie: Euphorbioideae
Tribus: Euphorbieae
Untertribus: Euphorbiinae
Gattung: Wolfsmilch
Wissenschaftlicher Name
Euphorbia
L.
Sonnwend-Wolfsmilch (Euphorbia helioscopia), Illustration: A Blühende Pflanze, B Cyathium mit männlichen Blüten und weiblicher Blüte, eine unreife Frucht tragend, auf gebogenem Pedicel, 1 Cymöser Blütenstand mit Brakteen, 2 Blatt, 3 wie B, 4 Aufgeschnittenes, abgerolltes Involukrum mit Nektardrüsen und Zipfeln der Brakteolen, 5 Frontaler Schnitt durch 3, 6 Unreife männliche Blüten, 7 Horizontaler Schnitt durch die Frucht, 8 Früchte, 9 Samen.
Austretende Wolfsmilch
Mandelblättrige Wolfsmilch (Euphorbia amygdaloides)
Zypressen-Wolfsmilch (Euphorbia cyparissias)
Esels-Wolfsmilch (Euphorbia esula)
Süße Wolfsmilch (Euphorbia dulcis), haarige Früchte
Vielfarbige Wolfsmilch (Euphorbia epithymoides)
Sumpf-Wolfsmilch (Euphorbia palustris) (dreiteilige Fruchtknoten)
Kreuzblättrige Wolfsmilch (Euphorbia lathyris)
Medusenhaupt
(Euphorbia caput-medusae)
Melonen-Wolfsmilch
(Euphorbia meloformis)
Christusdorn
(Euphorbia milii)
Walzen-Wolfsmilch
(Euphorbia myrsinites)
Dreikantige Wolfsmilch
(Euphorbia trigona)
Besenwolfsmilch
(Euphorbia Damarana)
Palisaden-Wolfsmilch (Euphorbia characias): von Hochblättern umgebene Cyathien
Weihnachtsstern (Euphorbia pulcherrima), eine beliebte Zimmerpflanze

Wolfsmilch (Euphorbia) ist eine Pflanzengattung aus der Familie der Wolfsmilchgewächse (Euphorbiaceae), die etwa 2160 Arten umfasst.

Inhaltsverzeichnis

Namensherkunft

Der lateinische Name Euphorbia leitet sich von Euphorbus, einem Leibarzt des Königs Juba II. von Mauretanien (etwa 50 v. Chr. bis 23/24 n. Chr.), her. Er wurde dieser Gattung durch Linné 1753 (Spec. Pl. (ed. 1), 450) zugeordnet. Nomenklatorischer Typ ist Euphorbia antiquorum L.

Der deutsche Name Wolfsmilch (früher auch „Wolfskrautmilch“) erinnert an den „beißenden“ Milchsaft der Pflanzen.

Beschreibung

Vegetative Merkmale

Euphorbien sind ungewöhnlich vielgestaltig. Sie bilden einjährige oder ausdauernde, überwiegend krautige Pflanzen oder verholzende Sträucher oder Bäume. Fast die Hälfte der Arten ist xerophytisch und dann häufig deutlich sukkulent, entweder dornig oder unbewehrt. Alle Arten haben einen ätzenden, giftigen Milchsaft, der in der Regel weiß, in seltenen Fällen gelb ist.

Die Wurzeln sind entweder faserig oder dick und fleischig oder knollig. Die Sprossachse (also der Haupttrieb) und meistens auch Seitentriebe der sukkulenten Arten sind dickfleischig.

Die Laubblätter sind gegenständig, wechselständig oder stehen in Wirteln. Bei sukkulenten Arten sind die Blätter häufig sehr klein, schnell hinfällig und nur im Neutrieb erkennbar. Die Nebenblätter sind meistens klein und teils zu Dornen umgewandelt, drüsig oder völlig reduziert.

Blütenstände und Blüten

Alle Arten der Gattung besitzen eingeschlechtige Blüten. Es gibt sowohl ein- (monözische) als auch zweihäusige (diözische) getrenntgeschlechtige Arten. Die Blüten sind extrem reduziert und bestehen bei der weiblichen Blüte aus dem nackten Fruchtknoten mit dreiteiliger Narbe, bei der männlichen Blüte aus einem einzelnen Staubfaden. Jeweils eine weibliche Blüte und meist fünf Gruppen von männlichen Blüten sind in einer Cyathium genannten Scheinblüte zusammengefasst. Die fehlenden echten Blütenblätter werden durch auffallende Nektardrüsen des Cyathiums, blütenblattartige Anhängsel der Nektardrüsen oder blütenblattartige Hochblätter ersetzt. Bei eher ursprünglichen und nicht sukkulenten Arten sind die Cyathien meist in endständigen, mehrstrahligen Trugdolden angeordnet. Bei stark sukkulenten Arten stehen die Cyathien meist in seitenständigen und stark reduzierten Blütenständen.

Früchte und Samen

Die dreilappigen, selten auch zweilappigen Kapselfrüchte verholzen fast immer bis zur Reife und reißen dann explosiv auf (Ballochorie). Die so mehrere Meter weit geschleuderten Samen sind vierkantig, eiförmig oder kugelig und tragen nicht selten ein Caruncula genanntes Anhängsel.

Milchsaft

Der Milchsaft von Euphorbien dient als Fraßschutz und Wundverschluss. Da er unter Druck steht, tritt er schon bei kleinsten Verletzungen aus und gerinnt dann bei Luftkontakt innerhalb weniger Minuten. Unter den Inhaltsstoffen befinden sich eine Vielzahl von Di- und Triterpenestern, die sich je nach Art in der Zusammensetzung unterscheiden und teils in bestimmten Varianten für einige Arten typisch sind. Durch diese Terpenester ist der Latex je nach Art gering bis sehr stark ätzend und hautreizend und kann insbesondere an den Schleimhäuten (Augen, Nase, Mund) Entzündungen hervorrufen, die stärkste Schmerzen verursachen. Im Tierversuch wurde am Terpenester Resiniferatoxin eine 10.000- bis 100.000-fach stärkere Reizwirkung als bei Capsaicin, dem „scharfen“ Wirkstoff des Chilis festgestellt. Auch eine Tumor fördernde Wirkung der Terpenester wurde beobachtet. Im Umgang mit Euphorbien ist deshalb erhöhte Vorsicht geboten. Auf die Haut gelangter Latex sollte sofort und gründlich abgewaschen werden. Bereits ganz oder teilweise geronnener Latex ist teils nicht mehr in Wasser löslich, kann aber mit einer Emulsion (Milch, Hautcreme) entfernt werden. Bei Verätzungen von Schleimhäuten ist unbedingt ein Arzt aufzusuchen. Bei der Beschneidung großer, sukkulenter Euphorbien in Gewächshäusern wurde beobachtet, dass sich Dämpfe des Latex ausbreiten und noch in mehreren Metern Entfernung starke Reizung der Augen und Atemwege verursachen. Auch hier ist Vorsicht geboten und z. B. für ausreichende Lüftung zu sorgen.

Kleinkinder und Haustiere sollten grundsätzlich keinen Kontakt zu Euphorbien bekommen.

Verbreitung

Die Mehrheit der krautigen Pflanzen ist weltweit in den gemäßigten bis tropischen Zonen verbreitet. Strauchige, baumförmige und sukkulente Arten sind fast ausschließlich in den Tropen und Subtropen beheimatet.

Systematik

Euphorbia ist eine der größten und komplexesten Gattungen im Pflanzenreich. Etliche Versuche, sie in kleinere Gattungen aufzuspalten, blieben erfolglos, da sich immer wieder Arten fanden, die zwischen diesen Kleingattungen standen und eine saubere Abtrennung verhinderten. Ein seit langer Zeit bekanntes und bis dahin ungelöstes Problem in und um die Gattung Euphorbia war ihre Paraphylie. Für eine Gattung im modernen Sinn ist es jedoch erforderlich, monophyletisch zu sein. Erst in jüngster Vergangenheit haben DNA-Untersuchungen zu einer Lösung dieses Problems geführt. Dabei wurde auch festgestellt, dass sich Euphorbia aus vier Untergattungen zusammensetzt, die kaum den aus der herkömmlichen Botanik bekannten Untergattungen entsprechen.

Subtribus Euphorbiinae

Wie DNA-Untersuchungen von Steinmann & Porter (2002)[1], Steinmann (2003)[2] und Bruyns & al. (2006)[3] ergaben, sind die so genannten Satellitengattungen um Euphorbia, nämlich Elaeophorbia, Endadenium, Monadenium, Synadenium und Pedilanthus tief in Euphorbia verschachtelt. Konsequenterweise wurden sie deshalb in Euphorbia überführt. Mit Ausnahme der noch nicht bearbeiteten, nahe mit Pedilanthus verwandten Gattung Cubanthus gehören nun alle Mitglieder des Subtribus Euphorbiinae zur Gattung Euphorbia. Nachdem Cubanthus auch noch überführt ist, wird Euphorbia monophyletisch sein.

Untergattungen

  • Esula beinhaltet vorwiegend die ursprüngliche Untergattung Esula sowie einige Arten der früheren Untergattung Tirucalli. Der überwiegende Teil der Arten ist krautig und nicht sukkulent.
  • Chamaesyce beinhaltet die früheren Untergattungen Chamaesyce, Agaloma und Poinsettia, sowie die frühere Sektion Arthrothamnus, deren koralliforme Arten keinerlei körperliche Ähnlichkeit mit typischen Chamaesyce haben. Nur relativ wenige Arten sind wurzel- oder stammsukkulent.
  • Euphorbia beinhaltet die ursprüngliche Untergattung Euphorbia, die nur die Arten mit Dornen auf Schilden enthielt, die frühere Gattung Elaeophorbia, die nicht zu trennenden früheren Gattungen Monadenium, Synadenium und Endadenium, die früheren Untergattung Lacanthis (Christusdorn-Verwandtschaft) sowie die südamerikanischen Arten um E. sipolisii. Fast alle Arten sind sukkulent.
  • Rhizanthium beinhaltet die meisten Arten der früheren Sektionen Anthacantha, Dactylanthes, Meleuphorbia, Treisia und Trichadenia. Alle Arten sind sukkulent.

Xerophyten und Sukkulenten

In der Gattung Euphorbia wurde die Sukkulenz mehrfach unabhängig voneinander und in unterschiedlichem Ausmaß entwickelt. Teils ist schwer zu entscheiden und interpretationsabhängig, ob eine Art wirklich sukkulent oder „nur“ xerophytisch ist. In einigen Fällen, insbesondere bei Geophyten, sind unmittelbare Verwandte von Sukkulenten normale, krautige Pflanzen. Etwa 850 Arten sind im strengen Sinn sukkulent. Werden schwach sukkulente und xerophytische Arten mitgezählt, ergeben sich etwa 1000, was fast die Hälfte aller Arten von Euphorbia entspricht.
Bei der Besiedelung trockener Lebensräume und der Entwicklung der Sukkulenz wurden im Laufe der Evolution verschiedene Anpassungen durchgeführt. Nicht alle, aber immer mehrere dieser Anpassungen sind bei allen sukkulenten Arten zu finden:

  • Im Hauptstamm und meist auch in den Ästen wurde normales in Wasser speicherndes Gewebe umgewandelt.
  • Die Wasser verdunstende Körperoberfläche wurde bis zur Säulen- oder Kugelform reduziert.
  • Der Hauptstamm wurde bis zu dessen Verlagerung unter die Erdoberfläche reduziert.
  • Die Faserwurzeln wurden in Wasser speichernde Rübenwurzel, Knollen oder Rhizome umgewandelt.
  • Die Blattgröße wurde bis zu mit bloßem Auge unsichtbaren Schuppen reduziert.
  • Die Nebenblätter wurden zu Drüsen oder Dornen umgewandelt.
  • Blütenstandsstiele, Blattbasen oder Triebenden wurden zu Dornen umgewandelt.
  • Die Brakteen wurden bis zu winzigen Schuppen reduziert.
  • Die endständigen, trugdoldigen Blütenstände wurden auf seitliche Positionen (Blattachseln) verlagert und bis hin zu einzeln stehenden Cyathien reduziert.
  • Die Samen bleiben bis mehrere Jahre lang keimfähig.

Verwendungen

In Vergangenheit wurde in der Naturmedizin vieler Völker der Milchsaft der Pflanzen als Heilmittel und Medikament eingesetzt. Typische Anwendungsfälle waren entzündliche Beschwerden wie Hautausschlag, Ekzeme und Tumore. An die Verwendung als Abführmittel (Purgativ) erinnert der englische Name der Gattung: Spurge. Wegen der hohen Giftigkeit des Saftes und den dadurch verursachten Nebenwirkungen wird der Milchsaft heutzutage nur noch dort eingesetzt, wo es keinen Zugang zur modernen Medizin gibt.

Das Wachs einiger amerikanischer Arten, insbesondere von Euphorbia antisyphilitica, wird als Trennmittel z. B. für Süßigkeiten verwendet (siehe Candelillawachs).

Eine große Anzahl von Arten sind beliebte Zierpflanzen. Am bekanntesten sind der Christusdorn (Euphorbia milii) und der Weihnachtsstern (Euphorbia pulcherrima). Beliebte Gartenstauden sind die Mandelblättrige Wolfsmilch (Euphorbia amygdaloides), die Vielfarbige Wolfsmilch (Euphorbia epithymoides) und die Walzen-Wolfsmilch (Euphorbia myrsinites). Für Sammler sukkulenter Pflanzen sind insbesondere so kompakte Arten wie Euphorbia obesa und Euphorbia meloformis interessant. Im Winter wird Euphorbia fulgens als Schnittblume angeboten.

Arten (Auswahl)

Mitteleuropäische Arten

In Mitteleuropa sind folgende Arten heimisch:[4]

Weitere Arten

Literatur

Sukkulente Euphorbien:

  • Volker Buddensiek: Sukkulente Euphorbien Ulmer Verlag, Stuttgart 1998, ISBN 3-8001-6634-8
  • Susan Carter, Urs Eggli: The CITES Checklist of Succulent Euphorbia Taxa (Euphorbiaceae) Bundesamt für Naturschutz, Bonn 1997, ISBN 3-89624-609-7 (engl.)
  • Urs Eggli (Hrsg.): Sukkulentenlexikon Band 2 Zweikeimblättrige Pflanzen (Dicotyledonen) ausgenommen Aizoaceae, Asclepiadaceae, Cactaceae und Crassulaceae. Eugen Ulmer Verlag, Stuttgart 2002, ISBN 3-8001-3915-4; dieser Band 2 beschreibt u. a. rund 700 sukkulente Arten der Gattung Euphorbia.
  • Herman Schwartz (Hrsg.): The Euphorbia Journal Vol. 1-10 Strawberry Press, Mill Valley, California, USA 1983, ISBN 0-912647-06-X (engl.)
  • Meena Singh: Succulent Euphorbiaceae of India Selbstverlag, New Delhi, India 1994 (Mrs. Meena Singh, A-162 Sector 40, NOIDA - 201303, India) (engl.)
  • Volker Buddensiek: Succulent Euphorbia plus Volker Buddensiek Verlag 2005, CD-ROM. ISBN 3-934396-03-8 (engl.)
  • Frans Noltee: Succulents in the wild and in cultivation, Part 2 Euphorbia to Juttadinteria 2001, CD-ROM. ISBN 90-76774-05-6 (engl.)

Nicht sukkulente Euphorbien:

  • Robert Turner: Euphorbias - A Gardeners' Guide Timber Press, 1998. ISBN 0-88192-419-9 (engl.)

Belege

  1. Victor W. Steinmann, J. Mark Porter: Phylogenetic relationships in Euphorbieae (Euphorbiaceae) based on ITS and ndhF sequence data. In: Annals of the Missouri Botanical Garden. Band 89, Nummer 4, 2002, S. 453–490, JSTOR.
  2. Viktor W. Steinmann: The submersion of Pedilanthus into Euphorbia (Euphorbiaceae). In: Acta Botanica Mexicana. Band 65, 2003, S. 45–50, PDF online.
  3. Peter V. Bruyns, Ruvimbo J. Mapaya, Terrence Hedderson: A New Subgeneric Classification for Euphorbia (Euphorbiaceae) in Southern Africa Based on ITS and psbA-trnH Sequence Data. In: Taxon. Band 55, Nummer 2, 2006, S. 397–420, JSTOR.
  4. M.A. Fischer, K. Oswald, W. Adler: Exkursionsflora für Österreich, Liechtenstein und Südtirol. Dritte Auflage, Land Oberösterreich, Biologiezentrum der OÖ Landesmuseen, Linz 2008, ISBN 978-3-85474-187-9

Weblinks

 Commons: Wolfsmilch (Euphorbia) – Album mit Bildern und/oder Videos und Audiodateien

Deutschsprachig:

International:


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