Beltringharder Koog

Beltringharder Koog
54.558.9166666666667
Beltringharder Koog (Schleswig-Holstein)
Beltringharder Koog
Beltringharder Koog

Beltringharder Koog ist der Name der 1987 fertiggestellten Vordeichung eines Teils des schleswig-holsteinischen Wattenmeeres im Bereich der Nordstrander Bucht. Durch diese Maßnahme wurde die ehemalige Insel Nordstrand faktisch an das Festland angebunden und somit zu einem Teil einer Halbinsel. Der Koog gehört zum Kreis Nordfriesland. Der Name ist dem historischen Verwaltungsbezirk Beltringharde entlehnt, dessen Territorium die geographische Lage des heutigen Kooges umfasste. Er wurde vor allem durch die schweren Sturmfluten Zweite Marcellusflut (1362) und Burchardiflut (1634) weitgehend zerstört.

Inhaltsverzeichnis

Entstehungsgeschichte

Vor der Eindeichung

Die Festlandküste der Nordfriesischen Marschen lag noch bis ins 14. Jahrhundert hinein sehr viel weiter im Westen. Ein Großteil des Festlandes ging durch mehrere Sturmfluten verloren. Einige von ihnen, vor allem die beiden Groten Mandränken aus den Jahren 1362 und 1634, brachten die größten Zerstörungen im Bereich des nordfriesischen Wattenmeeres. Der größte Landverlust trat im nördlichen Bereich der Insel Alt-Nordstrand ein. Dieses Gebiet, zu dem unter anderem die Beltringharde gehörte, wurde vollkommen zerstört. Der entstandene Strom Norderhever bildete fortan die trennende Wasserlinie zwischen den bis in die heutige Zeit existierenden Überbleibseln Nordstrand und Pellworm.

In der Folge veränderten sich die Strömungsverhältnisse in der Nordsee. Parallel wurden von der Festlandküste aus neue Landflächen erschlossen. Vor allem in der Bredstedter Bucht entstanden mit mehreren Kögen, die heute Teil der Gemeinde Reußenköge sind, fruchtbare Marschländereien. Das neu entstandene Strömungssystem war durch verschiedenartige Sedimentationsvorgänge geprägt. Vor allem im Priel des Norderhever-Stromes wurden Sedimente abgetragen und an den Rändern, das heißt der Festlandküste und den weiter nördlich liegenden Inseln, wieder angelandet. Diese Bedingungen herrschen bis heute vor. Durch die veränderten Strömungsverhältnisse wurde die Norderhever, welche inzwischen bis ins Gebiet nördlich der Hamburger-Hallig als tiefer Wattenpriel reicht, zum dominierenden Wattstrom und löste damit die weiter nördlich gelegene Süderaue entlang der Halligen Nordmarsch, Langeness und Gröde ab. Zudem wurden an den Halligländereien umfangreiche Landsicherungsmaßnahmen notwendig. Aus diesem Grund wurden die Halligen in die Küstenschutzprogramme des Landes Schleswig-Holstein aufgenommen, da die Unterhaltung für die notwendige Instandhaltung der Deckwerke an den Halligen sehr kostspielig war und noch heute ist.

Nach der schweren Sturmflut 1962 wurde deutlich, dass die Küstenschutzmaßnahmen auch an der schleswig-holsteinischen Westküste intensiviert werden mussten. Gutachten führten im Nachfolgenden zur Erstellung des sogenannten Generalplan Küstenschutz. In diesem wurde auch die Vordeichung der Nordstrander Bucht mit aufgenommen. Bevor es aber schließlich zum Bau kam, mussten noch einige Jahre mit Kontroversen überbrückt werden. So wurde im Laufe der 1960er- und 1970er-Jahre die Planungen an die sich ändernden Rahmenbedingungen angepasst. Hierbei spielten neben den naturbedingten Erfordernissen auch immer Finanzfragen, und solche des Umweltschutzes mit hinein. Die Folge waren unterschiedlich Lösungsvarianten. Sahen die ersten Pläne aus dem Jahr 1963 noch eine große Eindeichung vom Elisabeth-Sophien-Koog auf der Insel Nordstrand bis zum Hauke-Haien-Koog und die Anlage eines Sicherungsdammes vom Festland zur Insel Pellworm im Wattbereich nördlich der Hamburger Hallig vor, so musste dieser Plan immer wieder abgeändert werden. Teilweise wurden Varianten verfolgt, die keine Vordeichung der Nordstrander Bucht vorsahen, sondern lediglich Deichverstärkungen entlang der alten Deichlinie, oder aber Deichneubauten mit einem Abstand von 200 m vor dieser. Schlussendlich wurde aber die sogenannte Kleine Lösung des Vordeichungsprojektes gewählt, die eine Verbindung von der Nordspitze der Insel Nordstrand beim Elisabeth-Sophien-Koog zur Südspitze des Sönke-Nissen-Koogs, eine daran anschließende Deichverstärkung entlang des Außendeichs und einen Sicherungsdamm zur Insel Pellworm vorsah. Der auf diese Weise eingedeichte Bereich wurde schließlich nach der im Jahre 1634 untergegengenen Beltringharde benannt. Die Planfeststellung für diese Lösung erfolgte im Jahr 1982

Eindeichung

Im Jahr 1982 begannen auch bereits die ersten Arbeiten. Zunächst wurden die Zufahrten zu den Ansatzstellen errichtet. Im Winter 1982/83 wurden die ersten Baumaterialien für den Deichbau angeschafft (unter anderem 60.000 t Geröll). Im Jahr 1983 begannen schließlich die ersten Spülarbeiten sowie die Arbeiten zur Erstellung eines Ringdeiches für die Baustelle Holmer Siel.

Allerdings sollte die Freude nicht lange anhalten. So erwirkten Gegner des Projektes einen Baustopp beim Landesverwaltungsgericht. Dieses verfügte im April 1983 zunächst einmal einen Baustopp der Vordeichung. Der beim Oberverwaltungsgericht in Lüneburg daraufhin eingegangene Einspruch wurde ebenfalls kurzfristig verhandelt und der Baustopp Anfang Mai 1983 wieder aufgehoben. Die daraufhin erhobenen acht Klagen wurden bis zum Sommer 1985 rechtskräftig abgewiesen.[1]

Der Ablauf wurde in mehrere Bauabschnitte unterteilt. Zunächst erfolgte der Bau eines Deiches von der Nordspitze Nordstrands bis zur Holmer Fähre, einem Seitenarm des Norderhever Stroms. An dieser Stelle wurde Sand angespült und ein Ringdeich als Schutzmaßnahme für den Bau des Holmer Siels errichtet. Im darauf folgenden Jahr begann der Deichvortrieb von der Nordseite des zu erstellenden Kooges (Deichkilometer 8,9) vom Sönke-Nissen-Koog bis zur Deichschlussstelle Nord bei Deichkilometer 5,6. Ebenso erfolgte der Bau des 3,35 km langen Transportdamms vom Cecilienkoog entlang des Lorendamms zur Hallig Nordstrandischmoor. Dieser war notwendig für die Arbeiten des Deichmittelstücks zwischen den beiden Deichschlusstellen. Diese beiden zuletzt zu schließenden Lücken waren notwendig, da ansonsten die Erosionskraft an den bestehenden Deichabschnitten zu groß gewesen wäre. Die Erosionsgefahren konnten durch die Deichlücken in den hier vorhandenen tiefsten Prielen vermindert werden Im Jahr 1986 entstand schließlich das Deichstück zwischen dem Kopf des Transportdamms bei Deichkilometer 4,6 und der zweiten Deichschlusstelle am Holmer Siel bei Deichkilometer 1,4. Im Jahr 1987 konnten die Deichschlussstellen schließlich im Laufe der günstigen Monate April bis Juni geschlossen werden. (ebda., S. 44ff)

Beim Bau der Deichabschnitte im Jahr 1983 und 1986 wurden auch die Spundwände für die an diesen Stellen zu errichtenden Durchlässe Sönke-Nissen-Koog Siel und Lüttmoorsiel gesetzt. Die für den Bau der Deiche notwendige Klei- und Sandentnahme erfolgte im Wattbereich des neuen Kooges. Hierbei lagen drei von vier Kleientnahmestellen im festlandnahen Bereich entlang des alten Seedeiches, die Sandentnahmestellen allesamt im äußeren parallel zum neuen Außendeich. Eine Kleientnahmestelle bildet heute das Rückhalte- und Speicherbecken an der Sönke-Nissen-Koog Siel.(ebda., S. 44)

Der neue Deich zeigt sich heute größtenteils als sogenannter Schardeich. Lediglich im nördlichen Bereich sind großflächigere Vorländereien entstanden, die auch zum Schutz der Hamburger Hallig angelegt wurden. Der Deich an sich ist ein Sandkerndeich.(ebda., S. 46ff)

Für den Deichbau fanden modernste Berechnungsformen für die Deichhöhe und die Deichprofile (Neigungswinkel) Anwendung. Entsprechend der modernen Zeiten nahm der Deich auch auf der Außenseite im Bereich der Außenberme einen Treibsel-Abfuhrweg auf. Der Deichverteidigungsweg wurde im Bereich der Innenberme ausgeführt. Letzterer dient der schnellen Heranschaffung von Materialien zur Sicherung von Deichschäden bei einer Sturmflut.(ebda., S. 46) Beide Wege sind nicht für den allgemeinen Verkehr freigegeben. Im Bereich des Beltringharder Koogs werden jedoch mehrere Radfahrrouten, wie zum Beispiel der Nordseeküstenradweg als Teil der internationalen NSCR (Northsea Cycle Route) über sie geführt.

Nach der Eindeichung

Der Beltringharder Koog war während seiner Entstehung nicht nur eine der größten, sondern auch eine der umstrittensten Deichbaumaßnahmen in der deutschen Geschichte. Seine Anlage war von heftigsten Auseinandersetzungen der Vertreter der Belange des Küstenschutzes sowie des Naturschutzes begleitet. Aus diesem Grund wurde der geplante Umfang einer späteren landwirtschaftlichen Nutzung stark eingeschränkt, ein geplanter Yachthafen niemals realisiert. Als Ausgleichsmaßnahme für die aus Gründen des Küstenschutzes vorgenommenen Eingriffe in die Natur wurde die gesamte 3.350 ha umfassende Fläche des Beltringharder Koogs als Salzwasserbiotop 1991 unter Naturschutz gestellt und ist insofern unbesiedelt.

Nutzung

Naturschutz

Herbst im Beltringharder Koog in Nähe des Lüttmoorsiels
Feuchtgrünland mit rastenden Graugänsen
Salzlagune im Beltringharder Koog

In § 3 der Naturschutzverordnung heißt es: „Das Naturschutzgebiet dient der dauerhaften Erhaltung und ungestörten Entwicklung eines durch Eindeichung überprägten ehemaligen Wattenmeerbereiches mit großflächigen Salz- und Süßwasserlebensräumen, tidebeeinflussten Überschwemmungsgebieten, mit Sümpfen und sonstigen Feuchtgebieten sowie einer an diese Lebensräume gebundenen charakteristischen Pflanzen- und Tierwelt, insbesondere dem Schutz der hier rastenden und brütenden Wat- und Wasservögeln.“ [2]

Die Fläche wurde in verschiedene Zonen (Biotope)unterteilt, die unterschiedliche Nutzungen zulassen. Im einzelnen sind dies (im Norden beginnend):(ebda., S. 42)

  • Das Speicherbecken am Sönke-Nissen-Koog Siel:
  • der Lüttmoorsee (Bereich nördlich des ehemaligen Transportdamms vom Cecilienkoog zum Außendeich),
  • die tidebeeinflusste Salzwasserlagune (südlich des Damms),
  • das Arlau-Speicherbecken (daran südlich als Verbindung zwischen der Arlauschleuse und dem Holmer Siel anschließend) und der
  • Holmer See

Sie alle sind zusammen mit der Arlau wichtige Gewässer der Flussgebietseinheit Eider. Die restriktiven Nutzungsbedingungen gewährleisten, dass z.B. der südliche Teil als Brut- und Raststätte von Seevögeln nicht betreten werden darf.

Landwirtschaft

Auf einigen Flächen ist trotzdem eine extensive landwirtschaftliche Nutzung möglich. Diese beschränkt sich jedoch auf die vor der alten Deichlinie entlang der Hattstedtermarsch, des Cecilienkoogs und des Sönke-Nissen-Koogs gelegenen Vorlandflächen.

Tourismus

Für Fremdenverkehrsgäste (und Einheimische) ist zudem eine Anreise an den Außendeich über einen Verbindungsdamm vom Cecilienkoog aus möglich. An dessen Ende, in Nähe des Lüttmoorsiels befindet sich der landseitige Endpunkt der Halligbahn Lüttmoorsiel–Nordstrandischmoor. Hier befindet sich im Außendeichbereich eine Badestelle. Als kleine gastronomische Einrichtung befindet sich am Rande des großzügigen Parkplatzes zudem eine saisonal betriebene gastronomische Einrichtung. Hier sind auch sanitäre Anlagen für die Badegäste untergebracht.

Statistische Daten

Der Beltringharder Koog hat eine Gesamtfläche von 33,4 km²[3]. Diese Fläche wurde zum 1. Januar  2005 offiziell vermessungstechnisch unter fünf Gemeinden aufgeteilt: [4]

Gemeinde Fläche (km²)
Hattstedtermarsch 12,42
Nordstrand 12,17
Reußenköge 9,31
Schobüll¹ 0,18
Elisabeth-Sophien-Koog 0,10
¹ am 1. Januar 2007 nach Husum eingemeindet

Einzelnachweise

  1. Walter Saggau/Robert Stadelmann: Ein Deich wird gebaut. Vordeichung Nordstrander Bucht, Husum Druck- u. Verlagsgesellschaft, Husum 1988, ISBN 3-88042-442-X, S. 37f
  2. Naturschutzverordnung "Beltringharder Koog"
  3. Harry Kunz: Die Köge Nordfrieslands. Mit Karte, Nordfriisk Instituut, 1997, ISBN 3-88007-251-5
  4. Bevölkerung der Gemeinden in Schleswig-Holstein am 31.12.2005 (PDF; 755 KB). Statistisches Amt für Hamburg und Schleswig-Holstein (19. Oktober 2006). Abgerufen am 3. März 2009.

Literatur

  • Walter Saggau/Robert Stadelmann: Ein Deich wird gebaut. Vordeichung Nordstrander Bucht. 2. Auflage. Husum Druck- und Verlagsgesellschaft, Husum 2001, ISBN 978-3-88042-442-5
  • Kunz, Harry und Albert Panten: Die Köge Nordfrieslands Nordfriisk Instituut, Bredstedt 1997, ISBN 3-88007-251-5, S. 47

Weblinks


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