Zeitgeschichtliche Forschungsstelle Ingolstadt

Zeitgeschichtliche Forschungsstelle Ingolstadt

Die Zeitgeschichtliche Forschungsstelle Ingolstadt e.V. (kurz: ZFI, auch als Institut für Zeitgeschichtsforschung Ingolstadt bezeichnet) ist ein geschichtsrevisionistischer Verein in Ingolstadt.[1] Sie wurde am 21. November 1981 maßgeblich von Alfred Schickel, Hellmut Diwald und Alfred Seidl als Konkurrenz zum renommierten Institut für Zeitgeschichte in München gegründet.[2]

Inhaltsverzeichnis

Tätigkeit

Die ZFI hat etwa 500 bis 600 Mitglieder und veranstaltet zweimal im Jahr größere Tagungen und gibt die Zeitgeschichtliche Bibliothek und die ZFI-Informationen heraus.[3] Der Vereinssatzung nach verpflichtet sich die ZFI „zur Erhellung der jüngeren Geschichte auf Grundlage streng wissenschaftlicher Verarbeitung von Urkunden und Originaldokumenten“. Seit ihrer Gründung beschäftigte man sich intensiv mit der Kriegsschuldfrage und der deutsch-tschechischen Geschichte. Es folgte einer Auseinandersetzung mit der Geschichte der osteuropäischen Staaten und dem Thema Vertreibung.

Politische Orientierung

Auf eine Anfrage der Abgeordneten Ulla Jelpke und der Gruppe der PDS antwortete die Bundesregierung am 16. März 1992, es bestehe „kein Anlaß, die Zeitgeschichtliche Forschungsstelle Ingolstadt (ZFI) als rechtsextremistisch einzustufen, da keine tatsächlichen Anhaltspunkte dafür vorliegen, daß die ZFI Bestrebungen verfolgt, die gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung gerichtet sind“. Verbindungen zum Rechtsextremismus seien ihr nicht bekannt.[4] Demgegenüber bewertete Bernd Wagner im Jahr 1994 das ZFI als „geistiges Zentrum rechtsextremer Kreise für historische Forschung“ in Deutschland.[5] Auf Tagungen und Veranstaltungen, so Wagner, werde eine systematische Verharmlosung des Nationalsozialismus und die Leugnung der Kriegsschuld betrieben. Dabei besteht eine enge Zusammenarbeit mit Zeitschriften wie Junge Freiheit, Europa Vorn, Nation und Europa und Deutschland in Geschichte und Gegenwart, die ähnliche Ziele verfolgen.[6] Am 21. November 1996 antwortete die Bundesregierung auf eine neuerliche Anfrage, dass der Leiter der ZFI Publikationen veröffentlicht hat, in denen „Auffassungen geäußert werden, die teilweise denen entsprechen, wie sie von Rechtsextremisten vertreten werden“. Das Bundesamt für Verfassungsschutz prüfe, ob sich dies zu Anhaltspunkten im Sinne der §§ 3,4 BVerfSchG verdichte.[7]

Nachdem die ZFI früher vom bayrischen Verfassungsschutz beobachtet worden war, sieht die bayrische Landesregierung heute keine Anhaltspunkte für rechtsextremistische Bestrebungen mehr. Sie ergänzt aber: „Dagegen propagieren einschlägige rechtsextremistische Publikationen unter Berufung auf die Person des Leiters der ZFI und seine Artikel vereinzelt auch ein mit der freiheitlichen demokratischen Grundordnung nicht vereinbares Gedankengut.“[8]

Die SPD und andere kritisierten, dass Alfred Lehmann (CSU), Oberbürgermeister von Ingolstadt, mehrmals an ZFI-Tagungen teilgenommen hat und dass Horst Seehofer (CSU), ehemaliger Bundesminister für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz, derzeitiger Ministerpräsident Bayerns, lobende Grußworte sandte.[9][2] Oberbürgermeister Alfred Lehmann würdigte die Veranstaltungen der ZFI, die er mehrfach besuchte, mit offiziellen Grußworten.

Dr. Walter-Eckhardt-Ehrengabe für Zeitgeschichtsforschung

Die ZFI vergibt auch die Dr. Walter-Eckhardt-Ehrengabe für Zeitgeschichtsforschung. Bisherige Preisträger waren unter anderem:

Publikationen

Literatur

  • Andreas Angerstorfer, Annemarie Dengg: Rechte Strukturen in Bayern. Eine Dokumentation mit Schwerpunkt Oberbayern, Oberpfalz und Niederbayern. 2. aktualisierte Auflage Auflage. Bayernforum, München 2005, ISBN 3-89892-416-5.
  • Anton Maegerle: „Club der Revisionisten“. Seit nunmehr 25 Jahren ist die „Zeitgeschichtliche Forschungsstelle Ingolstadt" damit beschäftigt, historische Fakten zu verdrehen. In: Blick nach Rechts. Nr. 25, 11. Dezember 2006.
  • Bernd Wagner: Handbuch Rechtsextremismus. Netzwerke, Parteien, Organisationen, Ideologiezentren, Medien. Rowohlt, Reinbek bei Hamburg 1994, ISBN 3-499-13425-X (Rororo 13425).

Einzelnachweise

  1. Anton Maegerle, Daniel Hörsch: „Der Kampf um die Köpfe“ hat begonnen. Vordenker, Strategen und Wegbereiter rechter Netzwerke. In: Stephan Braun, Daniel Hörsch (Hrsg.): Rechte Netzwerke, eine Gefahr. VS Verlag für Sozialwissenschaften, Wiesbaden 2004, ISBN 381004153X, S. 114.
  2. a b Geschichtsrevisionistischer Verein. redok, 14. Dezember 2006
  3. Andreas Angerstorfer, Annemarie Dengg: Rechte Strukturen in Bayern. Eine Dokumentation mit Schwerpunkt Oberbayern, Oberpfalz und Niederbayern. Zweite aktualisierte Auflage, München 2005, S. 131
  4. Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage der PDS (März 1992)
  5. Bernd Wagner: Handbuch Rechtsextremismus, Reinbek 1994, S. 164
  6. Bernd Wagner: Handbuch Rechtsextremismus - Netzwerke, Parteien, Organisationen, Ideologiezentren, Medien, Reinbek bei Hamburg 1994.
  7. Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage der PDS (November 1996)
  8. Bayerischer Landtag, Drucksache 15/7335 vom 22. Februar 2007 Antwort auf eine schriftliche Anfrage des Abgeordneten Florian Ritter, SPD
  9. SPD-Pressestelle: SPD-Rechtspolitiker Florian Ritter sieht Zeitgeschichtliche Forschungsstelle Ingolstadt (ZFI) im Zwielicht, 22. Dezember 2006

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