Zillmerung

Zillmerung

Die Zillmerung (auch Zillmer-Verfahren, Zillmerungs-Verfahren, oder präzise gezillmertes Nettobeitrags-Verfahren) ist eine Deckungskapital-Berechnungsformel der traditionellen Versicherungsmathematik. Es ist die in Deutschland gebräuchlichste Formel zur Berechnung der Deckungsrückstellung für traditionelle Lebens- und Krankenversicherungen in der handelsrechtlichen Bilanz. Die Formel ist nach dem Mathematiker August Zillmer (1831–1893) benannt. Oft wird die Zillmerung auch mit der anfänglich geringen Höhe der Rückkaufswerte in Verbindung gebracht. Doch beziehen sich die deutschen rechtlichen Vorschriften zum Zillmerverfahren auf handelsrechtliche Sachverhalte und sind damit für die im Vertrag zu vereinbarenden Rückkaufswerte nicht maßgeblich.

Inhaltsverzeichnis

Herleitung aus anderen Verfahren

Das gezillmerte Nettobeitrags-Verfahren unterscheidet sich von dem Bruttobeitrags-Verfahren bei traditionell gestalteten Verträgen durch das Ignorieren der laufenden Aufwendungen und der entsprechenden Beitragszuschläge (implizites Verfahren), wobei die Zerlegung des Beitrages mit den Rechnungsgrundlagen des Leistungsbarwertes erfolgt. In der historischen Entwicklung entstand das gezillmerte Nettobeitrags-Verfahren aber aus dem Nettobeitrags-Verfahren, in dem man die nicht für zukünftige Verpflichtungen benötigten Beitragsteile hinzufügte (Zillmer-Zuschlag). Das Nettobeitrags-Verfahren ist eine noch sehr einfache, aus der Anfangszeit der Versicherungsmathematik stammende Berechnungsmethode, die die tatsächliche Schuldposition (Erfüllungsrückstand) des Versicherers durch Beschränkung ausschließlich auf die Leistungen und die dafür benötigten Bedarfsbeiträge (Nettobeiträge) nicht korrekt abdeckt und daher heute für die Bestimmung der Deckungsrückstellung nicht mehr zulässig ist. Das gezillmerte Nettobeitrags-Verfahren ist – wie alle Methoden der traditionellen Versicherungsmathematik – bei nicht-traditionell gestalteten Verträgen nicht anwendbar.

Der Vorschlag Zillmers sollte verhindern, dass das damals noch übliche Nettobeitrags-Verfahren zu einer anfänglich zu hohen Deckungsrückstellung führte, um neu gegründeten Unternehmen noch die Finanzierung der sich damals einbürgernden einmaligen Abschlussprovisionen zu ermöglichen. Gleichzeitig sollte ein Missbrauch in Form von einem Nettobeitrags-Verfahren mit einem gegenüber dem verwendeten Nettobeitrag zu hohen Diskontierungszins vermieden werden. Ebenso wurde auch der damals in England verbreiteten Methode, der reinen Verpflichtung zu Versicherungsleistungen den gesamten Bruttobeitrag gegenüber zu stellen, als mathematisch unvollständiger Methode eine Absage erteilt. Aufgrund Zillmers Vorschlag wurden zukünftige Beiträge in der Deckungsrückstellung über den Nettobeitrag hinaus berücksichtigt, bis – aus Vorsichtsgründen – die Deckungsrückstellung am Ende des ersten Versicherungsjahres nicht kleiner als Null war. Zillmer schlug eine Pauschale in Höhe von 10–12,5 ‰ der Versicherungssumme vor. Diese Pauschale wird als Zillmersatz bezeichnet und wurde später aufsichtsbehördlich bestimmt. Im Laufe der Zeit wurde dieser Zillmersatz immer weiter erhöht, so dass die Deckungsrückstellung oft länger als ein Jahr negativ bleibt (heute beträgt der Höchst-Zillmersatz 40 ‰ der Summe der Beiträge nach § 4 Abs. 1 Satz 2 DeckRV). Im Jahr 1960 hat der Bundesfinanzhof (BFH) in einem Gutachten die Saldierung negativer Werte bei der Berechnung der Deckungsrückstellung mit positiven für unzulässig erklärt. Seit dieser Zeit wird im Zusammenhang mit der Anwendung des gezillmerten Nettobeitrags-Verfahrens der Anspruch auf Beiträge zur Deckung von anfänglichen Abschlussaufwendungen aktiviert (Ansatz von noch nicht fälligen Ansprüchen aus teilerfüllten Leistungen aus einem schwebendem Geschäft).

Das gezillmerte Nettobeitrags-Verfahren dient vorrangig dazu, die Verpflichtung des Versicherers aus dem Vertrag korrekt in der Bilanz abzubilden. Historisch war damit nicht beabsichtigt, den im Kündigungsfall zu zahlenden Rückkaufswert zu bestimmen. Das gezillmerte Nettobeitrags-Verfahren stellt bis heute eine Grundform der bilanziellen Darstellung von Versicherungsverträgen dar. Das International Accounting Standards Board diskutiert derzeit entsprechende Verfahren für einen neuen International Financial Reporting Standard für Versicherungsverträge, der dann auch in der ganzen Europäische Union verbindlich würde. Dabei ist das gezillmerte Nettobeitrags-Verfahren in der von Zillmer ursprünglich vorgestellten Form einem Fair Value mit minimum deposit floor (maximiert auf Null bzw. einem höheren Rückkaufswert bei der ersten Folgebewertung) und gleichmäßiger Verteilung des anfänglich kalkulatorischen Gewinns vergleichbar. Der uneingeschränkte Fair Value entspricht weitgehend dem gezillmerten Nettobeitrags-Verfahren ohne Begrenzung auf einen Höchst-Zillmersatz oder Begrenzung auf die tatsächlich angefallenen Abschlussaufwendungen.

Handelsrechtliche Bedeutung

Nach § 341f des Handelsgesetzbuches (HGB) ist für die Berechnung der Deckungsrückstellung das Bruttobeitrags-Verfahren anzuwenden. Bei traditionell gestalteten Verträgen ist eine mit dem gezillmerten Nettobeitrags-Verfahren berechnete Deckungsrückstellung nicht niedriger als die nach § 341f HGB berechnete Deckungsrückstellung; sie unterscheiden sich nur um die Sicherheitsmarge in den Beitragszuschlägen für die laufenden Aufwendungen für den Versicherungsbetrieb. Daher erlaubt europäisches Recht die Verwendung der impliziten Methode, und damit das gezillmerte Nettobeitrags-Verfahren, anstelle des eigentlich anzuwendenden Bruttobeitrags-Verfahrens. Die Zulässigkeit der impliziten Methode ist nicht explizit in deutsches Recht umgesetzt, gilt aber ohnedies aufgrund allgemeiner handelsrechtlicher Vorschriften für Näherungen. Allerdings erlaubt § 25 Abs. 1 RechVersV ausdrücklich die Verwendung des gezillmerten Nettobeitrags-Verfahrens und damit die Anwendung eines Verfahrens nach der impliziten Methode. Eine solche ausdrückliche Genehmigung fehlt in der entsprechenden Verordnung für Pensionsfonds (RechPensV); sie wird aber nicht benötigt, da das Verfahren als angemessenes Näherungsverfahren grundsätzlich anstelle des in § 341f HGB gesetzlich bestimmten Verfahrens verwendet werden kann.

Im Ergebnis wird heute fast ausschließlich wegen der noch bestehenden Dominanz der traditionell gestalteten Lebensversicherungsverträge das gezillmerte Nettobeitrags-Verfahren zur Bestimmung der Bilanz-Deckungsrückstellung verwendet, ausgenommen fondsgebundene Lebensversicherungen. Daher beziehen sich die gesetzlichen, insbesondere aufsichtsrechtlichen Vorschriften, die die Deckungsrückstellung behandeln, oft direkt auf das gezillmerte Nettobeitrags-Verfahren, obwohl die Vorschriften auch anzuwenden wären, wenn das gleichwertige, eigentlich gesetzlich vorgesehene Bruttobeitrags-Verfahren angewandt würde. Dies betrifft zum Beispiel die Vorschriften des Aufsichtsrechts zum Höchstzillmer-Satz, zur Berücksichtigung bei der Eigenmittelbestimmung oder bei der Bestimmung des gebundenen Vermögens.

§ 4 Abs. 1 Satz 2 DeckRV begrenzt den expliziten Ansatz anfänglicher Abschlussaufwendungen in Gestalt ihrer kalkulatorischen Berücksichtigung in Form von Beitragszuschlägen bei der Bestimmung der Deckungsrückstellung nach § 341f HGB oder einem Näherungsverfahren mit explizitem Ansatz dieser Aufwendungen auf 4 % der Summe der vertraglichen Beiträge. Durch diese Vorsichtsmaßnahme wird die Antizipation zukünftiger Beiträge auf ein unter dem handels- und aufsichtsrechtlichen Vorsichtsprinzip vertretbares Maß begrenzt. In einem prospektiven Verfahren wie dem Bruttobeitrags-Verfahren bewirken zukünftige Beitragsteile, denen in der Zukunft keine Aufwendungen gegenüberstehen, einen kalkulatorisch anfänglich negativen Betrag bei der Berechnung der Deckungsrückstellung.

Gerade in dieser Begrenzung aus Vorsichtsgründen lag die Hauptarbeit von August Zillmer. Er modifizierte das schon bekannte, später nach ihm benannte Verfahren derart, dass die Antizipation zukünftiger Beiträge auf das handelsrechtlich vertretbare Maß begrenzt wurde. Die von ihm eingeführte Begrenzung der Antizipation zukünftiger Beiträge wurde in der Zwischenzeit immer wieder geändert. Der heutige Wert ist für Verträge anzuwenden, die ab 1994 abgeschlossen wurden.

Bedeutung der Zillmerung für den Versicherungsnehmer

Die Zillmerung steht für viele traditionell für die Problematik eines geringen Rückkaufswerts bei kapitalbildenden Lebensversicherungen nach Vertragsbeginn. Dabei wird unterstellt, dass die wichtigste praktische Konsequenz der Anwendung des gezillmerten Nettobeitragsverfahrens in der handelsrechtlichen Bilanz eine Verrechnung der Abschluss- und Vertriebskosten mit den ersten gezahlten Beiträgen bei der Bestimmung der Rückkaufswerte sei. Daher führe die Anwendung des gezillmerten Nettobeitragsverfahren in der handelsrechtlichen Bilanz dazu, dass insbesondere bei kapitalbildenden Lebensversicherungen in den ersten Versicherungsjahren sehr geringe oder sogar gar keine Rückkaufswerte in den Verträgen vereinbart werden. Das gezillmerte Nettobeitragsverfahren des Handelsrechts wird daher insbesondere von Verbraucherschützern kritisiert. Ein rechtlicher oder sachlicher Zusammenhang zwischen der Anwendung des gezillmerten Nettobeitragsverfahrens in der handelsrechtlichen Bilanz und der Vereinbarung der Rückkaufswerte in Form einer Tabelle im Vertrag (meist einige Monate zuvor) kann allerdings aus der heutigen Rechtslage nicht hergeleitet werden. Die handelsrechtlichen Pflichten bestehen unabhängig von den im Vertrag vereinbarten Rückkaufswerten und die Parteien sind im Rahmen des Versicherungsvertragsrechtes frei, Rückkaufswerte zu vereinbaren, ohne Rücksicht auf die handelsrechtlichen Vorschriften zur nachfolgenden Abbildung der Verträge in der Bilanz.

Dennoch werden weiterhin die Begriffe „gezillmerter Vertrag“, „gezillmerter Tarif“ oder „gezillmerter Rückkaufswert“ verwendet, wenn auf anfänglich sehr niedrig vereinbarte Rückkaufswerte Bezug genommen wird. Der historische Grund hierfür ist, dass bis 1994 die Vertragsparteien durch Gesetz verpflichtet waren, die Rückkaufswerte identisch zur Deckungsrückstellung nach dem gezillmerten Nettobeitragsverfahren zu vereinbaren. Nach Wegfall der entsprechenden gesetzlichen Grundlage im Jahr 1994 besteht kein Zusammenhang mehr zur Zillmerung. Die Rückkaufswerte sind seitdem nach Vertrag bestimmt und es wird grundsätzlich nicht vertraglich vereinbart, dass sie nach dem gezillmerten Nettobeitragsverfahren zu bestimmen sind, sondern die Vereinbarung erfolgt durch vertragliche Bestimmung in Form einer Tabelle. Daher besteht das Problem nicht mehr in der Zillmerung, sondern in der vertraglichen Vereinbarung der Rückkaufswerttabelle, auch wenn in der veröffentlichten Meinung, selbst in den Urteilen der obersten Gerichte, immer noch fälschlich die Zillmerung in diesem Zusammenhang erwähnt wird.

Vertragliche Bedeutung

Das gezillmerte Nettobeitrags-Verfahren hat weder durch Gesetz noch durch Vertrag irgendeine Bedeutung für das Rechtsverhältnis zwischen Versicherungsnehmer und Versicherer, da normalerweise sämtliche gegenseitigen Rechte und Pflichten im Versicherungsvertrag durch Angabe expliziter Zahlen bestimmt sind. Die Bezugnahmen auf das gezillmerte Nettobeitrags-Verfahren im deutschen Recht betreffen ausschließlich bilanzielle oder auf der Bilanz aufbauende aufsichtsrechtliche Sachverhalte. Vertragliche Positionen sind von diesen Vorschriften nicht betroffen. Soweit sich vertragliche Größen im Rahmen der Überschussbeteiligung auf bilanzielle Sachverhalte beziehen, bewirkt die Verwendung des gezillmerten Nettobeitrags-Verfahrens bei der Berechnung der Deckungsrückstellung als Näherung für das ansonsten gesetzlich zu verwendende Bruttobeitrags-Verfahren keinen nennenswerten Effekt.

Eine wie auch immer geartete Vereinbarung zwischen Versicherungsnehmer und Versicherer über die Anwendung oder Nicht-Anwendung des gezillmerten Nettobeitrags-Verfahrens bei der Berechnung der Deckungsrückstellung verbietet sich, da die Bilanzierung ausschließlich nach den Vorschriften des Handelsrechts zu erfolgen hat. Die Bilanzierung bildet den Vertrag ab, wie er ist, ohne selbst Gegenstand der vertraglichen Regelungen zu sein.

Die Rückkaufswerte zu den jeweiligen Kündigungszeitpunkten werden im Vertrag meist durch konkrete Angabe der Einzelwerte in der „Rückkaufswerttabelle“ explizit vereinbart. Eine wie auch immer geartete Vereinbarung über die Bestimmungsmethode dieser Werte verbietet sich daher. Allerdings müssen aufgrund gesetzlicher Vorschriften die Rückkaufswerte mindestens so hoch wie der Zeitwert der Versicherung, bzw. für Verträge ab 2008 wie das Deckungskapital mit Rechnungsgrundlagen der Beitragskalkulation sein. Auch der Zeitwert bzw. das Deckungskapital ist mit dem Bruttobeitrags-Verfahren zu bestimmen, allerdings gelten hier die Vorgaben des Handelsrechts für die Details der technischen Berechnungsgrundlagen nicht. Daher ist der Zeitwert eher niedriger als sich bei handelsrechtlicher Anwendung des Bruttobeitrags-Verfahrens ergeben würde. Auch dürfen keine Näherungsverfahren verwendet werden. Soweit die durch Einzelangabe vereinbarten vertraglichen Rückkaufswerte höher sind, als der gesetzliche Mindestwert, sind diese damit verbindlich.

Es ist bekannt, dass die Versicherer für traditionell gestaltete Verträge der Lebensversicherung die den Versicherungsnehmern angebotenen Beiträge heute noch mit den Methoden der traditionellen Versicherungsmathematik kalkulieren und dabei auch die Rückkaufswerttabellen, die sie dann mit den Versicherungsnehmern vereinbaren wollen, mit dem gezillmerten Nettobeitrags-Verfahren berechnen. Gegenstand des Vertrages ist aber nicht die Verwendung des gezillmerten Nettobeitrags-Verfahrens für die Rückkaufswerte, sondern die konkrete Rückkaufswerttabelle selbst, so wie sie der Versicherer dem Versicherungsnehmer im Vertragsentwurf vorlegt.

Bei Verträgen nach dem AltZertG (sogenannte Riester-Verträge) ist Voraussetzung für die Zertifizierung, dass die Rückkaufswerte in den ersten 5 Jahren nicht zu sehr gemindert sind. Dies ändert aber nichts an der Verpflichtung, die Deckungsrückstellung nach dem in § 341f HGB vorgeschriebenen Verfahren zu berechnen, also analog zum gezillmerten Nettobeitrags-Verfahren bzw. nach § 25 RechVersV tatsächlich mittels des gezillmerten Nettobeitrags-Verfahrens. Die aufsichts- bzw. steuerrechtlichen Vorschriften über die Zertifizierung der Produkte setzen insofern die handelsrechtlichen Vorschriften nicht außer Kraft. Allerdings muss der gegenüber der entsprechend berechneten Deckungsrückstellung höhere Rückkaufswert durch Maximierung der Deckungsrückstellung auf den höheren Rückkaufswert gemäß § 25 Abs. 2 RechVersV berücksichtigt werden. Damit wird die Deckungsrückstellung zwar nach dem gezillmerten Nettobeitrags-Verfahren bestimmt, der Effekt allerdings durch die Maximierung der Deckungsrückstellung auf den Rückkaufswert wieder aufgehoben. Entsprechendes gilt auch für Pensionsfonds und für die nach dem Jahr 2008 abgeschlossene Verträge, wegen der dann allgemein geforderten anfänglichen erhöhten Mindest-Rückkaufswerte.

Vertragliche Bezugnahme auf die Zillmerung

Die übliche Erwähnung der Zillmerung in Lebensversicherungsverträgen stellt keine Vereinbarung dar, sondern ist eine Erläuterung, warum eine andere Vereinbarung über die Nutzung der Beiträge zur Deckung von Abschlussaufwendungen getroffen wird. Diese Vereinbarung wiederum dient allein dem Zweck, eine Aktivierung von Beitragsteilen im Rahmen der Bilanzierung eines teilerfüllten schwebenden Geschäfts vorzunehmen – eine bilanzielle Maßnahme die durch die Überschussbeteiligung ausschließlich günstig für die Versicherungsnehmer ist. Ohne diese Aktivierungsabsicht würde diese Vereinbarung nicht benötigt, da die Beiträge in das Eigentum des Versicherers übergehen und daher von diesem zu jeder gewünschten Deckung von Aufwendungen verwendet werden können. Nur um Beitragsteile als Entlohnung für ein teilerfülltes schwebendes Geschäft aktivieren zu können, wird eine vertragliche Konkretisierung über die Verwendung der Beiträge benötigt.

Das Missverständnis, die entsprechende Klausel im Versicherungsvertrag als Vereinbarung des gezillmerten Nettobeitrags-Verfahrens zu verstehen, entstand dadurch, dass bei Versicherungsverträgen nicht immer ganz klar ist, was Vereinbarung und was Erläuterung dazu ist. Das gezillmert Nettobeitrags-Verfahren müsste im Vertrag weder erwähnt werden, noch ist speziell dieses Verfahren eine Voraussetzung für die Aktivierung. Würde der Versicherer das gesetzliche Verfahren nach § 341f HGB verwenden statt zu „zillmern“, würde sich nichts anderes ergeben.

Dennoch waren die Formulierungen in den Verträgen so missverständlich, dass der Bundesgerichtshof (BGH) diese Klausel und die Klausel zum Rückkaufswert 2001 für unwirksam erklärte. Grundlage für das Urteil von 2001 war die Forderung des BGH, dass in den Verträgen, wo tatsächlich oder - aufgrund von unklaren AGB - vermeintlich Rückkaufswerte nicht durch Vereinbarung konkreter Werte, sondern des Berechnungsverfahrens, also zum Beispiel des gezillmerten Nettobeitrags-Verfahrens, in den AGB bestimmt werden, in diesen AGB Hinweise auf die Nachteiligkeit des vereinbarten Berechnungsverfahrens stehen müssen. Andernfalls sind diese AGB unwirksam. Das Oberlandesgericht Stuttgart hat in einem Urteil im Jahr 2007 klargestellt (7 U 64/07), dass die entsprechend vereinbarten Rückkaufswerte nicht selbst unzulässig sind, sondern deren Vereinbarung nur bei intransparenter Ausgestaltung unwirksam ist. Soweit die AGB transparent sind oder wie im zu entscheidenden Fall auf andere Art, nämlich durch eine gesonderte Kundeninformation über den Versicherungsverlauf, die erforderliche Transparenz geschaffen wird, sind die vertraglich vereinbarten Rückkaufswerte wirksam.

Ähnlich entschied der österreichische OGH in zwei Entscheidungen vom 17. Januar 2007 (7 Ob 140/06y und 7 Ob 173/06a, weitgehend wortgleich), dass in den einschlägigen Versicherungsbedingungen „für den durchschnittlich versierten Versicherungsnehmer“ die Rückkaufswerte deutlich nachvollziehbar geregelt werden müssen und auf Nachteile der Kündigung verwiesen werden muss. Insbesondere muss, falls die eigentliche Vereinbarung durch konkrete Angabe der Rückkaufswerte durch eine Tabelle erfolgt, auf diese hingewiesen werden. Damit genügt ein Verweis auf die "tariflichen Grundlagen", die zum Beispiel eine Berechnung nach dem "gezillmerten Netto-Beitragsverfahren" oder eines anderen Verfahrens, das zu einer anfänglichen Berücksichtigung aller zukünftigen Beiträge führen würde, nicht, da diese tariflichen Grundlagen dem Versicherungsnehmern nicht bekannt sind. Damit liegt in den beanstandeten Klauseln ein Verstoß gegen das Transparenzgebot vor und die undeutliche Klausel ist unwirksam.

Damit ist aber nicht die Anwendung des gezillmerten Nettobeitrags-Verfahren im gesetzlichen Sinn, also in der Handelsbilanz, unmöglich geworden, denn diese bilanziellen Vorschriften bestehen unabhängig von den vertragsrechtlichen Vorgaben des BGH bzw. OGH. Vielmehr fehlt es nunmehr an der vertraglichen Grundlage, Ansprüche auf zukünftige Beiträge zu aktivieren. Zudem wird die Urteile auch so interpretiert, dass die Rückkaufswerttabelle bzw. die Bezugnahme auf den Zeitwert unwirksam ist und es damit keine wirksame vertragliche Vereinbarung zu den Rückkaufswerten gibt.

Nach dem Urteil des BGH von 2005 darf der Rückkaufswert ersetzend nicht nach dem gesetzlichen Verfahren, dem Zeitwert nach § 176 Abs. 3 des Versicherungsvertragsgesetzes (VVG) bestimmt werden, sondern muss als Ausgleich für die Intransparenz der Klausel nach einem für die Versicherungsnehmer je nach Kündigungstermin ggf. günstigeren Verfahren bestimmt werden. Der Rückkaufswert muss mindestens die Hälfte des „ungezillmerten“ Deckungskapitals betragen, falls höher ist aber weiterhin der im Vertrag bestimmte Rückkaufswert zu zahlen. Diese halbe/halbe Regelung hat der BGH vorgesehen, da die Zillmerung, wie der BGH ausführte, nicht grundsätzlich nachteilig für die Versicherungsnehmer ist, sondern durch entsprechend höhere Ablaufleistungen auch Vorteile bietet. Daher war nicht auszuschließen, dass die Zillmerung den Interessen des Versicherungsnehmers bei Vertragsabschluss entsprach. Da aber die Verwendung unwirksamer Klauseln zu Lasten des Verwenders geht, war hier zugunsten der Versicherungsnehmer eine gewisse Verbesserung angezeigt. Dieses Urteil ist nur auf die Fälle anzuwenden, wo die Vereinbarung der Rückkaufswerte tatsächlich wegen mangelnder Transparenz unwirksam war.

Auch das Bundesarbeitsgericht (BAG) hat sich in seinem Urteil vom 15. September 2009 - 3 AZR 17/09 - mit der Zulässigkeit einer Zillmerung im Rahmen der betrieblichen Altersversorgung befasst (hier: Direktversicherung auf Basis einer Entgeltumwandlung des Arbeitnehmers). Das BAG hat in seinem Urteil festgestellt, dass die Vereinbarung eines gezillmerten Versicherungstarifes zwar grundsätzlich nicht zur Unwirksamkeit einer Entgeltumwandlungsvereinbarung führt, es aber bei einer unangemessenen Benachteiligung des Arbeitnehmers zu einer Aufstockung der Versorgungsleistung durch den Arbeitgeber kommen kann. Die Entgeltumwandlungsvereinbarung ist nicht nur an dem im Betriebsrentengesetz verankerten Wertgleichheitsgebot (§ 1 Abs.2 Nr. 3 BetrAVG), sondern auch auf Basis der §§ 305 ff. BGB zu überprüfen. Eine unangemessene Benachteiligung nach § 307 BGB liegt dann vor, wenn bei einer auf Entgeltumwandlung beruhenden betrieblichen Altersversorgung (hier: Durchführungsweg Direktversicherung) ein gezillmerter Versicherungstarif verwendet wird und aus diesem Grund dem vorzeitig aus dem Arbeitsverhältnis ausscheidenden Arbeitnehmer erhebliche Nachteile entstehen können. Insbesondere ist dann eine unangemessene Benachteiligung anzunehmen, wenn bei vorzeitigem Ausscheiden und einer dadurch bedingten Beitragsfreistellung (hier: der Direktversicherung) nicht mehr eine Versorgungsleistung von ausreichendem wirtschaftlichen Wert erhalten bleibt. Ohne entsprechende wirtschaftliche Gegenleistung würde die Unverfallbarkeit nach dem Betriebsrentengesetz ausgehöhlt und somit die Mobilität des Arbeitnehmers erschwert und das Grundrecht auf freie Wahl des Arbeitsplatzes nicht entsprechend beachtet. Außerdem kommt auch dem Versorgungsinteresse des Arbeitnehmers ein erheblicher Stellenwert zu. Der mit einer unverfallbaren Anwartschaft ausgeschiedene Arbeitnehmer muss daher eine werthaltige Versorgung ( Wertgleichheitsgebot )erhalten. Liegt dies wegen einer unangemessenen Benachteiligung nicht vor, hat der Arbeitgeber ggf. die Versorgungsanwartschaft entsprechend aufzustocken. Diese Aufstockung der betrieblichen Altersversorgung entspricht nach den Feststellungen des BAG dem gesetzlichen Ziel, sowohl den Aufbau einer betrieblichen Altersversorgung zu ermöglichen als auch den Arbeitnehmer vor unzureichenden, nicht dem Wertgleichheitsgebot des § 1 Abs. 2 Nr. 3 BetrAVG genügenden Versorgungszusagen zu schützen.

Das BAG stellt weiterhin fest, dass – soweit die Zillmerung einer Rechtskontrolle nach u.a. obigen Kriterien nicht standhält – zu prüfen ist, wie mit den einmaligen Abschluss – und Vertriebskosten zu verfahren ist. Es hält jedenfalls bei einer Direktversicherung die Verteilung der Kosten auf 5 Jahre für angemessen (wie beim Gesetz über die Zertifizierung von Altersvorsorgeverträgen). Ist eine 5-Jahresverteilung gegeben, liegt daher im Regelfall keine unangemessene Benachteiligung vor.

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