Rückkaufswert

Rückkaufswert

Der Rückkaufswert bezeichnet den Betrag, den ein Lebensversicherer bei Rückkauf der zukünftigen Ansprüche des Versicherungsnehmers aus einem Lebensversicherungsvertrag an den Versicherungsnehmer hierfür bezahlt.

Inhaltsverzeichnis

Bedeutung des Begriffs

Bei Rückkauf „kauft“ der Versicherer die dem Versicherungsnehmer vertraglich versprochenen Rechte „zurück“ (vgl. Art. 90 VVG Schweiz und § 169 VVG Deutschland).

Daher soll der Rückkaufswert dem Wert dieser Rechte, abzüglich zukünftig noch vom Versicherungsnehmer zum Erhalt dieser Rechte zu zahlenden Beiträge, entsprechen. Damit ist gesetzlich bei vorzeitiger Vertragsbeendigung eine Kündigungsvergütung zu leisten, die sich ausschließlich auf die zukünftigen gegenseitigen Ansprüche aus dem Vertrag bezieht. Der Rückkaufswert basiert nicht auf den in der Vergangenheit gezahlten Beiträgen. Daher liegt der Rückkaufswert, je nach Wert der zukünftigen Rechte aus dem Vertrag im Verhältnis zu den zukünftig dafür noch zu zahlenden Beiträgen, insbesondere anfänglich deutlich unter der Summe der bis zur Kündigung gezahlten Beiträge. Dies ist darin begründet, dass die Beiträge nicht nur ein Preis für die tatsächliche Leistung an den Versicherungsnehmer sind, sondern wie jeder Preis sonst auch Margen für Gewinn und vor allem Betriebsaufwendungen beinhaltet (für die Preiskalkulation von Lebensversicherern nach § 11 Abs. 1 des Versicherungsaufsichtsgesetzes (VAG) Deutschland und § 18 Abs. 3 VAG Österreich gesetzlich vorgeschrieben). Daher ist der Wert der zukünftig zu erbringenden Leistungen aus jedem Vertrag anfänglich kleiner als der dafür erhobene Preis. Die nach gesetzlicher Vorgabe mit Zahlung eines Rückkaufswertes erfolgende vorzeitige Kündigung eines Lebensversicherungsvertrages wirkt sich für den Versicherungsnehmer mithin nachteilig aus, da der Rückkaufswert entsprechend der gesetzlichen Definition anfänglich niedriger valutiert als die Summe der bisher gezahlten Beiträge. Allerdings hat der Versicherer bis dahin auch Versicherungsschutz geleistet, das heißt für alle verstorbenen Versicherten im Vergleich zu den Beiträgen sehr hohe Leistungen erbracht, für die er nach dem solidarischen Versicherungsprinzip Teile der Beiträge von allen verwendet.

Anfänglich erhöhte Rückkaufswerte

Bei Verträgen nach dem Altersvermögensgesetz (AVmG) und nach dem Vermögensbildungsgesetz sowie bei Verträgen, die vor 1994 abgeschlossen wurden, sind bzw. waren in Deutschland anfänglich höhere Rückkaufswerte zu vereinbaren, als sich rechnerisch bei rein auf die Zukunft orientierter Betrachtung ergeben würden, wenn das Versicherungsunternehmen den Tarif mit vollständiger Zillmerung kalkuliert(e). Tarife, bei denen sich die Abschlusskosten über den gesamten Vertragsverlauf verteilen, weisen durchweg Deckungsrückstellungen in der erforderlichen Höhe auf. Für seit 2008 abgeschlossene Verträge sind nach § 169 VVG ebenfalls anfangs höhere Rückkaufswerte zu vereinbaren. In Österreich bestimmt § 176 Abs. 5 VVG für Verträge ab 2007 entsprechendes.

Die Zulässigkeit solcher Einschränkungen der Vertragsfreiheit ist allerdings auch in Zweifel gezogen worden. Die Gesetzgeber der Mitgliedsstaaten der EU und der EFTA (also damit auch Deutschland, Österreich und eingeschränkt die Schweiz) dürfen aufgrund der EU-Richtlinien nur noch eingeschränkt Vorgaben zur Ausgestaltung von Versicherungsverträgen vornehmen. In diesem Sinn hat der EFTA-Gerichtshof 2005 dem Staat Norwegen die gesetzliche Vorgabe anfänglich erhöhter Rückkaufswerte verboten.

Obwohl anfänglich erhöhte Rückkaufswerte die Flexibilität der Versicherungsnehmer deutlich erhöhen, haben sie wirtschaftlich aufgrund der heutigen Rechtslage für alle Versicherungsnehmer einen wesentlichen Nachteil. Soweit ein Vertrag einen vertraglich oder gesetzlich bestimmten Rückkaufswert vorsieht, der über der nach handelsrechtlichen Vorgaben bestimmten Deckungsrückstellung liegt, ist die Deckungsrückstellung auf diesen Betrag anzuheben (in Deutschland z. B. in § 25 Abs. 2 RechVersV in Umsetzung einer verbindlichen EU-rechtlichen Vorgabe), die allerdings nach dem derzeitigen Diskussionsstand bei der EU abgeschafft werden soll. Diese heute noch bestehende gesetzliche Regelung hat keinerlei Folgen für die vertraglich vereinbarten Rückkaufswerte, sondern führt nur dazu, dass die Vereinbarung hoher Rückkaufswerte besonders hohe Kosten und damit Verschlechterungen des Preis-/Leistungsverhältnisses insgesamt zur Folge haben. Ohne diese Vorschrift könnten die Versicherer höhere Rückkaufswerte insgesamt deutlich günstiger anbieten.

Diese Vorschrift hat in Verbindung mit den europäischen Vorschriften zur Bedeckung von Ansprüchen von Versicherungsnehmern mit Kapitalanlagen (Umsetzung z. B. in Deutschland durch § 66 VAG) zur Folge, dass ein Versicherer jederzeit so viele Kapitalanlagen vorhalten muss, dass er damit in dem sehr unrealistischen Szenario der Kündigung aller Versicherungsnehmer alle Ansprüche befriedigen kann. Daher sind Versicherer sehr zögerlich, Rückkaufswerte zu vereinbaren, die über der ansonsten anzusetzenden Deckungsrückstellung liegen. Obwohl die relativ wenigen frühzeitig Kündigenden insgesamt nur einen geringen Vorteil von diesen erhöhten Rückkaufswerten haben, bedeutet die Pflicht, die zusätzliche Rückstellung für den gesamten Bestand zu bilden und dafür Kapitalanlagen zu stellen, die in keinem Verhältnis zum Vorteil der frühzeitig Kündigenden stehen. Diese zusätzlichen Finanzierungskosten gehen zu Lasten der Leistungen aller Versicherten (versicherungsgemeinschaft insgesamt), da sie naturgemäß auf die Preise umgelegt werden. Ausdrücklich aus diesem Grund hat der BGH in seinem Urteil zur Problematik der Rückkaufswerte im Jahr 2005 trotz fehlender vertraglicher Regelung (zum Rückkaufswert) eine richterliche Vertragsergänzung nur im Umfang einer hälftigen Teilung des Unterschiedsbetrages zwischen einer Rückvergütung und dem ursprünglich vorgesehenen Rückkaufswert vorgesehen. Soweit für zwischen 1994 und 2008 abgeschlossene Verträge anfänglich nicht erhöhte Rückkaufswerte hinreichend transparent vereinbart wurden, sind diese auch weiterhin vertraglich bindend.

Eine Lösung der Probleme mit anfänglichen Abschlusskosten gibt es tatsächlich nicht, da der Vermittler seine Leistung bei Vertragsabschluss erbringt, der Versicherungsnehmer das diese deckende Entgelt aber deutlich später zahlt. Damit ergibt sich unvermeidbar ein Vorfinanzierungsproblem mit korrespondierenden Vorfinanzierungskosten: Bei verteilter Provisionszahlung muss der Vermittler seine eigenen Kosten vorfinanzieren und verlangt entsprechend höhere Provisionen, andernfalls muss der Versicherer die Provisionszahlungen gegenüber dem Beitragseingang vorfinanzieren und hat selbst entsprechende Vorfinanzierungskosten.

Rückvergütung im Unterschied zum Rückkaufswert

Kündigungsvergütungen, die auf den in der Vergangenheit gezahlten Beiträgen beruhen, heißen „Rückvergütung“. Gesetzlich ist aber die Zahlung eines Rückkaufswertes, keine Rückvergütung, vorgesehen. Damit werden die geschäftsfähigen Bürger nicht gesetzlich aus der Verantwortung, die sie mit ihrem Vertragsabschluss übernommen haben, entlassen, sondern werden bei Kündigung wirtschaftlich genauso gestellt, wie sie bei Erfüllung des Vertrages gestanden hätten.

Vereinbarung des Rückkaufswertes

Der Rückkaufswert wird normalerweise durch explizite Vereinbarung jedes Rückkaufwertes zu jedem Kündigungstermin in der Vertragsurkunde vereinbart (Rückkaufswerttabelle, Garantiewerttabelle). Der vertraglich vereinbarte Rückkaufswert darf nicht niedriger als der gesetzliche Mindest-Rückkaufswert (§ 169 Abs. 3 VVG Deutschland, § 176 Abs. 3 VVG Österreich, das VVG Schweiz verlangt in Art. 91 Abs. 3 „angemessene“ Rückkaufswerte unter der Aufsicht der Aufsichtsbehörde) sein. In seltenen Fällen wird nicht für jedes Jahr ein konkreter Rückkaufswert vereinbart, sondern direkt der gesetzliche Mindest-Rückkaufswert. Der gesetzliche Mindest-Rückkaufswert, der auf dem Zeitwert des Vertrages basiert, ist dann an jedem Kündigungstermin entsprechend den dann bestehenden Wertverhältnissen des Vertrages zu bestimmen. Nach Gesetz darf der Zeitwert zur Bestimmung des gesetzlichen Mindest-Rückkaufswertes noch um einen angemessenen Abzug vermindert werden, wenn dieser vereinbart ist. Über dem gesetzlichen Mindest-Rückkaufswert liegende konkret vereinbarte Rückkaufswerte können frei vereinbart werden; insofern ist es hier unerheblich, ob hier noch ein Abzug vereinbart wird oder nicht, solange der sich ergebende Rückkaufswert nicht unter dem gesetzlichen Mindest-Rückkaufswert liegt.

Gesetzlicher Mindest-Rückkaufswert

Deutsches, österreichisches und schweizerisches Recht sehen gewisse Mindestanforderungen für Rückkaufswerte vor. Schweizerisches Recht überläßt die Feststellung der Angemessenheit der Rückkaufswerte der Aufsichtsbehörde. Deutsches und österreichisches Recht machen detailliertere Vorgaben in § 169 VVG (Deutschland) bzw. in § 176 Abs. 3 VVG (Österreich). Diese Vorgaben sind allerdings nur Mindeststandards, von denen nach § 171 VVG (Deutschland) bzw. § 178 Abs. 2 VVG (Österreich) zugunsten des Versicherungsnehmers abgewichen werden darf. Dies ist in Deutschland der Normalfall, d. h. die von deutschen Versicherern mit den Versicherungsnehmern in den Vertragsurkunden durch individuelle Angabe vereinbarten Rückkaufswerte sind meist für die Versicherungsnehmer günstiger, als gesetzlich gefordert. Die gesetzlichen Anforderungen in Österreich führen meist zu höheren Werten als die deutschen und werden daher in der Regel auch vertraglich so vereinbart.

Grundsätzlich sehen Deutschland und Österreich vor, dass der Rückkaufswert mindestens auf Basis der Rechnungsgrundlagen der Beitragskalkulation zu bestimmen ist. Deutschland bezieht sich hierbei auf das Deckungskapital, Österreich auf den nach den anerkannten Regeln der Versicherungsmathematik bestimmten Zeitwert der Versicherung. Dabei darf noch ein vertraglich vereinbarter, angemessener Stornoabzug (Rückkaufsabschlag) von diesem Wert abgezogen werden, bevor er mit dem vertraglich vereinbarten Rückkaufswert verglichen wird. Die Anwendung der „anerkannten Regeln der Versicherungsmathematik“ bedeuten einfach, dass der Zeitwert prospektiv unter Berücksichtigung aller zukünftigen auf den Berechnungstermin abgezinsten Zahlungsströme des Vertrages zu berechnen ist, wie auch in der deutschen Gesetzesbegründung zu diesem Gesetz erläutert wird. Dies entspricht auch der Bedeutung des Begriffs „Deckungskapital“. Da bei Vertragsabschluss die Rechnungsgrundlagen der Beitragskalkulation, überwiegend auf Grund der Angaben im Vertrag, feststehen, ergibt sich damit eindeutig ein gesetzlicher Mindest-Rückkaufswert bei Vertragsabschluss für jedes Jahr.

Damit wird aber gesetzlich verlangt, dass Versicherer „garantierte“ Rückkaufswerte gewähren, die nicht mehr vertraglich von irgendwelchen Ereignissen abhängig gemacht werden können. Es wird bezweifelt, dass eine solche gesetzliche Vorgabe dem Recht in der EU und der EFTA entspricht.[1] Möglicherweise bedeutet dies, dass die Vorschrift gemeinschaftsrechtskonform ausgelegt werden muss und demzufolge tatsächlich größere Freiräume bei der vertraglichen Vereinbarung bestehen, als der Gesetzestext vermuten lässt.

In Deutschland lässt § 169 Abs. 6 VVG in bestimmten Fällen eine Senkung auszuzahlender Rückkaufswerte durch den Versicherer zu.

Zillmerung und Rückkaufswert

Wegen der Vereinbarung der Rückkaufswerte in Form einer Tabelle oder als Zeitwert ist der Rückkaufswert heute in Deutschland, Österreich und der Schweiz nicht als ein durch Zillmerung zu bestimmender Wert vereinbart. Bis 1994 war z. B. in Deutschland gesetzlich vorgeschrieben, dass die Rückkaufswerte der im Geschäftsplan nach handelsrechtlichen Grundsätzen vorgegebenen Deckungsrückstellung zu entsprechen hatten. Die Deckungsrückstellung wurde meist aufgrund handelsrechtlicher Pflichten durch Zillmerung bestimmt. Seit Änderung des VVG und des VAG im Jahr 1994 haben aber Rückkaufswerte juristisch gesehen nichts mehr mit den handelsrechtlichen Verfahren, auch nicht mit der Zillmerung, zu tun, sondern werden vertraglich eigenständig vereinbart. Aus juristischer Sicht fälschlich wird aber immer noch von „gezillmerten Rückkaufswerten“ gesprochen. Insbesondere wird der gesetzliche Mindest-Rückkaufswert, sowohl der Zeitwert bis 2008 als auch das Deckungskapital danach, nicht durch Zillmerung bestimmt. Es liegt aber im Prinzip des Rückkaufswertes begründet (im Unterschied zur Rückvergütung), dass dieser anfänglich kleiner als die Summe der Beiträge ist.

In der Praxis entspricht die Deckungsrückstellung eines Vertrages meist dem im Vertrag vereinbarten Rückkaufswert, soweit nicht nach Vertragsabschluss sich Umstände ergeben, die handelsrechtlich ein Abweichen der Deckungsrückstellung erfordern.

Verrechnung von Abschlussaufwendungen

Da Rückkaufswerte ausschließlich zukünftige Rechte und Pflichten aus dem Vertrag berücksichtigen und zudem meistens bei Vertragsabschluss endgültig festgelegt werden, können tatsächlich angefallene Abschlussaufwendungen nicht bei den Rückkaufswerten berücksichtigt oder „angerechnet“ werden. Der Rückkaufswert ist so, wie er zwischen Versicherer und Versicherungsnehmer vereinbart wird, ohne dass es hier zu irgendwelchen „Anrechnungen“ oder „Verrechnungen“ kommt. Das diesbezügliche Missverständnis in der öffentlichen Diskussion beruht darauf, dass das Prinzip des Rückkaufs mit dem der Rückvergütung verwechselt wird, bei der ggf. von der zurück zu zahlenden Summe der bisher geleisteten Beiträge noch anfängliche Abschlussaufwendungen abgezogen werden könnten.

Transparenz und Verbraucherschutz

Die oft geäußerte Kritik an der Transparenz der Rückkaufswerte hat ihren Grund darin, dass die Vereinbarung über die Rückkaufswerte (Rückkaufswerttabelle) üblicherweise früher erst mit der Zusendung der Vertragsurkunde dem Versicherungsnehmer ausgehändigt wurde. Daher wurden oft die Einzelheiten der vereinbarten Rückkaufswerte, insbesondere deren anfänglich im Vergleich zu den gezahlten Beiträge geringe Höhe, im Beratungsgespräch mit dem Vermittler bei Antragstellung nicht durchgesprochen. Viele Versicherungsnehmer lasen die erhaltene Vertragsurkunde nicht sorgfältig durch und nutzten damit ihre z. B. in Deutschland damals bestehende rechtliche Möglichkeit, bei Nichtgefallen der Einzelheiten des Vertrages innerhalb von 14 Tagen diesen zu widersprechen (§ 5a Abs. 1 VVG), nicht. Da ein Rückkauf insbesondere in der Anfangszeit eines auf eine lange Laufzeit ausgerichteten Vertrages oft sehr nachteilig ist, führt diese verbreitete Unwissenheit zu Bedenken aus Verbraucherschutzsicht. Demzufolge wurde nunmehr im VVG bestimmt, dass sämtliche Informationen über den Vertrag, auch die vertragsindividuellen Rückkaufswerte, vor Vertragsabschluss dem Versicherungsnehmer mitzuteilen sind. In Verbraucherschutzkreisen wird allerdings die dem heute geltenden EU-Recht zu Grunde liegende Annahme bezweifelt, dass die Verbraucher mündig genug sind, Versicherungsprodukte selbst zu beurteilen, so sie denn alle benötigten Informationen darüber haben. Dem Verlangen der EU, Versicherungsprodukte dem mündigen Bürger ohne jede Regulierung anbieten zu dürfen, stellen sie die Forderung nach Mindestregelungen z. B. bei Rückkaufswerten entgegen, um das „Recht auf Uninformiertheit“ zu berücksichtigen. Daher wurde im VVG jetzt nicht nur bestimmt, dass vor Vertragsabschluss über die Rückkaufswerte zu informieren ist, sondern die Rückkaufswerte wurden umfassend durch Vorgabe strikter gesetzlicher Mindestwerte reguliert.

Richterliche Vertragsergänzung für zwischen 1994 und 2001 abgeschlossene Verträge mit intransparenten Vereinbarungen zum Rückkaufswert

Der Bundesgerichtshof (BGH) hat im Jahre 2001 die vertraglichen Vereinbarungen zu Rückkaufswerten von zwei Versicherern für unwirksam erklärt. Grund war die mangelnde Transparenz der Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB), mit denen die Rückkaufswerte vereinbart wurden. Aus den AGB hätten die Versicherungsnehmer nicht genügend die Nachteiligkeit einer Kündigung entnehmen können. Wegen der Ähnlichkeit der von den Versicherern verwendeten AGB betrifft diese Entscheidung sehr viele Verträge vieler Versicherer, die zwischen der Neugestaltung der Verträge im Jahr 1994 (dem Ende der Genehmigungspflicht der Versicherungsbedingungen durch die Aufsichtsbehörde) und der Änderung infolge des Urteils im Jahr 2001 abgeschlossen wurden. Soweit allerdings im Einzelfall der Nachweis der Intransparenz nicht erbracht werden kann, sind die AGB und damit auch die bisherigen Rückkaufswerte dennoch gültig.[2] Die von den Versicherern für die Verträge dieses Zeitraums nach § 172 VVG vorgenommene Ersetzung der für unwirksam erklärten AGB wurde vom BGH 2005 ebenfalls für unwirksam erklärt, wobei es um das Verfahren der Ersetzung, nicht um die neuen AGB selbst ging. Der BGH hat grundsätzlich keine Einwände gegen die Höhe der Rückkaufswerte erhoben. Damit sind aber die betroffenen Verträge ohne wirksame Vereinbarung über die Höhe der Rückkaufswerte und der BGH hat für diese Fälle eine Vorgabe für die Höhe gemacht. Diese läuft etwa darauf hinaus, dass der „halbe“ Nachteil aus der Kündigung zu Lasten des Versicherers geht, die andere Hälfte aber beim Versicherungsnehmer verbleibt. Damit bestätigt der BGH grundsätzlich das Prinzip des Rückkaufswertes, obwohl im Fall des Fehlens einer wirksamen Vereinbarung hierzu dieses etwas zu mildern ist. Eine Reihe von Versicherungsnehmern, die entsprechende Verträge vor dem Urteil gekündigt und einen Rückkaufswert nach der für unwirksam erklärten AGB erhalten haben, können insofern noch Nachforderungsansprüche gegen den Versicherer geltend machen. Aus der Unwirksamkeit des Bezugswertes folgerte der BGH, dass auch der Stornoabzug unwirksam sein müsse.

Aktuelle Entwicklungen

In der betrieblichen Altersversorgung (bAV) kann nach einem erstinstanzlichen Urteil eines Arbeitsgerichts und Äußerungen eines Richters am Bundesarbeitsgericht (Reinecke, Der Betrieb 2006, 555 ff) die Vereinbarung anfänglich niedriger Rückkaufswerte auch für den Arbeitgeber als Versicherungsnehmer problematisch sein. Der Arbeitgeber könnte hiernach auch ohne Verschulden haften und dem Arbeitnehmer zu Schadenersatz für zu niedrig vereinbarte Rückkaufswerte, z. B. auch wegen unzulässiger Abzüge, verpflichtet sein. Strafrechtlich relevante Tatbestände seitens des Arbeitgebers werden von Einzelmeinungen gesehen.

Das Bundesverfassungsgericht hat 2006 in einem Beschluss zur Nichtannahme einer Verfassungsbeschwerde Bedenken zu dem Prinzip des Rückkaufswertes geäußert und eine Rückvergütung der Beiträge diskutiert. Allerdings erfolgte dieser Beschluss nicht im Rahmen eines Verfahrens, also ohne Anhörung von Experten oder Betroffenen, wie es bei solch komplexen Themen angezeigt wäre.

Es ist aufgrund eines Pressehinweises des Bundesgerichtshofs[3]davon auszugehen, dass der Bundesgerichtshof die Klauseln zum Rückkaufswert, die bis zum Jahre 2008 verwendet wurden, ebenfalls für unwirksam erklären wird. Der Bundesgerichtshof führte in der Pressemitteilung 19/10 aus: „Aus dem Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 15. Februar 2006 (VersR 2006, 489) könnte sich ergeben, dass ein Rückkaufswert, der in den ersten Jahren bei null oder nur wenig darüber liegt, verfassungswidrig ist und daher einer materiellen Inhaltskontrolle nach § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB nicht standhält (so jetzt § 169 Abs. 3 VVG 2008).“ Zu einer Entscheidung kam es nicht, denn die verklagte Versicherung hatte durch Zahlung des vom Versicherungsnehmer geforderten Rückkaufswert eine Entscheidung des BGH verhindert.

Literatur

  • Einiko Benno Franz / Rainer Schick: "Rückkaufswerte in der Reform des VVG". In: Versicherungswirtschaft (Zeitschrift) 2007, S. 764-768

Weblinks

Einzelnachweise

  1. Ortmann, in Schwintowski/Brömmelmeyer (Hrg.), Praxiskommentar zum Versicherungsvertragsrecht, § 169 Rdnr. 31ff
  2. OLG Stuttgart, Urteil vom 27. September 2007, Az. 7 U 64/07
  3. BGH zu dem GeschZ.: IV ZR 147/09
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