Saldo

Saldo

Der Saldo (vom italienischen Adjektiv saldo, salda, „fest“[1], im Sinne von „fester Bestandteil bei der Kontenführung“; Plural Saldos, Saldi oder Salden[2]) ist in der Buchführung die Differenz zwischen der Soll- und der Habenseite eines Kontos. Sind die Umsätze im Soll (= linke Kontoseite) größer als im Haben (= rechte Kontoseite) entsteht ein Sollsaldo, andernfalls ein Habensaldo. Der Saldo zeigt den „Bestand“ eines Kontos an, also den Wert, mit dem es in die Bilanz oder in die Gewinn- und Verlustrechnung übertragen wird.

Inhaltsverzeichnis

Finanzbuchhaltung

Ein Bestandskonto mit Sollsaldo wird unter den Aktiva der Bilanz des Kaufmanns (linksseitig) ausgewiesen, eines mit Habensaldo unter den Passiva (rechtsseitig). Aus dieser Zuordnung leiten sich die Begriffe „Aktivsaldo“ beziehungsweise „Passivsaldo“ ab. Ein Erfolgskonto mit Sollsaldo fließt in die Gewinn-und-Verlust-Rechnung bei den Aufwendungen ein, eines mit Habensaldo bei den Erträgen.

Um einen Sollsaldo auszugleichen, muss derselbe Betrag auf die Habenseite gebucht werden. Entgegengesetzt ist beim Habensaldo zu verfahren. Die Umbuchung von Salden erfolgt beim Jahresabschluss oder wenn ein Konto geschlossen wird. Sind die offenen Posten, die den Saldo bilden, nicht bekannt, muss zuvor in der Regel eine Saldenabstimmung durchgeführt werden, da ungeklärte Salden nicht den Grundsätzen Ordnungsmäßiger Buchführung entsprechen.

Kontokorrent und Bankkontensalden

Im Kontokorrent wird der Saldo als Überschuss bezeichnet, der dem einen oder anderen Vertragspartner zusteht (§ 355 Abs. 1 HGB). Der Sollsaldo ist entsprechend ein debitorischer, der Habensaldo ein kreditorischer Kontostand. In einer Kontokorrentbeziehung werden die Salden der Konten in periodischen Abständen abgeglichen und durch Saldoanerkenntnis gegenseitig bestätigt. Das muss handelsrechtlich mindestens einmal jährlich erfolgen (§ 355 Abs. 1 HGB), die AGB sehen im Zweifel vierteljährliche Rechnungsabschlüsse vor (Nr. 7 Abs. 2 AGB Sparkassen). Der Kontoauszug, den die Bank für ihre Kunden erstellt, ist mithin rechtlich keine Saldoanerkenntnis, sondern als informatorischer Tagessaldo zu bewerten.

Während ein Haben-Saldo des Bankkunden auf dem Bankkonto eine Forderung aus unregelmäßiger Verwahrung nach § 700 BGB darstellt, ist der Soll-Saldo eine Darlehensverbindlichkeit im Sinne des § 488 BGB. Ein- und Auszahlungen auf das Bankkonto sind daher in aller Regel auch Akte zur Begründung oder Erfüllung der genannten Schuldverhältnisse oder einzelner Pflichten aus ihnen[3]. Im Falle kreditorischer Bankkonten stellen Barauszahlungen die Rückgabe des für den Kunden verwahrten (§ 688 BGB) und Bareinzahlungen die Hingabe des zu verwahrenden Geldes dar (§ 700 BGB); bei debitorischen Konten sind Barauszahlungen als Kreditauszahlungen, Bareinzahlungen als Kreditrückzahlungen anzusehen (§§ 488 ff. BGB)[4].

„Valutarischer Saldo“ oder „Valutensaldo“

Der aktuelle Saldo oder „valutarische Saldo“ beinhaltet alle Kontobewegungen, die mit einer Zinswirkung bis zum Tag der Saldoermittlung verbunden sind, berücksichtigt also nicht etwaige Buchungen mit späterem Wertstellungstermin wie Scheck- und Lastschriftbuchungen oder offene Wertpapier-, Devisen-, Sorten oder Edelmetallabrechnungen, deren Zinswirkung erst später eintritt. Dieser „valutarische Saldo“ ist der Saldo, mit dem der Kontoinhaber kalkulieren muss.

Buchsaldo

In der Umgangssprache wird der Saldo, der alle Buchungen ohne Rücksicht auf ihre Zinswirkung erfasst, häufig als Buchsaldo oder Kontostand bezeichnet. Dieser Saldo beinhaltet alle vorhandenen Kontoumsätze, selbst wenn sie noch keine Zinswirkung entfalten. Auch aus Sicht der Buchhaltung wird unter Saldo der buchungsmäßige Saldo verstanden, d.h. der Saldo aller aktuell getätigten Buchungen. Das bedeutet, dass hierbei alle bis dahin bekannten Kontoumsätze aufgeführt werden, auch wenn die Wertstellung (Valuta) erst später erfolgt. Die Zinswirkung tritt hierbei mit Erreichen des Wertstellungsdatums ein.

Irreführender Saldo

Die obige Unterscheidung der Saldenarten zeigt die Komplexität dieses Themas, die von einem durchschnittlichen Bankkunden[5] nur schwer zu durchschauen ist. Wird im Online-Banking oder am Geldautomaten ein Saldo angezeigt, stellt sich die Frage, um welchen Saldo es sich hier handelt. Jedenfalls darf bei einem Habensaldo der Kunde davon ausgehen, dass er hierüber sofort verfügen kann. Das muss jedoch bei einem angezeigten Buchsaldo nicht der Fall sein. Dem BGH lag im Jahre 2002 ein Fall zur Entscheidung vor, bei dem eine Rentnerin am 29. September eine Kontostandsauskunft über ihren aktuellen (Buch-)Saldo erhielt, der bereits ihre künftige Rentengutschrift mit Wertstellung 1. Oktober enthielt. Hierzu entschied der BGH, dass es unzulässig sei, wenn die Bank den Buchsaldo am Geldautomaten anzeige. Dies führe dazu, dass der Kunde Gelder abhebe, die zwar buchungsmäßig, aber nicht valutarisch dem Konto gutgeschrieben sind. Damit verletzten die Kreditinstitute ihre vertraglichen Pflichten aus einem Girovertrag, wenn sie Kontoinhabern jeweils in den letzten Tagen des Monats auf Kontostandsabfragen am Geldautomaten unrichtige Auskünfte über den Stand ihrer Girokonten erteilten (§§ 676f, § 675 Abs. 1 BGB in Verbindung mit § 666 BGB). Diese Irreführung von Kunden sei ohne Weiteres vermeidbar, entweder durch aufklärende Hinweise oder durch (teilweisen) Verzicht auf den zusätzlichen Kundenservice einer automatisierten Auskunft über den Kontostand. Die Kontostandsauskunft am Geldautomaten sei dem BGH zufolge durch die Ausweisung von Rentenzahlungen vor ihrer Wertstellung als Guthaben so eingerichtet, dass eine Vielzahl von Kunden bei einer Kontostandsabfrage irregeführt werden kann. Die Kunden könnten durch diese Kontostandsauskunft veranlasst werden, durch ungewollte Kontoüberziehungen Kreditleistungen der Banken in Anspruch zu nehmen, die sie bei zutreffender Kontostandsangabe nicht in Anspruch genommen hätten[6]. In Fortführung dieser Rechtsprechung entschied dann der BGH im Jahre 2007, dass auch Kontoauszüge irreführend sind, wenn der Kontosaldo auch nicht „wertgestellte“ Beträge enthält, über die bis zur Wertstellung noch nicht ohne Belastung mit Sollzinsen verfügt werden kann, selbst wenn die Einzelumsätze die unterschiedlichen Wertstellungen anzeigen[7] [8].

Abweichungen zwischen Buchungs- und Wertstellungstag, die sich dem ausgewiesenen Tagessaldo nicht unmittelbar entnehmen lassen, treten im Massenzahlungsverkehr häufig auf. Allerdings, so stellt der BGH weiter fest, sei der so angegebene Kontostand nicht unrichtig. Denn er gebe das für den Kunden verfügbare Tagesguthaben zutreffend wieder, das von den für die Zinsberechnung maßgeblichen Zwischensalden zu unterscheiden sei. Auch objektiv zutreffende Angaben könnten jedoch irreführend sein, wenn ein beachtlicher Teil der angesprochenen Kontoinhaber damit eine unrichtige Vorstellung verbinde[9]. Nach Auffassung des BGH erkennt jedenfalls ein erheblicher Teil der Bankkunden mangels eines entsprechenden Hinweises beim Kontostand den Unterschied zwischen verfügbarem Kontostand und zinsfrei verfügbarem Guthaben nicht, sodass bei diesen Kunden unrichtige Vorstellungen darüber entstehen, in welchem Umfang sie ohne Zinsbelastung verfügen können.

Die Kreditinstitute haben aufgrund dieser Rechtsprechung die Angabe des Buchsaldos weitgehend eingestellt oder berechnen keine Sollzinsen mehr für diese sogenannten „verdeckten Überziehungen“.

Saldoanerkenntnis

Das Saldoanerkenntnis ist ein Rechtsgeschäft, bei dem eine Partei am Ende einer Periode die Verrechnung durchführt (die Forderungen werden saldiert) und den ermittelten Saldo zur Annahme anbietet. Nach heute herrschender Auffassung ist das Saldoanerkenntnis ein abstraktes Schuldanerkenntnis im Sinne von § 781 BGB[10]. Die turnusmäßige Mitteilung des Saldos stellt zugleich einen Antrag auf Abschluss eines abstrakten Schuldanerkenntnisvertrages über den mitgeteilten Saldo dar. Dieser Antrag wird von der anderen Vertragspartei durch die Erklärung der Anerkennung des Saldos angenommen. Da das Saldoanerkenntnis gemäß §§ 780 BGB, § 350 HGB nicht formgebunden ist, kann die Zustimmung auch konkludent erfolgen[11]. Diese Wirkung ist nicht zu verwechseln mit einer rechtsgeschäftlichen Genehmigung aller dem Rechnungsabschluss zugrunde liegenden Buchungen. Belastungsbuchungen wie aus Lastschriften, denen keine Forderung der Zahlstelle entspricht, werden durch das Schuldanerkenntnis weder rechtmäßig noch ohne Weiteres genehmigt[12]. Selbst wenn der Zahlungspflichtige über mehrere Monate die Belastungsbuchungen nicht beanstandet hat, liegt hierin keine konkludente Genehmigung[13].

Mit Abschluss dieses neuen Vertrages erlöschen die bisher bestehenden Forderungen im Wege der Novation, und an ihre Stelle tritt der abstrakte Saldoanspruch, welcher aufgrund ausdrücklicher Anordnung des § 355 Abs. 1 HGB verzinslich ist. Er ist sowohl abtretbar, verpfändbar als auch pfändbar.

Einzelnachweise

  1. Leo Wörterbuch D-I: saldo
  2. Duden, die deutsche Rechtschreibung, 2006, ISBN 978-3-411-04014-8.
  3. BGHZ 124, 254, 257
  4. BGH WM 1993, 2237
  5. das ist ein durchschnittlich informierter und verständiger Verbraucher, der eine situationsadäquate Aufmerksamkeit aufbringt; vgl. BGHZ 156, 250, 252
  6. BGH, Urteil vom 27. Juni 2002, - Az.: I ZR 86/00
  7. BGH, Urteil vom 11. Januar 2007, – Az.: I ZR 87/04
  8. beide Urteile stammen übrigens vom Wettbewerbssenat des BGH, weil es um Irreführung nach § 3 UWG ging und nicht vom Senat, der für Bankrecht zuständig ist
  9. BGH, Urteil vom 23. Oktober 1997 – Az.: I ZR 98/95 = GRUR 1998, 1043, 1044
  10. BGH WM 1982, 291
  11. die Rechtsprechung akzeptiert als konkludentes Anerkenntnis etwa die Fortsetzung des Kontokorrentverkehrs nach Rechnungsabschluss (BGH WM 1958, 620) oder die Verfügung über das Guthaben (BGH WM 1956, 1126)
  12. BGH WM 1994, 2273, 2274
  13. BGH, Urteil vom 6. Juni 2000, Az.: XI ZR 258/99

Weblinks

  • Wiktionary Wiktionary: Saldo – Bedeutungserklärungen, Wortherkunft, Synonyme, Übersetzungen

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