Zirbel-Kiefer

Zirbel-Kiefer
Zirbelkiefer
Zirbelkiefer (Pinus cembra)

Zirbelkiefer (Pinus cembra)

Systematik
Klasse: Pinopsida
Ordnung: Kiefernartige (Pinales)
Familie: Kieferngewächse (Pinaceae)
Unterfamilie: Pinoideae
Gattung: Kiefern (Pinus)
Art: Zirbelkiefer
Wissenschaftlicher Name
Pinus cembra
L.

Die Zirbelkiefer (Pinus cembra), auch Arve oder Zirbe, ist eine Pflanzenart aus der Familie der Kieferngewächse (Pinaceae).

Inhaltsverzeichnis

Namen

Die Bezeichnung Zirbe für diese Kiefern-Art ist in Österreich und Bayern gebräuchlich. Bis ins 16. Jahrhundert bezogen sich diese Namen jedoch nur auf die Zapfen dieser Kiefernart. Der Begriff leitet sich möglicherweise vom mittelhochdeutschen Wort „zirben“ ab, das man mit „wirbeln“ oder sich im Kreise drehen übersetzen würde.

In der Schweiz wird dieser Baum normalerweise Arve genannt; der typische Mischwald der Hochgebirgsregion, den die Zirbelkiefer gemeinsam mit der Lärche bildet, wird in der Fachliteratur als Arven-Lärchenwald bezeichnet.

Beschreibung

Die Zirbelkiefer ist ein immergrüner Baum, der Wuchshöhen von 20 bis 30 Metern erreicht. Sie kann bis zu 1000 Jahre alt werden und der Stammdurchmesser solch alter Bäume beträgt 1 bis 1,7 Meter. Junge Bäume sind anfangs kegelförmig mit einem auffallend dichten Nadelkleid. Die Äste reichen fast bis zum Boden. Später nehmen die Bäume eine abgerundete, breite Form an. Bei freistehenden Bäumen reichen die Äste auch im hohen Alter noch bis zum Boden herab.

Die Borke ist von grau bis silbrig rotbrauner Farbe und weist die für Kiefern typischen Längsrisse auf. Die Rinde der Äste ist dagegen von graugrüner bis hellgrauer Farbe. Die 5 bis 12 cm langen Nadeln stehen zu fünft an Kurztrieben und sind sehr weich und biegsam.

Die Zirbe ist einhäusig getrenntgeschlechtig (monözisch). Die Blütezeit ist von Mai bis Juli, wobei die Blüten nur im oberen Kronenbereich angesetzt werden. Die männlichen Zapfen stehen zu mehreren dicht gedrängt an der Basis der jüngsten Langtriebe. Diese sind rotbraun, später gelb und bis zu zwei Zentimeter lang. Die weiblichen Zapfen sind blauviolett und stehen zu mehreren an den Spitzen der Langtriebe.

Die Samen reifen im zweiten Jahr von September bis Oktober. Im Freistand wird die Blühfähigkeit mit 50 Jahren erreicht, im Bestand noch später. Die eiförmigen, aufrecht stehenden Zapfen sind 5 bis 13 cm lang und 4 bis 8 cm breit. Sie sind unreif von violetter Farbe. Mit zunehmender Reife wandelt sich ihr Farbton in ein Braun um. Die reifen Zapfen enthalten ungeflügelte, etwa 1 cm große, nussartige Samen mit harter Schale.

Die Zirbelkiefer ist sehr gut an kalte Winter angepasst und verträgt Temperaturen bis −50 °C. Sie ist außerdem weitgehend resistent gegen den Pilz Strobenrost (Cronartium ribicola), der beispielsweise die nahe verwandte Weymouths-Kiefer stark gefährdet.

Verbreitung

Verbreitungskarte von Pinus cembra.
Die Turracher Höhe zählt zu den größten geschlossenen Zirbenwaldflächen in Österreich.

Die Alpen-Zirbe kommt in einer Höhenlage von 1300 Meter bis 2850 Meter vor, bevorzugt zwischen 1500 und 2000 Meter. Sie bildet Reinbestände oder ist mit der Europäischen Lärche (Larix decidua) vergesellschaftet. Verbreitet ist sie im Alpenraum und den Karpaten. Größere Bestände finden sich in Österreich in den Hohen Tauern, den Ötztaler Alpen und den Seetaler Alpen, in der Schweiz im Wallis und im Oberengadin. In Deutschland gibt es kleinere Bestände bei Berchtesgaden.

Da nur noch kleine Zirbenbestände in Europa vorhanden sind und die Zirbe sehr langsam wächst, ist dieser Baum meist teilweise geschützt. In Kärnten zB dürfen nur drei "Zweige bis zu einer Länge von 50 cm" gepflückt oder abgeschnitten werden, in Oberösterreich "einzelne Zweige". In Salzburg ist die Zirbe in den Gebieten Obertauern bzw Untersberg gänzlich geschützt, in Vorarlberg sogar landesweit. In der Steiermark und in Tirol bestehen keine besonderen Einschränkungen.

Die Zirbe erträgt als Jungpflanze keine längere Schneebedeckung, da sie sonst von Pilzen befallen wird. Daher wächst sie nur auf großen Felsen, Kuppen oder Rücken, im Gegensatz zur Bergkiefer (Pinus mugo), die auch in Senken oder Mulden gedeihen kann.

Die Zirbelkiefer bevorzugt kalkarmen Gesteinsschuttboden und erträgt sowohl zeitweilige Boden- als auch Lufttrockenheit. Nach Ellenberg ist sie eine Halbschattenpflanze, ein Frischezeiger, auf stickstoffarmen Standorten wachsend und eine Verbandscharakterart der Arvenwälder und Gebirgs-Zwergstrauchheiden (Rhododendro-Vaccinienion).

Einige Autoren, aber nicht die Gymnospermen-Datenbank[1], erweitern die Art mit zwei weiteren Unterarten: die mitteleuropäische Alpenzirbe (Pinus cembra ssp. cembra), die an extreme Hochgebirgsbedingungen angepasst ist, die weit verbreitete Sibirische Zirbelkiefer (Pinus sibirica, Syn.: Pinus cembra ssp. sibirica), im Russischen „kedr“ (Sibirische Zeder) genannt, die auch feuchtere bis sumpfige Standorte verträgt und eine östliche Form in Korea (Pinus koraiensis, Syn.: Pinus cembra ssp. koraiensis). In diesem Fall lägen die Areale der drei Unterarten über 2000 km auseinander.

Die Zirbelkiefer in ihrem Lebensraum

Lärche, Zirbelkiefer und Grauer Lärchenwickler

Winterliche Zirbelkiefer im Verband mit Lärchen

Gemeinsam mit der Zirbelkiefer bildet die Europäische Lärche den Arven-Lärchenwald, den typischen Waldtypus der oberen Baumgrenze in extremen Hochgebirgslagen. Heute finden sich zahlreiche Gebirgswälder, die aus reinen Lärchen-Beständen bestehen. Sie befinden sich im wesentlichen im Hangfußbereich der Berge und auf leicht zugänglichen strahlungsexponierten Hängen. Dieses heutige Verbreitungsbild reiner Lärchenbestände geht zu einem großen Teil auf die jahrhundertelange Beeinflussung der Gebirgswälder durch den Menschen zurück. Ohne menschlichen Eingriff hätte die schattenverträglichere Zirbelkiefer die lichthungrige Lärche über die natürliche Waldsukzession allmählich verdrängt. Wo sich Gebirgsflächen jedoch zur Weidenutzung anboten, hat der Mensch gezielt die Zirbelkiefern und Fichten herausgeschlagen. Entstanden sind auf diese Weise lichtdurchflutete Wälder, die sich ähnlich wie die für die Eichelmast genutzten Eichenwälder der Tiefebene für die Weidewirtschaft eigneten.

Diese Artenverschiebung im Gebirgswald zugunsten der Lärche wurde außerdem dadurch unterstützt, dass die Zirbelkiefer sehr viel stärker durch Verbiss und Vertritt Schaden nimmt. Lärchen waren aufgrund ihrer dicken und korkähnlichen Borke resistenter gegenüber den früher sehr häufig auftretenden Waldbränden.

Die alpine Weidewirtschaft ist heute nur noch von nachrangiger Bedeutung; damit müsste durch die natürliche Waldsukzession die Zirbelkiefer wieder einen stärkeren Anteil am Baumbestand im Gebirgswald gewinnen. Tatsächlich bilden Zirbelkiefern in vielen Regionen mittlerweile eine zweite Baumschicht unter dem lichten Kronendach der Lärchen. Untersuchungen von Friedrich-Karl Holtmeier zeigen jedoch, dass durch den Grauen Lärchenwickler hier ein neues Ökosystem von einer bislang nicht vorhandenen Stabilität entstanden ist, die die Sukzession durch die Zirbelkiefer verhindert. Der Graue Lärchenwickler zeigt in mehrjährigen Abständen eine Massenvermehrung, bei der die Lärchen kahlgefressen werden. Stehen ihnen Lärchen nicht mehr zur Verfügung, wechseln diese auf den Zirbelkiefernbestand über und zerstören deren Nadeln gleichfalls. Während Lärchen in der Regel durch einen Lärchenwicklerbefall nicht absterben, leiden die Zirbelkiefern sehr nachhaltig unter diesem Befall. Geschwächte Zirbelkiefern sind dann anfällig für den Befall durch weitere Schädlinge wie etwa den Echten Kiefernrüssler, die Arvenwolllaus oder den Borkenkäfer, sterben dann ab oder entwickeln sich zu Kümmerwuchsbäumen.

Zirbelkiefer und Tannenhäher

Zapfen mit geöffneten Samenschalen, der Samen wurde vor Ort verzehrt

Die Zirbelkiefer steht in enger Lebensgemeinschaft mit dem Tannenhäher, dessen Hauptnahrungsquelle die Zirbelnüsse sind. Der Tannenhäher ist maßgeblich an einer natürlichen Verjüngung der Bestände beteiligt und verbreitet diese anders als andere Samenfresser wie etwa Spechte, Eichhörnchen oder Mäuse über die Waldgrenze hinaus.

Der Tannenhäher legt ab August zahlreiche Vorratsverstecke mit Zirbensamen an. Dabei bevorzugt er weichen oder lockeren Untergrund und legt in diesem auch größere Depots an als in festem. Etwa aus 20 % der versteckten Zirben-Sämlinge wachsen Keimlinge, da sie der Tannenhäher im Winter nicht wieder findet und sie auch dem Verzehr durch andere Samenräuber wie beispielsweise Rötelmäuse oder Eichhörnchen entgangen sind.

Die Zirbelkiefer profitiert in ihrer Ausbreitung durch die Versteckausbreitung über den Tannenhäher, da dieser solche Stellen zur Anlage von Vorratslager bevorzugt, die hinsichtlich des Keimungserfolges und des Wachstums der Jungbäume relativ günstig sind. Sie ist aus diesem Grund auch der Sukzessionsbaum der Lärche. Die Lärche, die eine typische Rohbodenbesiedlerin ist, verbreitet anders als die Zirbelkiefer ihren Samen durch den Wind (sogenannte Anemochorie). Nur wenige Samen finden jedoch ein geeignetes Keimbeet, da nach dem Rückgang der Beweidung die Rasen- und Zwergstrauchdecken dichter geworden sind und der Samen nur selten auf den zur Keimung benötigten vegetationslosen Stellen anfliegt. Der Keimungserfolg der auf dem Boden aufliegenden Samen der Lärche ist außerdem von günstigen Witterungsbedingungen abhängig.

Vergesellschaftung mit Pilzen

Mit der Zirbelkiefer vergesellschaften sich eher seltene Pilzarten. Dazu zählt der Zirbenröhrling, der gelegentlich auch Arvenröhrling genannt wird. Zwei weitere Pilzarten, der Elfenbeinröhrling und der Helvetische Körnchenröhrling gehen außer mit der Zirbelkiefer auch mit der Weymouths-Kiefer Partnerschaften ein.

Nutzung

Holz

Die Zirbelkiefer ist ein Kernholz-Baum. Der schmale Splint ist gelblich, das Kernholz rötlich und stark nachdunkelnd. Das Holz ist harzreich, weich, zäh, sehr dauerhaft und verströmt einen angenehmen Duft. Es wird im Innenausbau für Täfelungen, als Möbelholz (für Bauernküchen und Schlafzimmer), für Schindeln und für Schnitzarbeiten genutzt. Es wurden auch, mangels anderer Holzarten im alpinen Gelände, Almhütten daraus gezimmert.

In der Schweiz werden „Arvenkissen“ hergestellt aus speziell gehobelten Spänen des Arvenholzes als Füllmaterial.

Zirbenzapfen („Zirbelnuss“) und Zweig.

Zirbelkerne

Die wohlschmeckenden Samen, die 70% Fette und 20% Eiweiß enthalten, wurden früher im Alpenraum als Nahrungsmittel verwendet und werden heute noch in Russland (hier die ähnlichen „Zedernüsse“ der Sibirischen Zirbelkiefer) in großen Mengen gehandelt. Im Unterschied zu den sehr ähnlich aussehenden Pinienkernen sind sie meist nicht ganz so länglich in der Form und etwas feuchter in der Konsistenz. Auch ist der Geschmack weniger harzig und erinnert mehr an Walnüsse.

Genussmittel

Eine Spezialität ist der Zirbengeist, bei dem drei bis vier Zirbenzapfen pro Liter Schnaps mehrere Wochen eingelegt werden, bis der Extrakt eine dunkelbraun-rötliche Farbe angenommen hat.

Sonstiges

Der Zapfen der Zirbelkiefer wird auch irreführend Zirbelnuss genannt und hat im mitteleuropäischen Raum seit römischer Zeit Bedeutung als Fruchtbarkeits- und Unsterblichkeitssymbol. Die Zirbelnuss ist bis heute im Stadtwappen von Augsburg abgebildet.

Die im Zwischenhirn des Menschen befindliche Zirbeldrüse (Corpus pineale) trägt ihren Namen, da sie in ihrer Form an den Zirbelkiefernzapfen erinnert.

Quellen

Literatur

  • Ulrich Hecker: Bäume und Sträucher. BLV Verlag München, 1995, ISBN 3-405-14738-7
  • Friedrich-Karl Holtmeier: Tier in der Landschaft – Einfluss und ökologische Bedeutung. Ulmer Verlag Stuttgart 2002, ISBN 3-8001-2783-0. Holtmeier geht in diesem Buch ausführlich auf die Wechselbeziehung zwischen Lärche, Zirbelkiefer und Grauem Lärchenwickler sowie zwischen Zirbelkiefer und Tannenhäher ein.

Einzelnachweise

  1. Systematik der Art bei conifers.org The Gymnosperm Database. (engl.)

Weblinks


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