Zufallsbewegung

Zufallsbewegung

Zufallsbewegungen bzw. Irrfahrten (englisch random walk) bilden eine wichtige Klasse stochastischer Prozesse. Sie dienen der Modellierung nichtdeterministischer Zeitreihen und der Herleitung von Wahrscheinlichkeitsverteilungen.

Eindimensionaler Fall

Simulation mehrerer 1D Random Walks.

Der eindimensionale Random Walk dient als verallgemeinerungsfähiges Einführungsbeispiel, hat aber auch eigenständige Anwendungen.

Der eindimensionale Random Walk ist ein Bernoulli-Prozess, das heißt eine Folge von unabhängigen Bernoulli-Versuchen; er führt zu einer Binomialverteilung.

Eine beliebte Veranschaulichung lautet ungefähr wie folgt: Ein desorientierter Fußgänger läuft in einer Gasse mit einer Wahrscheinlichkeit p einen Schritt nach vorne, mit einer Wahrscheinlichkeit q = 1 − p einen Schritt zurück. Wie groß ist die Wahrscheinlichkeit, dass er sich genau im n-ten Schritt an der Stelle X befindet? Antwort: Der Fußgänger hat insgesamt n = k + l Schritte gemacht, davon k Schritte nach vorne und l Schritte zurück. Seine Position nach n Schritten ist also X = kl = k − (nk) = 2kn und die Wahrscheinlichkeit dafür lautet

P(X=2k-n) = { n \choose k } ~ p^k q^{n-k}.

Die Abbildung oben zeigt 5 Simulationen für n=300 Schritte mit einer variablen Schrittlänge von -0,5 bis 0,5 Einheiten. Unter der Annahme einer Gleichverteilung beträgt die Standardabweichung  \sigma=1 / \sqrt{12}\approx 0{,}29 . Die Varianz sei n. Die Standardabweichung der Random Walk Prozesse vom Ursprung beträgt dann \sqrt{n}\cdot 0{,}29 Schritte. Sie ist als rote Linie für positive und negative Entfernungen eingezeichnet. Um diese Strecke wird sich der Fußgänger fortbewegen. Die relative Abweichung \sqrt{n}/n geht gegen null, aber die absolute Abweichung \sqrt{n} wächst unbeschränkt.

Simulation eines 2D-Random Walk mit 229 Schritten und einer zufälligen Schrittweite aus dem Intervall [-0,5;0,5] für x- und y-Richtung.

Oft interessiert man sich speziell für den ungerichteten Random Walk mit p=q=1/2. Dann ist die Wahrscheinlichkeitsverteilung der zurückgelegten Strecke symmetrisch um X=0, und auch der Erwartungswert ist E(X)=0. Das Vorankommen des Fußgängers kann man dann nur durch den mittleren quadratischen Abstand vom Ausgangspunkt, also durch die Varianz der Binomialverteilung beschreiben: E(X2) = n. Das ist ein nichttriviales Ergebnis, mit dem eine charakteristische Eigenschaft von Diffusionsprozessen und Brownscher Molekularbewegung wiedergefunden wird: das mittlere Quadrat des Abstands eines diffundierenden Teilchens von seinem Ausgangsort wächst proportional zur Zeit.

Literatur

  • Barry D. Hughes: Random Walks and Random Environments: Volume 1: Random Walks. Oxford University Press, USA 1995. ISBN 0-19-853788-3.

Siehe auch


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