- Zugunglück von Hugstetten
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Das Zugunglück von Hugstetten war ein Bahnunglück auf der Breisacher Bahn, das sich am 3. September 1882 ereignete. Es ging als bis dahin schwerstes und folgenreichstes Eisenbahnunglück in Deutschland in die Geschichte ein und behielt diesen Titel bis zur Kollision zweier D-Züge im Bahnhof Genthin am 21. Dezember 1939 mit damals ca. 180 Todesopfern.
Inhaltsverzeichnis
Das Unglück
Schauplatz der Katastrophe war die erst am 14. September 1871 eröffnete Eisenbahnlinie von Freiburg nach Breisach, die 1878 über den Rhein hinweg bis Colmar geführt worden war. Nach der 1855 eingeweihten Strecke zwischen Offenburg und Basel war die Colmarer Bahn, wie sie damals hieß, Freiburgs zweite Eisenbahnlinie; die Höllentalbahn Freiburg-Neustadt kam erst 1887 hinzu.
An jenem 3. September, dem Sonntag nach dem „Sedantag“, waren über 2000 Menschen zu einem spätsommerlichen Ausflug aus dem (nach 1871 deutschen) Elsass nach Freiburg gekommen und hatten einen entspannten Feiertag in der Nachbarstadt verbracht. Gegen 20 Uhr sollte der Sonderzug vom Hauptbahnhof nach Colmar zurückkehren. Am Abend war ein schweres Unwetter mit starkem Regen über Freiburg niedergegangen, der vermutlich die Gleise im Mooswald unterspült hatte. Weil sich die Abfahrt wegen des Unwetters bereits um einige Minuten verzögert hatte, war der Zug mit 1200 Menschen in 28 Waggons vermutlich mit zu hoher Geschwindigkeit unterwegs, was jedoch nicht endgültig belegt werden konnte.
Nach gut fünf Kilometern Fahrt, bereits außerhalb von Freiburg in Höhe des heutigen Tierhygienischen Instituts Landwasser, sprang die Lok KNIEBIS der Gattung X c auf freier Strecke aus den Schienen und blieb im sumpfigen Gelände stecken. 25 Waggons mit Holzaufbauten entgleisten, verkeilten sich ineinander und zersplitterten, nur drei Wagen waren auf den Gleisen stehen geblieben.
Der erste Augenzeuge war der Lokführer eines nachfolgenden Zuges aus Breisach. Er holte Hilfe zur Unfallstelle und steuerte seinen Zug wieder zurück zum Bahnhof. Aus den Trümmern des völlig zerstörten Zuges bargen die Helfer bei Regen und Sturm 64 Tote. Mehrere Familien waren vollständig ausgelöscht worden. Rund 230 Menschen überlebten das Unglück schwer verletzt, fünf verstarben in den Tagen danach an ihren schweren Verletzungen. Mit Pferdefuhrwerken und Handkarren halfen Bürger aus Hugstetten, Hochdorf und Lehen bei der Rettung; erst am nächsten Morgen waren die letzten Toten und Verletzten geborgen. Weil die Telegrammleitung ausgefallen war, traf die Feuerwehr aus Freiburg erst gegen Mitternacht an der Unglücksstelle ein.
Folgen
Im Deutschen Reich löste die Katastrophe Trauer und Entsetzen aus. Landesweit wurden die Fahnen auf halbmast gesetzt und alle öffentlichen Feiern abgesagt. Die Opfer wurden in ihre Heimatgemeinden im Elsass überführt und dort beigesetzt; fünf Menschen fanden in Freiburg ihre letzte Ruhe.
Für die Eisenbahn war das Unglück ein Anlass, die bis dahin traditionell mit Namen versehenen Lokomotiven nur noch mit Nummern zu kennzeichnen. Die Unglückslok war nur leicht beschädigt worden und nach der Reparatur wieder eingesetzt worden. Zahlreiche Fahrgäste weigerten sich jedoch, die Waggons zu besteigen und auch benachbarte Bahnen wollten die Lokomotive nicht mehr auf ihr Gebiet übergehen lassen. Daraufhin wurden an allen Loks die Namensschilder entfernt.
Schuldfrage
Im April 1883 wurden ein Eisenbahnoberinspektor, der Lokomotivführer, der Zugmeister, der Wagenwärter und ein Stationsassistent vor der Großen Strafkammer des Freiburger Landgerichts angeklagt. Da die Umstände des Unglücks letztlich nicht genau geklärt werden konnten – Tachometer zur Geschwindigkeitskontrolle waren noch unbekannt, und über das tatsächliche Tempo des Unglückszuges gab es höchst widersprüchliche Zeugenaussagen - und weil den Angeklagten kein persönlicher Schuldvorwurf zu machen war, sprach das Gericht sie nach fünftägiger Verhandlung frei.
Nachwirkung
Seit 1885 erinnert ein schlichtes Gedenkkreuz gegenüber dem Tierhygienischen Institut an der Straße nach Hugstetten an das Unglück. Es trägt die Inschrift:
Es zeugt dies Kreuz von Todesschrecken,
der frohe Menschen jäh betroffen,
auf der Eisenbahn Verunglückten.
zeugt aber auch vom Auferwecken
und einem christlich frommen Hoffen.
Wanderer!
Bete ein Vaterunser
für die am 3. September 1882Anlässlich des 125. Jahrestags des Bahnunglücks ließ Oberbürgermeister Dieter Salomon zum Gedenken an die Opfer an dem Kruzifix in Landwasser einen Kranz niederlegen. Die Unglücksstelle liegt heute auf Freiburger Gemarkung.
Literatur
- Wolf Middendorf: Eisenbahnunglück im Mooswald, in: Freiburger Almanach 25 (1974), S. 51-56
Weblinks
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