Zum Sünfzen

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Abschnitt "Der Historische Sünfzen" gescheid formatieren und eindeutschen - Andreas König 21:03, 23. Okt. 2011 (CEST)


Fassade am Alten Rauthaus in Lindau – mit den Wappen der Patrizier-Familien

Die Gesellschaft Zum Sünfzen war eine Patriziergesellschaft in Lindau, die erstmals 1358 urkundlich erwähnt wurde. Wie andere Patriziergesellschaften auch, diente sie nur vordergründig der Geselligkeit, während die eigentliche Intention war, politischen und wirtschaftlichen Einfluss auszubauen und zu festigen. Die älteste erhaltene Satzung stammt von 1430.

Wie die räumliche Nachbarschaft im Bodenseegebiet nahelegt, gab es Querverbindungen zu anderen lokalen Patriziergesellschaften, namentlich zu Zum Esel in Ravensburg, zu Zur Katz in Konstanz und zu Zum goldenen Löwen in Memmingen. Nicht ohne Grund lässt sich heute noch feststellen, dass die Satzungen der Gesellschaften in Ravensburg, Memmingen, Lindau und Konstanz streckenweise wortgleich sind.

Inhaltsverzeichnis

Politische Bedeutung

Durch die Verfassungsänderungen von 1551–1553 beabsichtigte Karl V. in allen Reichstädten die Zunftherrschaft, möglichst die Zünfte selbst, zu zerschlagen und die Macht dem Patriziat in die Hand zu geben. Sünfzengenossen waren zu Freundschaft und Vertrauen untereinander und vor allem zu Gerhorsam gegenüber Kaiser und Reich verpflichtet.

Die Sünfzengesellschaft zählt 1540–1830 insgesamt 251 männliche Mitglieder. Davon hatten fast die Hälfte einen Ratssitz inne. Weitere 18 waren in Stadtämtern, z.B. Ratskonsulenten, Stadtschreiber, Stadtphysikus, Stadtammann, tätig. Die Herren, die kein Amt trugen, waren entweder ledig oder sie hatten ihren Wohnsitz außerhalb Lindaus, z.B. „auf dem Land”. Söldneroffiziere waren ebenfalls viel auswärts und wurden nie in die Räte gewahlt.

Ständische Vorrechte

Wappen an einer Lindauer Hausfassade (Januar 2011)

Patrizier galten als dem landgesessenen Adel ebenbürtig und wie andere Patriziergesellschaften, war der Sünfzen eine geschlossene Gesellschaft die den Charakter einer Sippenverbundenen Geburtsaristokratie hatte. Nur Lindauer Bürger konnten Mitglied des Sünfzen werden und niemand konnte aus eigenem Willen beitreten. Außenstehende wurden, wenn überhaupt, durch Kooptation der vorhandenen Mitglieder aufgenommen. Allerdings war das „Erweibern” des Sünfzen ausdrücklich erlaubt. Wenn die Tochter eines Sünfzen Genossen sich mit Willen ihrer Eltern vermählte, so wurde der Ehemann aufgenommen, „der gleich der Sünfzen sonnst nit fähig wäre” gegen zwei Gulden, bzw. wie ein jüngerer Sohn.

Am bezeichnendsten für das Ständesgefühl sind nach wie vor die Titel und Würden der Sünfzenherren. Die Gesellschaft selbst nannte sich im 16. und 17. Jahrhundert „eerliche” oder „ehrbare” Gesellschaft, gegen 1700 hin dann aber „adelige” und sogar „Hoch-Adliche” Gesellschaft. Gegen 1600 kommt der Titel „Junker” für die geadelten Mitglieder auf. Bei akademisch gebildeten Adligen tritt aber der Grad „Doktor” oder „Licentiat” an die Stelle von Junker. Viele Patrizierfamilien ließen sich vom Kaiser die Adelsqualität durch kaiserliche Adels- oder Wappenbriefe bestätigen, die häufig mit Wappenbesserungen verbunden waren. Andere Familien fügten, um zu demonstrieren, dass sie sich adelig fühlten, ihrem ursprünglichen Familiennamen einen Zusatz mit „von“ und den Namen zugekaufter Landsitze an.

Obwohl die Verleihung des Adels durch den Kaiser den Eintritt in den Sünfzen erleichtern mochte war er aber nicht Voraussetzung hierfür. Die Mitgliedschaft hob von sich selbst in eine höhere Schicht und deshalb wünschten auch Sünfzenherren eine Bestätigung als Ausweis, wenn sie in andere Städte verreisten. Das Tagebuch von Rudolf von Curtabatt lässt erkennen, dass man nicht nur in den aristokratisch regierten Kantonen Zürich und Bern, sondern auch am Hof des Ludwig XIV., die Patrizier Lindaus als hoffähige Kavalliere ansah und behandelte.

Sünfzen Geschlechte

bis 1350

Ädellin(t); Birchtil; Blaser; Bombrot; Brender; Ab dem Buhel; Buzebart; Crispus; Elyas; Frey, Frige; Gaizor; Gebtz; Grave; Goldschmid; Guderscher; Herbolder, Ritter; Holle; Kime; Kitzi; Lanze; Lassaur; Milwe; Multer; Necker; Rienolt; v. Schönstein, Ritter; Sender; Strube; Sunntac; Vögli; Wer(ch)meister; Winmann; Wucherer

1350-1540

v. Arbon; v. Ems; v. Engen; Gässler; Helwer v. Veldegg; v. Hochdorf; v. Höchst; v. Lauenberg; v. Lochen; v. Neideck; v. Ostrach; v. Rebstein; v. Ringingen; v. Rötenberg; Schenk v. Landeck; v. Schönau; v. Schönstein; v. Schwarzach; v. Stein; v. Tettikoven; v. Tüffen; Weiler v. Altenburg; v. Wolfurt; Aedillin; Arnolt; v. Ast; Birchtil; Blaser; Bonöll; Brähi; In der Bündt; Burgauer; Bürgi; Bützel; Dietrich; Faber; v. Fladingen; Furtenbach; Gebtz; Gögel; Goldschmid; Grav; Guderscher; Haintzel v. Degelstein; Halder v. Mollenberg; Han; Harzer; Humpiss; Hünlin; Hurlewagen; Kime; v. Kirchen; Kitzi; Kröl v. Luxburg; Ledergerw; Litscher; Maiger; Milwe; Nagel von der alten Schönstein; Necker; Neukomm; Nietstein; Pappus v. Tratzberg; Pfalzer; Pfannder; Pfender; Rappenstein; Rehm; Renner; Rienolt; Schilter; Schneeberg; Schreiber; Schwarz; Siber v. Schonburg; Sinkmoser; Spiser; Steinmair; Stöcklin; Talhofen; Turner; Varnbühler; Wer(ch)meister; Wucherer; Zendring

1540-1830

Andreae; Barbarossa; Bensperg; Betz; Bonöll; Burgauer; Butler v. Solhil; Cramer; v. Curtabatt; Deller (Teller); v. Eberz; Eckolt (Eggolt); Ehinger v. Baltzheim; Faber; Falck; Fels; Frantz; Frey; Funk v. Senftenau; Furtenbach; Gering; Gloggengiesser; Gullmann; Habisreutinger; Halder v. Mollenberg; Heider v. Gitzenweiler; Haintzel v. Degelstein; Hensler; Hünlin; v. Kirchen; Koch; Kröl v. Luxburg; Kurtz v. Senftenau; Langensee; Mayrhoffer v. freien Thurn; Mennlishoven; Merklin; Miller (Müller); v. Neideck; Neukomm; Pappus v. Tratzberg; v. Pfister; Polan (Bolan); Porzelius; Rader; Rangus; Rehm; Rhaw (Rau); Ringelsdörffer; v. Rötenberg; Scheidlin; Schmid; Schmidt; Seutter v. Lötzen; Thoman v. Hagelstein; Varnbühler; Wachter; Weller; Weltz

Bekannte Sünfzenherren

Das Ende der Sünfzen

Die letzte Sitzung des Sünfzen fand am 30. Dezember 1830 im Hause des letzten Präses Christoph von Pfister statt. Zacharias Falckh, Johann Michael von Seutter und Z. Porzelius-Fels waren anwesend. Der letzte Eintrag im Protokoll lautet: “Dies ist das Los aller Sterblichen. Möge die gütige Vorsehung die noch lebenden Mitglieder der Gesellschaft noch lang im Genusse guter Gesundheit und alles Wohlergehens erhalten!”

Obwohl sie in der Welt mittlerweile weit zerstreut sind, halten die Mitglieder der Historischen Sünfzengesellschaft noch Kontakt und fühlen sich der Vaterstadt Lindau noch eng verbunden.

Der Historische Sünfzen

Nachfahren des Christoph von Pfister, letzter Präses der Gesellschaft (5 Generationen)

1-Christoph von Pfister b. 1766, Lindau, d. 1851, Lindau und Katharina von Curtabatt b. 1766, Lindau, d. 1834, Lindau

|--2-Eduard von Pfister b. 25 Sep 1803, d. 6 Mar 1891

| +Elise Zellweger b. 17 Apr 1819, d. 6 May 1904

| | --3-Anna von Pfister b. 8 Mar 1851, d. 4 Jan 1920

| | +Heinrich Stolze b. 19 May 1855, d. 31 May 1898

| | | --4-Clara Helene Stolze, b. 29 Dec 1886, d. 26 Aug 1976

| | | +Ernst Berthold Christian Speer b. 20 Jun 1889, München, d. 28 Mar 1964, Lindau, Gründer der Lindauer Psychotherapiewochen

| | | | --5-Eva Speer b. 3 Feb 1914, München, d. 2 Feb 1969

| | | + Alfred Haag, b. 1904, Wien, d. 1980, Lindau

| | | --4-Alfred Otto Stolze b. 2 Oct 1889, d. 17 Mar 1954

| | | +Anne Späth b. 25 Jan 1896, d. 15 Feb 1967

| | | | --5-Helmuth Stolze b. 16 Jul 1917, d. 23 Dec 2004

| | | | --5-Erich Stolze b. 2 Jan 1920, d. 29 Dec 1920

| | | | --5-Margrit Stolze b. 6 Apr 1922

| | | --4-Richard Stolze b. 5 Nov 1891, d. 25 Aug 1914

| | | --4-Adolf Stolze b. 29 Sep 1883, d. 13 Apr 1897

| | | --4-Dipl. Ing. Walter Stolze b. 14 Apr 1894, d. 2 Jul 1941

| | +Hilde Späth b. 3 Mar 1898, d. 1 Dec 1990

| | | --5-Ilse Stolze b. 21 Sep 1924

| | | --5-Richard Ernst Walter Stolze b. 8 Dec 1926

| | | --5-Erika Stolze b. 2 Sep 1926

| | | --5-Gertrude Stolze b. 1 Mar 1932

| |--3-Clara von Pfister b. 23 Aug 1839, d. 21 Oct 1910

| | +Fritz Schindler b. 1834, d. 22 Sep 1905

| | | --4-Dietrich Schindler b. 12 Feb 1864, d. 29 Dec 1942

| | | +Berta Stokar b. 10 May 1876, d. 22 Dec 1961

| | | | --5-Ella Schindler b. 17 Oct 1898, d. 1991

| | | | --5-Walter Schindler b. 10 Apr 1904, d. 20 Apr 1985

| | | | --5-Eduard Schindler b. 4 Sep 1866, d. 30 Jan 1951

| | | | --5-Fritz Schindler b. 29 Oct 1867, d. 21 Jun 1956

| | | | --5-Maria Schindler b. 5 Oct 1869, d. 29 Nov 1963

| | | --4-Walter Schindler b. 22 Jul 1874, d. 1947

| | +Marinette Renaudin b. 6 Jan 1877, d. 1959

| | | --5-Marguerite Schindler b. 31 Dec 1903, d. 30 Jul 1914

| | --3-Eugen Christian von Pfister b. 7 Apr 1841, d. 17 Jun 1900

| | +Mathilde Näher b. 18 Oct 1845, d. 5 May 1911

| | | --4-Elisabeth von Pfister b. 8 Sep 1869

| | | +Eduard Jamin b. 7 Mar 1866, d. 7 Sep 1917

| | | | --5-Erich Jamin

| | | | --5-Alfred Jamin

| | | --4-Rudolf von Pfister b. 23 Apr 1871

| | | --4-Hilde von Pfister b. 21 Jun 1873

| | | --4-Werner von Pfister b. 29 Oct 1877

| | --3-Ida von Pfister b. 24 Dec 1842, d. 1844

| | --3-Otto von Pfister b. 1845, d. 1914

| +Elvine Bärlocher b. 5 Aug 1846, d. 10 Mar 1918

| | --4-Hans von Pfister b. 22 Jan 1873

| | --4-Friedrich von Pfister b. 22 Nov 1874, d. 1950

| +Marjorie Hemingway b. 11 Jul 1878, d. 29 May 1940

| | --5-Else von Pfister b. 2 Jan 1905, d. 26 Mar 1991

| | --5-Hildegard von Pfister b. 29 Oct 1906, d. 13 Oct 1989

| | --5-Karl Rudolf von Pfister b. 3 Feb 1903, d. 23 Jul 1979

| --2-Marianne von Pfister b. 1802, d. 1873

| --2-Catharina von Pfister b. 1796, d. 1862


Sünfzen-Gesellschaft e.V. in Lindau

Der historische Versammlungsort der Gesellschaft war das noch heute existierende Haus Zum Sünfzen in der Maximilianstraße, in dem jetzt ein Gasthaus betrieben wird, das sich um Traditionspflege bemüht. Die historische Patriziergesellschaft ging ab 1815 in der neu gegründeten „Kaufleuteinnung“ auf, die nach einigen Umfirmierungen schließlich 1939 in die Sünfzen-Gesellschaft e.V. in Lindau überführt wurde. Die Forschung über die Gesellschaft Zum Sünfzen wird heute dadurch erschwert, dass die Masse des älteren Archivgutes in den Jahren 1869 und 1880 als Makulatur verkauft und eingestampft wurde.

Literatur

  • Alfred Otto Stolze: Der Sünfzen zu Lindau. Das Patriziat einer schwäbischen Reichsstadt. Bernhard Zeller, Lindau/Konstanz 1956.
  • Christoph Heiermann: Die Spitze der Sozialstruktur: Organisation städtischer Eliten im Bodenseeraum. In Matthias Meinhardt und Andreas Ranft (Hrsg.): Die Sozialstruktur und Sozialtopographie vorindustrieller Städte. Akademie Verlag, Berlin 2005.
  • Wolfgang Reinhard: Oligarchische Verflechtung und Konfession in oberdeutschen Städten. In Antoni Mączak (Hrsg.): Klientelsysteme im Europa der Frühen Neuzeit. Oldenbourg, München 1988
  • Das Leben des Lindauer Bürgermeisters Rudolf Curtabatt. Hrsg. von Franz Joetze, Sch.V.G.B. 35 S. 355 FF.
  • Ewige Quelle : Das Lebensbuch d. Anna Stolze von Pfister. 1-3. Tsd., Speer-Stolze, Clara, Heilbronn, Salzer, 1937.

Weblinks


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