- Zwei-Linien-Pass
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Die Abseitsregel ist eine Bestimmung in Sportarten wie Fußball, Rugby Union und Eishockey, die bestimmte Spielfeldpositionen angreifender Spieler gegenüber den Verteidigern der gegnerischen Mannschaft für regelwidrig erklärt und somit den Angriff auf das gegnerische Tor unterbindet. Da Abseitsentscheidungen des Schiedsrichters und seiner Assistenten bisweilen strittig sein können, führen sie insbesondere beim Fußball regelmäßig zu hitzigen Diskussionen unter den Anhängern der am Spiel beteiligten Mannschaften. In den oben aufgeführten Sportarten ist die Regel an sich bzw. Regelvarianten umstritten und von Zeit zu Zeit Änderungen unterworfen.
Inhaltsverzeichnis
Fußball
Entstehung
Die Grundregel des Abseits (Schweiz eher: Offside) entstand bereits 1863 in England. Damals waren noch nicht einmal die Größe der Tore oder der Spielfelder und die Anzahl der Spieler festgelegt. Die Begründung war, es sei unfair, hinter dem Rücken des Gegners ein Tor zu erzielen. Die Regel soll auch verhindern, dass sich ein angreifender Feldspieler in der Nähe des gegnerischen Tors platziert, auf den Ball wartet und ihn dann mühelos einschiebt. Damals mussten noch mindestens drei verteidigende Spieler zwischen der Torlinie und dem Angreifer positioniert sein.
Seit 1907 ist Abseits in der eigenen Spielfeldhälfte nicht mehr möglich. Bei Abstoß und Eckstoß gab es kein Abseits, bei einem Einwurf dagegen schon. 1920 wurde auch für den Einwurf die Abseitsregel aufgehoben. Die heute gültigen Abseitsregeln wurden 1925 festgelegt. Seit 1990 ist gleiche Höhe kein Abseits mehr.
Die Regel entstammt dem Rugby, das bis zur Spaltung zwischen Rugby- und Football-Association Vorgängersport des Fußballs war. Im Rugby ist heute noch der Vorwärtspass verboten. Auch im American Football gibt es eine Strafe namens Abseits, jedoch bedeutet sie hier lediglich, dass ein Abwehrspieler vor Beginn des Spielzugs seine Seite vom Ball aus gesehen verlässt.
Abseitsposition
Im Fußball nimmt ein angreifender Spieler eine Abseitsposition ein, wenn alle folgenden Bedingungen erfüllt sind:
- Im Moment der Ballabgabe ist er
- in der gegnerischen Hälfte,
- der gegnerischen Torlinie näher als der Ball (maßgeblich sind Füße, Rumpf und Kopf, nicht jedoch die Arme) und
- der gegnerischen Torlinie näher als der vorletzte Gegenspieler.
Bei der Bestimmung der Zahl der Gegenspieler kommt es nicht darauf an, ob es sich um den Torwart oder um Feldspieler handelt, auch wenn der Torwart meist der letzte Gegenspieler ist. Außerdem ist die Abseitsposition nur dann relevant, wenn der Ball von einem Spieler der eigenen Mannschaft kommt.
Ausnahme: Beim Einwurf, Abstoß oder Eckstoß gibt es keine Abseitsstellung. Sobald aber der Ball danach von einem weiteren Mitspieler gespielt wird, kann der Angreifer sich wieder im Abseits befinden.
Können mehrere Spieler einen Ball annehmen und standen zum Zeitpunkt der Ballabgabe nicht alle im Abseits, so muss der Schiedsrichter warten, welcher Spieler den Ball annimmt, bevor er seine Entscheidung trifft („wait and see“). Ist nach Ansicht des Schiedsrichters nur der im Abseits stehende Spieler in der Lage, den Ball anzunehmen, so soll er unmittelbar auf Abseits entscheiden. Wird der Ball, der von einem Mitspieler kam, durch einen Gegenspieler unabsichtlich abgefälscht oder prallt er von einem angeschossenen Gegenspieler unabsichtlich ab, so steht der Spieler - sofern die anderen Voraussetzungen zutreffen - im Abseits.
Bei der Beurteilung der Abseitsstellung zählen alle verteidigenden Spieler, unabhängig davon, ob sie sich auf dem Platz befinden oder nicht. Davon ausgenommen sind nur die Spieler, welche den Platz mit Zustimmung des Schiedsrichters (z.B. zur Behandlung einer Verletzung) verlassen haben. Soweit ein verteidigender Spieler ohne Zustimmung des Schiedsrichters absichtlich den Platz verlässt, ist er nicht nur nach anderen Regeln zu verwarnen, sondern zählt damit gleichzeitig als auf der eigenen Torlinie stehend. Mit dieser klaren Benachteiligung der verteidigenden Mannschaft soll verhindert werden, dass ein Verteidiger die Verwarnung bewusst in Kauf nimmt und trotzdem sein Ziel, einen Angreifer in das strafbare Abseits zu bringen, erreicht.
Einem angreifenden Spieler, der sich in Abseitsstellung befindet, ist es hingegen ausnahmsweise gestattet, den Platz ohne Zustimmung des Schiedsrichters zu verlassen um sich der Abseitsstellung zu entziehen. Allerdings muss er zum Wiedereintritt in das Spiel warten, bis die Situation geklärt ist und der Schiedsrichter dem Wiedereintritt zustimmt.
Regeln
Der Aufenthalt in einer Abseitsposition an sich ist noch kein Regelverstoß.
Eine Abseitssituation liegt vor, wenn ein Spieler in einer Abseitsposition steht und aktiv in das Spielgeschehen eingreift oder den Gegner behindert. Als Eingriff gilt das Spielen/Berühren des Balles, das Beeinflussen eines Gegners in der aktuellen Spielsituation (z. B. Sichtbehinderung) und das Ziehen eines Vorteils aus der Abseitsstellung, wenn ein von Latte, Pfosten oder Gegner abprallender Ball gespielt wird.
Bei einem Regelverstoß spricht man von Abseits, ansonsten liegt kein Abseits vor. Die alte Sprachregelung, in der von aktivem und passivem Abseits gesprochen wurde, entfällt.
Die Schwierigkeit für den Schiedsrichter, auf Abseits oder kein Abseits zu entscheiden, liegt in der Abwägung, ob in einer Spielsituation eine Abseitsposition vorliegt und ob ein Spieleingriff erfolgt. Jedes Abspiel zieht eine neue Spielsituation nach sich. Diese Auslegung führt des Öfteren zu Diskussionen, wann eine neue Spielsituation entsteht.
Folgen
Entscheidet der Schiedsrichter auf Abseits, spricht er der gegnerischen Mannschaft einen indirekten Freistoß zu. Dieser muss an der Stelle ausgeführt werden, an der sich der Spieler zum Zeitpunkt der Ballabgabe in Abseitsposition befand. Beim Abseits handelt es sich um einen technischen Regelverstoß, nicht um ein verbotenes Spiel (Foul) oder unsportliches Verhalten. Darum kann es wegen Abseits nie eine Disziplinarstrafe (persönliche Strafe), Verwarnung oder Platzverweis (Rote Karte) gegen den Spieler geben.
Bei der Entscheidung, ob sich ein Spieler in einer Abseitsposition befindet und einen Regelverstoß begeht, erhält der Schiedsrichter in höherklassigen Ligen Unterstützung durch seine Assistenten. Da diese an der Seitenlinie auf gleicher Höhe mit dem vorletzten Abwehrspieler stehen, können sie die Situation meist besser einschätzen. Die Assistenten sind seit dem Konföderationen-Pokal 2005 angehalten, so lange zu warten, bis erkenntlich wird, ob der Abseits stehende Spieler wirklich ins Spielgeschehen eingreift, und erst dann ein Fahnenzeichen zu geben. Bei offensichtlichen Spielsituationen muss der Assistent allerdings nicht auf den Eingriff warten, sondern kann sein Zeichen früher geben. Die deutschen Schiedsrichter haben beschlossen, diese umstrittene Neuerung weitgehend nicht zu befolgen, weil in der Zeit, in der das Abseits schon besteht, aber noch nicht angezeigt wurde, eine unnötige Verletzungsgefahr und eine Unsicherheit in Auslegung anderer Regeln bestehe. Außerdem führt diese Regel zu verständlichen Frustrationen bei Spielern, die einem Abspiel hinterher gelaufen sind, nur um anschließend abgepfiffen zu werden. Auch bei der WM 2006 wurde die alte Regelauslegung angewandt.
Die Abseitsregel gilt nicht beim Hallenfußball und entfällt je nach Verband in manchen Jugenden.
Da moderner Fußball schneller geworden ist, sind Fehlentscheidungen häufiger und nicht immer zu vermeiden. Der spanische Arzt Francisco Belda Maruenda wies nach, dass es einem Menschen prinzipiell nicht möglich ist, eine größere Zahl von Spielern und den Ball so genau zu beobachten, wie es für eine gesicherte Entscheidung notwendig wäre [1]. Um hier Abhilfe zu schaffen, sind Systeme geplant, welche die Positionen der Spieler und des Balls elektronisch überwachen. Der Schiedsrichter muss dann nur noch entscheiden, ob das festgestellte Abseits regelwidrig war.
Wenn eine verteidigende Mannschaft die gegnerische Mannschaft gezielt ins Abseits laufen lässt, indem die Verteidiger kurz vor dem gegnerischen Ballabspiel schnell nach vorne (vom eigenen Tor weg) laufen, spricht man von einer Abseitsfalle. Diese Defensivtaktik gehört zu den schwierigsten im modernen Fußball, weil mitunter Sekundenbruchteile und Zentimeter den Ausschlag geben. Die Abseitsfalle wurde insbesondere von Ajax Amsterdam sowie der holländischen und belgischen Nationalmannschaft in den 70ern perfektioniert.
Kritik am passiven Abseits
Die Regelung der allgemein als „passives Abseits“ bezeichneten Abseits-Einschränkung, die besagt, dass der Schiedsrichter das Spiel laufen lassen muss, wenn ein Spieler zwar im Abseits steht, aber weder direkt noch indirekt ins Spielgeschehen eingreift, wird immer wieder kritisiert. Der deutsche Bundestrainer Joachim Löw äußerte in einem Interview im Dezember 2006, er „würde das passive Abseits genauestens analysieren und wahrscheinlich abschaffen“.[2]
Eine im Jahr 2005 von der FIFA eingebrachte, beim Konföderationen-Pokal erstmalig eingesetzte Regelvariante, die besagte, dass der Schiedsrichter erst dann das Spiel abpfeifen kann, wenn der oder die im Abseits stehenden Spieler den Ball berührt haben, erwies sich als untauglich und wurde nach heftigem Widerstand zahlreicher Fußball- und Schiedsrichterverbände wieder abgeschafft oder gar nicht erst eingeführt. Die Regel führte zu kuriosen Spielverzögerungen, da sich die im Abseits befindlichen Spieler den Spaß erlauben konnten, neben dem Ball herzulaufen, ohne ihn zu berühren; der Schiedsrichter konnte den längst abgebrochenen Angriff gemäß der Regel nicht abpfeifen, der Spieler den Ball aber blockieren. Der Schiedsrichter-Obmann des DFB, Volker Roth, kommentierte es wie folgt: "Ich konnte mir am Bildschirm ein Lachen nicht verkneifen. Man kann doch wohl eine solche Regelinterpretation nicht ernst meinen, wenn man einen abseits stehenden Spieler 20, 30 Meter rennen lässt, Gegner und Assistent hinter ihm her, um dann, wenn er den Ball berührt, die Fahne zu zücken."[3]
Zitate
Eine Definition der Abseitssituation im Fußball stammt von dem ehemaligen Fußballtrainer Hennes Weisweiler: „Abseits is’, wenn dat lange Arschloch zu spät abspielt.“ [4]
Zu einer Art fußballerischer Standardfloskel wurde ein Zitat von Franz Beckenbauer: „Abseits ist, wenn der Schiedsrichter pfeift“.
Rugby Union
Im Rugby Union befindet sich ein Spieler im Abseits,
- wenn er sich bei einem mit dem Fuß nach vorne gespielten Pass vor dem den Ball tretenden Spieler befindet (10-Meter-Abseits) oder
- wenn er sich bei einer der statischen Spielsituationen (angeordnetes oder offenes Gedränge oder Paket) vor dem letzten Fuß eines an dieser Situation beteiligten Spielers der eigenen Mannschaft aufhält oder
- wenn eine Gasse stattfindet und der Spieler, der nicht an der Gasse teilnimmt, sich näher als 10 m zur Gassenlinie befindet oder
- wenn er sich bei einer Situation, in der ein Spieler gehalten wird, vor dem Ball befindet und ins Spiel eingreift.
Nach einem Verstoß gegen die Abseitsregel erhält die gegnerische Mannschaft einen Straftritt. Unabsichtliches Abseits wird mit einem angeordneten Gedränge bei gegnerischem Einwurf bestraft.
Eishockey
Abseits (IIHF-Regel 450/451) liegt vor, wenn sich mindestens ein angreifender Spieler mit beiden Schlittschuhen im gegnerischen Verteidigungsdrittel befindet, bevor der Puck die blaue Linie komplett überschritten hat, und dieser dort den Puck spielt. Zur Vermeidung eines Abseits darf sich also in dem Augenblick, in dem der Puck die blaue Linie überquert, zwischen dem angreifenden Spieler und der gegnerischen Torlinie kein weiterer Spieler der angreifenden Mannschaft befinden.
Es gilt nicht als Abseits, wenn
- die Scheibe von einem verteidigenden Spieler in seine Verteidigungszone zurückgespielt wird, oder wenn
- der angreifende Spieler rückwärts fahrend den Puck kontrolliert am Schläger führend ins Angriffsdrittel befördert.
Torraumabseits (IIHF-Regel 471) liegt vor, wenn ein angreifender Spieler im Torraum des Gegners steht. Es wird dann abgepfiffen und ein Bully in der Neutralen Zone ausgeführt. Steht der Spieler jedoch passiv im Torraum, also ohne ins Spiel einzugreifen und den Torhüter zu behindern, dann wird weitergespielt. Wird der Spieler durch einen Verteidiger in den Torraum gedrängt, wird abgepfiffen und 2 Minuten Bankstrafe wegen Behinderung verhängt.
Eine dritte mögliche Abseitsform ist der Zwei-Linien-Pass. Spielt ein Spieler einen Pass über zwei Linien (blaue und rote), wird das Spiel abgepfiffen; auf diese Art werden schnelle Konter unterbunden. In den europäischen Eishockeyligen wird diese Regel nicht angewendet, in der NHL wurde sie zur Saison 2005/06 abgeschafft.
Quellen
- ↑ Spiegel Nr.10/05
- ↑ http://www.rp-online.de/public/article/aktuelles/sport/fussball/nationalelf/390280
- ↑ http://www.ureader.de/message/1037980.aspx
- ↑ Untertitel des Fußball-Blogs „5 Freunde im Abseits“
Weblinks
- Fußballregeln (DFB)
- Veranschaulichung der Abseitsregel (FIFA, en.)
- Schiedsrichtervereinigung im Deutschen Rugby-Verband: Die Regeln des Rugbyspiels
- Überblick, Spezialfälle und animiertes Quiz
- Abseits prüfen mit Hilfe eines interaktiven Konfigurators
- Diskussion des Abseits aus biophysikalischer Sicht
- Im Moment der Ballabgabe ist er
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